Sepp Dürr

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Last Statements

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben soeben vom Ministerpräsidenten sehr viel Theoretisches zum Thema Demokratie gehört. Ich will jetzt gar nicht auf die Einlassungen zu Stilfragen eingehen. Diese waren nach dem Motto "Haltet den Dieb". Ich will aber nun auf seine Praxis eingehen. Was jetzt verabschiedet werden soll, hat mit demokratischer Kulturpolitik nicht viel zu tun. Demokratische Politik schaut nämlich anders aus. Die Betroffenen erfahren da nämlich nicht erst aus der Zeitung, dass sie beglückt werden.
Demokratisch wäre es auch, wenn die zuständige Ministerin bzw. die zuständigen Minister schon vor der Entscheidung des Chefs davon erfahren oder vielleicht sogar mitreden dürften. Das wäre richtig demokratisch. Wenn das Ressortprinzip gelten würde, wäre das richtig demokratisch. Man glaubt es kaum, aber das steht sogar in der Verfassung. Auch die Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten steht in der Verfassung. Aber in der Verfassung steht nichts davon, dass bis ins Detail reingepfuscht wird.
Wer das Ressortprinzip so konsequent missachtet – wir durften das heute an vielen Beispielen erleben; die CSU hat den ganzen Tag lang nichts anderes gemacht, als Entscheidungen abgenickt, die der Ministerpräsident einsam im Küchenkabinett getroffen hat –, will Macht demonstrieren und den großen Maxe rauskehren.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, ich weiß nicht, ob Sie ein derartiges Verhalten von einem Chef erwarten würden. Ich weiß nicht, ob das bei Ihnen gut ankommen würde. Ich kann Ihnen aber sicher sagen, die Mehrheit der Bayern goutiert das heute nicht mehr. Die Menschen erwarten von der politischen Führung tatsächlich so etwas wie Richtlinien und Vorgaben, damit sie spüren, wohin es gehen soll, aber danach wollen sie mitreden und mitentscheiden. Sie wollen sich nicht einfach nur beim Ministerpräsidenten bedanken. Das war einmal vor 100 Jahren der Fall. Das ist aber heute nicht mehr so. Bayern hat sich geändert. Nur Sie haben sich nicht geändert. Sie haben es noch nicht einmal gemerkt.
Dabei haben Sie mit dem großkotzigen Stil schon Ihre Erfahrungen gemacht; das ist noch gar nicht so lange her. Einige von Ihnen haben das noch erlebt. Damals haben Sie schon einmal die absolute Mehrheit verloren. Trotzdem vertrauen Sie nun wieder auf die Eingebung eines Einzelnen und auf einsame Entscheidungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, jede einzelne dieser Entscheidungen haben Sie heute so eifrig beklatscht, als wären Sie selber darauf gekommen und wären noch ganz besoffen von der Großartigkeit des eigenen Einfalls und der eigenen Genialität. Den Gipfel des blinden Gehorsams und der Gefolgschaft haben Sie erklommen, als Sie letzthin den Plan Ihres Masters in Berlin begrüßt haben.
Sie wollten uns dazu bewegen, diesen ebenfalls zu begrüßen. Dabei haben Sie ihn selber überhaupt nicht gekannt. Das war der Gipfel. In der Landtagsbücherei gibt es nun ein Buch, welches ich Ihnen empfehlen kann. Das ist erst kürzlich eingestellt worden. Dieses Buch stammt vom britischen Historiker Archie Brown. Er hat das Buch "Der Mythos vom starken Führer" geschrieben. Er hat dazu Beispiele politischer Führung im 20. und 21. Jahrhundert analysiert. Bayern war nicht dabei. Er hat sich nur richtige Länder angeschaut. Trotzdem ist er zu folgendem Schluss gekommen: Die Wahrscheinlichkeit katastrophal schlechter Entscheidungen steigt erheblich, wenn eine einzelne Person wichtige Entscheidungen alleine fällt.
Dieser Autor hat vor einem Küchenkabinett gewarnt; damit haben Sie ja selber schon Erfahrungen gemacht. Aber das wissen Sie eigentlich selber ganz genau. Das müsste Ihnen schon aufgefallen sein, wenn Sie sich Ihre zwei hilflos herumpfuschenden Helden in Berlin und Bayern anschauen. Aber ich kann Ihnen versichern: Lange dauert es nicht mehr.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der frühere Finanzminister Söder macht derzeit als neuer Ministerpräsident vieles, um sich von seinem alten Vorgänger abzuheben und neuen Schwung zu inszenieren. Naturgemäß sind da viel heiße Luft und viel Pfusch dabei. Aber manches ergibt auf den ersten Blick Sinn. Für den vorliegenden Gesetzentwurf gilt beides. Für die Stadt Augsburg – das haben wir schon gehört – ist positiv, dass sie an dieser Stelle dauerhaft entlastet wird. Das Theater soll dauerhaft gesichert werden. Das ist überfällig. Das tragen wir mit. Deshalb werden wir zustimmen.
Wir tragen aber nicht die Art mit, in der diese beiden Ziele erreicht werden. Dies ist eine Art des Herumpfuschens, die ganz und gar nichts mit durchdachter Politik und schon gar nichts mit Kulturpolitik zu tun hat.
Selbst wenn es kein Wahlkampfmanöver wäre, wäre die Begründung immer noch verfehlt. Es ist zumindest unter uns Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitikern heutzutage zum Glück unstrittig, dass Landtag und Regierung eine Verantwortung für die gesamte bayerische Kulturlandschaft haben, nicht nur für die eigenen Staatsinstitutionen. Das war vor Kurzem noch anders. Da bin ich froh, dass die CSU dazugelernt hat.
Jetzt fehlt beim Lernprozess noch eine Verständigung darüber, wie wir dieser Verantwortung wirklich gerecht werden können. Es ist klar, dass wir nicht alle Institutionen über einen Kamm scheren können. Die immer noch gern genutzte Gießkanne ist auf Dauer nicht hilfreich.
Klar ist auch: Wir müssen die Kommunen und Regionen in die Lage versetzen, Einrichtungen von lokaler und regionaler Bedeutung so zu erhalten, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können. Dabei muss der Freistaat auch finanziell helfend zur Hand gehen. Darüber hinaus haben wir in Bayern zum Glück viele Kulturinstitutionen von landesweiter Bedeutung und sogar Ausstrahlung darüber hinaus. Die brauchen eine dauerhafte institutionelle staatliche Unterstützung.
An dieser Stelle ist die Staatsregierung leider in zweierlei Hinsicht auf dem falschen Dampfer; denn welche Einrichtungen diese Bedeutung haben, lässt sich eben nicht strukturpolitisch entscheiden. Es besagt wenig, ob eine Einrichtung in einer vermeintlichen oder wirklichen Metropolregion ist. Das ist völlig wurscht. Davon hängt die Bedeutung der Einrichtung nicht ab. Es ist auch kein sinnvoller Weg, den Regionen in Bayern hin und wieder übers Land verstreut zentralstaatliche Gunst zu erweisen und zu erwarten, dass sie dankbar sind, wenn es hier ein lokales Glasmuseum und dort ein örtliches Porzellanmuseum, eine städtische Oper oder ein kommunales Theater trifft, die verstaatlicht werden. Das ist keine Kulturpolitik. Das ist der zweite Holzweg. Die einzige Maßnahme, die Ihnen einfällt, ist die Verstaatlichung. Das kann es doch wirklich nicht sein!
Verstaatlichung hat viele Vorteile, aber in diesem Bereich leider nicht. Verstaatlichung kann heutzutage nur in Ausnahmefällen die geeignete Form staatlicher Verantwortung sein. Der Freistaat kann nicht alle Häuser übernehmen, die Unterstützung brauchen oder
verdienen. Das geht einfach nicht, und schon gar nicht deswegen, weil es der CSU gerade struktur- und machtpolitisch passt. Das ist für uns kein Kriterium. Das ist keine sinnvolle Politik für Bayern.
Kolleginnen und Kollegen, deswegen fordere ich Sie zum wiederholten Mal zur Grundsatzdebatte darüber auf, wie der Freistaat endlich seiner Verantwortung für die gesamte Kulturlandschaft gerecht werden kann, nämlich mit einem Landesentwicklungsplan, verlässlichen Strukturen regionaler Förderpolitik, einem Kulturraumgesetz und nachvollziehbaren Kriterien und Fördergrundsätzen. Da muss endlich etwas passieren. Darüber müssen wir uns verständigen, und wenn es in der nächsten Legislatur ist.
Schließlich müssen wir über die Qualität – das wird hart – und über die Aufgabe und die Funktion der jeweiligen Museen, Theater, Orchester und all der Einrichtungen reden, die sich in Bayern um Kultur verdient machen. Hin und wieder mit Einzelmaßnahmen die Provinz zu beglücken, damit die ruhig ist, wird die Schieflage zwischen Landeshauptstadt und Regionen in der staatlichen Förderung nicht korrigieren.
Noch ein Satz zum Schluss: Es ist armselig, dass ein für unser Land wichtiges Theater erst staatlich werden muss, damit die Regierung sich wirklich darum kümmert.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Erinnerungskultur, nämlich staatliche, zivilgesellschaftliche und öffentliche Erinnerung an die Nazi-Verbrechen, ihre Opfer und den Widerstand dagegen, ist heute erfreulicherweise von allen Fraktionen im Landtag als wesentlicher Baustein unserer Demokratie anerkannt. Das war schon einmal anders, auch in diesem Hohen Hause. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie anders es war, und es könnte bald wieder anders werden – aber nicht wegen irgendwelcher Gespenster, diese muss ich gar nicht aufrufen, sondern weil mich manches an der Politik der CSU wieder an früher erinnert, und ich hoffe, dass Sie hier innehalten und nicht weitergehen, sondern zum Konsens zurückfinden. Ich möchte noch einmal sagen: Antisemitismus muss in Bayern nicht importiert werden. Der war schon da, bevor überhaupt jemand eingewandert ist. Wir müssen mit unseren eigenen Leuten – dazu zähle ich auch die Eingewanderten – ins Reine kommen und für Demokratie und gegen Diskriminierung eintreten.
Für uns Grüne ist seit jeher klar, dass wir alle Initiativen unterstützen, die politische Bildungsarbeit, Demokratieerziehung und das Eintreten gegen Rassismus und Antisemitismus stärken.
Die Ziele der vorliegenden Gesetzentwürfe teilen wir natürlich. Die Auseinandersetzung mit NS-Gräueln – dazu auch der Besuch einer Gedenkstätte – muss daher für alle bayerischen Schülerinnen und Schüler eine Selbstverständlichkeit sein. Beide Gesetzentwürfe wollen, wenn ich es richtig sehe, die Arbeit der Gedenkstätten an die veränderten Bedingungen anpassen. Außerdem sollen noch mehr Schüler als bisher – nämlich im Grunde alle – für die Nazi-Verbrechen sensibilisiert und für die Wertschätzung unserer Demokratie gewonnen werden. Das ist auf jeden Fall auch unser Ziel. Der Ansatz ist gut gemeint. Was noch nicht ganz klar ist, ist, ob er auch gut gemacht ist.
Für uns sind noch zu viele Fragen offen; Kollege Piazolo sprach es ebenfalls an. Vielleicht können wir die Fragen im weiteren parlamentarischen Fortgang klären. Zum Teil betreffen sie den Inhalt der Entwürfe selbst und zum Teil den Zusammenhang oder den Zeitpunkt, zu dem diese eingebracht werden. Beispielsweise waren wir uns alle im zuständigen Kulturausschuss einig, dass Bayern ein Gesamtkonzept für die Erinnerungsarbeit braucht, also eine Einbeziehung, Berücksichtigung und Stärkung aller Einrichtungen. Die SPD und wir GRÜNEN haben dazu jeweils eigene Anträge gestellt, und bei der Beratung hatten wir uns darauf verständigt – dazu zitiere ich den Kollegen Oliver Jörg, der dabei war, auch wenn er heute nicht da ist –, einen Gesamtplan zum weiteren Umgang mit der bayerischen Gedenk- und Erinnerungslandschaft zu entwickeln. Das ist unser Ziel.
Dies ist über ein Jahr her. Beide Anträge sind noch offen, und ich erwarte von der Regierung, dass sie endlich in die Gänge kommt und uns die Berichte vorlegt. Sie sind für Anfang Juni angekündigt worden, und wir brauchen sie jetzt zur Beratung der Gesetzentwürfe. Ich verstehe nicht, warum wir darauf noch keine Antwort haben.
Zu den Gesetzentwürfen im Einzelnen, zunächst zum Besuch von Erinnerungsorten. Unklar ist für mich, warum die Dachauer Außenlager Mühldorf und Kaufering nicht erwähnt werden. Vor allem aber bleibt der Gesetzentwurf in der Hauptfrage der Kosten jede Antwort schuldig. Das steht auch so drin: Allen Schülerinnen und Schülern soll der kostenfreie Besuch eines Erinnerungsortes ermöglicht werden. Aber wie sollen die Orte das schultern? Woher kommen die vielen Mittel, die Räume und das Personal? Bekommt die Landeszentrale dann mehr Mittel für die Zuschüsse, oder wie soll das laufen? Wie viel mehr bekommt sie? Woher kommt die nötige Unterrichtszeit zur Vor- und Nachbereitung? In all diesen entscheidenden Fragen kneift der Gesetzentwurf und bleibt bei der bloßen Bekundung stehen. Dass wir das brauchen, wissen wir jetzt schon: Aber wo ist die Verbesserung zu heute? Das wollte auch der Kollege Piazolo wissen.
Das verstehe ich noch nicht ganz. Ihr müsst uns noch sagen, worin die konkrete Verbesserung besteht. Ist der Anspruch einklagbar? Auch das hat Kollege Piazolo im Prinzip schon gefragt. An dieser Stelle fehlt mir wirklich absolut das Futter.
Im Prinzip gilt das auch für den zweiten Gesetzentwurf. Er krankt zunächst daran, dass er die Diskus
sion, die wir im Ausschuss geführt haben, ignoriert. Er tut so, als ob wir den jetzigen Diskussionsstand nicht hätten, und konzentriert sich deshalb auf die Stiftung in ihrem heutigen Zuschnitt. Die Stiftung muss ja nicht so bleiben; darüber haben wir ebenfalls schon gesprochen. Wir könnten sie ausweiten. Ich will ja gar nicht dagegen sprechen; ich verstehe nur nicht ganz – dazu hätte ich gern von euch mehr Futter –, wie das genau ausschauen soll.
Die Dokumentationszentren – auch sie sind zentrale Erinnerungsorte – kommen im ersten Gesetzentwurf vor, aber nicht im zweiten. Warum nicht? Das ist mir auch noch nicht ganz klar. Natürlich auch deshalb, weil sie andere Träger haben; darüber haben wir bereits gesprochen. Es ist alles nicht so einfach, wie der Gesetzentwurf tut.
Beispielsweise steht im Gesetzentwurf – das ist für mich geradezu absurd –, die Verpflichtung zur pädagogischen Vermittlung müsse bei der Gedenkstättenarbeit verankert werden. – Die gibt es doch schon. Dort ist doch die Selbstverpflichtung tatsächlich mit den Händen zu greifen. Die Gedenkstätten und Dokumentationszentren fühlen sich verpflichtet, aber es fehlen ihnen, wie gesagt, die Mittel und das Personal. Die fehlen Ihnen. Sie brauchen keine Verpflichtung; sie brauchen Geld.
Natürlich sind die Mittel erhöht worden – das wissen wir auch. Schauen Sie sich aber einmal an, wie der Besucherzuwachs war und wie der Zuwachs auch nach Ihren eigenen Bekundungen sein soll. Woher kommt das Geld? Wir müssen doch etwas bereitstellen.
Was gibt es an tatsächlichen Verbesserungen gegenüber heute? – Da kann ich nichts erkennen.
Zur Frage der Hauptamtlichkeit. Auch da ist für mich vieles unklar. Muss der Stiftungsdirektor hauptamtlich sein, oder kann man, wie dies in anderen Ländern der Fall ist, einen hauptamtlichen Geschäftsführer einstellen? Darüber würde ich auch gerne diskutieren. Vor allem aber geht es um die Grundsatzfrage, welchen Strukturen und welchen Einrichtungen er vorstehen soll. Soll es so bleiben, wie es ist? Sollen wir das neu zuschneiden und neu ausschreiben? Wo ist die Abgrenzung – das ist schon angesprochen worden – zur Landeszentrale für politische Bildungsarbeit? Muss man die Bildungsarbeit nicht insgesamt neu aufstel
len? Auch darüber müssten wir noch einmal intensiver diskutieren. Die Diskussion darüber ist seit ein paar Jahren stehen geblieben. Auch die Akademie hat im Prinzip vergleichbare Aufgaben. Ich würde auch ganz gerne wissen, wer jetzt unsere Demokratie wie genau stärken soll. Das müssen wir abklären.
Die Erfahrung lehrt – das will ich auch noch sagen –: Einzelpersonen sind selten ausschlaggebend, auch Charly Freller nicht. Ein Austausch löst kein Problem. Meistens verkörpern Personen Probleme. Charly macht seine Arbeit gut; er tritt nicht auf der Stelle, und er stabilisiert. Das ist heute schon viel wert – das muss ich auch einmal sagen. Ich finde, wir müssen zuerst die Probleme lösen und die Strukturen angreifen, bevor wir über Personen reden.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Streibl hat vorhin von einer "nachtschlafenden Zeit" gesprochen. Ich möchte nicht sagen, dass ich nicht müde wäre, aber Kurt Eisner und andere haben in der Nacht vom 7. auf den 8. November die Revolution ausgerufen. Deshalb werden wir es doch wohl schaffen, einigermaßen würdig auch zu dieser späten Stunde an diese Zeit zu erinnern.
Mit euch ist es momentan schwierig, eine Revolution auszurufen. – Die Staatsregierung und andere haben in diesem Jahr einige Veranstaltungen durchgeführt, mit denen sie angeblich Bayern und unsere glorreiche Geschichte feiern. Der Anlass dieser 100Jahr-Feiern, die Revolution selbst, wird von ihnen nicht gefeiert.
Meistens feiern sich die Veranstalter nur selbst. Man muss sich nur die Landesausstellung in Ettal an
schauen. Wer sie noch nicht angeschaut hat, dem kann ich sie nicht empfehlen.
Mit diesem "Mythos Bayerns" macht das staatliche Haus der Bayerischen Geschichte sich selbst und die Staatsregierung endgültig lächerlich. Als wäre es nicht schon skurril genug, die Abschaffung der Demokratie mit einer Hymne auf den "Königstraum" zu feiern, stellt man die albernsten Klischees über Bayern wie Devotionalien und Reliquien zur Verehrung aus. Da muss man wirklich lachen: Da hängt eine g‘stinkerte alte Lederhosn in der Vitrine drin. Das ist euer Bayernbild.
Bis jetzt fehlt ein würdiges Gedenken an die Revolution von 1918. Warum wird dieser Anlass ausgeblendet? – Weil die kollektive Erinnerung leider immer noch von der blutigen Niederschlagung der Republik geprägt ist. Dabei wird der Republik die gegen sie eingesetzte Grausamkeit angelastet, das heißt, die Tatsachen werden auf den Kopf gestellt.
Sie haben überhaupt keine Ahnung! Sie sind ja vollkommen ahnungslos! Deswegen seien Sie ruhig, oder gehen Sie raus. Sie haben noch ein paar Minuten zum Reden. – Bei all dem Blutvergießen: Denken Sie einmal zurück. Vorher gab es jede Menge Blutvergießen. Millionen von Leuten sind getötet worden.
Danach gab es viel Blutvergießen. In dieser Zeit war die unblutige Revolution eine demokratische, eine friedliche Sternstunde. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen.
Jetzt kommt ihr dran: Was danach kam, das Meucheln und Morden Hunderter, Hunderte willkürliche Erschießungen, die sogenannte Befreiung Münchens, war ein wirklicher Schandfleck der Geschichte.
Ich weiß nicht, was Du sagst, aber das ist mir auch wurscht. Ich bin laut genug. Johnny Cash hat einmal gesagt: Excuse me, I could not hear. I was talking.
Damals und heute wird viel gehetzt, die Revolution sei von "Landfremden" gemacht worden. Die sozialdemokratische Regierung Hoffmann hat zum Beispiel einen Aufruf zur Bildung bayerischer Freikorps veröffentlicht. Darin heißt es: "Bayern! Landsleute! In München rast der russische Terror, entfesselt von landfremden Elementen." – Das sind Fake News. Das ist Gräuelpropaganda. Wie so oft ging auch damals die Propaganda den Gräueln voraus. Buchstäblich landfremd waren nämlich die von sozialdemokratischen Regierungen berufenen Totschläger und Mörder. Das waren Reichstruppen aus dem Württembergischen, das waren Freikorps aus dem Württembergischen, aus dem Thüringischen und aus Preußen und zum geringsten Teil aus dem Oberland. Alle standen unter dem Oberbefehl eines preußischen Generalleutnants. Ihr habt gar keine Ahnung, aber das ist wurscht. Warum wurden Truppen von außerhalb Bayerns geholt? – Weil sich schon bei der Revolution niemand gefunden hat, auf die eigenen Landsleute zu schießen. Die waren damals nicht so blöd. Die Revolution war also nichts, was von außen hereingetragen worden wäre. Es war eine originär bayerische Revolution.
Abgesehen davon ist es bei einer guten Tat eigentlich egal, wer sie vollbringt, ob er landfremd ist oder nicht, Hauptsache, sie wird vollbracht!
Wer hat die Revolution gemacht? – Es waren Arbeiter und Arbeiterinnen, vor allem aber – außer Kurt Eisner – Bauern. Es waren Ludwig und Karl Gandorfer, zwei niederbayerische Bauern. Darauf hat auch die "Staatszeitung" neulich hingewiesen.
Ich habe sie gesehen. Ich bin gleich fertig. Ich wollte nur Kollegen Streibl darauf hinweisen, dass es einmal weltoffene Bauern in diesem Land gab. Leider ist Kollege Aiwanger nicht da. Das wäre doch einmal ein Vorbild. So etwas gab es damals. Eisner war ein bayerischer Held. Die Revolution war eine Sternstunde. Damals haben wir richtig gescheite Bauern gehabt.
Jetzt sei vorsichtig; denn ich habe noch viel in der Tasche.
Ich wollte die Sozialdemokratie heute schonen. Diesem Vorsatz werde ich auch nach einigen Äußerungen, die wir heute gehört haben, nicht untreu.
Ich gebe Ihnen vollkommen recht – ja mei, so bin ich halt.
Bloß bei Ihnen würde ich es mir vielleicht anders überlegen. Aber Sie sind ja keine Sozialdemokratin.
Es gab keinen Urknall, aus dem alle Parteien dieser Erde entstanden sind. Wir GRÜNEN haben auch eigene Wurzeln. Wir haben euch zu unserer Gründung nicht unbedingt gebraucht.
Natürlich weiß ich, dass in der Regierung Eisner und auch später einige Sozialdemokraten – Mehrheitssozialdemokraten – waren. Einer war Martin Segitz. Er wäre Nachfolger von Eisner geworden. Die Räte hatten ihn gewählt. Nur die Regierung Hoffmann hatte etwas dagegen; denn die wollten selbst regieren.
Ich weiß nicht, ob Sie damals schon dabei waren. Sie können sich auch zu einer Zwischenbemerkung melden. Ich wollte jetzt mit dem Kollegen von Brunn reden.
Sie haben vollkommen recht. Aber wenn Sie mehr über die Verantwortung der Sozialdemokratie wissen wollen, dann lesen Sie bitte nach. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat ein Buch von Mark Jones über die Gründungszeit der Weimarer Republik herausgegeben. Unter dem Titel "Am Anfang war Gewalt" heißt es dort, dass die Sozialdemokratie für die Gewalt in dieser geschichtlichen Periode eine entscheidende Rolle gespielt hat.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zu einem geschenkten Feiertag kann man schlecht Nein sagen. Trotzdem fragt man sich bei unerwarteten Geschenken, wer wem etwas schenken will, warum und auf wessen Kosten.
Man wird misstrauisch, wenn es ein Missverhältnis gibt. Manchmal erscheint das Geschenk im Hinblick auf den Anlass übertrieben. Das gilt auch für Wahlgeschenke. Die SPD will die abhängig Beschäftigten in Bayern beschenken. Zwar haben wir in Bayern schon sehr viele Feiertage, aber es handelt sich um ein Einmal-Geschenk. Unserer Meinung nach hätten sich das die hart arbeitenden Menschen in Bayern wirklich verdient.
Die Wirtschaft boomt. Die Profite steigen. Es ist nur recht und billig, wenn auch diejenigen etwas davon hätten, die diesen Wohlstand produzieren. Angemessen ist der Anlass des Geschenks also. Der Termin stimmt ebenfalls. An dieser Stelle bin ich anderer Meinung als Herr Kollege Streibl. Das wäre ein Festtag der Demokratie. Wenn man einen Festtag für Luther übrig hat, warum nicht auch für unsere Demokratie? – Das muss man mir erst mal erklären.
Das war der friedliche Teil. – Allerdings ist es äußerst fragwürdig, dass sich die SPD gleich selber feiern will.
Das hast du ausdrücklich gesagt.
Es ist ziemlich dreist, wenn die SPD behauptet, dass Eisner ein Sozialdemokrat war.
Sie verkaufen seine politischen Taten wie die Ausrufung des Freistaats und des Frauenwahlrechts in diesem Hause als Ihre eigenen Segnungen.
Eisner wollte gerade mit dieser Partei und ihren Kriegskrediten sowie ihrer Kriegspolitik nichts mehr zu tun haben. Er war schon lange in seiner eigenen Partei.
Wenn ihr auch noch den Besitzanspruch auf den Begriff "Freistaat" und die Revolution selber erhebt, ist das Geschichtsfälschung. Noch am Tag vor der Revolution hat die bayerische SPD in Person von Herrn Auer der königlichen Regierung in die Hand versprochen, die Revolution zu verhindern und Eisner an die Wand zu drücken. Das habt ihr gemacht.
Während eure Leute schon lange heimgegangen sind, ist Eisner weitermarschiert und hat die Revolution ausgerufen. Was haben die Sozis gefordert? – Ich zitiere: Die Niederschlagung der Erhebung durch die Regierung muss noch in dieser Nacht erfolgen. – Das ist euer Beitrag zur Revolution. Ein halbes Jahr später habt ihr das, was in München los war, selber blutig niedergeschlagen. Wenn ihr schon bei der Revolution keine entscheidende Rolle gespielt habt, dann wenigstens bei der Niederschlagung. Wie habt ihr das gemacht? – Ihr habt die Freikorps geholt. Ihr habt diese brutalen Mörder geschickt. Eure Berliner Regierung, eure Bamberger Regierung hat diese Truppen nach München geschickt und ihnen den Freibrief für den Terror erteilt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich mit Traditionen schmücken will, muss sich auch mit den weniger schönen Zeiten der Vergangenheit auseinandersetzen.
Ich verlange von euch, euch kritisch dazu zu verhalten. Das gilt natürlich auch – –
Du stehst aber nicht da, wo ich stehe. Du hörst nicht das, was die da plärren.
Dann können sie gleich lernen, wie das Streiten hier geht.
Das gilt auch für die Staatsregierung. Jede CSU-Regierung in diesem Haus hat Eisner als Inbegriff des Bösen hingestellt. Immer wieder hat sie abgestritten – ich zitiere –, dass er sich um die jetzige Staats- und Rechtsform verdient gemacht habe. Das haben Sie ihm aberkannt. Jetzt behaupten Sie auf einmal unvermittelt und ohne jede Erklärung das Gegenteil. Ich bin gespannt, was von dieser Regierung in diesem Wahljahr noch alles gewendet wird. Rasche Kehrtwenden können einen schon ins Stolpern bringen. Mancher kann einen Slapstick hinlegen, wie beispielsweise das Haus der Bayerischen Geschichte. Dieses inszeniert die Erinnerung an die Gründung des Freistaats, also die Abschaffung des Königtums, ausgerechnet als Königstraum. Darauf muss man erst mal kommen. Der König ist weg, und Sie sagen: Es lebe der König! Kurt Eisner hat das nicht verdient. Er war ein bayerischer Held. Die Staatszeitung hat recht. Er wusste damals schon, wie sich eine Demokratie entwickeln muss. Eisner hat die Republik ausgerufen. Ohne Eisner gäbe es sie nicht.
60.000 Sozis unter Führung von Auer sind heimgegangen. Eisner ist in die Kasernen gegangen und hat die Leute geholt.
Also, wenn du den Unterschied zwischen "ihr" und "du" nicht kennst, tust mir leid. Ich kann ihn dir gern einmal beibringen.
Was ich gesagt hab, hast du nicht widerlegt. Ja! Ich möchte wissen, was ich falsch gesagt habe: Auer hat dem Innenminister in die Hand versprochen, Eisner werde an die Wand gedrückt – ja? –, und er hat den Innenminister aufgefordert, die Revolution sofort niederzuschlagen, ja. Das hat Auer gemacht. Es ist doch kein Wunder, dass nach dem Attentat auf Eisner ausgerechnet auch auf Auer geschossen wurde. Das ist doch kein Zufall. Schaut’s doch selber mal in den Büchern nach. Ich hab nachgeschaut.
Ha? – Weilst nicht lesen kannst! Du kannst scheinbar nicht lesen. Ich hab’s g’lesen. Eisner war ein großer Demokrat; er wollte neben dem Parlament die Räte als Schule der Demokratie. Er wollte den Volksentscheid als Vollendung des demokratischen Gedankens. Er war überzeugt davon – und das ist etwas, was für uns heute wichtig ist –, dass die Schäden der Demokratie nur durch mehr Demokratie überwunden werden können. Er würde uns heute gut zu Gesicht stehen, und deswegen war die Ausrufung des Freistaats eine Sternstunde unserer Demokratie, die wir mit Recht feiern können.
Wir können das auch mit den Sozis feiern, aber ihr müsst einfach zur Kenntnis nehmen: Die Revolution war nicht euer Werk.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! So schlimm finde ich es gar nicht, wenn die CSUler heute nichts mehr sagen dürfen.
Es muss nicht immer so sein; aber ab und zu ist es ganz erholsam.
Aber jetzt ist der Humor auch schon vorbei.
Ja, der Humor ist vorbei, jetzt wird es ernst.
Für dieses schäbige Spaltungsgesetz aus der Staatskanzlei muss sich doch, meine ich, jedes halbwegs
anständige Mitglied von Staatsregierung und CSUFraktion in Grund und Boden schämen.
Wie schäbig der Entwurf ist, wird an diesem Artikel 13 besonders deutlich. Überdeutlich wird aber auch, was der Gesetzentwurf für ein Pfusch ist. Er ist handwerklich schlecht gemacht und wird Nebenwirkungen haben, an die die Pfuscher überhaupt noch nicht gedacht haben. Ähnlich wie bei der sogenannten Ausländermaut – das haben wir ja schon erlebt, und darauf zielen Sie ja wieder mit diesem Artikel – wollen Sie vermeintliche oder tatsächliche Ausländer einer Sonderbehandlung unterziehen und diskriminieren. Aber Sie werden damit allen und auch sich selber schaden.
Mit Artikel 13 wollen Sie diejenigen bestrafen, die unsere Rechts- und Werteordnung im öffentlichen Verhalten missachten. Dann werden Sie auch analog zur Scharia-Polizei eine Leitkultpolizei schaffen.
Soll sie dann herumschnüffeln und eingreifen, oder wie wollen Sie durchsetzen und überprüfen, ob es, wie es im Gesetz formuliert ist, demonstrative Regelverstöße gibt? Sie sagen: Das betrifft uns nicht, das geht nur die vermeintlichen und tatsächlichen Ausländer etwas an. – Aber das wird nicht funktionieren. Da haben Sie sich sauber geschnitten.
Das wird auch ein Problem für einige in der Staatsregierung und in der CSU werden. Wenn das Grundgesetz tatsächlich zur Grundlage für das Verhalten in der Öffentlichkeit werden soll, also wenn die demonstrative Missachtung unserer Rechts- und Werteordnung bestraft werden soll, ja, was machen Sie dann? Da können viele von Ihnen schon den vorgesehenen Grundkurs über die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung buchen.
Wir Bayern feiern gerade 70 Jahre Verfassung, und ich bin froh, dass wir diese Verfassung haben. Aber heute will ich einmal an das Grundgesetz erinnern. In Artikel 3 heißt es:
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache,
schon einmal gehört? –
seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Das wissen Sie wahrscheinlich gar nicht.
Ja, es sieht ganz so aus, als würden führende CSUMitglieder existieren, die, wie es im Gesetzentwurf heißt, erkennen lassen, dass ihnen "die Rechts- und Werteordnung in ihren Grundsätzen unbekannt oder gleichgültig ist".
Nur noch ein paar Beispiele, weil ich nicht viel Zeit habe. Die "Welt" hat am 23.03. des letzten Jahres geschrieben: "Ilse Aigner (CSU) kritisiert das KopftuchUrteil aus Karlsruhe scharf." Sie meint: "Wir leben nach wie vor in einem christlich geprägten Land." Und sie stellt ausdrücklich – demonstrativ, wie es im Gesetzentwurf heißt – das Recht auf Religionsfreiheit zur Disposition. Ein klarer Fall für die Leitkulturpolizei.
Noch ein Beispiel. Der "Bayernkurier" zitiert am 19. März des letzten Jahres den CSU-Generalsekretär Scheuer:
Die CSU werde "in Bayern alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit das Christentum bei uns in Bayern privilegiert bleibt …"
Auch da, fürchte ich, wird die Leitkultpolizei kommen müssen. Aber Scheuer hat ja nur das Kabinett und den Beschluss des Kabinetts verteidigt und keine Ahnung, wer aus dem Kabinett in den Grundkurs muss. Das könnt ihr unter euch ausmachen. Ein bisschen Nachhilfe, glaube ich, kann allen nicht schaden.
Sie alle können dann lernen, dass auch die Forderung nach einer Deutsch-Pflicht für Migranten, dass man daheim Deutsch reden muss und dass man überhaupt Deutsch reden muss, und die bevorzugte Behandlung christlicher Zuwanderer eine Missachtung unserer Rechts- und Werteordnung darstellen.
Wer Menschenrechte und Minderheitenrechte missachtet, zerstört unsere Demokratie und unser Zusammenleben, und wir haben alle nötigen rechtlichen Voraussetzungen, um unsere Demokratie zu verteidigen. Dazu brauchen wir euer g‘lumpads Gesetz wirklich nicht.
Dieses Pfuschgesetz wird nämlich genau das Gegenteil von dem bewirken, was Sie angeblich wollen, nämlich Zerstörung und Streit statt Zusammenhalt und Heimat. Das haben wir heute schon erlebt. Wer ausgrenzt, der spaltet. Wer spaltet, der schwächt unser Land. Zusammenhalt dagegen macht uns stark. Gemeinsam gewinnen wir, und ich glaube, es gibt auch ein paar CSUler, die das packen könnten.
Ich sage gleich Ja und gebe ihm recht.
Vorher hätte ich gesagt: Sie haben recht. Jetzt aber sage ich: Ich glaube, Sie haben recht.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich bei den anderen Fraktionen, aber vor allem bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie bei denen der Ministerien für die weitgehend konstruktive Arbeit im Untersuchungsausschuss bedanken.
Es gab zwar gewisse Anfangsschwierigkeiten und gelegentliche Ausrutscher. Der Kollege König weiß es ganz genau; er war mit dabei. Aber immerhin haben wir es geschafft, den Fragenkatalog gemeinsam zu beantworten. Aus meiner Sicht ist es ein ganz wichtiger Punkt, dass wir uns hier in diesem Hause wenigstens über die Tatsachen verständigen können. Das gehört sich für Demokraten. Dass wir danach diese Vorgänge unterschiedlich bewerten, gehört auch zur Demokratie.
Hauptauftrag des Untersuchungsausschusses war es, mögliches Fehlverhalten bei der bayerischen Polizei und den Justizbehörden sowie den beteiligten Ministerien zu überprüfen. Kurz zusammengefasst lautet unsere Bilanz: In allen beteiligten Behörden sind wir auf zum Teil erschreckendes Fehlverhalten gestoßen. Die Polizei, die Justiz, die Beihilfe, die beteiligten Ministerien, das Justiz-, Innen-, Finanz- und Gesundheitsministerium und insbesondere die wechselnden, jeweils für die Gesundheit zuständigen Ministerinnen und Minister, die Münchner Generalstaatsanwaltschaft, die ehemalige Justizministerin Merk, Justizminister Bausback, Innenminister Herrmann und Finanzminister Söder, sie alle haben sich Fehlverhalten
zuschulden kommen lassen, die einen mehr, die anderen weniger. Darauf werde ich jetzt im Einzelnen eingehen.
Wir GRÜNEN haben bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses vermutet, dass es auf die Ermittlungsverfahren und die Strafverfolgung einen nicht sachgerechten Einfluss gab. Das hat sich bestätigt. Auch das werde ich darlegen.
Nicht bestätigt hat sich allerdings die ursprüngliche Vermutung der in ihren Ermittlungen behinderten Polizeibeamten, irgendjemand von oben hätte in die Arbeit der SOKO direkt eingegriffen. Diese Vermutung war bereits nach wenigen Befragungen ausgeräumt.
Wer also im weiteren Verlauf trotzdem noch nach dieser Art politischer Einflussnahme gesucht hat und jedes Mal begeistert war, dass er keine gefunden hat, der wollte sich nicht mit den wirklichen Ergebnissen der Beweisaufnahme auseinandersetzen. Aber diese waren erschreckend genug.
Zuallererst geht es um die Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft. Einfluss genommen haben direkt die Generalstaatsanwaltschaft München sowie indirekt das Justizministerium und der damalige CSUBundestagsabgeordnete und ehemalige bayerische Minister Peter Gauweiler.
Eine Einflussnahme als solche ist nicht verwerflich, schon gar nicht, wenn sie sachgerecht ist. Außerdem ist in Bayern das Weisungsrecht gesetzlich verankert, auch wenn wir GRÜNEN das für falsch halten. Rechte sind aber gegebenenfalls Pflichten. Wer ein Aufsichts-, Weisungs- oder Mitwirkungsrecht hat, muss es ausüben, wenn es erforderlich ist, zum Beispiel um Schaden, Missbrauch oder Gesetzesverstöße zu verhindern. Dann hat man die Pflicht einzugreifen, wenn man es kann.
Wir werfen der Staatsregierung mit Blick auf die gesundheitspolitischen Fragen vor allem vor, dass sie hier ihre in den Rechten begründeten Pflichten nicht erfüllt hat. Dieser Grundsatz gilt selbstverständlich auch in Sachen Weisungsrecht, zumindest solange es gesetzlich geboten ist.
Insofern haben sich die Generalstaatsanwaltschaft München und das Justizministerium drei eklatante Fehler zuschulden kommen lassen:
Erstens haben sie ihr Weisungsrecht nicht formell ausgeübt, sondern informell durchgesetzt. Obwohl sie konträr zu den Absichten der sachleitenden Staatsanwaltschaft entschieden, haben sie dafür nicht die Ver
antwortung übernommen. Stattdessen tun sie bis heute so, als seien die skandalösen Fehlentscheidungen in freier Verantwortung der zuständigen Staatsanwaltschaft getroffen worden. Das ist nicht so.
Zweitens haben Generalstaatsanwaltschaft und Justizministerium diesen Einfluss nicht aus sachgerechten Gründen ausgeübt.
Drittens haben sie ihr Weisungsrecht nicht wahrgenommen, als es notwendig gewesen wäre, um in ihrem Verantwortungsbereich für Rechtseinheit zu sorgen.
Fangen wir damit an, dass sie die Ermittlungen de facto bis in die Einzelheiten gesteuert, aber dafür keine Verantwortung übernommen haben. Diese informelle Steuerung erfolgte im Wesentlichen dadurch, dass der sachleitende Staatsanwalt permanent zum Rapport antreten und jeden einzelnen Ermittlungsschritt berichten musste. Die Intensität und Häufigkeit der angeforderten und gegebenen Berichte, die Zahl, Art und Heftigkeit der Besprechungen nannten etliche Zeugen ungewöhnlich. Allein dadurch gab es eine enge Führung der Ermittlungen durch die Generalstaatsanwaltschaft mit Rückendeckung und jeweils Rücksprache im Justizministerium.
Außerdem wurde der sachleitende Staatsanwalt immer wieder von der Generalstaatsanwaltschaft damit konfrontiert, dass sie und das Justizministerium seine Rechtsmeinung nicht teilten, dass er also auf dem Holzweg ist. Das hat man ihm im Abstand von nur wenigen Wochen mit den gleichen Worten und den gleichen Argumenten immer wieder gesagt. Da ist kein neues Argument dazugekommen. Das grenzt aus meiner Sicht schwer an Mobbing. Man muss schon sehr standhaft, um nicht zu sagen sehr stur sein, um nicht umzufallen, wenn man von seinen Vorgesetzten und Oberen permanent gesagt bekommt, dass man auf dem Holzweg sei und das Ganze schleunigst umstellen solle.
Dazu kam aber noch eine "Breitseite von Weisungen". So nannte es der sachleitende Staatsanwalt und führte es der Kollege Streibl aus. Am Ende hatte man ihm nicht nur die Entscheidungskompetenz, sondern de facto alle Ermittlungen aus der Hand genommen bis auf die eine, mit der er dann prompt Erfolg hatte.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat so die sachleitende Staatsanwaltschaft bis zur Scheinselbstständigkeit entmündigt und damit das Weisungsrecht unterlaufen. Es zeichnet einen Rechtsstaat gerade aus, dass die Verantwortlichen auch formell die Verantwortung übernehmen, dafür geradestehen und transparent machen, dass sie dafür verantwortlich sind; denn sonst müssen Subalterne für Entscheidungen gerade
stehen, die sie nicht frei treffen können, während die eigentlich verantwortlichen übergeordneten Stellen sich der Rechenschaft entziehen. Dass so etwas in Bayern passiert, ist ein Missstand, der schleunigst abgestellt werden muss.
Für die Einflussnahme der Generalstaatsanwaltschaft und des Justizministeriums – das ist der zweite schwerwiegende Kritikpunkt – gab es jedoch keinen Grund, jedenfalls keinen sachlichen Grund; denn die ursprünglich von der sachleitenden Staatsanwaltschaft München I geplante Verfahrensstrategie war kompetent, angemessen, verhältnismäßig und zielführend. Am Anfang wurde das alles noch mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft auf den Weg gebracht. Sie sah vor, mehrere betrügerische Ärzte und Schottdorf wegen Beihilfe anzuklagen. Man wollte die übrigen Verfahren sozusagen auf Eis legen, um verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen zu können.
Hätte da die Generalstaatsanwaltschaft nicht interveniert, wäre es nicht zu dem heute von allen beklagten "unbefriedigenden Ergebnis" gekommen. Hätten sie den Staatsanwalt einfach seine Arbeit machen lassen! – Hat sie aber nicht. Insofern war dieses Vorgehen sachfremd, weil es keine sachlichen Argumente gab, ihm diese kompetente Arbeit kaputtzumachen. Das war höchst fragwürdig und im Ergebnis für die Generalstaatsanwaltschaft und das Justizministerium auf ganzer Linie blamabel.
Das dritte Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Weisungsrecht besteht darin, dass – wie gesagt – das Weisungsrecht von der Generalstaatsanwaltschaft und dem Justizministerium nicht ausgeübt worden ist, als es nötig gewesen wäre.
Mit der Verengung auf ein Pilotverfahren – das dann keines mehr war; denn es handelte sich um ein einzelnes Verfahren, da nichts folgte – und der erzwungenen Abgabe der anderen Verfahren nach Augsburg wurden zwei Staatsanwaltschaften im gleichen Bezirk in die entgegengesetzte Richtung geschickt. Das haben die sehenden Auges gemacht. Die haben gesehen, dass die Augsburger das Verfahren einstellen, aber es der Münchner vorantreibt. Das geht genau in die entgegengesetzte Richtung. Trotzdem haben sie gesagt: Gib es nach Augsburg ab. Sie haben zugesehen und nichts unternommen. Sie hätten auch danach etwas unternehmen können, etwa wenn man sagt: Okay, die haben es damals noch nicht gewusst. Spätestens als die Staatsanwaltschaft Augsburg bis hinauf in das Justizministerium nach Zustimmung zur
Einstellung gefragt hat, hätten sie sagen können: Verjährungsunterbrechende Maßnahmen sind erforderlich.
Sie haben zugesehen, wie dabei zweierlei Rechte herauskamen: Den einen ließ man verurteilen, und Tausende ließ man ungeschoren davonkommen. Bis heute versäumt es das Justizministerium, auch der amtierende Justizminister, hier Rechtsgleichheit herzustellen. Bis heute hat man aus dem Pilotprojekt keine Konsequenzen gezogen. Als Resultat dieses Justizversagens ist dieses Betrugssystem bis heute nicht abgestellt. Ärztinnen und Ärzte rechnen immer noch systematisch betrügerisch nach dem Modell Schottdorf ab. Sie tun das, weil sie damit in Bayern davonkommen. Wir sehen darin ein schwerwiegendes Versagen der bayerischen Justiz, und zwar bis hin zum amtierenden Justizminister.
Im Zusammenhang mit der fehlenden Ausübung des Weisungsrechts sehen wir insbesondere auch bei der damaligen Justizministerin Merk schwere Versäumnisse. Sie hätte, wenn schon die Generalstaatsanwaltschaft München versagt und die im Justizministerium Zuständigen nicht eingreifen, selber für Rechtseinheit sorgen müssen. Stattdessen hat sie die Übernahme ihrer Ministerverantwortung verweigert. Damals gab es im Justizministerium ein massives Macht- und Kontrollvakuum.
Man muss sich vorstellen, Ministerin Merk ließ ihre Behörde ohne Kontrolle agieren, weil sie informelle Vorgaben machte, mit welcher Art von Vorgängen sie nicht behelligt werden wollte. Angeblich haben solche Vorgänge wie Schottdorf dazugehört: Das durfte gar nicht bis zu ihr vordringen. Dies gilt auch für den Fall Gurlitt: Das durfte gar nicht bis zu ihr vordringen. Das bedeutet, die Zuständigen haben selber entscheiden müssen, wann sie der Kontrolle bedurft haben, wann die Ministerin sie hätte beaufsichtigen sollen. In diesem Fall haben sie einen Vorgang vorlegen müssen. Die Ministerin hat gesagt: Behelligt mich nicht. Wie unglaublich dieser Vorgang ist, lässt sich daran bemessen, dass ihr Nachfolger ihre Anweisungen sofort zurückgenommen und die ausdrückliche Berichtspflicht wieder eingeführt hat. Merks Verantwortungsverweigerung ist ein besonders abstruser Beleg dafür, dass politische Einflussnahme in Bayern in der Regel ohne explizite Weisungen erfolgt. Die untergebenen Beamten machen von sich aus das, wovon sie glauben, dass man es von ihnen erwartet. Die Justizministerin hat sich damals um nichts gekümmert, während es bei der Staatsanwaltschaft drunter und drüber ging. Sie ist deshalb für das Versagen der Generalstaatsanwaltschaft genauso verantwortlich wie diese.
Eine Ministerin, die keine Regierungsverantwortung übernehmen will, ist als Ministerin überflüssig und untragbar.
Kolleginnen und Kollegen, das Fehlverhalten, das uns in diesem Parlament besonders interessieren muss, ist der Missbrauch von Abgeordnetenvorrechten. Der ehemalige Generalstaatsanwalt hat als Zeuge ausdrücklich bestätigt, dass er Abgeordneten gegenüber sehr zuvorkommend war. Grundsätzlich ist das nicht falsch. Niemandem schadet es, Abgeordneten gegenüber zuvorkommend zu sein.
Er war aber auch dann zuvorkommend, wenn die Abgeordneten nicht in politischer, sondern in beruflicher Funktion bei ihm vorsprachen. Schottdorfs Anwalt Gauweiler lieh er jederzeit Gehör. Das war ganz normal. Er vermittelte ihn sogar direkt an die zuständige Staatsanwältin weiter und spielte damit Schottdorfs Türöffner. Damit hatte er überhaupt kein Problem gehabt. Die Zeugenaussage hat bestätigt, dass die Abteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft Gauweiler stets empfangen haben, weil sie sonst Druck vom General bekommen haben. Jetzt weiß vielleicht nicht gleich jeder, warum es sich dabei um Fehlverhalten handelt. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir als gewählte Abgeordnete direkten Zugang zur Exekutive haben – wenn sie da ist.
Das ist bewährte Praxis. Es ist jedoch höchst fragwürdig, wenn Abgeordnete eben nicht in ihrer politischen Funktion vorstellig werden, sondern ihr Mandat und die damit zusammenhängenden Privilegien dazu missbrauchen, Geschäfte zu machen.
Das ist Missbrauch. Behörden, die dem nachgeben, öffnen solchem Missbrauch Tür und Tor. Wir erwarten die Klarstellung des Justizministers, dass er so etwas nicht mehr duldet.
Wenn du nicht differenzieren kannst, ist das dein Problem. Welcher Anwalt, der nicht Gauweiler heißt oder Abgeordneter ist, hat einen direkten Zugang zum Minister und zum Generalstaatsanwalt?
Warum darf ich das nicht kritisieren, wenn du das kritisiert hast? Ich will bitte keinen Dialog, ich habe das Rederecht.
Den fragwürdigen Umgang mit Kritikern dieser Vorgänge, die merkwürdigen Disziplinarverfahren und die unverhältnismäßigen Ermittlungsverfahren gegen SOKO-Beamte sowie Journalisten haben die Kolleginnen und Kollegen bereits ausführlich zu Recht kritisiert.
Damit ist gleich die Verantwortung von Innenminister Herrmann berührt, der auch nicht da ist. Auch in seiner Zuständigkeit, nämlich im Bayerischen Landeskriminalamt, kam es zu Fehlverhalten, das er schleunigst abstellen muss. So deckte der Untersuchungsausschuss auf, dass die massiven Probleme in SOKO und LKA von einem miserablen, vormodernen Führungsstil begünstigt wurden. Man hat beispielsweise SOKO-Beamte immer wieder bei sie betreffenden Entscheidungen übergangen und auch später versucht, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen, statt das direkte und klärende Gespräch zu suchen und ihnen deutliche Ansagen zu machen. Vorgänge wie diese führten zum verständlichen Ärger, der sich zunächst in internen Beschwerden Luft verschaffte. Erst nachdem die betroffenen Beamten jahrelang immer nur auf taube Ohren gestoßen und mit Disziplinierungsversuchen überzogen worden waren, wandten sie sich an die Öffentlichkeit. Innenminister Herrmann musste wegen der Zerwürfnisse in der SOKO und im Landeskriminalamt sogar beim Ministerpräsidenten antanzen. Er hat einen Extratermin deswegen bekommen. Er hat jedoch keine Konsequenzen gezogen. Deshalb ist das Versagen seiner Untergebenen auch ihm anzurechnen.
Auch das Finanzministerium und die Beihilfestellen haben sich aus unserer Sicht schwere Versäumnisse zuschulden kommen lassen. Die staatlichen Beihilfestellen haben im Untersuchungsausschuss eindrücklich dargelegt, dass sie derzeit, wie sie jetzt aufgestellt sind, Betrug hilflos ausgeliefert sind. Trotzdem hat Finanzminister Söder nichts veranlasst, um diese Missstände abzustellen. Dabei hätte er etwas machen können. Die fehlende Digitalisierung hat der Rechnungshof schon seit Jahren angemahnt. Die Beihilfestellen benötigen mehr Digitalisierung bei der Abrechnungsprüfung, eine geeignete Prüfsoftware und mehr Personal. Das können die gesetzlichen Krankenkassen schon lange. Der einzelne Arzt muss das nicht jedes Mal bürokratisch nachweisen. Er muss einmal sagen, wozu er befugt ist. Dann schreibt man das in die Prüfsoftware rein. Schließlich prüft die Prüfsoftware das automatisch – keiner hat mehr Arbeit. Das ist
simpel. Die Beihilfe muss endlich routinemäßig prüfen können, ob eine Ärztin oder ein Arzt die Rechnung seiner Qualifikation entsprechend überhaupt stellen darf. Finanzminister Söder ist deshalb mitverantwortlich dafür, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um Millionenbeträge betrogen wurden. Es ist höchste Zeit, dass er das endlich abstellt.
Kolleginnen und Kollegen, Ausgang allen Übels war das Versagen der Gesundheitspolitik. Wie das Justizministerium hat es auch das Gesundheitsministerium über zwei Jahrzehnte hinweg versäumt, Systemfehler im Gesundheitswesen zu korrigieren. Die Bayerische Staatsregierung hätte die Möglichkeit und damit nach meinem Verständnis die Pflicht gehabt, die notwendigen gesetzlichen Änderungen vom Bundesgesetzgeber einzufordern. Sie haben ein Mitwirkungsrecht und damit auch eine Mitwirkungspflicht, wenn Sie einen Missstand erkennen. Dass die Laborgebühren und damit die Gewinnmargen endlich abgesenkt werden müssen, sieht inzwischen sogar die CSU ein.
Ich will noch zwei weitere Punkte nennen. Zum einen müssen Arztrechnungen dringend transparenter und besser überprüfbar werden. Für Behandelte wie Kostenträger muss auf Anhieb erkennbar sein, ob eine Arztrechnung den gesetzlichen Vorgaben entspricht oder nicht. Zum anderen können und müssen private Krankenversicherungen und Beihilfestellen die Kontrollaufgaben übernehmen, mit denen die Patientinnen und Patienten eindeutig überfordert sind. In der gesetzlichen Krankenversicherung geschieht dies seit Langem. Es gibt keinen Grund, das nicht auch in der privaten Krankenversicherung zu tun.
Zum Schluss fasse ich die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zusammen. Das ist eine erbärmliche Bilanz für die Staatsregierung. Man kann wirklich froh sein, dass wir im Untersuchungsausschuss auch bayerische Beamtinnen und Beamte getroffen haben, die gute Arbeit geleistet haben. Deshalb gilt unser besonderer Dank zuallererst den Kritikern, die diese Missstände nicht einfach hinnehmen wollten.
Wirklich ordentlich gearbeitet – das will ich ausdrücklich loben – haben der damals sachleitende Staatsanwalt, die Staatsanwaltschaft München I und die "SOKO Labor" – Hut ab vor all diesen Beamtinnen und Beamten, danke für ihre Arbeit.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Die Diskussion in den letzten Tagen, auch hier herinnen, und die Anträge heute zeigen in erster Linie, dass die Staatsregierung ohne jede Entscheidungsgrundlage und im Hauruckverfahren eine wichtige und äußerst kostspielige Entscheidung getroffen hat,.
Auf alle wichtigen Fragen, ob Machbarkeit, Kosten, Finanzierung, Auslastung und mögliche Auswirkungen von Umbau oder Umgebautem, hat sie keine Antworten, keine Ahnung und schon gar keinen Plan.
Da schwirren die unmöglichsten und unterschiedlichsten Summen, was die Gesamtkosten des Umbaus und was mögliche Lasten für unseren Staatshaushalt angeht, durch den Raum. Ich kann nur sagen: Jeder ist gut beraten, wenn er die größtmögliche Unsumme
als Ernstfall in Rechnung stellt. Die Fachleute sind sich ja noch nicht einmal einig, ob die Akustik der Philharmonie derzeit wirklich so schlecht ist oder ob sie stattdessen gar der weltweit beste Multifunktionssaal ist. Das ist die Ausgangslage.
Da kommen Sie mit einer Radikallösung. Und keiner gibt uns die Garantie, dass die Entkernung irgendetwas besser machen wird. Im Gegenteil gibt es ernst zu nehmende Warnungen, dass eine Entkernung am Ende den völligen Abriss und eine enorme Kostenexplosion nach sich ziehen wird. Da marschieren Sie sehenden Auges hinein.
Aberwitzigerweise soll, wenn der Plan funktioniert, ausgerechnet das architektonisch und städtebaulich Umstrittenste, nämlich die abweisende und hässliche Betonhülle, stehen bleiben. Das ist wirklich ein Schildbürgerstreich.
Genauso lächerlich ist der Einfall, die beiden großen Orchester könnten alle 14 Tage abwechselnd in der Philharmonie und im Herkulessaal spielen. Sie nennen das – Sie haben ja immer so schöne Namen – Stagione-System. In Untersuchungsausschüssen habe ich gelernt: Je großtönender die Namen, desto weniger ist dahinter.
Für mich hört sich das an wie Karl Valentins Vorschlag zur Verkehrsberuhigung: am Montag die Autos, am Dienstag die Radlfahrer usw. Das ist Realsatire pur. Das ist nicht von mir, das ist von der Staatsregierung. Nicht zuletzt ist die Frage einer gemeinsamen Nutzung das Einzige, was bisher in der Konzertsaal-Frage wirklich klar ist, nämlich dass sie nicht funktioniert. Das ist klar.
Dazu passt, dass von vornherein alles auf den Kopf gestellt wurde. Ministerpräsident Seehofer hat erst die Entscheidung verkündet, und danach sollen alle anderen Fakten für eine halbwegs plausible Begründung suchen. Ich will gar nicht auf das in der Bayerischen Verfassung verankerte Ressortprinzip verweisen.
Denn genauso, wie man einen Hund nicht zum Jagen tragen kann, kann man einen Minister nicht zum Regieren prügeln. Das geht nicht.
Du darfst dich jederzeit zu Wort melden. Bitte keine Zwischenrufe von der Regierungsbank. Aber ich glaube, du redest noch nach mir.
Der Vorgang erläutert ein Prinzip, das bei Ministerpräsidenten offenbar gilt. Es heißt: Wie gewonnen, so zerronnen. Genauso aus dem hohlen Bauch heraus in den hohlen Raum hinein hat der Ministerpräsident damals die Zusage für einen neuen Konzertsaal gemacht. Im Januar 2009 verkündete der "Focus" genauso großspurig wie der Ministerpräsident: Der Paukenschlag sitzt. In München will Ministerpräsident Horst Seehofer einen weiteren Klassiktempel, und zwar neben den anderen, errichten. Weder vom Koalitionsausschuss noch vom Kabinett hat Seehofer bislang einen Beschluss, dafür aber seinen Willen: "Das mach ma jetzt. Aus. Ende."
Seine jetzige Willensbekundung ist wiederum eine reine Absichtserklärung. Sie wird aber dargeboten wie Moses‘ Zehn Gebote. Das heißt, es ist lediglich in den Wind gesprochen. Das hat er hinausgeplappert, soll aber als in Stein gemeißelt gelten – die nächsten fünf Tage.
Ich wage jetzt schon zu prophezeien: Das geht aus wie das Hornberger Schießen. Im besten Fall wird noch einmal jahrelang oder jahrzehntelang nichts passieren. Im schlimmsten Fall werden die Bürgerinnen und Bürger Hunderte von Millionen zahlen müssen. Aber am Ende haben sie in beiden Fällen genau die zwei Säle, die sie heute schon haben. Super! So oder so ist die Entscheidung des Kabinetts Seehofer eine kulturpolitische Bankrotterklärung und eine Katastrophe für die gesamte bayerische Kulturlandschaft.
Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNEN kritisieren seit Jahrzehnten, dass die vor allem unter Stoiber vorangetriebenen sogenannten Offensiven die Diskrepanzen in unserem Land weiter verschärft haben. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen: Statt dafür zu sorgen, dass Menschen in allen Regionen gute Chancen haben, werden heute vor allem Boom-Branchen und Boom-Regionen gepusht. Dafür gibt es am meisten intensive Aufmerksamkeit, Geld usw.
Aber reden Sie doch endlich einmal mit uns offen darüber. Diskutieren Sie mit uns über Lösungsvorschläge, statt jetzt dem angestauten Groll auf die Landeshauptstadt Luft zu lassen. Eigentlich gilt der Groll ja Ihrer eigenen Regierung. Reden Sie doch einmal mit dieser. Aber weil der Groll stumm bleibt, hat er absurderweise dazu geführt, dass die versteckten Befürchtungen, die Sie immer hatten, nicht nur wahr, sondern auch noch übertroffen werden. Der Staat soll jetzt den Saal einer solventen Kommune sanieren, den sie ohnehin sanieren muss. Das nenne ich einen Mitnahmeeffekt der Stadt München, und dafür gebt ihr euer Ja. Ist es unparlamentarisch, wenn ich jetzt frage: Seid ihr nicht noch blöder?
Dann frage ich es nicht: - Vielen ist offenbar auch unklar, welche bedeutende Rolle eine herausragende Institution wie das BR-Symphonieorchester in und für unsere Kulturlandschaft in ganz Bayern, gerade auch für die kulturelle Bildung unserer Kinder, spielt. Deswegen brauchen wir endlich ein kulturpolitisches Entwicklungskonzept für das ganze Land. Darin hat das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks natürlich einen zentralen Platz. Genau diesen wollen und werden wir dieser herausragenden Kulturinstitution einräumen und sie so für uns alle erhalten. Das hoffe ich.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir können von Glück sagen, dass wir in einem Rechtsstaat leben, der meist zu unserer Zufriedenheit funktioniert. Das ist natürlich nicht nur Glück, sondern sehr viel Arbeit aller daran beruflich Beteiligter. Dafür bedanken auch wir uns natürlich ganz herzlich.
Ebenso verdanken wir das aber all denen, die immer wieder Kritik geübt haben und auf Missstände aufmerksam machen oder gemacht haben. Denen ist es genauso zu verdanken, dass sich unser Rechtsstaat weiterentwickelt. Das ist auch dringend nötig.
Ein Rechtsstaat ist kein glückseliger Zustand, der ein für alle Mal erreicht wird, sondern darum müssen wir immer wieder neu kämpfen in der juristischen Praxis wie in der Rechtspolitik. Nur wenn wir uns alle darauf einlassen, ständig neu nachzujustieren, bleibt unsere Justiz demokratisch auf der Höhe unserer Zeit. Da haben wir in Bayern alle Hände voll zu tun.
Ich will nur ein paar Punkte benennen, wo wir dringend nachbessern müssen. Da ist zuallererst und am leichtesten die fehlende Fehlerkultur zu ändern, die das System einer veralteten Bürokratie ist. Beunruhigend und außergewöhnlich ist nicht, dass Richterinnen, Richter und Staatsanwaltschaften Fehler machen, sondern dass sie in Bayern offenbar besonders ungern dafür Verantwortung übernehmen und diese Fehler nicht korrigieren.
Ich nenne das ganz aktuelle Beispiel eines Mannes aus dem Oberallgäu, über den die "Zeit" kürzlich berichtet hat. Er saß sieben Jahre lang unschuldig im Gefängnis und muss sich jetzt mit der Justizbürokratie auch noch wegen einer Entschädigung herumschlagen. Auch in anderen Fällen falscher Verdächtigungen, grundloser Ermittlungen und schuldlos Eingesperrter findet niemand die Stärke, auch Sie nicht, Herr Minister, wenigstens um Entschuldigung zu bitten und zu versuchen, das Unrecht wiedergutzumachen. Wie gesagt, das ist leicht zu ändern und kostet fast nichts. Da müsste nur der Chef einmal mit gutem Beispiel vorangehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbst der Papst hält sich heute nicht mehr für unfehlbar,
aber die bayerische Justiz hält immer noch am Unfehlbarkeitsdogma fest.
Selbst dann, wenn Richter und Staatsanwälte mir ihrer Rechtsauffassung krachend Schiffbruch erleiden oder Ermittlungsverfahren kleinlaut einstellen müssen, wie beispielsweise in den Fällen Mollath, des Journalisten Denk und des BR-Reporters Bendixen, behaupten unsere Behörden hinterher, sie hätten nicht anders handeln können und alles richtig gemacht. Allein das ist schon unglaublich. Aber mindestens ebenso absurd ist, dass Sie, Herr Minister, diese abstruse Auffassung jeweils verteidigen und sich zu eigen machen. Bei Ihrem Amtsantritt haben Sie doch viel mehr versprochen. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" haben Sie erklärt, zur Unabhängigkeit der Justiz gehöre auch die Erkenntnis der eigenen Unvollkommenheit, und zu einem Justizsystem gehöre, dass man zu Fehlern stehe. Dieser Satz ist richtig. Es muss Ihnen aber doch auch selbst einmal auffallen, dass Sie unter all diesen strittigen Fällen noch keinen einzigen Fall gefunden haben, bei dem Sie
das in die Praxis hätten umsetzen können. Warum denn, Herr Minister? Das kann doch nicht an den Fällen liegen. Es liegt daran, dass Sie mit dieser Fehlerkultur immer noch nicht angefangen haben. Fangen Sie endlich damit an; geben Sie ein Beispiel.
Denn mit Ihrer sturen Haltung bringen Sie die Menschen in Bayern erst richtig gegen unsere Justiz auf. Ihnen ist offenbar auch egal, wie viele Menschen hierzulande zu Unrecht festgenommen oder verurteilt wurden. Sie haben noch nicht einmal eine systematische Statistik zum Umfang der Haftentschädigung. Das ist blamabel. Sie wissen gar nicht, was passiert.
Anders als im Verfassungsausschuss hat jetzt im Haushaltsausschuss niemand mehr bestritten, dass es sogar in Bayern, in diesem gelobten Land, Justizopfer gibt. Aber wir sollten allen Menschen helfen können, deren Leben ohne eigenes Verschulden durch die Justiz aus der Bahn geworfen wurde. Das können wir noch nicht in allen Fällen greifen, was die vorhandenen Möglichkeiten zur Entschädigung angeht. Wir wollen auch in solchen Härtefällen unbürokratisch helfen können; wir wollen, dass Sie, Herr Minister, unbürokratisch helfen können. Zum Beispiel ist gerade heute in der Zeitung wieder von einem Mann zu lesen, dem eine Wiedergutmachung allein aus formellen Gründen verweigert wird. Da geht es nicht nur um Geld, da geht es darum, diese Menschen wieder einigermaßen mit dem Rechtsstaat zu versöhnen. Da fehlt oft nur eine kleine Geste. Warum ist diese Geste so schwer?
Insgesamt gibt es in Bayern einfach immer noch zu viele – und man fürchtet, es werden mehr – dubiose Vorgänge. Es gibt immer wieder Vorfälle, die den Eindruck verstärken, in Bayern werde mit zweierlei Maß gemessen, ganz nach dem Motto: Die Großen lässt man laufen. Ein Beispiel dafür ist der Fall Schottdorf, in dem es um viele Hunderte, wenn nicht Tausende betrügerische Ärzte geht, die Bayerns Justiz einfach so davonkommen lässt.
Wir haben dazu einen Untersuchungsausschuss eingerichtet, der viel Arbeit hat. Ich habe dazu auch verschiedene Anfragen gestellt, und Sie haben mir neulich geantwortet. Ich verstehe das wirklich nicht, Herr Minister, wenn Sie behaupten, dass Sie diese Ärzte auch deswegen laufen lassen, weil sie sich vor dem
BGH-Urteil von 2012 auf eine unklare Rechtslage berufen könnten. Die Rechtslage war schon immer klar.
Natürlich, es war immer schon klar, dass dies Verstöße gegen die Gebührenordnung und gegen das Berufsrecht sind. Diese Rechtslage war immer schon klar. Außerdem heißt es ja, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Wenn dieser Leitsatz gilt, dann gilt er doch wohl auch, wenn die Ignoranz aufseiten der Behörde liegt.
Höchst dubios sind die Vorgänge auch im Fall Bendixen. Die Vorwürfe gegen diesen BR-Journalisten sowie zwei LKA-Beamte waren völlig aus der Luft gegriffen, aber die Staatsanwaltschaft hat trotzdem erhebliche Grundrechtseingriffe auch im Fall des Journalisten beabsichtigt. Darüber werden wir noch gesondert sprechen; wir haben einen Bericht gefordert. Deswegen will ich in diesem Zusammenhang jetzt nur einen Aspekt aufgreifen: Die beiden überwachten LKA-Beamten haben nach Ihrer Auskunft, Herr Minister, "die ihnen nach dem Gesetz zustehende Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Überwachungsmaßnahme durch ein Gericht prüfen zu lassen, nicht wahrgenommen". Das stimmt. Warum haben sie das nicht gemacht? - Sie haben darauf verzichtet, weil man ihnen in Aussicht gestellt hat, dass die Wahrnehmung ihrer Rechte ihren unbescholtenen Ruf beschädigen würde und ihre Zuverlässigkeit in Zweifel stellen könnte, weil ihr Name dann bekannt würde und weil doch immer etwas hängen bleibe.
Das heißt, die Beschwerderechte der zu Unrecht Beschuldigten werden sogar hinterher noch systematisch untergraben. Das kann doch wirklich nicht Ihre Unterstützung finden, Herr Minister.
Sie haben bei Ihrem Amtsantritt erklärt, Sie wollten verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Das ist ehrenwert, aber so, wie Sie das jetzt machen, funktioniert das sicher nicht.
Schließlich machen wir uns auch Sorgen wegen der Überlastung der Justiz. Die beiden Vorredner haben es schon angesprochen. Die Justiz in Bayern ist seit Jahren chronisch unterfinanziert. Es fehlt an allen Ecken und Enden. Ich habe nach dem Personalstand gefragt; für die Antwort haben Sie drei Monate lang gebraucht, sodass ich das jetzt leider nicht mehr in die Haushaltsberatungen einfließen lassen konnte.
Immerhin geht aus Ihrer Antwort aber hervor, dass die Arbeitsbelastung von Richtern und Staatsanwälten seit Jahren zu hoch ist und auch noch über dem schon zu hohen Bundesdurchschnitt liegt.
Das heißt, wir sind ganz weit vorne, wenn es darum geht, unsere Richter und Staatsanwälte zu überfordern. Aber Sie stellen das fest und begnügen sich dann mit ein paar neuen Stellen. Sagen Sie uns doch einmal, wie viel Prozent mehr Staatsanwälte und Richter das bedeutet. Das ist eine ganz bescheidene Summe, die deutlich unter dem bisherigen Aufwuchs insgesamt liegt. Das heißt, was Sie da jetzt neu einstellen, ist wirklich bescheiden. Und dann berufen Sie sich auf die Haushaltsdisziplin. Nachhaltig ist das nicht, dass wissen Sie doch selbst.
Allein schon finanziell kann es erhebliche Folgen nach sich ziehen, wenn unsere Justiz derart unterbesetzt ist. So kann das Vertrauen der Bevölkerung nicht wirklich wachsen; denn – auch das ist angesprochen worden – immer wieder werden Verdächtige auch bei schwerwiegenden Vorwürfen wie Vergewaltigung aus der Untersuchungshaft entlassen, und zwar nur, weil ihr Verfahren zu lange dauert und weil die Gerichte über zu wenig Personal verfügen. Das ist in den letzten fünf Jahren – eine neue Zahl – in Bayern 52-mal passiert, sagt der Minister. Das ist nicht wenig. Solche Missstände, Herr Minister, können Sie doch nicht einfach so hinnehmen und sagen: Das ist Haushaltsdisziplin. Da müssen Sie sich doch etwas überlegen!
Wenn Sie schon nicht mehr Personal durchsetzen können, warum versuchen Sie es dann nicht einmal mit einer längst überfälligen Aufgabenkritik? Auch dazu habe ich verschiedene Anfragen gestellt, um zu erfahren, wie es denn ausschaut und ob man manche Arbeiten nicht verringern könnte, indem man einige Tatbestände neu justiert. Aber da bewegt sich bei Ihnen offensichtlich gar nichts. Das ist aber dringend nötig.
Nur ein Beispiel: Am Wochenende hat die "Süddeutsche Zeitung" ausführlich über einen Patienten berichtet, der sich großem staatlichem Verfolgungseifer ausgesetzt sieht. Er darf, schreibt die "Süddeutsche Zeitung", legal Marihuana konsumieren, weil er nach einer Tumoroperation unter chronischen Schmerzen leidet. Trotzdem ist er jetzt den Schikanen der Augsburger Polizei ausgesetzt. Jetzt ermittelt auch noch die Staatsanwaltschaft gegen ihn. Warum müssen bayerische Behörden solchen Menschen das Leben auch noch zusätzlich schwer machen? Das verstehe ich einfach nicht. Das ist mir nicht begreiflich.
Hat denn da niemand mehr ein Gespür für Menschlichkeit, für Verhältnismäßigkeit und dafür, was wirklich wichtig ist? Die haben dort doch genügend Arbeit; sollen sie sich doch um das Wichtige kümmern und nicht dauernd einen armen Kranken verfolgen. Was soll denn so etwas?
Auch in vielen anderen Bereichen könnte eine moderne Rechtspolitik eine Entkriminalisierung und somit eine Entlastung der Gerichte und der Staatsanwälte bringen. Das sind Maßnahmen, Herr Minister, die Sie in Ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich durchführen könnten, um unsere Gerichte zu entlasten. Packen Sie das doch endlich an!
Als Sie vor gut einem Jahr Ihr Amt übernommen haben, gab es zu Recht viel Kritik an der damaligen Amtsinhaberin und der bayerischen Justiz generell. Sie haben damals viel versprochen; Sie haben große Hoffnungen geweckt. Jetzt wird es wirklich langsam Zeit, dass Sie anfangen, diese Versprechen auch einzulösen. Gehen Sie einmal richtig an die Arbeit. Wir werden Ihnen schon helfen.
Herr Minister, nicht immer, wenn man das Vergleichsniveau nur niedrig genug wählt, kommt man groß heraus.
Ich spreche nicht über Ihre Einlassungen am Schluss
und ich verorte Sie auch nicht in der Muppet Show bei Miss Piggy oder woanders. Das mache ich wirklich nicht. Sie haben offensichtlich nicht mitbekommen, was ich zum Haushalt gesagt habe, und deshalb möchte ich von Ihnen ganz genau wissen: Wie viel Prozent mehr stehen Ihnen für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Vergleich zum Vorjahr zur Verfügung? Wie viel Prozent, Herr Minister?
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bin immer dafür, die eigene Meinung sagen zu können. Ich finde den Vorschlag der SPD-Fraktion, das unter seinem eigenen Namen zu tun, selbst wenn man Richter ist, sehr vernünftig. Es spricht nichts dagegen, dass ein Richter unter seinem eigenen Namen sagt, welche Meinung er vertritt. Andererseits: Wenn schon alles gesagt ist, brauche ich persönlich kein Sondervotum und schließe mich deshalb den Antragstellern an.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bayerische Behörden besitzen offenbar immer noch nicht die nötige Wachsamkeit gegenüber Neonazis. Noch immer ist die Bereitschaft der Bayerischen Staatsregierung, Fehler einzuräumen und daraus zu lernen, nicht besonders ausgeprägt; denn nach wie vor sind wichtige, zentrale Fragen offen.
Ein notorischer Neonazi kann ein Jahr lang als Richter arbeiten, und das fällt niemandem auf? Welches Vertrauen sollen die Menschen, die in das Feindbild der Neonazis fallen und sich vor diesem Richter verantworten mussten, in die bayerische Justiz haben? Wir müssen klären, was dort passiert ist, und alles tun, um das Vertrauen wiederherzustellen.
Ferner wollen wir wissen, was der Verfassungsschutz getan hat. Aus Brandenburg kommt der Hinweis: Achtung! Zu euch zieht ein notorischer Neonazi. – Aber der bayerische Verfassungsschutz interessiert sich nicht dafür, was der Neonazi in Bayern will? Mit einer simplen Internetrecherche hätte der Verfassungsschutz feststellen können - auch ich habe es geschafft -, dass der Neonazi Richter in Bayern werden wollte. Seit einem Jahr steht im Netz der Artikel mit der "frohen Botschaft": Maik B. kommt von Berlin an den Obermain. - Der vollständige Name steht dort. Man hat sich über ihn gefreut. Da hätte der Verfassungsschutz eins und eins zusammenzählen können.
Kolleginnen und Kollegen der CSU, ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie meinen, dass es, wie es in Ihrem Antrag heißt, neue Regelungen brauche, "damit künftig Erkenntnisse des Verfassungsschutzes vor Einstellung eines Bewerbers besser genutzt werden können." Das ist doch lächerlich. Welche Regelungen haben bisher verhindert, dass der Verfassungsschutz die vorhandenen Erkenntnisse genutzt hat? Welche Regelungen waren das? Hier hat doch nicht die Gesetzeslage versagt; hier hat der Staatsschutz versagt.
Der Verfassungsschutz ist einem ganz konkreten Verdacht nicht nachgegangen. Als Konsequenz wollen Sie jetzt alle angehenden Richter und Polizisten unter Verdacht stellen. Was hat das für eine Logik? Glauben Sie, dass der Verfassungsschutz mit pauschalen Verdächtigungen besser zurechtkommt als mit einem konkreten Verdacht? Außerdem können wir nicht
jedes Mal, wenn bayerische Behörden pfuschen, Gesetze ändern und unsere Bürgerrechte noch weiter einschränken.
Meine Herren Minister, hören Sie auf, nach Regeländerungen zu rufen. Tun Sie endlich Ihre Arbeit: Beantworten Sie unsere Fragen ordentlich, und stellen Sie endlich die Fehler ab, die die bayerischen Behörden immer wieder begehen und die unerhört sind. Das alles geht mit der bestehenden Gesetzeslage. Wenn Sie das tun, haben Sie genug zu tun.
Noch kurz zum Abstimmungsverhalten: Der letzte Absatz ist mir im Endeffekt egal; denn ich stelle die Frage sowieso. Sollte die CSU unseren Antrag ablehnen - das hoffe ich nicht für das Ministerium -, dann werde ich diese Fragen im Ausschuss stellen und eine Schriftliche Anfrage einreichen. Es wäre also nicht so schlau, unseren Antrag abzulehnen. Sollte es nicht anders gehen, mache ich eben dem Ministerium Doppelarbeit. Was die beiden anderen Anträge angeht, werden wir uns wie die SPD-Fraktion verhalten.