Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 44. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.
Vor Eintritt in die Tagesordnung teile ich Ihnen mit, dass ich am 18. August 2000 nach Paragraph 45 Absatz 3 Landeswahlgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November 1997 schriftlich bestätigt habe, dass der Abgeordnete der Fraktion der CDU, Herr Dr. Hubert Gehring, seine Mitgliedschaft im Landtag von MecklenburgVorpommern durch Verzicht verloren hat. Von dieser Stelle aus darf ich Herrn Dr. Gehring für seinen weiteren Lebensweg alles Gute wünschen.
Als Listennachfolger der CDU wurde vom Landeswahlleiter nach Paragraph 46 Absatz 1 Landeswahlgesetz am 24. August 2000 Herr Dr. Christian Beckmann festgestellt, nachdem er schriftlich erklärt hat, dass er die Wahl in den Landtag Mecklenburg-Vorpommern für die laufende Wahlperiode annimmt. Ich begrüße Herrn Dr. Beckmann in unserer Mitte und wünsche ihm für seine Arbeit viel Erfolg.
Herr Beckmann, Sie waren bereits in der zweiten Legislatur Mitglied des Landtages Mecklenburg-Vorpommern und als ordentliches Mitglied im Landwirtschaftsausschuss tätig. Nunmehr haben Sie Gelegenheit, Ihre damals erworbenen Erfahrungen in die Arbeit des Landtages der dritten Wahlperiode einzubringen.
Herr Abgeordneter Seidel, Sie wollen wahrscheinlich einen Dringlichkeitsantrag einbringen. Das machen wir ein klein wenig später. Ich gebe Ihnen dazu Gelegenheit. Wir haben heute vor Eintritt in die Tagesordnung noch andere Punkte, denn heute ist auch der Tag, an dem wir den Bürgerbeauftragten, Herrn Frieder Jelen, verabschieden.
Am 6. April 1995 wählte der Landtag Mecklenburg-Vorpommern mit Herrn Frieder Jelen zum ersten Mal einen Bürgerbeauftragten. Vom November 1990 bis Oktober 1994 gab es einen Bürgerbeauftragten beim Ministerpräsidenten. In Mecklenburg-Vorpommern ist das Amt des Bürgerbeauftragten in der Verfassung verankert. Das ist bundesweit einmalig. Der Bürgerbeauftragte ist in der Ausübung seines Amtes unabhängig und nur den Gesetzen unterworfen.
Der Bürgerbeauftragte Jelen hat Maßstäbe für dieses Amt gesetzt. Er hat Unabhängigkeit bewiesen und hat die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Landesregierung und der öffentlichen Verwaltung vertreten. Dies hat mit dazu beigetragen, dass das Zutrauen der Bürgerinnen und Bürger zu unserem demokratischen System gewachsen ist.
Der Bürgerbeauftragte Jelen hat die Nähe der Bürgerinnen und Bürger gesucht. Jährlich haben Sie, Herr Jelen, rund 50 Außensprechtage in den Stadt- und Landkreisen abgehalten. Seit dem Frühjahr 1995 wurden in Ihrer
Dienststelle mehr als 7.500 Petitionen bearbeitet. Sie haben sich der Anliegen behinderter und ausländischer Bürgerinnen und Bürger angenommen. Mit dem Landeskunstwettbewerb für Menschen mit Behinderungen haben Sie auf die Fähigkeiten dieser Mitbürger aufmerksam gemacht. Ich kann hier nicht alle Ihre Aktivitäten aufzählen. Sie haben ja auch im Vorfeld parlamentarische Erfahrungen und ebenso Erfahrungen in der Landesregierung sammeln können. Sie haben sich nie gescheut, aus den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger heraus der Landesregierung Vorschläge zu unterbreiten.
Herr Jelen, ich möchte Ihnen im Namen des Landtages herzlich für Ihre Arbeit als Bürgerbeauftragter danken und ich wünsche Ihnen für Ihre neue Tätigkeit als Landrat im Landkreis Demmin alles Gute.
Meine Damen und Herren! Entsprechend einer Vereinbarung im Ältestenrat werden wir zu Beginn der heutigen Landtagssitzung noch vor der Aktuellen Stunde den Zusatztagesordnungspunkt 1 behandeln. Zuvor rufe ich den Dringlichkeitsantrag auf. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und wir verfahren so.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Antrag der CDU zum Thema „Maßnahmen gegen die Belastung der Verkehrsinfrastruktur durch Streichung von Interregiound IC-Strecken in Mecklenburg-Vorpommern und die Folgen der Ökosteuer“, der Ihnen auf Drucksache 3/1513 vorliegt. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden.
1. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern betrachtet mit großer Sorge die Entwicklung im Verkehrsbereich, der einerseits eine Belastung durch die Ökosteuer erfährt, andererseits durch geplante Streckenstilllegungen der Bahn im Land bedroht wird.
2. Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern sieht vor dem Hintergrund der enormen Bedeutung der infrastrukturellen Anbindung an die Zentren Europas für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes akuten Handlungsbedarf seitens der Landesregierung.“
3. Innerhalb der Landesregierung muss der Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff für den Erhalt der bedrohten Bahnstrecken eintreten. Dazu ist es „erforderlich, in persönlichen Verhandlungen mit dem Bund und der Bahn AG zu intervenieren. Das Ziel dieser Verhandlungen muss zumindest der Erhalt der vorhandenen Interregio- und IC-Strecken sein, um damit Schaden von Mecklenburg-Vorpommern abzuwenden. Hinsichtlich der Entwicklung der Kosten für Kraftstoffe muss die Landesregierung alle Maßnahmen unterstützen, um eine Aussetzung der geplanten Erhöhungsschritte der sogenannten Ökosteuer zu erreichen. Über Ergebnisse dieser Verhandlungen ist der Landtag zu informieren.“
Meine Damen und Herren! Wir wissen alle, dass seit circa eineinhalb Monaten Horrornachrichten – ich be
zeichne es mal so – von der Deutschen Bahn AG das Land erreichen. Ich verweise auch noch mal auf die Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 6. September 2000, bei der alle Fraktionen vertreten waren, wo es um das Thema ging. Wir mussten erfahren, dass die Bahn ursprünglich vorhatte, auf mehreren Strecken die ganze Sache sozusagen auf Null zu stellen, dann aber im Nachhinein etwas nachgegeben hat, was heute wohl noch nicht schriftlich klar ist.
Es war auch erstaunlich, und ich muss sagen, das habe ich in meiner parlamentarischen Arbeit das erste Mal erlebt, dass die Bahn AG innerhalb von zehn Tagen einer Einladung nicht folgen konnte und auch nicht bereit war, Auskunft zu geben. Ich halte das für einen Skandal.
Ich will auch noch mal erwähnen, dass es unbefriedigend ist, dass es trotz mehrfacher Unterschriftensammlungen – übrigens aller Parteien im Lande – keine Reaktionen auf die dringenden Anliegen von Bürgern, Unternehmern, Politikern, Arbeitnehmern, wie auch immer, gibt. Und wenn ich heute die Zeitung, die OZ, aufschlage, dann verwirrt sich nun alles. Also es ist für meine Begriffe recht schwer zu verstehen, dass man auf der einen Seite 400 Millionen DM für die Strecke Berlin–Rostock einsetzen will, so sagt der stellvertretende Ministerpräsident nach Besuch beim Kanzler, und auf der anderen Seite die Bahnlinien, also insbesondere nach Chemnitz, streichen will. Wenn ich aber in der OZ lese, dass diese 400 Millionen DM bis heute der Deutschen Bahn AG ganz offensichtlich nicht bekannt sind, auch nicht im Investitionsplan bis 2002, so die OZ heute, enthalten sein sollen, dann, glaube ich, sind wirklich dringendst Informationen und entsprechende daraus folgende Maßnahmen erforderlich. Insofern bitte ich Sie, unseren Antrag auf die Tagesordnung zu setzen.
Ja, Herr Seidel, die Frage ist ja eigentlich auch die: Warum haben Sie als Ausschussvorsitzender nicht vor dem 6. September 2000 getagt, wenn seit 1,5 Monaten die Horrormeldungen in den Zeitungen sind, die wir ja alle kennen und sicherlich auch die Regierung?
Dieser Antrag teilt sich ja in zwei Inhalte: Der eine ist die ganze Sache mit der Bahn, mit den Streckenstilllegungen, mit dem Verhalten der Bahn AG. Dazu gibt es einen Landtagsbeschluss vom Mai.
Und ich gehe davon aus, dass dem Handlungsbedarf, den Sie hier anmahnen, von der Landesregierung schon längst Rechnung getragen wurde.
Und zum Schluss kommt dann der eigentliche Hauptanlass Ihres Antrages: Sie wollen mit der Inszenierung der K.-o.-Steuer weitermachen. Hier müssen Sie Verständnis dafür haben, dass wir da nicht mitmachen.
Nach Paragraph 40 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss dann auch über die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden. Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Erweiterung der Tagesordnung um diesen Antrag bei Zustimmung der CDU-Fraktion und einer Enthaltung bei der PDS-Fraktion abgelehnt.
Vereinbarungsgemäß rufe ich nun den Z u s a t z t a g e sordnungspunkt 1 auf: Eidesleistung des Justizministers gemäß Artikel 44 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat mir Folgendes mitgeteilt: „Sehr geehrter Herr Präsident, ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass ich die Aufgaben des Justizministers des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr selbst wahrnehmen werde. Ich habe daher heute den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Erwin Sellering zum Minister ernannt und ihm den Geschäftsbereich des Justizministeriums übertragen.“ So weit aus dem Schreiben des Ministerpräsidenten.
Nach Artikel 44 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern leistet ein Landesminister bei der Amtsübernahme vor dem Landtag den in Artikel 44 vorgesehenen Eid.
Herr Minister Sellering, ich darf Sie zur Eidesleistung zu mir bitten. Ich spreche Ihnen die Eidesformel vor und bitte Sie, mir nachzusprechen.