Helga Gießelmann
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen! Frau Westerhorstmann, Sie sagen: Wir stehen mit unserer Versorgung an Frauenhäusern im deutschen Vergleich gut da, haben im bundesweiten Vergleich eine gute Fraueninfrastruktur, auch bei der Hilfe und Unterstützung vor Gewalt.
Das stimmt, Frau Westerhorstmann. Sie haben aber ehrlicherweise nicht hinzugefügt: Dank der SPDgeführten Landesregierung und dank starker SPDFrauen in diesem Land ist diese Infrastruktur in rotgrünen Koalitionen hier im Land NordrheinWestfalen auf- und ausgebaut worden.
Das sagen Sie nicht. Sie haben die Axt an diese gute Infrastruktur angelegt, die vierte Stelle gestrichen und auch einiges andere bei der Fraueninfrastruktur gekürzt.
Sie haben die finanziellen Unterstützungen nicht dem Inflationsausgleich angepasst. Das heißt, bei festen Pauschalzuschüssen an unsere Frauenberatungsstellen und an diese Infrastruktur bedeutet das auf Dauer real weniger Leistungen; denn sie können davon nicht mehr so viele Stunden Hilfsangebote bezahlen.
Frau Westerhorstmann, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war bisher immer klar, dass die Kommunen im Rahmen ihrer Daseinsvorsorge auch die Zuständigkeit für die sichere Unterbringung von Frauen in Notsituationen haben. Das Land erbringt freiwillig Leistungen für diese wichtige Aufgabe. Mir scheint, das ist noch heute Ihre Position.
Aber nach den vielen Diskussionen mit Vertreterinnen der Frauenhäuser und nach unserem Expertinnengespräch im Frauenausschuss ist der SPDFraktion klar geworden, dass es so nicht weiter geht. Die Frauenhäuser stehen mit dem Rücken zur Wand.
Die Finanzsituation der Kommunen haben wir heute schon ausgiebig diskutiert. Diese macht die Verhandlungen um die Restmittel in den Kommunen immer schwieriger. Die Unterstützung der Kommu
nen im Land wird immer unterschiedlicher. Die kommunalen Zuschüsse sind insgesamt zurückgegangen, und es drohen weitere Einschnitte.
Die Kommunen tragen im Schnitt rund 28 % der freiwilligen Leistungen; hinzu kommen mit rund 20 % die Leistungen nach SGB II und SGB XII. Im Schnitt kommen 48 % der Mittel für die Frauenhäuser von den Kommunen. Das fällt ihnen schwer.
Es ist den Frauenhäusern auch nicht mehr zuzumuten, vor Ort immer mit unterschiedlichen Personen verhandeln zu müssen. Das ist mit unglaublich viel Arbeit verbunden, mit Arbeit, die nicht den hilfesuchenden Frauen zugute kommt, sondern eben nur der Beschaffung wirklich notwendigster Mittel. Das ist falsch, das ist Bürokratieaufwand. Es ist vergeudetes Geld, wenn wir die Stellen dafür bezahlen; stattdessen müssen wir den Frauen wirklich helfen.
Große Probleme bereiten auch die Tagessatzfinanzierungen. Auch das ist zunehmend schwieriger geworden. Nicht alle Kosten lassen sich durch Tagessätze abrechnen, und Frauenhäuser bleiben zum Teil auf den Kosten sitzen. Es wurden uns beispielsweise Probleme von Frauen geschildert, die aus Sicherheitsgründen nicht in ein Frauenhaus ihres Wohnortes gehen konnten, der dann allerdings doch für die Finanzierung des Platzes zuständig war. Das muss dann beantragt, im schlimmsten Fall eingeklagt werden. Das ist unnütze Bürokratie.
Ein Tag im Frauenhaus kostet in NordrheinWestfalen bis zu 65 €. Frauen mit niedrigem Einkommen geraten dabei schnell in die Verschuldung oder den Sozialleistungsbezug. Um Hilfe zu erhalten, müssen Frauen dies heute als Eingliederungshilfe für Arbeitssuchende im Rahmen des SGB II beantragen, was ihrer konkreten Notlage aber in keiner Weise gerecht wird. Andere Frauen haben Ansprüche nach dem SGB XII und eventuell nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Studentinnen, Auszubildende und bestimmte Migrantinnen wiederum haben keine Ansprüche.
Es gibt also sehr viele Fälle, die heute nicht mehr in die bisherige Regelung passen. In ihrer Notsituation werden Frauen Gott sei Dank noch von den Frauenhäusern aufgenommen. Aber später bleiben diese häufig auf den Kosten sitzen und finden keinen Kostenträger.
All diese Schwierigkeiten wurden im Frauenausschuss breit ausgeführt. Die Frauenhäuser haben mit ihrer Kampagne „Schwere Wege leicht machen!“ auf diese Probleme hingewiesen, und so geht es nicht weiter. Bei diesen Risiken und Notlagen müssen wir helfen und einen anderen Weg finden.
Ich halte es für richtig, wenn wir uns hier zusammensetzen und einen neuen Weg suchen. Dabei könnte das schleswig-holsteinische Landesgesetz ein Modell sein, wenn auch nicht der Höhe nach,
Frau Westerhorstmann; das ist ausführlich diskutiert worden.
Nach dem Gesetz in Schleswig-Holstein wird festgestellt, was zum heutigen Zeitpunkt die Kommunen zahlen. Und das tun wir sozusagen als Befrachtung ins GFG, und den anderen Teil übernimmt das Land. Genau diesen Schnitt könnte man ziehen. Die Vertreterin der kommunalen Spitzenverbände war so aufgeschlossen, wie ich Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen seit Langem nicht erlebt habe. Ich glaube, es ist an der Zeit, hier einen neuen Weg zu suchen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr hier im Landtag. Ich mache seit 20 Jahren im Landtag Frauenpolitik, seit Jahrzehnten in diesem Land. Ich fordere Sie eindringlich auf, sich der Frauenhausfinanzierung in der nächsten Legislaturperiode anzunehmen, um die wirklich schweren Wege leichter zu machen.
Ich bin überzeugt, mit einer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kommen wir hier ein ganzes Stück weiter. Dafür kämpfe ich.
Heute bitte ich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag 14/10802 und um Ablehnung der Beschlussempfehlung des Frauenausschusses. – Herzlichen Dank.
Herr Minister, Sie sind doch sicher einig mit mir, dass ein verantwortlicher Umgang mit jungen Soldaten, die auf einen Kampfeinsatz vorbereitet werden sollen, nicht unbedingt in Naturschutzgebieten wie der Senne, die mit solch hoher Priorität ausgewiesen wurden, so extensiv ausgeweitet werden muss?
Herr Minister, ich muss ganz deutlich zurückweisen, dass diejenigen, die kritisch zu diesen Kampfdörfern stehen und aus Sorge um dieses wertvolle Naturgebiet Probleme damit haben, diese dort einzurichten, nicht ausreichend die Sicherheit der jungen Soldatinnen und Soldaten im Blick hätten.
Das muss ich in aller Deutlichkeit zurückweisen, verbinde es aber mit folgender Frage: Es hat diese geplante Änderung zu diesen Kampfdörfern gegeben und auch die Berichte aus England, dass sich die Engländer eventuell zurückziehen.
Wir waren hier im Parlament einstimmig der Meinung, dass wir nach der militärischen Nutzung dort unbedingt den Nationalpark einrichten wollen. Das war vor etwa 17 Jahren ein einstimmiger Beschluss dieses Parlaments.
Ich frage Sie, ob Sie nicht angesichts einer solchen Debattenlage auch in England die Diskussion durchaus hätten führen müssen. Nichts wäre doch für dieses schutzwürdige Gebiet schlimmer, als wenn morgen die Briten abzögen. Es wäre dann keine ausreichende Unterschutzstellung gegeben, die dieses Gebiet weiterhin entsprechend schützt und die Möglichkeit zum Nationalpark eröffnet. Darum fände ich es an dieser Stelle ungeheuer wichtig, das Vorhaben wieder parallel aufzunehmen, auch als Truppenübungsplatz einen Nationalpark einzurichten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch die SPD will die Standortchancen durch eine gezielte Tourismuspolitik effektiv nutzen.
Das hat sie auch während ihrer Regierungszeit getan, Herr Brockes. Das ist so, auch wenn Sie hier polemisieren und spalten wollen, anstatt den Bereich Tourismus gemeinsam nach vorne zu bringen.
Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, es gibt im In- und im Ausland nach wie vor Menschen, die Nordrhein-Westfalen automatisch mit Kohle und Stahl verbinden und der festen Überzeugung sind, unser Land sei hauptsächlich ein Industriestandort. Dazu
sagen wir: Ja, wir sind stolz auf unsere industrielle Tradition und auf unsere hochmodernen Industrieunternehmen. Als starkes Industrieland ist NRW Ziel zahlreicher Geschäftsreisender aus dem In- und Ausland und von ca. 6 Millionen Messebesuchern.
Aber Nordrhein-Westfalen hat noch viel mehr zu bieten: eine abwechslungsreiche Landschaft, intakte Natur, pulsierende Städte, hochwertige Kulturangebote usw. Angesagt sind hier Städtetouren, Kultur, Industriekultur im Ruhrgebiet, Messen, Kongresse, Tagungen, Radfahren oder Wandern, Familienferien, Urlaub auf dem Land oder auf dem Bauernhof, internationale Großsportveranstaltungen, Wintersport, Reiten im Münsterland, Wellness- und Gesundheitsangebote in unseren 42 Heilbädern und Kurorten. Viele davon befinden sich zum Beispiel in meiner Heimat Ostwestfalen-Lippe, einer Gesundheitsregion, die von der Landesregierung nicht nur gut bedacht wird.
Nordrhein-Westfalen ist ein hochattraktiver Standort; es ist ein Tourismusstandort. Sie haben auf die Zahlen verwiesen. Dem kann ich mich nur anschließen. Mit 17,7 Millionen Gästeankünften steht NRW nach Bayern auf Platz 2 im Vergleich der Bundesländer und mit 41,5 Millionen Übernachtungen auf Platz 3. Auch das wissen viele nicht: Wir sind ein Tourismusland.
Die Tourismuswirtschaft ist ein wichtiger Dienstleistungsbereich, ein Zukunftsmarkt mit großen Entwicklungsmöglichkeiten, der für den Strukturwandel in NRW eine hohe Bedeutung hat. Dafür sprechen nicht nur die Umsätze und die hohen Beschäftigungszahlen.
Der Tourismus vermag noch mehr: Er bietet die einzigartige Gelegenheit, einem breiten Publikum den eigenen Standort zu präsentieren. So können auch tourismusferne Branchen von einem positiven Image als Ferienregion profitieren. Denn wer möchte seine neue Firma oder seine neue Filiale nicht in einer Gegend eröffnen, die sich rundum mit schönen Seiten präsentiert, und wer möchte dort nicht eine Arbeitsstelle annehmen? Wir alle wissen, dass diese so genannten weichen Standortfaktoren in einer globalisierten Welt schnell zu zentralen Entscheidungskriterien werden können. Das hat nicht erst diese Landesregierung entdeckt; darauf haben auch wir seit Jahren verwiesen.
Die positive Entwicklung des NRW-Tourismus gibt es seit Jahren, nicht erst seit Ihrer Regierungsübernahme.
Allerdings hat es in den Jahren 2001 bis 2003 einen leichten Rückgang aufgrund der konjunkturellen
Probleme gegeben. Sonst war aber eine kontinuierlich steigende Entwicklung zu verzeichnen.
Diese ist zum Teil durch den nachhaltigen Trend hin zum Urlaub in Deutschland, vor allem zum Kurzurlaub in Deutschland, zu erklären. Aber sie spiegelt auch die Anstrengungen der Regionen wider, die ihr touristisches Profil geschärft haben. Allerdings haben auch diese und die vorherige Landesregierung mit einer Vielzahl von Projekten dazu beigetragen, den Bekanntheitsgrad unserer Regionen zu steigern und das touristische Image zu verbessern.
Dazu zählen beispielsweise die Hilfen für unsere Heil- und Kurbäder, der Skitourismus im Sauerland, verschiedene Wanderprojekte wie der Rothaarsteig, der Bootstourismus im Ruhrgebiet, Radtouren im Münsterland, die Weiterentwicklung der Route der Industriekultur oder NRW kulinarisch.
Ein wichtiger Schritt war auch die Errichtung des Nationalparks Eifel und die Förderung des Masterplans Nationalpark Eifel. Hier konnte die Zahl der Übernachtungen besonders gesteigert werden.
Auch Megaevents wie zum Beispiel die Fußballweltmeisterschaft haben zum nationalen und internationalen Bekanntheitsgrad des Austragungsortes und des Landes beigetragen. Großveranstaltungen wie zum Beispiel die Fußballweltmeisterschaft konnten zu einer veränderten Wahrnehmung von Nordrhein-Westfalen auch als attraktives Tourismusziel beitragen.
Hieran muss sicher angeknüpft und weiter gearbeitet werden.
Auch die gute und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, die Sie ja auch in Ihrem Antrag nennen, wurde schon vor Ihrer Regierungszeit geschaffen.
Na, wir sind schon ziemlich lange an der Regierung gewesen und kommen wieder.
Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion unterstützt den Masterplan,
der von der Mitgliederversammlung des Tourismus Nordrhein-Westfalen e. V. einstimmig beschlossen wurde. Nach intensivem Dialog mit den touristischen Akteuren, den zwölf touristischen Regionen und der Politik wurde dieser von der Roland Berger GmbH erarbeitet und am 19. August auf einer Großveranstaltung, die Sie vorgestellt haben, öffentlich gemacht.
Als Herzstück dieses Masterplans sehe ich dabei die konsequente Orientierung an Zielgruppen – das
nannten Sie auch schon, Herr Brockes –, die damals in einem aufwendigen quantitativen und qualitativen Verfahren ermittelt wurden.
Die angestrebte überregionale Zusammenarbeit der touristischen Akteure in Nordrhein-Westfalen in thematischen Kompetenznetzwerken ist, glaube ich, ein wichtiger Weg zur weiteren Professionalisierung.
Die einheitliche Dachmarkenstrategie und Verzahnung mit der Standortkampagne des Landes wird nicht leicht sein. Hier habe ich eine gewisse Skepsis. Dazu sind unser Land und die Vielfalt unserer Regionen zu groß. Ich sage nicht, ich fahre zum Skifahren nach Nordrhein-Westfalen, sondern ins Sauerland. Ich fahre Fahrrad im Münsterland und wandere im Teutoburger Wald. Ein Japaner weiß, dass er den Kölner Dom und die Stadt Köln besuchen will, und er weiß wenig von NordrheinWestfalen. Aber lassen Sie uns daran arbeiten. Ich finde das nicht falsch, wenn wir darüber immer das Dach Nordrhein-Westfalen sichtbarer machen.
Tourismusförderung ist und war Mittelstandsförderung und muss noch stärker in den Fokus von Förderprogrammen kommen. Das wollen auch wir.
Aber mit Ihrer Wettbewerbskultur haben wir einige schlechte Erfahrungen.
Dies sehen wir nicht als das alleinige Allheilmittel an.
Jetzt geht es ja erst richtig los. Es soll schnell mit der Umsetzung der 17 Starterprojekte angefangen werden.
So fordern das auch die Akteure. Wir werden diese Umsetzung konstruktiv, aber auch mit der nötigen kritischen Sicht begleiten.
Aber dazu wäre, glaube ich, Ihr Antrag nicht einmal notwendig gewesen. Ihr Antrag, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, fasst all die Forderungen zusammen, die im Masterplan Tourismus vom Team Roland Berger mit den professionellen Akteuren erarbeitet und von der Mitgliederversammlung des Tourismus NRW e. V. einstimmig beschlossen wurden. Der Antrag enthält nichts Neues.
Aber im Interesse des Tourismus müssten wir als Landesgesetzgeber noch weiter aktiv werden. Die Ausweisung des Nationalparks Eifel hat enorme Steigerungen der Besucherzahlen gebracht. Hier wurde gezeigt: Ganz aktiver Naturschutz und touristische Nutzung sind kein Widerspruch, sondern bedingen einander.
Ich verstehe einfach nicht die Weigerung von CDU und FDP in meiner Region, den Nationalpark Sen
ne-Eggegebirge anzupacken. Das wäre in dieser Tourismusregion auch für die vielen Heil- und Kurbäder in dieser Region eine einmalige Chance, die ergriffen werden muss.
Nein, das lag nun eindeutig an Ihren Politikern vor Ort.
Weitere Konzepte der Ausweisung und Pflege von Schutzgebieten und der Erhalt einer intakten Kulturlandschaft sind wichtige Standortfaktoren für den Tourismus. Daran müssen wir arbeiten.
Nichts gefunden habe ich in Ihrem Antrag auch zum Bereich der Qualifizierung. Die Qualität einer Dienstleistungsbranche wie die des Tourismus ist nur so gut wie die Menschen, die sie betreiben. Eine praxisnahe und fundierte Ausbildung verbessert nicht nur die Wettbewerbschancen des Einzelnen, sondern die einer ganzen Branche. Hier muss das Land mehr in die Aus- und Weiterbildung investieren und für mehr Transparenz des Bildungs- und Schulungsangebots sorgen.
Für viele Bereiche des Tourismus müssen wir auch die Entlohnung ansprechen. Gute Arbeit erfordert auch guten Lohn, von dem man mit seiner Familie leben kann. Nur dadurch kann ich entsprechend gute und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren und halten. Es gibt noch etliche Bereiche, in denen ein Mindestlohn ein erster und wichtiger Schritt wäre. Auch hier müsste die Landesregierung aktiv werden.
Ich glaube, wir haben mehr anzupacken, als im Antrag steht. Aber der Überweisung des Antrags an den Wirtschaftsausschuss stimmen wir selbstverständlich zu und freuen uns auf die weitere Debatte. – Danke.
Ich habe in diesem Zusammenhang eine Frage an den Finanzminister. Herr Finanzminister, wie schätzen Sie das ein? Ich habe hier den Eindruck gewonnen, dass es der NRW.BANK so schlecht geht, dass sie diese rund 18 Milliarden €, um die es wohl geht, zugeführt bekommen muss. Sehen Sie das auch so? Geht es der NRW.BANK so schlecht, dass das nötig ist?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Westerhorstmann, liebe Frau Pieper-von Heiden, wir sind uns in diesem Haus einig: Genitalverstümmelungen sind eine schwere Menschenrechtsverletzung. Den Mädchen werden schwere körperliche, seelische und sexuelle Schäden zugefügt, die zu drastischen Beeinträchtigungen der Lebensqualität, häufig sogar zum Tod führen können. Die Sterberate bei der schwersten Form der Verstümmelung liegt in den entsprechenden Ländern bei nahezu 30 %. Auch langfristige Komplikationen sind nicht selten Folge der Genitalverstümmelung.
Nicht nur Frauen in Ländern Afrikas oder in Teilen von Ländern Afrikas, in einigen Ländern – oder in Teilen von Ländern – Asiens und des Mittleren Ostens sind betroffen, sondern auch in Deutschland leben betroffene Frauen. Darauf haben Sie zu Recht hingewiesen.
Rund 60.000 Frauen kommen aus Ländern mit einer Tradition der Genitalverstümmelung. Das ist auch in diesen Ländern in der Regel nicht erlaubt. Es wird trotzdem vollzogen. In den meisten Ländern wird das nicht landesweit vollzogen, sondern es ist in bestimmten Landesteilen ausgeprägter.
In Deutschland leben 60.000 Frauen aus solchen Gebieten. NRW gehört zu den Bundesländern, in denen die meisten Migrantinnen aus den betreffenden Ländern oder Landesteilen leben. Aufgrund der Meldedaten wurden die Zahlen errechnet. Nach diesen Berechnungen sind es rund 5.640. Das mag problematisch sein. Aber ich will mich nicht darüber streiten, ob die Zahl ganz genau stimmt. Ich will nur den Blick darauf lenken, dass auch in NordrheinWestfalen betroffene Frauen leben.
Deren Töchter sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, illegal in Deutschland oder in den Ferien in ihrem Heimatland an den Genitalien verstümmelt zu werden.
Diese Form der Menschenrechtsverletzung kann uns nicht ruhen lassen. Hier müssen und wollen wir tätig werden, und das ganz besonders, wenn es in Europa und hier in Deutschland stattfindet.
So weit sind wir uns ja wohl einig: Wir sitzen gemeinsam am runden Tisch gegen Genitalverstümmelung, tauschen uns mit Migrantinnen-Selbsthilfeorganisationen und verschiedenen anderen Organisationen und Hilfeeinrichtungen aus, und wir haben im Ausschuss für Frauenpolitik zu einem Fachgespräch eingeladen, um besser zu verstehen, um bedrohten Mädchen besseren Schutz bieten zu können, um aufzuklären und Betroffenen Hilfe zu gewähren. Da wäre ein gemeinsamer Antrag sicher wünschenswert gewesen.
Das war ja auch Konsens unter den frauenpolitischen Sprecherinnen aller Fraktionen. Aber Sie von den Regierungsfraktionen sind vorgeprescht und haben noch vor Weihnachten einen eigenen Antrag auf den Weg gebracht. Und alle Bemühungen, doch noch einen gemeinsamen Antrag hinzubekommen, sind gescheitert. „Schade!“, kann ich nur sagen. Sie haben sich dieser Zusammenarbeit verweigert. Das ist etwas, was man den vielen ehrenamtlich Tätigen in diesem Feld wirklich schwer vermitteln kann: dass wir uns ans solcher Stelle nicht einigen können!
Schauen wir uns einmal die Anträge an. Sie haben in Ihrem Antrag vier Forderungen an die Landesregierung gestellt. Die sind sehr weich formuliert, zum Beispiel: „… sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, zu prüfen“ – zu prüfen! –, „ob die Genitalverstümmelung grundsätzlich als schwere Körperverletzung … zu definieren ist“. Selbst hier können oder wollen Sie sich nicht entscheiden!
Da kann man doch eindeutig sagen: Wir wollen das ändern! Sie aber fordern nur auf, auf die Bundesebene einzuwirken, zu prüfen. Das finde ich wirklich schwach.
Die wichtigste Forderung, nämlich die generelle Anerkennung der drohenden Genitalverstümmelung als Asylgrund, nennen Sie nicht. Ein Abschiebeverbot von Mädchen aus der Risikogruppe nennen Sie nicht. Wir fordern Informationsgespräche, Aufklärungsmaterialien, Hinweise auf die Strafbarkeit der FGM als festen Bestandteil der Integrationskurse. Nichts dergleichen bei Ihnen! Auch nicht zur Kostenübernahme bei notwendigen Operationen! Weitere Forderungen, wo die Landesregierung tätig werden müsste, stellen Sie gar nicht.
Aber wir sehen doch am runden Tisch, wie wichtig eine Förderung in diesem Bereich wäre. Da kam doch gerade ein Flyer, mit dem um finanzielle Unterstützung gebettelt wird, um sich vernetzen zu können. Eine solche Vernetzung kostet Zeit, aber auch Geld. Sie braucht Unterstützung. Sie müsste vor allem in allen Landesteilen stattfinden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, besser wäre es, Sie hätten nicht im Eiltempo einen schlappen Antrag formuliert, sondern Sie hätten zugehört, regelmäßig am runden Tisch teilgenommen, unsere Expertengespräche wirklich ausgewertet und ernst genommen – dann hätte vielleicht ein Antrag mit Substanz entstehen können.
Wir stimmen der Überweisung heute zu, haben auch immer noch die Hoffnung, dass wir uns im Ausschuss für Frauenpolitik noch verständigen können. Vielleicht können wir den Antrag dort noch zu einem gemeinsamen Antrag umformulieren. Im
Interesse der betroffenen Frauen und Mädchen wünsche ich mir das sehr.
Am runden Tisch mit den Betroffenen oder Selbsthilfeorganisationen, die in dem Bereich arbeiten, wird durchaus gefordert, diesen Straftatbestand auch so ausdrücklich zu benennen und die Tat als Verbrechen zu bezeichnen, weil es für Menschen aus diesen Herkunftsländern nur schwer möglich ist, die Tat als Verbrechen einzustufen. Wir haben zum Ausdruck bringen wollen, dass das ausdrücklich da so benannt sein muss, weil man es dann auch beispielsweise in den Integrationskursen sehr deutlich hervorheben und erklären kann: Wer sich daran nicht hält, verwirkt sein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern, am 15. April 2008, gab es erstmals in Deutschland einen nationalen Aktionstag für mehr Lohngerechtigkeit, den 1. Deutschen Equal Pay Day. Der Business and Professional Women e. V. in Germany und ein starkes Aktionsbündnis aus Wirtschaft und Frauenverbänden haben diese Idee aus den USA übernommen.
An diesem 15. April haben Frauen in Deutschland in etwa das verdient, was Männer bereits am 31. Dezember des Vorjahres in der Tasche hatten.
Wenn wir das Einkommen von Frauen und Männern des gleichen Ausbildungs- und Studienjahres vergleichen, stellen wir fest, dass Frauen 22 % weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen und in Führungspositionen sogar 33 % weniger. Damit liegen wir im EU-Durchschnitt an viertletzter Stelle, nämlich vor der Slowakei, Zypern und Estland.
Auf diese Missstände sollte mit dieser Aktion bundesweit hingewiesen werden. Das Erkennungsmerkmal für diese Aktion waren die roten Taschen, die viele Frauen der SPD-Landtagsfraktion auch heute hier tragen. Sie symbolisieren eben die roten Zahlen, den Minusbetrag, der Frauen durch die wirtschaftliche Benachteiligung entsteht.
Wenn das auch auf den ersten Blick ein Problem der Frauen zu sein scheint, entpuppt es sich bei genauerem Hinsehen als gesamtwirtschaftliches Desaster. Denn weniger Lohn bedeutet weniger Geld für Investitionen, für die Familie, weniger Rente und weniger Steuerzahlungen für die Staatskasse. Es bedeutet auch, dass Männer es sich nicht leisten können, zu Hause zu bleiben und Elternzeit zu nehmen. Wahlfreiheit ist für viele Familien eine Illusion. Diese Gehaltskluft verhindert freie Entscheidungen der Familien und behindert auch wirtschaftliche Entwicklung.
Wir brauchen zur Reduzierung der Lohnschere gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und faire und existenzsichernde Löhne für gute Arbeit.
Es ist Zeit zu handeln, meine Damen und Herren.
Die jungen Frauen werden die Gesellschaft wachrütteln, so sagt es jedenfalls Jutta Allmendinger in ihrer jüngsten BRIGITTE-Studie „Frauen auf dem Sprung“. Sie wollen eine ganze Menge, nämlich einen Beruf, eigenes Geld, einen Mann, Kinder, Freunde und Verantwortung in der Gesellschaft. Das wollen sie jetzt und sofort. Das wollen nicht allein die gut Ausgebildeten, sondern heute alle Frauen. Das ist relativ neu.
Hier sind wir gefordert, meine Damen und Herren. Wir sollten die jungen Frauen und Männer unterstützen und ihnen den Zugang zu zukunftsfähigen und zukunftsträchtigen Berufen erleichtern und die Zuordnung in Berufen nach Geschlechtszugehörigkeit abbauen. Denn das fördert Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen in ganz besonderem Maße.
Es sind gerade die sogenannten Frauenberufe, die häufig eine gewisse Nähe zur unbezahlten Haus- und Familienarbeit haben und die niedrig angesehen, niedrig bewertet und schlecht bezahlt werden. Darum ist ein Aufbrechen dieser geschlechtsspezifischen Berufseinmündungen so wichtig, nicht nur um alle Talente wirklich optimal zu fördern, was schon gut wäre, sondern auch um Entgeltgleichheit zu erreichen.
Wir haben Anfang des vergangenen Jahres einen Antrag „Junge Frauen in Berufe mit Zukunft“ hier eingebracht und diesen gemeinsam beraten. Auch die eingeladenen Expertinnen und Experten haben in der Anhörung wichtige Anregungen gegeben. Entsprechend haben wir unseren Antrag überarbeitet und verschiedene Handlungsfelder aufgezeigt. Hier fordern wir von der Landesregierung ein entsprechendes Handlungsprogramm.
Die vielfältigen und erfolgversprechenden Ansätze zur stärkeren Öffnung zukunftsfähiger Berufe für Frauen müssen fortgeführt werden. Jungen müssen die Möglichkeit erhalten, auch frauentypische Berufe kennenzulernen. Es sollten auch gezielte Maßnahmen entwickelt werden, um ihr Interesse auch an pädagogischen und pflegerischen Berufen zu wecken. Nur ein Abbau der typisch männlichen und typisch weiblichen Berufe kann wirklich alle Talente und alle Neigungen von jungen Menschen fördern und auch gravierende Entgeltunterschiede abbauen helfen.
Wir stimmen für die Überweisung unseres Antrags, den wir heute überarbeitet einbringen, zur Mitberatung an die angegebenen Ausschüsse und federführend an den Frauenausschuss. Wir hoffen auf gute Beratungen und entsprechende Beschlussfassungen. – Herzlichen Dank.
Danke. – Herr Minister, Sie haben aber mitbekommen, dass der Antrag in den Ausschuss überwiesen und dort beraten wurde und eine Anhörung stattfand. Wir haben diskutiert: Können wir nicht, weil wir in der Sache doch wirklich die Situation für junge Frauen und junge Männer verbessern wollen, etwas Gemeinsames hinbekommen? Das ist nicht passiert. Aber wir haben uns dann allein auf den Weg gemacht, die Anhörung ausgewertet und daraufhin den Antrag verändert.
Haben Sie nicht mitbekommen, was in der Zwischenzeit gewesen ist?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen greift unserer Meinung nach ein ganz wichtiges Thema auf: die Beteili
gung von Frauen in den Aufsichtsräten der börsennotierten Unternehmen. Herr Priggen wies bereits auf die Zahlen hin. Sie sind erschreckend. Nur 19 der 129 weiblichen Aufsichtsräte kommen von der Unternehmerseite und 110 Frauen sitzen dank der geltenden Mitbestimmungsrechte auf der Arbeitnehmerbank. Auch das ist deutlich zu wenig; denn das ist ein Prozentsatz von 3 % auf der Anteilseignerseite und 20 % auf der Arbeitnehmerseite. Das ist unbefriedigend. Das sehen wir gemeinsam so. Das haben Sie auch gesagt, Frau Milz. Wir müssen das verbessern. Frauen wollen in diesen Bereichen der Wirtschaft Teilhabe. Im 21. Jahrhundert ist es nicht mehr hinnehmbar, dass Deutschland hier nur im Mittelfeld liegt.
Wie in vielen Fällen der Frauenpolitik sind Norwegen bzw. die skandinavischen Länder durchaus Vorbild. Das kam nicht von allein, meine Damen und Herren. Der Durchbruch gelang vor sicherlich gut 20 Jahren, als nämlich die Sozialdemokratin Gro Harlem Brundtland doppelt so viele Frauen in die Regierung berief wie in der zuvor abgewählten. Der Frauenanteil erhöhte sich auf einen Schlag von 22 % auf 44 %. Dieses Vorbild zog; diese Entwicklung war nicht mehr aufzuhalten.
Ähnlich verlief die Entwicklung im norwegischen Parlament, wo der Frauenanteil seit dem Jahre 1985 niemals mehr unter immerhin 35 % fiel. Seit den 70er-Jahren hatten die Sozialistische Linkspartei und die Liberale Partei Frauenquoten eingeführt und damit wichtige Signale gegeben und Erfolge erzielt.
Auch im öffentlichen Dienst in Norwegen kamen Frauen mit aktiver Frauenförderung schnell weiter. Aber Untersuchungen in den 90er-Jahren zeigten, dass Frauenanteile in der Politik und in Unternehmensführungen deutlich auseinanderklafften. Darum hat man geprüft, was man machen kann, und hat gesehen, dass Frauen an den Hochschulen die Fächer Recht und Wirtschaft in ausreichender Zahl, nämlich mehr als Männer, belegten und auch gut abschlossen. Es war also keine Frage der Qualifizierung der Frauen. Es war auch keine Frage der Erwerbsbeteiligung in Norwegen; denn sie war ja hoch. Darum wurde die Idee der Quote als Ultima Ratio, also äußerstes Mittel für die private Wirtschaft angesehen und angenommen. Es wurde allmählich auch salonfähig, selbst bei den zunächst dies ablehnenden Konservativen, die es dann mitgetragen haben.
Als trotz aller Bemühungen im Jahr 2002 der Frauenanteil in Norwegen in den Verwaltungsräten privater Aktiengesellschaften bloß knapp 9 % betrug, wurde das Gesetz vom damaligen Minister Ansgar Gabrielsen auf den Weg gebracht. An die
sem norwegischen Kollegen, eher Ihrer politischen Couleur – das war nun wirklich ein Konservativer –, könnte sich unsere Wirtschaftsministerin Frau Thoben, die ich nicht sehe, ein Beispiel nehmen.
Nicht nur Norwegen, sondern auch andere skandinavische Länder sind uns voraus. Selbst in der Schweiz wird heute über gesetzliche Regelungen diskutiert.
Ich spüre eine Einigkeit darin, dass uns der momentane Zustand unbefriedigend erscheint und dass wir hier etwas machen müssen. Allein der Weg dorthin bleibt wohl die strittige Frage, Frau Milz.
Das norwegische Beispiel der 40-%Mindestabsicherung für jedes Geschlecht war für uns in der SPD-internen Debatte um eine Quotierungsregelung ein Vorbild. Das könnte und sollte es unserer Meinung nach auch hier sein.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, haben sich nach langer kritischer Diskussion über eine Quotierungsregelung für Ihre Partei für ein sogenanntes Quorum entschieden. Den Erfolg können Sie hier und heute im Landtag deutlich sehen: Sie haben zwölf Frauen in Ihrer großen Fraktion, was einem Anteil von 13,48 % entspricht.
Wir hingegen haben 32 Frauen und einen Anteil von 43,24 %; dies sind Daten aus der Statistik der Frau Präsidentin.
Daran müssten Sie doch deutlich erkennen, welche Politik Wirkungen zeigt.
Auch wir verstehen die Quote dabei als Ultima Ratio, welche greift, wenn andere Instrumente der Gleichstellungspolitik die erhoffte Wirkung nicht erzielen. Da steht für uns zunächst eine Selbstverpflichtung der Unternehmen im Vordergrund. Wir sähen gerne als ersten Schritt eine SollEmpfehlung zur deutlichen Erhöhung des Frauenanteils im Deutschen Corporate Governance Kodex.
Wenn diese Selbstverpflichtung nicht greift, müssen wir deutliche Zeichen setzen. Wir dürfen es nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Wir sagen: Wenn sie bis 2012 nicht greift, dann müssen auch wir eine solche gesetzliche Regelung verabschieden.
Wir sehen auch keine verfassungsrechtlichen Probleme. Es gibt ein Rechtsgutachten von Lerke Osterloh, welches die vorige Landesregierung in Auftrag gegeben hat und zu dem Ergebnis kommt, dass solche Maßnahmen rechtlich möglich sind. Außerdem sind solche Maßnahmen auch frauenpolitisch wünschenswert.
Die Landesregierung könnte mit den MentoringProgrammen die Übernahme von Aufsichtsratsmandaten in den Fokus nehmen, und sie sollte alles tun, um Unternehmen im Findungsprozess für Aufsichtsrätinnen zu unterstützen. Sie könnte eine Datenbank von qualifizierten und kompetenten Frauen einrichten und noch vieles andere mehr tun.
Es bleibt dabei: Wir lehnen den Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ab, weil die Unternehmen eine Zeit der Selbstfindung brauchen. Wenn das aber nicht klappt, werden wir als Ultima Ratio eine gesetzliche Regelung fordern. Daher bitte ich um Ihre Unterstützung für unseren Entschließungsantrag.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Westkämper, ich glaube, mit Ihren Ausführungen zu diesem Bürokratieaufbau haben Sie ein Monster an die Wand gemalt, und daran glauben Sie doch selber nicht wirklich. Denn in diesem Antrag sind nicht andere Daten gefordert worden als die, die auch das Gesetz fordert. Allerdings sollen sie jetzt jährlich und nicht mehr nur alle drei Jahre abgefragt werden. Gesammelt werden mussten diese Daten allerdings auch bisher.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle erinnern sich sicherlich noch daran, wie mühsam damals der Gesetzgebungsprozess um das Landesgleichstellungsgesetz war, wie wir um jede Formulierung und Vorschrift gerungen haben, wie kontrovers manche Positionen zwischen uns hier im Haus, aber auch zwischen Verbänden und Interessenvertretungen, die dabei eine wichtige Rolle spielten, waren. Es war ein Kraftakt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der nur durch das große Engagement von ganz vielen – vor allem von ganz vielen Frauen – möglich war. Ich glaube, wir können auch heute noch stolz sagen: Das war ein frauenpolitischer Meilenstein, und dies möchte ich gerade heute am Internationalen Weltfrauentag mit Stolz erwähnen.
Allerdings gab es auch nach der Verabschiedung des Gesetzes zunächst noch keine Ruhe. Es mussten die kommunalen Spitzenverbände, aber auch die Kammern und andere Vertretungen der öffentlich-rechtlichen Körperschaften eingebunden werden, die bis zur Verabschiedung des LGG teilweise noch hofften, eine Verabschiedung in der bestehenden Form verhindern zu können.
In vielen Gesprächen und Sitzungen hat hier insbesondere das Frauenministerium Konsens über die jeweiligen Ausführungsbestimmungen erzielt. Und auch mit diesem konsensualen Verfahren wurde das Verständnis für das LGG geschärft, und es wurden wichtige Arbeitskontakte wurden geknüpft.
Danach kam dann eine Phase der Gerichte; auch das wissen wir alle. Aber auch da hatte unser Gesetz Bestand. So eindrucksvoll, wie wir schon 1997 hinsichtlich unserer Quotenregelung vom Europäischen Gerichtshof bestätigt wurden, wurden wir auch in den späteren Verfahren bestätigt.
Ich fasse zusammen: Der Weg unserer Gleichstellungspolitik mit dem Kernstück des Landesgleichstellungsgesetzes war nicht immer leicht, aber äußerst erfolgreich. Mit diesem Gesetz waren wir bundesweit Vorreiter und wegweisend. Auch heute – rund sechs Jahre nach Inkrafttreten – sage ich: Die
Bilanz ist überwiegend positiv. In vielen Bereichen wurden Verbesserungen für Frauen erreicht. Vor Ort wurden mit viel Mühe und Einsatz vieler Gleichstellungsbeauftragten die Regelungen mit Leben erfüllt.
Im Hinblick auf die Landesverwaltung gibt es eine ausdrückliche Berichtspflicht für den Landtag. Der erste Bericht für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31.Dezember 2003 zeigte deutliche Erfolge. Demnächst erwarten wir den zweiten Bericht, und wir werden ihn dann bewerten.
Trotzdem dürfen wir uns nicht entspannt zurücklehnen. Das wäre falsch. Denn es gibt Mängel; darauf hat Frau Steffens hingewiesen, und da hat sie Recht. Diese liegen nicht im Gesetz selber, sondern an Defiziten bei der Anwendung des Gesetzes.
Gremienbesetzungen sind nach wie vor ein großes Problem. Sicherlich stimmt die Erklärung aus dem Frauenministerium, dass sich hier der Mangel an Frauen in Führungspositionen widerspiegelt. Denn viele Gremien werden funktionsbezogen besetzt. Klar ist: Hier müssen wir stärker und genauer hinschauen.
Die Ausführungserläuterungen zur Umsetzung des LGG bei denen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiften des öffentlichen Rechts sind sehr deutlich. Das Ziel ist, eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in allen Gremien im Geltungsbereich sicherzustellen. Es steht dort zu § 12 – Gremien – unter Punkt 1.1 sehr deutlich – ich zitiere –:
„Wenn keine Umstände vorliegen, die eine geschlechtsparitätische Gremienbesetzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausschließen, bedeutet das ‚Soll’ ein ‚Muss’.“
Unter 1.3 heißt es dann:
„Von der Soll-Vorschrift gedeckte Ausnahmen liegen vor, wenn die geschlechtsparitätische Gremienbesetzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist.“
Dies ist insbesondere dann der Fall – ich zitiere weiter aus den Ausführungserläuterungen –, wenn
„die Gremienmitgliedschaft bestimmter Funktionsträgerinnen oder Funktionsträger unmittelbar auf das Gesetz oder einer anderen Rechtsvorschrift beruht oder bei der aufgrund rechtlicher Vorgaben erfolgenden Gremienbesetzung aus einem Kreis von Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern in der entsprechenden Funk
tion keine oder nicht genügend Frauen zur Verfügung stehen.“
Das ist sehr deutlich meine Damen und Herren. Auch die weiteren Ausführungen sind sehr deutlich. Darum begrüße ich den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Es ist und bleibt ein wichtiges Thema.
Sie, Herr Minister Laschet, schreiben in Ihrem Bericht an den Frauenausschuss vom 12. Februar dieses Jahres...
Ich zitiere und komme damit zum Ende:
„Die geschlechterparitätische Gremienbesetzung ist ein wichtiges Instrument, um im Interesse ausgewogener Entscheidungen die Sichtweisen und Interessen von Frauen in das Verwaltungshandeln einzubringen. Sie trägt weiterhin dazu bei, die Position von Frauen im öffentlichen Dienst zu stärken.“
„Dies gilt in besonderem Maße für die einflussreichen Kommissionen, Beiräte, Aufsichts- und Verwaltungsräte. Sicher wird es auch hier in Zukunft Handlungsbedarf geben.“
Ich bin sofort durch. – Dem ist eigentlich auch nichts hinzuzufügen. Diese gesetzliche Regelung ist vielleicht zu wenig bewusst und wird darum kaum oder selten angewandt. Bisher ist es in der Tat nicht ausreichend.
Darum ist diese Debatte gut, und darum ist auch gut, dass wir uns im Parlament stärker damit beschäftigen. Wir unterstützen den Antrag und sind gespannt auf die Debatte im Ausschuss und erwarten da weitere wichtige Schritte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angesichts all der deutlich gewordenen Differenzen, die hier ein bisschen lebhaft ausgetragen wurden, sage ich noch einmal: Ich finde es schön, dass Sie dieses Thema aufgegriffen haben und über das Vereinbaren von Familie und Beruf wirklich intensiver diskutieren. Ich bin gerne bereit, mitzumachen.
Die Privatisierung der Kinderfrage oder der ausgeprägte Müttermythos in Westdeutschland hat hier eine Entwicklung ungeheuer gebremst, die in anderen Industriestaaten selbstverständlicher verlief. Viele hingen – leider hängen auch heute noch viele daran – einem konservativen gesellschaftlichen Leitbild aus den 50er-Jahren an, dass Mütter idealisiert, die zugunsten ihrer Kinder auf den Beruf verzichten. Im Gegenzug werden berufstätige Mütter argwöhnisch beobachtet, behindert – zumindest nicht gefördert – oder auch als Rabenmütter abgestempelt. Das ist immer noch Wirklichkeit. Es ist gut, dass wir uns damit beschäftigen, um diese Wirklichkeit zu verändern.
Wir sind schon lange an dem Thema. Ich sage auch, dass die SPD sicherlich schon länger an diesem Thema ist als die CDU. Wir haben schon viel auf den Weg gebracht – wenn die Zahlen auch noch nicht befriedigend sind. Aber wir haben das aus der Erkenntnis heraus auf den Weg gebracht, dass jeder Mensch – also auch jede Frau – das Recht hat, seinen eigenen Lebensentwurf zu leben. Wir dürfen das an dieser Stelle nicht nur mit der demografischen Entwicklung begründen.
Es beunruhigt mich, dass Sie in Ihrer Begründung nur mit der demografischen Entwicklung argumentieren. Das ist zwar ein Punkt, den man immer im Blick haben muss, aber bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht es darum, eigene
Lebensentwürfe wirklich leben zu können, und diese sehen bei Frauen so aus: Sie wollen erwerbstätig sein, sie wollen ein eigenständiges existenzsicherndes Einkommen, eine eigenständige Altersversorgung, und sie wollen auch im Beruf Entfaltungs- und Karrierechancen haben. – Das ist selbstverständlich für die bestausgebildete Frauengeneration, die es in Deutschland je gegeben hat.
Diese Begründung habe ich in Ihrem Antrag nahezu überhaupt nicht gefunden. Sie nennen nur die demografische Entwicklung. Natürlich sinkt die Kinderzahl; das ist bekannt, und darauf hat auch Frau Asch hingewiesen. Dies ist allerdings nicht der Hauptgrund, dass wir etwa aus Bevölkerungsgründen die Vereinbarung von Familie und Beruf so predigen müssten. Aber die Politik muss sich darum kümmern, wenn Menschen einen Kinderwunsch haben, sich jedoch nicht trauen, diesen zu erfüllen, oder meinen, sich diesen nicht erfüllen zu können. Genau da müssen wir nach Gründen forschen und Hindernisse beseitigen. Denn jeder soll so leben, wie er es sich wünscht – ob mit oder ohne Kinder.
Wissenschaftlern der OECD zufolge beeinflusst kein Faktor die Berufstätigkeit von Frauen so stark wie das Angebot von bedarfsgerechten und verlässlichen Betreuungsmöglichkeiten, wobei nicht die Aufbewahrungsanstalten, sondern Einrichtungen, in denen das kindgemäße Lernen gefördert wird, gefragt sind. Wir werden sicherlich auch bei der Diskussion um die Weiterentwicklung des GTK Gelegenheit haben, darauf näher einzugehen.
Klar ist auch, dass Unternehmen mitspielen müssen. Sie müssen die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen so gestalten, dass sie auch für Mütter und Väter infrage kommen. Auch das ist nicht neu. Die Landesregierung kann hier auf viele Anstöße und Modelle der Vorgängerregierung zurückgreifen: Wir haben Ernst gemacht mit der Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung, mit dem Frauenförderungsgesetz, mit dem Landesgleichstellungsgesetz, mit Modellen zu flexiblen Arbeitszeiten, mit Teleheimarbeit und Ähnlichem sowie mit dem Aktionsprogramm „Frau und Beruf“, das wir bereits 1991 in diesem Landtag auf den Weg gebracht haben.
Die Landesinitiative „Chancengleichheit im Beruf“ wurde 1995 von den Spitzenorganisationen der nordrhein-westfälischen Wirtschaft, dem DGBLandesbezirk und der Landesregierung gestartet. Hier wurden Anstöße gegeben, gute Projekte vor
gestellt, Handlungsoptionen aufgezeigt und Informationsveranstaltungen für die betriebliche Praxis erarbeitet. Ein Beispiel ist die Broschüre „Chancengleichheit für Frauen in mittleren und mittelständischen Unternehmen“, die das aufzeigt.
Schauen Sie es sich an! Dort finden Sie viele Anregungen und Möglichkeiten. Weiterhin entstand das „Handbuch für Unternehmen, Träger und Eltern für betrieblich genutzte Kinderbetreuung“.
Dann könnte es neu aufgelegt werden. Es war eine gute Broschüre.
Es gab Wettbewerbe für frauenfreundliche Betriebe mit dem Schwerpunkt Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und es gibt Modelle für flexible Arbeitszeiten und Teleheimarbeit. Sie können auf vieles zurückgreifen, das der Wirtschaft an die Hand geben und über diese Modelle sprechen.
Was wir überhaupt nicht verstehen – Frau Asch hat das schon deutlich angesprochen –, ist, dass Sie die Strukturen beispielsweise der Regionalstellen „Frau und Beruf“ auflösen und zerschlagen. Denn mit der Gremienvertretung dieser Stellen auch in den wirtschaftspolitischen Strukturen wurden diese Informationen und dieses Wissen in die Wirtschaft eingebracht und viele Aktivitäten angeschoben. Indem Sie diese Struktur zerschlagen, machen Sie sich mit diesem Antrag unglaubwürdig.
Genauso ist es mit dem Ladenöffnungsgesetz; auch das wurde schon gesagt. Es sind über 70 % Frauen im Einzelhandel beschäftigt, und diese sollen dann frei und flexibel auch nach 20 Uhr arbeiten, und auch der Sonntag ist nicht voll geschützt. Das dient nicht der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das hat die Anhörung sehr deutlich gezeigt. Ich bitte Sie alle: Lesen Sie sich einmal die Resolution durch, die der Frauenrat, in dem ja auch viele CDU-nahe Organisationen beteiligt sind, am letzten Samstag verabschiedet hat und in der er sehr deutlich seine kritische Sicht einbringt!
In Ihrem Antrag fehlen vor allem – und das ist ein Aspekt, den wir uns vornehmen sollten – die Väter. Das hatte die vorherige Frauenministerin mit
der Kampagne „Verpass’ nicht die Rolle deines Lebens!“ an die Adresse der Väter aufgegriffen.
Die Bundesregierung hat mit ihren Beschlüssen zur Elternzeit und Verpflichtung für Väter einen wichtigen Schritt gemacht, obwohl die Bundesfamilienministerin hierfür nicht die ungeteilte Unterstützung der nordrhein-westfälischen Landesregierung hatte. Hier muss weitergearbeitet werden. Es ist eben nicht nur Privatsache, wie die Familien Erwerbsarbeit und Familienarbeit organisieren. Wir sind wirklich erst am Beginn einer Diskussion um eine bessere Vereinbarkeit.
Sie nennen und sprechen sehr neutral von den Eltern. Aber wenn Sie ernsthaft Gender-Kriterien anlegen, dann müssen Sie auch die jeweiligen spezifischen Bedingungen für Männer und Frauen stärker in den Blick nehmen. Es geht natürlich darum, Frauen bessere Zugangs- und Verbleibschancen in der Erwerbsarbeit zu sichern und bedarfsgerechte, flexible und kindbezogene Infrastrukturen aufzubauen.
Mindestens ebenso wichtig ist es aber, Männern in ihrem Lebensverlauf vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten von fürsorglicher Praxis zu eröffnen.
Denn nur auf diesem Weg, Kolleginnen und Kollegen, lässt sich letztendlich die Perspektive der flächendeckenden Alltagsvergessenheit männlicher Entscheidungsträger in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik überwinden und aufbrechen. Es ist nämlich häufig so, als würde ein Blinder von der Farbe sprechen, wenn ein solcher Entscheidungsträger von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf spricht.
Eine Gesellschaft dagegen, die das hoch flexible Individuum hochhält, das heute frei verfügbar seinen Job macht und folglich keinerlei Verpflichtungen für die Familie und für die um die Familie anfallenden Arbeiten übernimmt und übernehmen kann, bleibt absolut unglaubwürdig bei der Beantwortung der Frage, wie in der postmodernen Wissensgesellschaft Haus- und Fürsorgearbeit verlässlich organisiert werden können. Darüber sollten wir in den Fachausschüssen weiter diskutieren. Ich freue mich darauf und stimme der Überweisung zu.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass Sie in die Finanzberechnungen auch den Nachtrag 2005 mit eingerechnet haben, denn auch wir hatten damit angefangen, das Bundesverwaltungsgerichtsurteil in Nordrhein-Westfalen umzusetzen.
Was den konstruktiven Umgang mit den Angaben aus der Expertenanhörung, Frau Pieper-von Heiden, angeht, weise ich darauf hin, dass nahezu alle Experten auf das Fehlen verbindlicher Ausbildungskriterien und auf die Finanzierungsschwierigkeiten für Psychologen und Ärzte hinwiesen haben. Was haben Sie daraus gemacht? – Eine Bezahlung auf Honorarbasis ersetzt das nicht!
Hierdurch haben Sie die Menschen nicht mit im Team, wodurch sich die Beratung verschlechtert. Wenn Sie den Experten zugehört hätten, dann würden Sie das auch verstehen. Wie die Koalitionsfraktionen mit dem, was unter anderem in der Expertenanhörung zu Tage trat, umgegangen sind, können Sie ein Stück weit in der Beschlussempfehlung nachlesen.
Dort wird beispielsweise sehr deutlich vonseiten der CDU-Fraktion gesagt, dass es sich um ein Finanzierungsgesetz handele, welches keine inhaltlichen Vorgaben zur Qualität festsetzen müsse.
Wer das darauf reduziert, der produziert so etwas. Wir liegen mit unserem Antrag richtig. Bessern Sie dieses Gesetz nach und bringen Sie es noch einmal ein.
Angesichts der Versorgungsbezirke und der Sicherstellung des pluralen wohnortnahen Angebotes sollten wir als Land Nordrhein-Westfalen immer mit im Blick haben, was die Menschen wollen und wo die Frauen beraten werden wollen.
Wir können doch nicht auf Deubel komm raus nur plural sein und den Anteil der Fachkräfte gleichmäßig verteilen. Wir müssen ein Stück weit berücksichtigen, wie viele mit ihren Füßen abstimmen und wohin sie gehen. Wenn das nicht mehr passiert, dann finde ich es traurig.
Wir sollten an der Stelle auch kommunalen Sachverstand einbeziehen, denn vor Ort weiß man häufig, was nachgefragt und benötigt wird. – Danke.
Liebe Frau Kollegin, würden Sie mir Recht geben, dass auch die pro
fessionellen Teams mit Psychologen, mit Ärzten Einfluss zum Beispiel auf die Verbandsbildung nehmen und damit helfen, Qualität in den kleineren Beratungsstellen, die solche Professionen nicht in jedem Fall dabei haben, zu verbessern?
Jetzt haben wir schon vieles gehört, aber ich bin trotzdem noch ein bisschen verunsichert. Am 9. März hat der Haushalts- und Finanzausschuss getagt, Herr Minister. Dort ist auch auf diesen Vorgang hingewiesen worden. Ein Mitarbeiter Ihres Hauses hat erklärt,
„die im Entwurf verzeichneten Mittel der Titelgruppe seien unverändert. Es sei in der besagten Ausschusssitzung auf ein redaktionelles Versehen hingewiesen worden“
Sie haben sich eben ähnlich geäußert; aber dann ging es weiter –;
„insofern sei es nicht notwendig, dieses mit einer Ergänzungsvorlage zu korrigieren.“
Das war der Stand vom 9. März im Haushalts- und Finanzausschuss.
Jetzt haben Sie gesagt, es würde eine Ergänzungsvorlage geben. Das ist schon verwirrend. Noch einmal: Ich hätte gern gewusst, was nun endgültig Grundlage für die künftige Beratung ist.
Herr Minister, zu sagen, eine kleine Summe muss nicht so genau ausfallen,
widerspricht jeder Erfahrung bei Haushaltsplanberatungen, in denen oft über die kleinsten Summen am längsten und heftigsten beraten wird.
Ich frage Sie noch einmal: Halten Sie es für richtig, dass der Landtag in Gänze mit dem Entwurf der Haushaltspläne der Landesregierung über alle Summen, die eingenommen und ausgegeben werden, informiert wird, oder meinen Sie, wie es vorhin ein Kollege ansprach, dass wir solche Informationen auf Informationsveranstaltungen gewinnen könnten und sie uns dort zusammentragen müssen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Neuregelung der Finanzbeteiligung zum Schwangerschaftskonfliktgesetz an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Frauenpolitik und an den Ausschuss für Haushalts- und Finanzpolitik stimmen wir zur. Ich denke, dort müssen wir den Gesetzentwurf noch gründlich diskutieren.
Wir sind uns einig, dass angesichts der zwei Verwaltungsgerichtsurteile eine gesetzliche Regelung richtig ist. Nachdem die katholische Kirche im Jahr 2000 – das sagten Sie schon, Herr Minister – aus der Beratung vor einem Schwangerschaftsabbruch nach § 5 und § 6 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes und der Ausstellung des Beratungsscheins, der zum straffreien Schwangerschaftsabbruch berechtigt, ausgestiegen war, fanden wir es seinerzeit richtig, nur noch Beratungsstellen in die Landesförderung zu nehmen, die das ganze Beratungsangebot einschließlich des Beratungsscheins anbieten.
Um eine plurale Trägerschaft zu sichern, haben wir etliche Beratungsstellen katholischer Prägung, nämlich Donum Vitae, in die Förderung mit aufgenommen. Hier hatten sich viele engagierte katho
lische Beratungsfachkräfte zusammengetan, die die Einschränkungen in der Beratung durch die katholische Kirche nicht hinnehmen wollten.
Gut, das war einmal. Das Gericht hat heute anders entschieden. Auch die katholischen Beratungsstellen, die Beratung in Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung, Familienplanung sowie in allen Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen anbieten, haben heute einen Anspruch auf Förderung. Nur objektive Kriterien, in einem Landesgesetz normiert, können Beratungsstellen von einer Förderung ausschließen. Aber es muss natürlich der bundesgesetzlich vorgeschriebene Schlüssel von einer Beratungsfachkraft für je 40.000 Einwohner eingehalten werden. Das machen Sie in Ihrem Gesetzentwurf.
Ganz besonders spannend ist die Frage der Auswahlkriterien bei einer Überversorgung. Die Landesregierung will jeweils 50 % mit religiöser und 50 % mit weltanschaulich neutraler Ausrichtung fördern, um so ein plurales, wohnortnahes Angebot zu sichern. Dabei wird leider nicht nach Beratung nach § 2 und der umfassenden Beratung nach § 5 und § 6 unterschieden. Hier könnte trotz des scheinbar so pluralen Angebots eine faktische Unterversorgung für die Gesamtberatung entstehen.
Müsste hierbei nicht auch stärker die tatsächliche Wahl- und Beratungsentscheidung der Frauen, also bisherige Fallzahlen, eine Rolle spielen? Wie kommen Sie zu dem 50:50-Anteil, der so gerecht klingt? Das sollten wir noch einmal ausführlicher diskutieren.
Als Frage bleibt für uns auch die unterschiedliche Behandlung der Beratungsstellen. Für die Beratung nach § 5 und § 6, also für die umfassenden Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, gibt es Anerkennungsrichtlinien. Die müssen vorliegen.
Für die Beratung nach § 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz ist offensichtlich eine Anerkennung nicht vorgesehen. Meiner Ansicht nach wären auch hier Standards und ein Anerkennungsverfahren durch die Landesregierung wünschenswert.
Ganz entscheidend ist für uns noch § 5 – Angemessenheit der Personalkosten – in Art. 2. Künftig wollen Sie die Beratungsfachkräfte fiktiv nach der Vergütungsgruppe IV b BAT/Land fördern, wobei die sogenannten differenzierten Jahresdurchschnittssätze zugrunde gelegt werden. Die Träger haben Sorge, ob sie damit im Endeffekt auf die
80 % Förderung kommen, die ihnen jetzt nach dem Gerichtsurteil zustehen.
Wir haben die Sorge, dass damit in Zukunft die bewährten multiprofessionellen Teams infrage gestellt werden. Medizinische und psychologische Beratungsfachkräfte können Sie für diese fiktive Vergütungsgruppe nicht einstellen, und damit droht diesen Fachkräften das Aus. Das ist dann Vereinheitlichung auf unterstem Niveau.
Wir fürchten um die Qualität unserer bewährten Beratungslandschaft. Die Hinzuziehung von ärztlichen und psychologischen Fachkräften wird im Schwangerschaftskonfliktgesetz und auch vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gefordert. Das nur über Honorarkräfte zu sichern, ist zumindest für größere Beratungsstellen schlecht und bedeutet eine gravierende Verschlechterung der bisherigen Praxis.
Wir wollen die Detailberatung im Ausschuss führen. Wir sollten uns Zeit nehmen; denn es geht um viele Einzelpunkte. Wir sollten auch den Sach- und Fachverstand der Schwangerenkonfliktberatungsstellen und ihrer Träger …
Ich komme zum Schluss.
… in die Beratungen einbeziehen – eventuell auch im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss. Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, eine plurale, kompetente und multiprofessionelle Beratungslandschaft zu erhalten und auszubauen. – Danke schön.
Herr Minister, ich habe Sie doch recht verstanden, dass Sie sagen, die Kommunen sollen selbst entscheiden, ob sie noch Hortplätze für diese besondere Förderung brauchen.
Wir haben nun im Land auch sehr viele finanziell schwach ausgestattete Kommunen. Ich lebe in einer solchen. Deshalb lautet meine Zusatzfrage: Wie sieht es denn für Kommunen mit Haushaltssicherungskonzept aus? Dürfen die frei entscheiden, ob sie für 4.922 € im Jahr für das Kind einen Hortplatz einrichten? Oder wird ihnen dann aufgrund der Haushaltslage angeraten, die kostengünstigere Lösung - das sind 1.489 €, stand heute in der Zeitung - der offenen Ganztagsschule zu wählen? Ist da die Kommune wirklich frei? Ist das auch mit dem Kommunalminister abgeklärt?