Rainer Prachtl
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein ausgesprochen großartiges und bewegendes Ereignis war das Eröffnungskonzert des Musiklandes Mecklenburg-Vorpommern am 20. April in der Neubrandenburger Konzertkirche.
Es waren vor allem die genialen, bezaubernden Klänge von Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“. Sein musikalisch umgesetzter Besuch einer Ausstellung – sein Promenieren sozusagen vom Gnom zum Schloss, zum Marktplatz – zeigt sehr deutlich, welche Wirkungen Ausstellungen und auch Messen auf uns Menschen haben. Aramäische, persische, griechische, jüdische, römische Händler wussten schon im Laufe der Menschheitsgeschichte um das Präsentieren von Waren unterschiedlichster Art. So betont schon Euripides: „Probieren weckt die Lust zum Kauf.“ Mit diesem Handel, dem Präsentieren, entstanden sehr früh Messen und Ausstellungen, die in friedlichen Zeiten zur Blüte des Gemeinwesens führten.
Wir haben eine friedliche Zeit, wir haben unser Land Mecklenburg-Vorpommern, auf das wir stolz sind. Aber wie steht es um die Wirtschaftskraft dieses schönen Landes? Erdrückt uns nicht die Sorge um die Arbeitslosigkeit vieler Menschen? Es besteht also Handlungsbedarf und deshalb ist die CDU-Fraktion davon überzeugt, dass ver
stärkt, wie geschichtlich aufgezeigt und wie zurzeit auch international bewiesen, die Messepräsenz unseres Landes verbessert werden muss.
Es geht um die Beantwortung der Frage: Sind wir auf strukturbestimmenden nationalen und internationalen Messen angemessen vertreten? Was ist bei uns unter anderem strukturbestimmend und was wird von den Politikern aller Parteien gern für die eigene Präsentation genutzt? Sie wissen, die Bildchen mit Pferd, die Bildchen mit dem Bierglas.
Das auch. Es sind der Tourismus, die Produkte der Landwirtschaft sowie deren Vermarktung und auch hervorragende Kochbücher. Vielen Dank, dass Sie mir damit auch ein Stück die Ehre geben.
Die touristische Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern kann und muss gelobt werden, aber selbst die Landesregierung hat erkannt, dass die rote Laterne im Auslandstourismus nicht der geeignete Platz für unser Land ist.
Haben wir natürlich, selbstverständlich!
Hier gilt auch nicht...
Ja, ich hab doch gerade gelobt. Da müssen Sie mal richtig hinhören!
Und hier gilt auch nicht die Entschuldigung, liebe Frau Gramkow, hier gilt nicht die Entschuldigung, dass wir nicht einen entscheidenden Städtetourismus haben. Was ist denn mit der schönen Stadt Schwerin? Das müssten Sie doch gerade wissen. Denken Sie an die Hansestädte Wismar, Rostock, Stralsund! Und ich darf noch mein bescheidenes Neubrandenburg hinzufügen. Sind diese Städte nicht vorzeigbar?
Oldenburg hat 7,6 Millionen Tagestouristen, davon viele ausländische Besucher. Sie kennen doch die Werbung: „Wer ist faul?“ Da könnten wir sagen: „Wer ist Oldenburg?“ Bitte! Also, wir haben Schwerin, wir haben unsere Städte, da brauchen wir uns also nicht dahinter zu verstecken.
Ich möchte hier auch ein überzeugendes – liebe Frau Gramkow, hören Sie gut zu –,
ein überzeugendes Beispiel anführen, was wir im Auslandstourismus machen: Auf Nachfrage im Tourismusausschuss wurde uns bestätigt, dass Osteuropa ein wichtiges Quellgebiet ist, ein wichtiges Quellgebiet. Da wollen wir Touristen herhaben. Nun stellen Sie sich Folgendes vor: In diesem Jahr 2002 gibt es 90 internationale Messen. Und die Osteuropäer sind gut, 30 Messen bieten sie an. 30 Messen! Und Sie wissen, wir sind mit den Polen die Größten, wir sind mit den Russen die Größten, wir verehren das Baltikum. Und nun stellen Sie sich vor, wie viel Messen wir besuchen in Osteuropa! Stellen Sie sich vor, wie viel Messen wir touristisch besuchen! Wie viel, Herr Ministerpräsident? – Gar keine!
Kann man nur sagen: Ohne weiteren Kommentar!
Nun einige Bemerkungen zum Bereich Landwirtschaft und Produktveredlung. Da es zu selten praktizierte Fairness in Wahlkampfzeiten gibt – der Minister ist jetzt nicht da –, möchte ich hier auch mal danken. Dem Landwirtschaftsminister sei gedankt. Die Grüne Woche hat er besser herausgestellt, als es vorher war. Das ist in Ordnung so, das ist ein erster richtiger Schritt.
Lieber Herr Backhaus, nehmen Sie das entgegen.
So. Und da kann auch die rechte Seite klatschen. Was er verdient hat, hat er verdient, wenn er auch in manchen Sachen nicht alles gut macht.
Dass wir es in fast zwölf Jahren...
Sie hätten die CDU mal irgendwann so loben sollen. So was habe ich noch nie gehört. Aber das kommt vielleicht auch noch mal irgendwann.
Ich muss auf meine Redezeit aufpassen.
Dass wir es in fast...
Dass wir es in fast zwölf Jahren nicht geschafft haben, unsere Spitzenprodukte der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion so zu vermarkten, dass zum Beispiel für Touristen ein Kaufbedürfnis, ja förmlich die Lust besteht wie für Schwarzwälder Obstler oder Schwarzwaldschinken, ist kein Geheimnis. Dass es bei uns nicht besteht, belegt auch unsere Messebeteiligung, die diese Bereiche tangiert. Ich nenne zwei: die Nahrungs- und Genussmittelausstellung ANUGA und die Internorga. Die Internorga habe ich persönlich besucht und die Aussteller unseres Landes teilten meine Meinung: Dies kann es vom Land nicht gewesen sein. Und jetzt hören Sie sich mal die Zahlen der Internorga an! Es gibt 725 deutsche Aussteller. 725! Und wie viele sind von Mecklenburg-Vorpommern dabei? – Liebe Freunde, es sind nur 12. Auch ohne Kommentar!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zu einem anderen Thema. Die Regierung wird wissen, der Herr Ministerpräsident vermutlich auch, dass die AUMA der Verband der deutschen Messewirtschaft ist. Die AUMA bestimmt den deutschen und internationalen Messemarkt, die AUMA informiert Aussteller und Besucher und unterstützt das Marketing der deutschen Veranstalter. Es ist die Topadresse für Messen und Ausstellungen. Vertreten im Arbeitskreis für Auslandsmessebeteiligungen bei der AUMA sind die Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft, die Bundesministerien und die Bundesländer.
Nun machen wir mal einen Versuch: Steigen wir ins Internet ein. Wen entdecken wir da? – Wie üblich die Bayern. Die haben etwa 50 internationale Messen. Und so können Sie Land für Land durchchecken. Selbst wenn Sie
Höppners Land nehmen, Sachsen-Anhalt – ich nenne es jetzt wirklich mal ohne Wahlkampfattribut –, dann stellen Sie fest, die Sachsen-Anhaltiner zeigen ihre Ausstellungsflagge. Und wenn Sie dann das bedeutende touristische Mecklenburg-Vorpommern anklicken, dann stellen Sie fest, dass auf der Internetseite als einziges Land folgender Ausdruck erscheint: Keine Daten gefunden.
Ich kann nur sagen: Glückwunsch! Was für ein Marketing! Und, Herr Ministerpräsident, wenn Sie betonen, was Sie in Neubrandenburg gemacht haben, wer nicht das schöne Mecklenburg-Vorpommern besucht, kommt nicht in den Himmel, dann kann ich nur sagen, Ihnen wird der Internet-Engel die rote Karte zeigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwar nicht die Wirtschaft,...
Na, Herr Ministerpräsident, wissen Sie, in den Sprüchen Salomon 12, 27 heißt es schon: „Einem Lässigen gerät sein Handel nicht“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwar nicht die Wirtschaft, aber die Kunst betreffend, möchte ich am Rande anmerken, warum wir nicht stärker deutschlandweit und international weltbedeutende Kunstschätze unseres Landes ausstellen. Ich nenne nur drei Bereiche: Wir haben 550 Gemälde der holländisch-flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts, wir haben hervorragende Rembrandt-Bestände und unsere Barlach’schen Kunstwerke. Wer etwas so Bedeutendes hat, sollte es als Perle unseres Landes leuchten lassen.
Die letzte Komposition der „Bilder einer Ausstellung“...
Ich hab gesagt, am Rande bemerkt, die Kunst wird viel zu wenig beachtet. Und, Frau Bretschneider, Ihre Bemerkung war da vollkommen überflüssig. Mancher ist ein großes Licht, nur leuchten und wärmen kann er nicht. Das wird auf Sie zutreffen.
Die letzte Komposition der „Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgski ist „Das Tor von Kiew“. Glockenklang, Leben, Bewegung, Offenheit kennzeichnen diese herrliche Komposition. Ich wünsche mir, dass Sie dem Antrag der CDUFraktion zustimmen, damit die Tore unseres Landes ähnlich dem Kiewer Tor noch offener sind, dass unsere Glocken auch in anderen Ländern gehört werden. Unsere Menschen haben diesbezüglich eine bessere Politik verdient.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In gewohnter Weise wiederholen sich heute die Rituale und Formen zur Änderung des Rundfunkänderungsstaatsvertrages.
Die CDU wird diesen im breiten Konsens gefundenen Kompromiss, dem Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, zustimmen, dies allerdings mit einigen konstruktiven und kritischen Anmerkungen.
Zum Ersten zur Medienkonzentrationskontrolle für das bundesweite private Fernsehen: Hier gibt es im Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Klarstellung. Eine unzulässige vorherrschende Meinungsmacht wird angenommen, wenn das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt 25 Prozent Zuschaueranteil erreicht, also knapp 5 Prozent weniger als bisher. Es sei denn, es werden Regionalfenster, wie es der Ministerpräsident schon sagte, und Sendezeiten für Dritte Vielfalt fördernd ins Programm aufgenommen.
Es ist bekannt, dass aus Kostengründen kaum Regionalprogramme der privaten Anbieter gesendet werden. Wo haben wir denn diese Regionalprogramme? Insofern ist zu fragen, ob durch diese Regelung Medienkonzentration verringert und Medienvielfalt gefördert wird. Das darf zumindest bezweifelt werden. Und jetzt stellen Sie sich vor regionale Fenster bei Privaten! Wenn die genauso platt sind wie manch andere Sendungen bei Privaten,
dann haben wir natürlich auch nichts gewonnen. Das könnte dann noch platter werden.
Also ich sag’s nur, nur eine Frage.
Grundsätzlich gilt, in der Medienpolitik dürfen wir das Regionale nicht einer globalisierten Medienpolitik opfern. Bei aller Konzentration, effizienter zu sein, muss es ein starkes regionales Element geben, auch für MecklenburgVorpommern. Denn wir sind das Land, das noch die meisten privaten Sender sieht. Also, die Öffentlich-Rechtlichen werden ja mehr im Süden gesehen und dann geht es in den Norden, also deppenmäßiger zurück,
kann man fast sagen, weil die guten Sender werden da nicht gesehen und im Osten wird es noch weniger. Also Mecklenburg-Vorpommern ist der Bereich, wo noch am allerwenigsten ZDF gesehen wird. Und hier muss – was beim NDR positiv gesagt wird, Regionalfenster, zum Beispiel beim Niederdeutschen, das würde ich mir bei anderen auch wünschen – die regionale Identität mehr gefördert werden.
Genau. Ein bisschen was Lustiges, dann wird es auch mal spannender im Land und nicht immer so trist.
Zweitens, die Förderung des digitalen terrestrischen Fernsehens: Hier geht es im Wesentlichen darum, den öffentlich-rechtlichen und den privaten Fernsehveranstaltern die Möglichkeit zu geben, die analoge terrestrische Verbreitung schrittweise einzustellen. Hier bleibt zu hoffen, dass davon nicht nur geredet wird, sondern ein effizienter Umstieg von analoger auf digitale Übertragung umgesetzt wird.
Dabei muss Folgendes konstruktiv überlegt werden:
a) Welches Einstiegsszenario wählen wir für die Einführung des digitalen Fernsehens?
b) Wie lange müssen analoges und digitales Fernsehen parallel laufen und ist dies eventuell gesetzlich zu regeln?
Durch die massiven Umwälzungen der Medienmärkte, verbunden mit immer neuen zukunftsweisenden technischen Erfindungen, entsteht ein schwieriges Spannungsverhältnis. Der Staat sollte die Entwicklung neuer technischer Möglichkeiten befördern und die Vorgänge natürlich nicht kaputtregeln. Es gilt aber andererseits, wirtschaftliche Machtpositionen vor allem unter dem Gesichtspunkt der Meinungsvielfalt zu kontrollieren. Deshalb ist Machtkontrolle dort notwendig, wo neue Technologien und Dienste nicht von Anfang an unter Wettbewerbsbedingungen stehen.
Hier sei zumindest die Anfrage gestattet, ob die Medienaufsicht in Deutschland derzeit auf die massiven Umwälzungen der Medienmärkte adäquat vorbereitet ist. Ich wage, dieses zu bezweifeln, auch wenn ein Bemühen beim Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag erkennbar ist.
Lassen Sie mich drittens was zur Information der Landtage sagen. Die Verbesserung der Information der Landtage über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ist positiv zu vermerken. Sie ist ja mit dem letzten Rundfunkänderungsstaatsvertrag gefordert worden und hier sind uns die Länderregierungen entgegengekommen. Und das ist gut so.
In diesem Zusammenhang sollten wir darauf achten, dass wir übersichtlich aufbereitetes Zahlenmaterial erhalten, denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein gutes Recht zu erfahren, was mit den Gebührengeldern passiert. Das heißt, die Information der Länderparlamente stärkt die demokratische Kontrolle. Eine wie auch immer definierte Selbstbedienungsmentalität darf es nicht geben. Hier hatte ich noch kritische Anmerkungen. Dann wurde ich jedoch von Beamten gewarnt: Sag ja nicht zu viel jetzt! Dann kriegst du Ärger im Wahljahr.
Aber die Adressaten wissen, was ich damit meine.
Bezogen auf die Gebühren muss auch hinterfragt werden, was sich an explosiver Programmvermehrung bei den öffentlich-rechtlichen Anbietern in den letzten Jahren vollzogen hat. Es existieren derzeit 61 öffentlich-rechtliche Hörfunkprogramme. Das sind 54 Prozent mehr als 1992. Wir haben ja alle 1992 gelebt, die hier im Saal sind. Die Frage: Was hat wem 1992 gefehlt und weshalb ist es um 54 Prozent gestiegen?
Ja, ja, gut.
Und insofern muss gefragt werden, ob das wirklich notwendig ist. Ähnlich ist es mit dem Onlinebedarf von ARD und ZDF. Hier gibt es zwar eine gesetzliche Begrenzung auf vorwiegend programmbezogene Mediendienste und die vollständige Werbefreiheit der Onlinedienste, aber diese Regelungen werden immer einmal – ich habe nicht „häufig“ geschrieben, sondern „immer einmal“ – überschritten. Das geht auch schon, zumindest habe ich da Beispiele bei der ARD gefunden, in diesen Werbebereich hinein.
Hier ist also zu fragen: Sind die Grenzen richtig gesetzt? Ist der Finanzbedarf von ARD und ZDF für die laufende Gebührenperiode bis 2004 bezogen auf den Onlinebedarf gerechtfertigt? Das ZDF fordert 15 Millionen Euro, das sind 70 Prozent mehr bezogen auf die bisher gewährten 8,7 Millionen Euro. Die ARD verlangt von der KEF und damit vom Gebührenzahler 179 Millionen Euro, das ist sogar das Vierfache der bisher gewährten 45 Millionen Euro.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte es zu einem neuen Gebührenrecht kommen, dass zukünftig nicht mehr jeder Bürger einen Nachweis über seine Radio- und Fernsehgeräte führen muss, sondern nur noch die Bürger, die von der Abgabe befreit werden möchten, dann entfallen die notwendigen Verfahren zur Ermittlung der Zahlungspflicht. Dann gehört auch die zentralistisch organisierte GEZ auf den Prüfstand. Eine Behörde wie die GEZ mit über 900 Beschäftigten und mehr als 102 Millionen Euro Aufwendungen im Jahr ist auch aus Kostengründen zumindest mal zu hinterfragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Wort zur Grundversorgung: Sie ist auch eine politisch inhaltliche Aufgabe, da sie eine Integrationswirkung oder Integrationsfunktion haben sollte. Wir erleben, dass die Information der Bevölkerung durch Medien spezialisiert und individualisiert wird, das heißt, der Bestand an gemeinsamer Information wird geringer. Ein wesentliches Element zur Förderung und Stärkung der inneren Kohäsion der Gesellschaft ist aber der Bestand an gemeinsamer Information. Themen der gemeinsamen Wahrnehmung dürfen sich nicht nur auf Sportevents beziehen, so wichtig Fußballspiele, Schumachers oder Olympiaden auch immer sind. Es muss ein breites kulturelles Feld sein,
zu dem auch die Unterhaltung gehört, aber eben nicht nur die Unterhaltung. Die Integrationsfunktion durch eine effiziente Information sorgt für eine Belastbarkeit der Gesellschaft auch in schwieriger Zeit.
Ich denke zum Beispiel an die Werbung, die jetzt für unser Deutschland gemacht wird, nicht parteipolitisch mit der deutschen Fahne, sondern dass wir anpacken sollen, dass es nach vorne geht. Das reicht aber nicht, wenn die Deutschen zu unterschiedliche Informationen haben. Gesellschaftliche Mitwirkung, vor allem auch demokratische, braucht neben der bereits vorhandenen Vielfalt eine neu begründete Integration durch gemeinsames Wissen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die herausragende Bedeutung der Medien im Bildungs-, Kultur-, Wirtschafts-, Informations- und Werbespektrum ist grundsätzlich – bei uns im Haus auch – unumstritten. Weil das so ist, frage ich – und nicht wahlpolitisch, weil das geht ja an Herrn Rehberg nachher genauso –, warum die Landesregierung die Medienverantwortlichkeit nicht konzentriert, um damit effizienter den Anforderungen der Entwicklung in diesem Bereich zu begegnen. Ja, ich stelle sie jetzt mal vor: Die Ansiedlung der Filmförderung liegt im Bildungsministerium, des Presserechtes im Innenministerium, der Neuen Dienste im Wirtschaftsministerium und die der Rundfunkangelegenheiten in der Staatskanzlei. Hier sei nur die Frage gestattet: Ist das optimal, entspricht das zukünftigen Anforderungen? Muss da nicht mehr Power sein,
egal ob der Mann in der Staatskanzlei Rehberg oder Ringstorff heißt?
Der Landtag, das sei angemerkt...
Na gut. Da streitet euch, da streitet euch parteipolitisch drüber!
Ich habe nur fachlich was gesagt.
Und jetzt an die Adresse des Landtages: Der Landtag, das sei angemerkt, sollte wegen der Bedeutung der Medien für die Gesellschaft ebenfalls darüber nachdenken, die Ausschussarbeit eventuell durch einen Unterausschuss Medien zu verbessern. Auch darf sich ein Tourismusland – und das ist jetzt an den Ministerpräsidenten gerichtet – wie Mecklenburg-Vorpommern nicht nur auf Filmserien der öffentlich-rechtlichen Anstalten verlassen. Erinnert sei an die „Robbie“-Serie mit der peinlichen Begleitmusik Rügen’scher Kommunalpolitik. Das heißt, wir sollten auch auf wirtschaftliche Filmförderung setzen und in Filme beziehungsweise Serien investieren, die MecklenburgVorpommern als Perle Deutschlands zeigen.
Alle, die in Dantes „Göttlicher Komödie“ das Tor zur Unterwelt durchschreiten, müssen ihre Hoffnung fallen lassen. Wir geben, bezogen auf die Medien, unsere Hoffnung nicht auf. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Berichterstatter, der Kollege Helmrich, der zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen sollte, ist heute leider verhindert. Aber wer spricht nicht gern zum Thema Osteuropa und zum Thema Polen. Ich habe auch schon zum letzten Tourismustagesordnungspunkt gesagt, das sollte für uns alle ein Herzensanliegen sein. Deshalb spreche ich für die Fraktion der CDU gern zu diesem Thema.
Lassen Sie mich mit der Feststellung beginnen, dass ich zutiefst davon überzeugt bin, dass wir hier und heute einen historischen Beschluss fassen. Das, glaube ich, muss so gesagt werden, weil die Geschichte uns wirklich lehrt, dass wir in Europa mehr zusammenhalten müssen. Der eine Grund ist unsere Zusammenarbeit mit den Polen. Nach gegenseitigen Besuchen, nach Vorerörterungen und der allgemeinen Vereinbarung von Zusammenarbeit fassen wir heute einen Beschluss mit einem detaillierten Arbeitsauftrag an unsere Ausschüsse, den die frei gewählten Vertreter beider Parlamente am 3. Dezember des vorigen Jahres vereinbart haben. Im Sejmik der Woiwodschaft Westpommern wird ein gleichlautender Beschluss gefasst. In dem Arbeitsauftrag sind keine Tabuzonen zu erkennen, die man ausklammern möchte. Alles sind Problembereiche, die schwierig sind. Ich nenne einige: den EU-Beitritt, die Landwirtschaft ist ein schwieriges Thema, die grenzübergreifende Kriminalität, die Grenzübergänge
insgesamt. Ich denke, so begegnen sich freiwillige Partner, so entsteht Vertrauen, wenn auch diese Bereiche angesprochen werden.
Der zweite Grund, der für diesen historischen Beschluss wichtig ist, ist die Einigkeit hier innerhalb unseres Hauses. Die hier vertretenen Parteien tragen diesen Beschluss gemeinsam. Wir wollen alle diese Zusammenarbeit, das ist von entscheidender Bedeutung. Dieser Wille zur Zusammenarbeit muss von Dauer sein. Er muss Wahlperioden überdauern und darf nicht von den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen abhängig sein, sonst könnte es sich vielleicht schon im Herbst ändern.
Ich habe „vielleicht“ gesagt.
Also, die freiwillige Vereinbarung gemeinsamer konkreter Zusammenarbeit, die weit über allgemeine Absichtserklärungen hinausgeht, und die Einigkeit bei uns hier im Landtag verschaffen unserem Beschluss das Gewicht und seine historische Bedeutung.
Die Konkretheit des Arbeitsauftrages und die Vermeidung von Tabuzonen, die ich als positiv hervorgehoben habe, mag manchem, wenn er sich die Liste auf den Seiten 3 und 4 der Drucksache ansieht, zu detailliert erscheinen. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, der Kollege Kreuzer, der mit seinem Unterausschuss für die EUOsterweiterung diesen Beschlussvorschlag hier vorlegt, hat diesen Punkt schon angesprochen und darauf hingewiesen, dass die deutsche Seite zunächst eine Themenbeschränkung angestrebt hat. Zu einer Themenausweitung kam es aber wegen der Zuständigkeitsregelung im Sejmik. Die Geschäftsordnung des Sejmik kennt nicht unser Recht der Selbstbefassung. Die Ausschüsse dort kennen nur die überwiesenen Sachen und brauchen somit den umfassenden Auftrag durch ihr Plenum. Deshalb ist die deutsche Seite letztlich bereitwillig auf die detaillierte Aufzählung eingegangen. Damit waren dann auch die vielfältigen Vorschläge, die von unseren Ausschüssen eingesammelt worden sind, leicht einzubringen. Dies kennzeichnet ein Stück praktischer Zusammenarbeit, wie wir auf die jeweilige Arbeitssituation des anderen Rücksicht nehmen müssen.
Dies gilt auch für einen weiteren Punkt. Der Sejmik ist in einer nächsten Legislaturperiode nicht durch die Diskontinuität eingeschränkt, sondern kann an Gegenständen, die er in einer Legislaturperiode begonnen hat, in der nächsten Legislaturperiode weiterarbeiten. Darauf hat der Präsident vorhin auch schon hingewiesen. Hierauf müssen wir meines Erachtens Rücksicht nehmen und dürfen uns auf keinen Fall in der nächsten Legislaturperiode, sei es untereinander oder gegenüber den Polen, auf die Diskontinuität berufen. Dies sollten wir uns hier in diesem Parlament gegenseitig versichern, was ich hiermit für unsere Fraktion gern tue.
Es wird noch manche Unebenheiten in den Arbeitsabläufen zu überwinden geben. Aber gerade deshalb haben wir auch die Arbeitsaufträge an kleine Einheiten, die Ausschüsse, übertragen, die am flexibelsten reagieren und sich gegenseitig abstimmen können. Dafür gibt es ein sehr schönes Beispiel – ich denke an den Landwirtschaftsausschuss – das ist in der Drucksache nachzulesen. Durch die drohende Seuchengefahr wurde die
Zusammenarbeit zeitweise unterbrochen, aber ich denke, der Landwirtschaftsausschuss hat hier ein gutes Beispiel gegeben. Wir können nur hoffen, dass diese erfreuliche Arbeit wieder aufgenommen werden kann.
Es ist hier nicht der Ort und die Zeit, um auf die detaillierten Vorschläge im einzelnen einzugehen. Lassen Sie mich trotzdem einige Punkte ansprechen:
Zuerst möchte ich ganz kurz auf den Tourismus zu sprechen kommen. Ich finde, es ist hervorragend, wenn vorgeschlagen wird, die Verbreitung von Erholungs- und Sportveranstaltungen, die Förderung von Kontakten zwischen Verbänden dieser Regionen, auch die Förderung und Koordination von Tourismusmaßnahmen wie zum Beispiel die Inbetriebnahme von touristischen Bahnlinien, die Radwege um das Stettiner Haff oder die gemeinsame Präsentation der Regionen auf regionalen Veranstaltungen und Messen. Wir wissen, welche Probleme wir im Tourismus mit dem Marketing haben, weil die Mittel nicht reichen. Hier wäre es durchaus hervorragend, wenn mit den Polen zusammengearbeitet würde, dass Polen zu uns kommen, wir zu den Polen kommen, dass diese Marketingmittel gemeinsam genutzt werden, ich denke, auch wenn von diesem so genannten Roots-Tourismus gesprochen wird, von den Wurzeln. Es gibt Wurzeln, die im deutschen Bereich in Polen liegen, es gibt im polnischen Bereich Dinge, die hier angesiedelt sind bei uns. Es gibt Verbindungen zwischen diesen Kulturen.
Der Vorsitzende des Tourismusverbandes von Bayern hat gesagt: „Eigentlich haben wir keine Steigerungsraten mehr.“ Die Steigerungsraten kommen aber daher, weil wir jahrhundertealte Traditionen im christlichen Bereich haben, im Klosterbereich. Die haben wir natürlich nicht, aber die Polen haben sie. Wenn wir jahrhundertealte Traditionen im Handwerksbereich haben, die in Polen zum Beispiel noch erhalten sind, so sind das Dinge, die in Polen da sind. Andererseits gibt es deutsche Dinge – vielleicht die deutsche Akribie, die manchmal ja auch zu etwas taugen mag –, die für uns sprechen. Ich glaube, da kann es zwischen diesen Regionen durchaus eine Verbindung geben.
Und wer wollte bestreiten, dass sich die Insel Usedom und die anliegenden Strände in Polen, in Wollin, eine Zusammenarbeit Usedom/Wollin vorstellen können, die schönsten Sandstrände Europas. Feineren Sand, besseren Sand, leuchtenderen Sand als auf Usedom und in den Wolliner Gegenden findet man nicht. Und wenn Sie an diese Düfte denken, von denen oft gesprochen wird, die Kiefern an unseren Küsten, die Pinien am Mittelmeer, so sind diese kleinen wunderbaren Föhren, die in Usedom/Wollin zu sehen sind, wenn die Sonne hochsteigt, und diese wunderschönen Düfte dann diese Landschaft, diesen Ostseeraum erfüllen,
so ist das etwas, was, glaube ich, zwischen Polen und Deutschland weiter genutzt werden darf.
Ich denke, dazu sollten wir alle Ja sagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss eine grundsätzliche Ausführung. Ein Vordenker Europas war Friedrich von Hardenberg, den kennen wir unter
einem anderen Namen. Das war der großartige Dichter Novalis. 1799 – nicht in unserem Abgeordnetenalter, sondern im Alter von 26 Jahren – hat er in Jena ein erstes Essay über Europa in deutscher Sprache veröffentlicht. Er ist bereits mit 28 Jahren gestorben. Aber im Sinne der Visionen, die er damals verbreitet hat, sind wir aufgefordert, auch heute mit den polnischen Freunden unsere historische Chance zu nutzen. Dabei sollten wir zwingend beachten, dass Europa sich nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft versteht, sondern sich zur Wertegemeinschaft entwickelt. Dies gilt im Besondern für die Beziehung zu den Völkern Osteuropas und damit auch für Polen.
Ich möchte nicht dem Missverständnis Vorschub leisten, als drehe sich in Europa alles nur ums Kapital und um die Verzinsung. Es ist auch nicht unausweichlich, dass Europa einfach mit dem Euro gleichgesetzt wird. Für die Arbeit an einer werteorientierten Identität Europas ist es nicht zu spät. Aber diese Arbeit muss angepackt werden, so, wie die Europa der griechischen Sage den Stier bei den Hörnern nahm. Die geschichtliche Gnade oder der Kairos, wie man auch sagen kann, hat uns die Möglichkeit eröffnet, dass das größere Europa nicht Utopie bleibt, sondern Wirklichkeit wird. Was für die alte Bundesrepublik die Versöhnung mit Frankreich war, sollte für uns der großartige Handschlag mit unserem polnischen Nachbarn sein.
Die Zeit langjährig verordneter Freundschaft zwischen beiden Völkern wird jetzt abgelöst durch die Zusammenarbeit frei gewählter Mandatsträger. Darauf wird sich Vertrauen und Freundschaft aufbauen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Zuerst ganz kurz zu Ihnen, Herr Minister. Es gibt so Freud’sche Dinge: Schritt für Schritt, Tourismus hat im Laufschritt zu erfolgen, möglichst so flott, wie Katrin Krabbe einmal gelaufen ist, denn im Tourismus muss was passieren und da reicht weder eine ruhige Hand noch Schritt für Schritt. Erste Bemerkung.
Gut, zu Ihnen komme ich dann noch, Herr Ministerpräsident, wenn Sie es möchten.
Die zweite Bemerkung. Herr Minister, dass ich Sie als bayrischen Löwen in der Ministerriege schätze, wissen Sie, aber es ist schon bemerkenswert, wie Sie die Abteilung Schönrederei herausholen und gar keine kritischen Anmerkungen machen. Sie haben schon kritische Anmerkungen hier in Ihrer Amtszeit zum Besten gegeben, die auch richtig sind, und deshalb fand ich es nicht gut, dass Sie nur Dinge genannt haben, die eigentlich zum Land mit dazugehören. Das hat unser ehrwürdiger Goethe schon gewusst, wenn er sich über den Fürstenhof in Weimar ärgerte, wo er gesagt hat: „Der Irrtum wiederholt sich immerfort in der Tat. Deswegen muss man das Wahre unermüdlich in Worten wiederholen.“
Der Koalition kann ich nur danken, dass sie diesen Antrag vorgelegt hat. Ich darf deutlich sagen, seit Beginn der Legislaturperiode, lieber Kollege Müller, habe ich mehrfach im Tourismusausschuss oder wir auch als CDU deutlich gesagt, im Landtag ebenfalls haben wir immer wieder gefordert, dass die gesamte touristische Entwicklung analysiert werden muss, Marketing, Infrastruktur, Kapazitätsauslastung, mögliche Bettenzahl, weil das für unser Land ganz wichtig ist. Und da kann es nicht sein, Herr Minister, dass Sie, wenn es um so wichtige Dinge geht wie die Arbeitsplätze, so einen Schritt-für-Schritt-Vortrag hier halten, der dieser Sache wirklich nicht angemessen ist, denn draußen sind Leute, denen es nicht so gut wie uns geht.
Die warten darauf, Beschäftigung zu bekommen, und insofern verstehe ich nicht, dass Sie sich auf diesen Antrag eingelassen haben. Der Antrag greift zu kurz. Wir können nicht nur über Radwanderwege sprechen und über Wasserwanderrastplätze, das geht nicht, das greift einfach zu kurz. Allerdings muss ich unumwunden die Ehrlichkeit Ihres Antrages bestaunen und bewundern. Weshalb? Es gibt für den Bereich, in dem nachweisbar die meisten Arbeitsplätze geschaffen werden, ein unzureichendes Konzept, das geht aus diesem Antrag hervor. Damit haben Sie Recht, das Konzept ist unzureichend. Jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie konnten noch vor zwei, drei Jahren sagen, wir hätten alles gemacht, aber jetzt muss ich deutlich sagen: Freunde, wenn es dieses Konzept nicht gibt oder wenn da vieles unschlüssig ist, diese Unschlüssigkeit im Land Mecklenburg-Vorpommern darf es doch bei diesen touristischen Dingen nicht geben. Herr Minister, dass Sie pfiffig sind und aufgepasst haben, ist ja richtig. Bloß die Frage ist, Sie haben ja zu spät aufgepasst, denn es geht jetzt natürlich im nächsten Jahr neu los, da wird neu gewürfelt.
Ja, ja, zu spät ist es nie. Aber Sie haben es verpasst. Im April soll jetzt der Bericht kommen und da sage ich Ihnen ganz deutlich, Glückwunsch zu der Erkenntnis. Die Erkenntnis ist ein Weg der Besserung, aber diese Besserung wird man der neuen Landesregierung zuschreiben, da bin ich ganz objektiv. Ich sage nicht, wir werden zwingend regieren, aber das wird der Wähler entscheiden, wer dann regiert. Sie hatten dreieinhalb Jahre Zeit, im Tourismus etwas zu tun, und ich finde, das ist dann wirklich beschämend und peinlich unseren Menschen gegenüber,
wenn nicht mehr herauskommt als das, was bisher gesagt wurde.
Die touristische Hausaufgabe ist von Ihnen in dem Sinne nicht gelöst worden. Dass Sie sich bemüht haben, das erkenne ich an, aber das Bemühen reicht, denke ich, nicht. Es wurden viele Projekte wirklich abgefeiert, wie GöhrenLebbin, da war ja der Ministerpräsident dabei, die noch von einer anderen Regierung eingeleitet wurden, und es wurde wirklich wenig gemacht, bei dem man sagen kann, das sind herausragende Dinge, die für unser Land entscheidend sind. Die hätten Sie dann nennen müssen, wenn Sie welche auf den Weg gebracht haben. Und nun können Sie sagen, lieber Herr Prachtl, du hast ja gut reden.
Ich komme gleich zu mir selber.
Glaubwürdig wird man dann, wenn man selbst auch Fehler eingesteht und ich gestehe ihn ein. Ich war ja mal Vorsitzender des Landestourismusverbandes und da habe ich genau solche blumigen Reden wie Sie gehalten, wie sie der Ministerpräsident hält, wie sie Herr Schlotmann gehalten hat. Nämlich was wir alle gemacht haben, war, wir haben gesagt, wie toll unser Tourismus ist, und Prachtl ist sich großartig dabei vorgekommen, wie sich alle großartig dabei vorkommen, die über den Tourismus reden, weil es großartig ist, was man da verkaufen kann.
Nun kann man Folgendes machen, in der Literatur ist es ja ähnlich so: In der Literatur wenden Schriftsteller die Möglichkeit an, dass sie, wie zum Beispiel bei „Jakob, der Lügner“, Leute hinstellen, die den anderen etwas Gutes verkaufen, wirklich etwas Gutes verkaufen,
um ihnen Mut zu machen.
Gut, ich kann mich auch umdrehen. Aber wir haben ja keinen uninteressanten Minister dort und der Herr Ministerpräsident sitzt auch dort.
In der Literatur wird dann Mut gemacht, aber dieses Mutmachen kann nicht über Jahre gehen, man muss auch mal ehrlich dabei sein. Wenn man aber keine Erfolge hat und man nimmt dann Dinge, von denen man erzählt, wie beim Tourismus, dass es nur gut läuft, das wird natürlich nicht mehr anerkannt.
Ich glaube, wir sind es dem Land und den Menschen schuldig, dass wir endlich mit der Schönrederei aufhören. Ich will Ihnen hierzu einige Zahlen sagen, was ich unter Schönrederei verstehe.
Wahr ist, dass in den letzten fünf Jahren ein Bettenzuwachs da war von 9.000 bis 14.000 Betten jährlich. Das ist zum Teil in der CDU/SPD-Regierung geplant und entwickelt worden. Aufgrund dieses Bettenzuwachses – ganz logisch, denn Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat solchen Bettenzuwachs nicht, der fast um hundert Prozent erhöht worden ist – ist natürlich auch die hohe Steigerungsrate in der Übernachtungszahl zu sehen. Und die Auslastung ist in dem Zeitraum ja kaum gestiegen, so dass es wesentlich auf diese Bettenerhöhung zurückzuführen ist.
Und jetzt kommt die Zahl, auf die sich alle berufen, auch der damalige Schönfärber Prachtl. Als Schlüsselzahl für die Fremdenverkehrsintensität nehmen wir nämlich immer die Zahl der Übernachtungen je 1.000 Einwohner. Die Einwohnerzahl sinkt, die Bettenzahl steigt und wir sagen, hurra, wir sind die Größten. Ich will nicht makaber sein und die Verkehrstoten noch mit anführen, dann würden wir vielleicht noch besser werden.
Ich will Ihnen ehrlich sagen, mit solchen Zahlen, Herr Minister, werden wir der Situation nicht gerecht. Und jetzt müssen wir ehrlich sein und sagen, wo wir eigentlich stehen. Ich will das den Kollegen auch ruhig mal deutlich machen. Wir stehen auf Platz 8. Und der Kollege Schlotmann hat es ja auch mal gemacht, der hat gesagt, oh, den Bayern klopfen wir bald auf die Schultern. Liebe Freunde, zwischen Bayern und uns sind etliche Berge, etliche Seen und noch einige Misthaufen, denn zwischen Bayern mit 600.000 Betten und uns mit 160.000 ist ein riesiger Unterschied. Die Bayern haben 74 Millionen Übernachtungen und wir wollen uns langsam bemühen, 20 Millionen zu haben. Baden-Württemberg hat 40 Millionen. Sie kennen die Werbung, wo es heißt: „Paul, wer ist Paul?“ Ich sage mal, wer ist Hessen? Hessen hat 25 Millionen Übernachtungen. Ist Ihnen Hessen als das große touristische Land bekannt? Wir lassen uns von solchen Ländern etwas vormachen. Wir dürfen uns doch von Hessen nichts vormachen lassen mit 25 Millionen Übernachtungen!
Und jetzt wollen wir mal die Bayern aus dem Spiel lassen. Nehmen wir mal nur die norddeutschen Länder. Da glauben wir auch, wir sind weit vorne. Nein, die Niedersachsen haben 35 Millionen Übernachtungen. Dann sollten wir doch erst mal versuchen, in Norddeutschland die Nummer 1 zu werden und auch die Schleswig-Holsteiner, das werden wir wohl bald schaffen, mit 21 Millionen Einwohnern zu überholen.
Wer hat das bessere Land? Wer hat die Ostsee und nicht so eine komische Nordsee, wo die Flut mal hin und her geht, wo man nicht baden kann? Wir in MecklenburgVorpommern und nicht die in Niedersachsen! Und insofern sollten wir hier unsere Chancen suchen. Und dann bitte ich auch die Landesregierung darum, die Zahl zu beantworten. Wir sagen deutlich, lieber Herr Minister, acht bis zehn Betten bedeuten einen Arbeitsplatz. Bayern, sagte ich schon, hat 600.000 Betten, Baden-Württemberg 300.000, Niedersachsen 280.000. Es gibt bisher keine
schlüssige Antwort, weder von der CDU-Regierung noch jetzt von Ihrer. Wie viel Betten verträgt dieses Land tatsächlich? Bei 100.000 haben im Land schon die Unternehmer gestöhnt, um Himmels willen kein Bett dazu. Wir haben 160.000 und trotzdem zum Teil gute Auslastungen. Das ist natürlich sehr unterschiedlich, es gibt auch schlechtere Auslastungen, wenn dort gebaut wurde, wo die Infrastruktur zum Beispiel nicht stimmt.
Alle Wissenschaftler unseres Landes sagen uns, ihr könnt den Tourismus, wenn ihr ihn wirklich plant, infrastrukturmäßig, marketingmäßig auch mit ganz anderen Zahlen bewältigen. Und ich glaube, das Land hat es verdient. Und, lieber Herr Minister, Sie haben vor einigen Wochen etwas sehr Ehrliches gesagt, heute haben Sie es nicht gesagt. Ich glaube, die größte Schwindelei und die größte Schönrederei betreiben wir mit unserem Auslandstourismus. Die Glanzbroschüren von Maestro Fischer und anderen sind noch deutlicher oder noch übertriebener als das, was das Statistische Landesamt sagt. Beim Statistischen Landesamt heißt es: „Bei den Gästen aus dem Ausland setzte sich der positive Trend seit 1995 weiter fort, 16,4 Prozent mehr Auslandsgäste.“
Liebe Freunde, in Wirklichkeit ist es so, die rote Laterne haben wir mit dem Saarland und Sachsen-Anhalt. Wir reden also bei dem Zeitraum von 397.000 Übernachtungen. Ich nehme nur mal Bayern, da sind es 10 Millionen. Ein riesiger Unterschied! Wir haben die rote Laterne und, lieber Herr Minister, man kann nicht nur über die Infrastruktur reden, das wissen Sie ganz genau, da müssen ja auch Gäste kommen. Ich baue nur einen Golfplatz, ich baue nur eine Ferienanlage, wenn ich auch reichlich Gäste habe. Ich lasse das Fahrgastschiff nur fahren, wenn auch Gäste da sind, die einsteigen. Am Chiemsee hält es alle zehn Minuten und fährt los, also brauche ich auch Gäste. Also muss doch beantwortet werden, wo die ausländischen Gäste herkommen.
Und nun schauen Sie sich mal den neuen Katalog des Tourismusverbandes an, wo jetzt wieder geworben wird. Es wird viermal in Skandinavien geworben, nicht einmal in Osteuropa. Nun könnte man noch hinzufügen, liebe Freunde, ihr redet groß von Osteuropa. Dass wir uns am Anfang die Füße wundgelaufen oder die Räder abgefahren haben, um in den Westen zu kommen, das war ostdeutschtypisch und gesund und durfte auch sein. Aber, liebe Freunde, wir müssen doch langsam wieder mal nach dem Osten gucken und da ist die Frage, warum werden solche Dinge nicht gesehen.
Deshalb sage ich ganz deutlich, der Auslandstourismus ist eigentlich mit einer der schlimmsten Dinge, die wir hier bei uns erleben und die wir haben. Deshalb denke ich, es muss praktisch gehandelt werden. Und zum praktischen Handeln möchte ich erst mal als Grundsatz sagen: Wir haben hochmotivierte Leute in der Tourismusbranche, die wollen, aber jede Motivation hilft doch nichts, wenn die Gelder nicht mehr ausreichen. Ich weiß, dass das Referat von Herrn Mews hochmotiviert ist.
Ich weiß, dass der Tourismusverband hochmotiviert ist, die Hoteliers, die Gasthöfe, alle sind hochmotiviert, aber wo nichts da ist, kann dann auch nichts mehr herauskommen, es wird ja alles gemacht. Deshalb schlage ich als Schwerpunkte der künftigen Arbeit folgende Dinge vor:
Erstens. Wir dürfen über diese Dinge nicht nur reden, denn wichtig ist, dass wir die Zahlen erhöhen, dass Geld ins Land kommt, Touristen ins Land kommen, das heißt, Marketing muss wesentlich verbessert werden. Es kann nicht angehen, dass die Sachsen ihren Etat verdoppelt haben und wir bei 3 bis 4 Millionen Mark zwar das Notwendigste schaffen, aber nicht das, was geschaffen werden muss, denn wenn der Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband sagt, dass 33,8 Prozent der Hotels aktiv wirtschaftlich gefährdet sind und 31,8 Prozent der Gasthöfe und Pensionen, dann spricht das für sich.
Der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Herr Fischer hat im letzten oder im vorletzten Tourismusausschuss gesagt, es ist nur noch punktuell möglich, Marketing zu betreiben. Und er sagte deutlich, wir können für die Jugendlichen kein Marketing betreiben. Die Gelder haben wir dieses Mal nicht. Es kann doch nicht angehen im Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern, dass wir nur noch punktuell Marketing machen, gerade in wichtigen Bereichen, wie Jugendmarketing im Tourismusbereich, dass wir das nicht machen. Andererseits sagen Herr Fischer und alle Experten ganz deutlich, Marketing lohnt. Wer Werbemittel einsetzt, da kommen die Leute und wir brauchen Leute im Land. In Neubrandenburg – und Neubrandenburg ist ja 50, 60 Kilometer von Göhren-Lebbin entfernt – freuen sich die Besitzer der Boutiquen und Verkaufsstellen, dass die Touristen bis nach Neubrandenburg kommen und da einkaufen. Aber, lieber Herr Minister, liebe Abgeordnete, da muss etwas gemacht werden. Marketing für Kapazitätsauslastung, Werben für die Saisonverlängerung – das sind natürlich wichtige Dinge. Sie können nicht nur Infrastrukturen schaffen für die Saisonverlängerung, das ist zwar lobenswert, aber es muss das Marketing genauso da sein.
Die Österreicher haben es bewiesen, sie haben Projekte gemacht und das saisonverlängernde Marketing um 30 Prozent gesteigert. Die Österreicher haben gezeigt, man kann es. Warum macht es das Land MecklenburgVorpommern nicht?
Zweitens, Herr Minister und liebe Abgeordnete, fordere ich, wir können doch nicht so eine Geschäftsstelle haben. Die Geschäftsstelle muss personell verbessert werden und in diesem komischen Hochhaus, wo sie ihren Sitz hat, muss es auch bessere Räume geben. Das wagen sich zwar die Mitarbeiter nur hinter der Hand zu sagen, aber das muss auf jeden Fall verbessert werden.
Und ich persönlich, Herr Minister, habe auch nichts dagegen, wenn Herr Mews Abteilungsleiter wird oder Sie einen anderen einsetzen, Hauptsache, es ist eine ordentliche Abteilung, die etwas schafft, wo was bewegt wird, denn dass unsere Leute etwas können, auch Herr Mews, steht außer Frage.
Es sind außerordentlich engagierte Leute. Bloß, Herr Minister, setzten Sie die Leute in die Spur. Sie kommen ja aus Bayern, Sie wissen, wie dort Tourismus gemacht wird. Das ist auf jeden Fall fördernd für uns
und das Gleiche sage ich auch für den Tourismusausschuss.
Liebe Kollegen, wenn wir noch weiter die Abnicker des Landtages sein wollen, dann nicken wir weiter ab. Im Augenblick holen wir uns alle Verbände heran und in der nächsten Legislaturperiode die kleinen Gaststätten und machen die Abnicker des Landtages. Liebe Freunde, mit Prachtl nicht mehr lange.
Entweder wir haben Befugnisse und können etwas verändern, egal von welcher Partei wir sind, aber der Abnickerverein möchte ich nicht mehr lange sein.
Wenn Sie Lust haben zum Abnicken, machen Sie es, ich nicht.
Das muss auch mal sein.
Nein, wissen Sie, die Wahrheit ist ein selten Kraut, noch seltener, wer es verdaut. Und auch das muss mal wieder verdaut werden.
Drittens, es geht um die Analyse der touristischen Regionen. Es werden Analysen der touristischen Regionen erstellt. Wo werden wie die Betten ausgelastet? Herr Minister, kann man nicht noch Betten irgendwo dazubauen? Wer analysiert das?
Wo es den Michelinstern gibt in Krakow am See, sagen mir die Leute selber, Herr Prachtl, da können sibirische Panzer, die T 34, langfahren. So sieht die Straße aus und da wird die beste Gastronomie unseres Landes gebaut. Hier muss also überlegt werden: Wo kann dazugebaut werden?
Wo kann was verbessert werden? Oder denken Sie an die Professoren, die vom so genannten Gummistiefeltourismus sprechen. Ich spreche davon nicht, aber diesen Gummistiefeltourismus gibt es in einigen Regionen.
Das Hotel ist schön, aber das Ringsherum ist eben nicht in Ordnung. Wir brauchen deshalb touristische Musterregionen.
Jetzt kommt die rote Lampe.
Das ist wirklich sehr traurig,
aber unterschätzen Sie Prachtl nicht!
Also Ihr Doppelhaushalt ist eine Farce. Es muss ehrlich mit Elan und Visionen an den Tourismus herangegangen werden. Lieber Herr Minister, dann lieber wie Katrin Krabbe und nicht Schritt für Schritt. Wir wollen in Norddeutschland die Nummer 1 werden.
Also ich habe nichts dagegen.
Nein, ich habe noch einige Punkte. Lassen Sie mich das im Schnellverfahren sagen.
Ich habe ja gesagt, einen kleinen Trick dürfen Sie Prachtl auch lassen und Sie schmunzeln. Also wenn Sie es sich anhören, dann ist das in Ordnung.
Viertens. Es geht um den Ruf unseres Landes. Schauen
Sie sich den Baedecker an!
Fünftens, Menschen motivieren. Denken Sie an das, was heute im „Medienspiegel“ stand! Wie sind unsere Menschen motiviert?
Einige sagen mir, wenn sie in Gruppen kommen, wir wollen keine Reichen, Wessis raus, und die Meinung zu den Ausländern kennen Sie.
Die Frage nach touristischen Großprojekten, das ist Punkt sechs, haben Sie angesprochen, aber, Herr Minister, da brauchen wir Antworten.
Siebtens, die Frage der Weiterbildung, da sagt mir Frau Nagel von der Mecklenburger Schweiz, die Geschäftsführerin, Herr Prachtl, wenn wir uns die Skandinavier holen und wir haben schöne Wellnessbereiche hier, das wäre für die hervorragend, denn die Skandinavier haben längst nicht die gute Gastronomie wie wir. Die können wir gar nicht holen, weil unsere Leute kein Englisch können, geschweige denn Skandinavisch.
Achtens möchte ich nur den Arbeitskräftemangel ansprechen und neuntens die Verkehrsinfrastruktur.
Als Letztes darf ich auch noch mal deutlich sagen, lieber Herr Minister, liebe Abgeordnete: Unterschätzen Sie den geistigen Bereich nicht!
Ich war in Kochel am See in Bayern,
wenn Sie dort die Bewohner fragen, wer Franz Marc war oder Kandinsky, dann können die Ihnen was zum „Blauen Reiter“ sagen.
Wenn Sie in Ludwigslust und Boek fragen,
wer Gertrud von le Fort war, dann wissen sie nicht mal, wie Gertrud von le Fort geschrieben wird, geschweige denn, dass sie wissen, wer Uwe Johnson ist, und ich denke, dieser geistige Bereich darf nicht vernachlässigt werden.
Noch mal, Sie haben gefragt, ich denke, wir können die Nummer 1 werden.
Es ist ernst für unser Land, aber es muss ernsthaft was gemacht werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Eine seltsame Gasse am Rande der großen Stadt, dort, wo die Zeit still steht, wo der Putz von den Häuserwänden bröckelt, wo die Straßen voller Löcher sind, in denen das Wasser sich sammelt. Als das kleine Mädchen in die seltsame Gasse einbiegt, ist es ihr plötzlich, als ob sie unter Wasser gegen einen mächtigen Strom angehen müsse, oder gegen einen gewaltigen und doch unspürbaren Wind, der sie einfach zurückbläst. Sie stemmt sich schräg gegen den rätselhaften Druck, zieht sich mühsam an Mauervorsprüngen weiter, kriecht auf allen Vieren und kommt doch nicht voran. ,Ich komm nicht dagegen an!’ ruft sie schließlich ihrer Begleiterin zu, die ihr schon weit, weit voraus ist, am anderen Ende der Gasse. ,Hilf mir doch!’“ Dies ist eine Szene aus dem Buch „Momo“ von Michael Ende.
Und dieses „Hilf mir doch!“ ruft, ja schreit uns entgegen von Menschen, die keine Arbeit haben, die kaum soziale Bindungen haben, die unser Land verlassen wollen, Familien, Frauen, Männer, Jugendliche. Und wir wissen auch, es gibt verstummte Schreie, Resignation oder im schlimmsten Fall Suizid. Dies erkennt jeder, der offen mit den Bürgern unseres Landes spricht. Deshalb liegt Ihnen jetzt ein Antrag der CDU-Fraktion zur Einsetzung einer Enquetekommission, die sich mit der Bevölkerungsentwicklung und Perspektiven zum Leben, Arbeiten und Wohnen in Mecklenburg-Vorpommern auseinander setzen soll, vor.
Michael Ende beschreibt in seinem Buch „Momo“ das Mühen und Kämpfen eines kleinen Mädchens, das zunächst vergeblich versucht, sich gegen einen übermächtig starken Gegenwind vom Fleck zu bewegen. Schließlich dreht sich das Mädchen um und plötzlich gelingt es ihr, sich ohne Schwierigkeit fortzubewegen. Es ist eine exzellente Geschichte für das erfolgreiche Beschreiten neuer Wege und dem Weiterkommen bei zunächst schier unlösbaren Problemen. Hier sehe ich deutliche Parallelen zum Mühen der Politik, die Entwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern positiv zu gestalten. Und um bei der Szene von „Momo“ zu bleiben, im Buch wird nicht gefragt, ob das Nichtweiterkommen am Wind oder am Wasser lag. Umkehr ist nötig und dringende Hilfe. Also gilt auch für uns, wir dürfen nicht primär die Frage stellen, war es diese oder jene Partei, die etwas zu verantworten hat. Regiert haben wir ja alle, das stimmt doch. Wichtig ist, es muss uns zuerst um die Menschen im Land gehen.
Einig sind wir uns doch alle – und das zeigen die Touristenströme in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern –, hier ist es wunderschön. Und jetzt kommt es, jetzt kommt es: Wie peinlich ist es da für uns Politiker, wirklich peinlich, wenn uns so viele Menschen im Land verlassen! Und jetzt, Herr Holter ist nicht da,
Herr Holter sagt, schauen Sie sich die Bundespolitik an oder die Bundesentwicklung. Natürlich hat das auch Auswirkungen, aber wir müssen unser Land sehen. Dann sagt Herr Holter, gucken Sie sich die neuen Bundesländer an.
Mensch, liebe Freunde, wir sind doch nicht Sachsen, wir sind Mecklenburg-Vorpommern!
Die haben die Sächsische Schweiz. Wer hat den besseren Horizont? Wir in Mecklenburg-Vorpommern. Diesen Horizont müssen wir nutzen,
unsere Mittel müssen wir dafür einsetzen.
Nein, nein, Sie kommen noch dran, Herr Schlotmann.
Auch was Frau Gramkow gesagt hat zu den Lösungen, die da sind. Schauen Sie sich doch Bayern an,
Bayern war nur agrarisch entwickelt, war unterentwickelt. Viele Menschen wollen nach Bayern. Und dieses schöne Land Mecklenburg hat es verdient, nicht dass die Leute weggehen, sondern dass sie sagen, wir wollen nach Mecklenburg-Vorpommern, wir verlassen selbst Bayern.
Und ich sage das ganz offen, da nützen keine Dinge, die wir damals gemacht haben. Auch wir haben zu wenig gemacht, aber Sie auch. Sie stehen zwar jetzt in der Verantwortung,
wenn wir gewinnen, wird man uns wieder fragen, was macht ihr.
Und da brauchen wir nicht die Programme, die Frau Gramkow vorgestellt hat. Das mögen ja zum Teil gute Dinge sein. Nennen Sie mir doch mal eine einzige Vision! BMW-Werk weg, die Dinge kennen Sie ja alle. Aber bauen wir mal einen gescheiten Medien- oder Freizeitpark. Die Leute haben doch keinen Sonnenstrahl hier am Himmel. Wer zeigt ihnen denn einen Sonnenstrahl? Wir haben ihn auch noch nicht gezeigt, aber wir wollen uns bemühen. Und deshalb die Enquetekommission.
Die Bedeutung der demographischen Entwicklung kann dabei in meinen Augen gar nicht ernst genug genommen werden. Einiges ist dazu ja schon gesagt worden. Unser gesamtes gesellschaftspolitisches, wirtschaftliches und kulturelles Zusammenleben wird zukünftig maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Bevölkerungs- und Altersstruktur abhängig sein. MecklenburgVorpommern wird dabei zwar nicht ausschließlich, aber als strukturarmes Flächenland im Besonderen von Bevölkerungswanderung betroffen sein.
Der Rostocker Lehrstuhlinhaber für Demographie, Professor Dinkel, zeichnet ein dramatisches Bild. Während sich die Bevölkerungszahl bereits seit 1990 von rund 2 Millionen auf heute 1,77 Millionen in der Größenordnung der Stadt Rostock reduziert hat, gehen mittelfristige Pro
gnosen in 2050 von nur noch etwa 1,18 Millionen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern aus. Speziell für unser Land lässt sich aber auch sagen, dass insbesondere die Abwanderung der jungen Jahrgänge, also der 20- bis 25-Jährigen in doppelter Weise negativ zu Buche schlägt. Sie wissen, das ist unser Humankapital, das wurde von fast allen Rednern in den Reden vorhin ja schon betont.
Zudem werden wir durch die überdurchschnittlich starke Abwanderung junger Frauen etwa ab dem Jahr 2020 einen regelrechten Geburtenknick zu erwarten haben, denn dann werden die nach 1990 geborenen Frauen in die Mutterschaftsjahrgänge kommen. Es ist aus meiner Sicht deshalb dringend notwendig, sich endlich diesen dramat i schen Entwicklungen in angemessener Weise zu stellen. Fundierte Bevölkerungsprognosen in Mecklenburg-Vorpommern enden immer noch – und das finde ich nicht gut – im Jahr 2015, höchstens 2020. Aber erst danach fangen, wie beschrieben, die wirklichen Probleme an und da hilft es uns auch nicht, uns weiterhin nur stur dem Gegenwind auszusetzen. Stattdessen brauchen wir innovative Lösungen und Ansätze, die meiner Meinung nach in ihrer Tiefe und Breite nur im angemessenen Rahmen einer Enquetekommission gefunden werden können.
Dazu gehören – und ich sage das noch mal deutlich – mutmachende, visionäre Ansätze für Arbeitsmarktpolitik. Ich bestreite gar nicht, dass Sie sich bemühen, das Bemühen ist ja da. Aber wo ist eine Vision, lieber Herr Minister? Also da fehlt etliches.
Dazu gehört aber auch die Betrachtung von Grundfragen des Lebens in unserem Land, zum Beispiel Fragen nach der Sinnstiftung, der Identität, der Religion, der Kunst, Kultur, aber auch gelebter positiver Bräuche. Wir fangen mit heidnischen Bräuchen wie Halloween an, also einem pädagogischen Unsinn, statt Martin und andere Dinge zu feiern, die noch einen pädagogischen Sinn haben.
Und Sie hätten mal den Herrn Umweltminister hören müssen vor zwei, drei Tagen in Rostock, was er Positives zur Religion gesagt hat. Er könnte glatt Mitglied meiner Fraktion sein, wie positiv er Religion beschrieben hat.
Und noch eins, das muss ich auch sagen – das sage ich an uns genauso kritisch wie an Sie –, mit überstülpten Westmethoden und -modellen ist nicht immer eine politische Lösung in den neuen Bundesländern möglich.
Ja, ja, ja, bei uns auch, bei Ihnen aber auch.
Als man in Schleswig-Holstein – und ich wusste, wie Therme geschrieben wird – eine Therme plante und die damaligen Truppen im Wirtschaftsministerium bei uns keine Therme geplant haben, habe ich 1994 angefragt, wie viele Thermen wir brauchen. Da wusste der Wirt
schaftsminister nicht einmal, wie viele Thermen wir brauchen. Wir hätten schon von 1990 bis 1994 vier, fünf Thermen bauen müssen.
Und genauso unreell ist es, wenn sich der Bundeskanzler Schröder und Herr Ringstorff in Göhren-Lebbin hinstellen und die großen Heißmacher spielen. Das waren Jürgen Seidels Verdienste.
Und ich habe ja uns genauso kritisiert. Das haben Sie doch gehört. Hier muss man ehrlich miteinander umgehen.
Das Land hat es verdient, dass auch touristisch ehrlicher nachgedacht wird.
Und noch eins, ich habe das mit der Wirtschaft gesagt. Was haben wir mit unserer Jugend und den Kindern gemacht? Als die Wende kam und die Eltern malochen mussten, mehr malochen mussten als zu DDR-Zeiten, wir wissen, aus welchen Gründen, da standen die Jugendlichen und Kinder da und dann haben wir die Westmodelle genommen,
Bekämpfung von Drogen und anderen Dingen, was damals noch gar keine Mode war. Da haben wir Schiffsreisen und wer weiß was für ein Quackel veranstaltet. Wir hätten uns intensiver um Kinder und Jugendliche mit Modellen kümmern müssen, die für die neuen Bundesländer richtig wären.
Das heißt, in Mecklenburg-Vorpommern muss deutlicher und eigenständiger umgedacht werden.
Und, lieber Kollege Schlotmann, wenn Sie der CDU vorwerfen, die beantragte Kommission nur als Wahlkampfinstrument nutzen zu wollen, darauf muss ich ja jetzt eingehen, so sage ich Ihnen an dieser Stelle ganz deutlich: Nutzen wir es alle als ehrliches Wahlkampfmittel, um endlich...
Jaja, nutzen wir es bitte, das ist doch kein Problem. Wahlkampf beginnt doch schon gleich nach der Wahl. Nutzen wir es alle als ehrliches Wahlkampfmittel, um endlich unseren Menschen echte Alternativen aufzuzeigen!
Wir rufen doch oft genug zum Wettbewerb auf. Haben Sie denn vor diesem Wettbewerb Angst? Stellen Sie sich doch diesem Wettbewerb!
Ich will es ja nicht polemisch machen. Ihr vorgehender Tagesordnungspunkt war ehrlich gemeint, das denke ich
ganz bestimmt, wird aber dem Ernst des Hilferufs im Momo’schen Sinn nicht gerecht. Keinem der hier Anwesenden wird ein Königsweg zur Lösung der Probleme bekannt sein.
Gerade deshalb ist es doch aber umso wichtiger, im Rahmen einer aus sechs Abgeordneten und sechs Sachverständigen bestehenden Enquetekommission nach Möglichkeiten der Politik zu suchen und dem Leben im Land Mecklenburg-Vorpommern in seiner Vielfalt besonders gerecht zu werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind, wie ich bereits sagte, eben nicht nur die Rahmenbedingungen für Arbeit und Ausbildung, die für die Entwicklung verantwortlich sind. Nach Untersuchungen des Leipziger Instituts für Marktforschung lockten 26 Prozent die attraktiven Lebensbedingungen in anderen Ländern und 13 Prozent die besseren Freizeitmöglichkeiten. Ein Blick auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen greift entsprechend zu kurz. Wir brauchen zukunftstragende Konzepte und eine Belebung der Bürgergesellschaft.
Nach Aussage des Berliner Sozialwissenschaftlers Offe wirkt sich das geringe Engagement, was ich auch bemerkenswert finde, in den neuen Ländern nachteilig auf die Entwicklung der Wirtschaft und auf die Bindung der Jugend im Lande aus. So sind in den alten Ländern dreimal mehr Menschen in Vereinen verankert als in Ostdeutschland. Die Kooperation mit Gleichgesinnten sei im Osten nicht sonderlich ausgeprägt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die Bürgergesellschaft, die Wirtschaft und die Politik sich dieser Ziele annimmt, kann Mecklenburg-Vorpommern ein Zukunftsland werden. Deshalb mein ehrlicher Aufruf an alle Abgeordneten, Sie haben den Hilferuf vernommen: Stimmen Sie nun mit Elan und Mut der Enquetekommission zu! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon Meister Eckhart spricht von Lesemeistern und Lebemeistern. Es waren aber wohl eher ausgesprochene Lesemeister, die 1992 das Feiertagsgesetz Mecklenburg-Vorpommern schufen – wir Abgeordnete mit eingeschlossen –, denn was lebensnah ist, also von Lebensmeistern geschaffen ist, muss nicht noch häufig novelliert werden.
Sie wissen selbst, in der ersten Legislaturperiode haben wir die vierfache Anzahl von Gesetzen geschaffen im Vergleich zu Schleswig-Holstein – wir etwa 200, Schleswig-Holstein nur 50. Und deshalb ist es auch notwendig, dass Gesetze novelliert werden, vor allem dann novelliert werden, wenn sich herausstellt, und das haben wir in den ersten Jahren so deutlich nicht gesehen, dass wir wirklich das Tourismusland – also Bayern erwähne ich nicht, die sind ein ganzes Ende vorweg, nebenbei bemerkt – der jungen Bundesländer oder auch ein wirklich sehr bedeutendes Tourismusland sind.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle jedoch klar betonen, dass es uns mit unserem Antrag nicht um eine generelle Aufweichung des Feiertagsgesetzes geht. Vielmehr muss auf Ausschussebene versucht werden, dass Kirchen und Unternehmer einen Kompromiss finden, über die Unstimmigkeiten, die da sind, noch mal sprechen. Wichtig ist, insbesondere die Möglichkeit der zahlreichen Ausnahmegenehmigungen muss eingeschränkt werden. Dann wäre sowohl der Feiertagsruhe ein großer Dienst erwiesen als auch den Unternehmern gleiche Wettbewerbsbedingungen eingeräumt.
Der CDU geht es speziell um die beiden Gedenk- und Trauertage im November eines jeden Jahres – den Volkstrauertag und den Totensonntag. An diesen Tagen sind
die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der Feiertagsruhe in Mecklenburg-Vorpommern im Verhältnis zu anderen Bundesländern überdurchschnittlich streng angelegt. Eine Feiertagsregelung, die nach Paragraph 6 Absatz 1 und Paragraph 6 Absatz 2 ein ganztägiges Verbot von Sport-, Tanz- und sonstigen Veranstaltungen vorsieht, bedeutet de facto für die entsprechenden Wirtschaftsbetriebe den Ausfall von zwei Hauptgeschäftstagen im November. Gaststätten und Diskotheken müssen am Vorabend der genannten Feiertage um 24 Uhr schließen. Wer weiß, wie und wann Jugendliche – aber das gilt natürlich auch für Erwachsene – heute feiern, der weiß natürlich, dass Diskotheken oftmals erst ab 24 Uhr besucht werden und man ab Mitternacht oder nach Mitternacht erst richtig feiert und tanzt.
Diese Erkenntnis haben nun alle Bundesländer berücksichtigt, mit Ausnahme der Bayern, und entsprechende Regelungen für die genannten Tage für öffentliche Einrichtungen, zum Beispiel Diskotheken, mit aufgenommen. So sind es drei Länder, die den Feiertag bis 3 Uhr verkürzen. Es sind fünf Länder, die bis 4 Uhr verkürzen, und es sind vier Länder, die das Feiern bis 6 Uhr dulden. Und da muss die Frage gestellt werden: Kann das Land Mecklenburg-Vorpommern sich als Tourismusland hier ausgrenzen? Ich denke, das geht nicht. Diese Benachteiligung ist weder für die Veranstalter noch für unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch nicht für die Touristen zumutbar.
Deshalb schlagen wir, um einerseits die Feiertagsruhe nicht zu gefährden und andererseits die Unternehmen im Land nicht überdurchschnittlich zu belasten, eine Angleichung dieses Gesetzes vor. Konkret sollen der Volkstrauertag und der Totensonntag um 4 Uhr in MecklenburgVorpommern beginnen. Es gibt andere Länder wie Bremen, Hamburg, Hessen oder Nordrhein-Westfalen, die sogar diesen Feiertag um 17 oder 18 Uhr aus bereits genannten Gründen wieder enden lassen, um noch größeren Freiraum für Unternehmer und Feierwillige zu schaffen. Dies halten wir allerdings an den beiden genannten Tagen nicht für angemessen.
Die Änderung des Gesetzes für unser Land betrifft zum Beispiel über 50 Diskotheken. Und wenn wir bedenken, dass in diesen 50 Diskotheken etwa 40.000 Menschen feiern oder tanzen, ist das nicht unbeträchtlich. Hier sei auch mal erwähnt, dass es etwa 250.000 bis 300.000 Menschen im Land gibt, also jeder sechste bis siebente Einwohner, der solche Tanzveranstaltungen oder Diskotheken im Jahr besucht. Und für einige Unternehmen, die also nur an den Wochenenden Tanz- oder Diskothekenveranstaltungen durchführen, die nur acht Hauptveranstaltungen haben, sind das natürlich, wenn zwei Tage gerade im November wegfallen, Umsatzeinbußen von 25 oder 30 Prozent.
Meine Damen und Herren, ich betone nochmals, durch diese Gesetzesänderung müssen wir auch gleiches Recht für alle schaffen. Sondergenehmigungen, die bisher in Mecklenburg-Vorpommern erteilt wurden, die auf Sympathie, Beziehungen oder Beliebigkeiten beruhen, müssen ausgeschaltet werden.
Natürlich gab es, das sei auch offen gesagt, keine ungeteilte Zustimmung für die Änderung dieses Gesetzentwurfes. Von den großen Kirchen erhielten wir weder eine klare Zustimmung, aber auch kein entschiedenes Nein. Das wäre, das wissen Sie auch, sicherlich mit