Florian Herrmann
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Last Statements
Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine elf Wochen hat es nach der Einsetzung des Un tersuchungsausschusses zum Fall Mollath gedauert, bis dieser am 9. Juli seinen Schlussbericht verab schiedete. Elf Wochen waren eine äußerst knappe und dicht gedrängte Zeit, in der der Untersuchungs ausschuss eine effiziente, intensive und gründliche Arbeit geleistet hat. Zehn Sitzungen haben stattgefun den, in denen 26 Zeugen teilweise mehrfach persön lich vernommen wurden. Die politische Spitze des Justizministeriums wurde ebenso gehört wie frühere und jetzige Ermittlungsbeamte. Auch Herr Mollath selbst hatte Gelegenheit, dem Ausschuss seine Sicht weise darzustellen. Weitere sieben Zeugen und ein Sachverständiger wurden aus Zeitgründen schriftlich vernommen, sodass der Untersuchungsausschuss in nur zweieinhalb Monaten insgesamt 34 Personen be fragt hat.
Zugleich wurden dem Untersuchungsausschuss von den beteiligten Ministerien und Behörden 96 Akten sowie eine Vielzahl zusätzlicher Schreiben übersandt, die alle sorgfältig studiert wurden. Über 50 umfangrei che Fragen aus sechs Themenkomplexen konnten so beantwortet werden.
Der Abschluss des Untersuchungsausschusses noch vor Ende der Legislaturperiode war nur möglich, weil die Fraktionen im Ganzen genommen kollegial zu
sammengearbeitet haben. Dafür ein herzliches Dan keschön an alle Kolleginnen und Kollegen!
Mein Dank gilt darüber hinaus auch den Fraktionsmi tarbeiterinnen und –mitarbeitern, den Ministerialbeam ten, dem Landtagsamt und nochmals ganz ausdrück lich dem Stenografischen Dienst, die uns alle durch ihre Unterstützung die Abarbeitung des umfangrei chen Fragenkatalogs binnen so kurzer Zeit ermöglicht haben. Nicht zuletzt danke ich auch den Medien für die Begleitung und Berichterstattung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Fraktionen haben der Einsetzung des Untersuchungsausschus ses zugestimmt. Wir wollten damit eine intensive Auf arbeitung der dem Fall Mollath zugrunde liegenden Verwaltungsvorgänge ermöglichen. Dies ist uns auch gelungen.
Einen zentralen Punkt möchte ich doch eingangs vo ranstellen: Der Untersuchungsausschuss konnte und durfte sich nicht in Gerichtsverfahren einmischen. Nur Gerichte sitzen in Deutschland über Gerichte zu Ge richt. Das in unserer Bayerischen Verfassung und im Grundgesetz verankerte Prinzip der Gewaltenteilung verbietet es uns als Parlament, in die Unabhängigkeit der Justiz einzugreifen, in der die Gerichte ihre Ent scheidung finden. Die Unabhängigkeit der Justiz ist in unserem freiheitlichen System ein hohes Gut. Das zeigt uns nicht nur ein Blick in andere Staaten, son dern auch in unsere eigene Geschichte.
Ob Herr Mollath zu Unrecht oder zu Recht von unab hängigen Gerichten in ein psychiatrisches Kranken haus eingewiesen wurde, ob es gerechtfertigt ist oder nicht, dass er dort auch nach über sieben Jahren noch untergebracht ist, konnte und durfte deshalb durch den Untersuchungsausschuss nicht bewertet werden. Nun kann man sich natürlich die Frage stel len, warum es dann überhaupt einen Untersuchungs ausschuss braucht, wenn dieser zu der zentralen Frage, zu der für die Bürgerinnen und Bürger brenn enden Frage, keine Stellung nehmen kann. – Die Ant wort darauf ist ganz einfach: Weil wir wissen wollten, ob es seitens der Ermittlungsbehörden, also der Staatsanwaltschaft und der Finanzbehörden, sowie des Justizministeriums Versäumnisse gegeben hat, die im Ergebnis dazu beigetragen haben, dass Herr Mollath seit 2006 untergebracht ist.
Drei Themenkomplexe waren dabei von wesentlicher Bedeutung. Nicht hinnehmbar wäre es erstens gewe sen, wenn es eine Verschwörung zum Nachteil von Herrn Mollath gegeben hätte. - Es gab aber keine Verschwörung. Es gab keine Verschwörung von Ban ken, seiner damaligen Ehefrau, Medizinern, Politik
und Justiz zu seinem Nachteil. Es gab kein Komplott, wonach Herr Mollath hätte weggesperrt werden sol len, weil er Schwarzgeldverschiebungen in Milliarden höhe aufdecken wollte. Der Fall des Herrn Mollath, also das Strafverfahren gegen Herrn Mollath und die Anzeigen von Herrn Mollath, waren für die Staatsan wälte und Steuerprüfer aus damaliger Sicht Fälle wie viele andere auch.
Insbesondere die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus war keineswegs von Anfang an quasi geplant. Vielmehr ergaben sich Hinweise auf die mög licherweise eingeschränkte oder fehlende Schuldfä higkeit des Herrn Mollath erst im Laufe der Hauptver handlung vor dem Amtsgericht Nürnberg. Der Amtsrichter hat pflichtgemäß die psychiatrische Unter suchung von Herrn Mollath angeordnet, weil er auf grund seines eigenen Eindrucks von Herrn Mollath Hinweise dafür hatte, dessen Schuldfähigkeit könnte eingeschränkt sein.
Eine unbotmäßige Einflussnahme des Vorsitzenden Richters Brixner vom Landgericht Nürnberg-Fürth, das im weiteren Verlauf für den Fall zuständig wurde, gab es ebenfalls nicht. Das Telefonat zwischen Herrn Brixner und dem Finanzamt kam auf Initiative des Steuerfahnders zustande. Es hat den Fahnder mögli cherweise in seiner Einschätzung bekräftigt, nicht wei ter zu ermitteln, keinesfalls war es aber eine Einfluss nahme dahin gehend, Ermittlungen gegen den Willen des Fahnders einzustellen.
Eine unbotmäßige Einflussnahme der Strafverfol gungsbehörden untereinander oder der Staatsregie rung auf den Fall Mollath hat ebenfalls nicht stattge funden. Also nochmals: Es gab keine Verschwörung. Ich betone das deshalb, weil seitens der Opposition mittlerweile gesagt wird, dies sei auch nie behauptet worden. Zur Erinnerung verweise ich hier aber auf den Fragenkatalog des Ausschusses, vor allem auf den Fragenkomplex V und nicht zuletzt auf die Ple nardebatte hier im Hause am 15. Dezember 2011, in der Sie, Herr Kollege Streibl, gesagt haben:
Des Weiteren gibt es eine eidesstattliche Versi cherung eines Richters, der sagt, dass Weisun gen oder Anordnungen aus der Politik gekommen seien.
Hier muss aufgeklärt werden.
Das war Ihr Ausgangspunkt und Ihr Vorwurf. Genau das konnten wir im Ausschuss aber vollständig aus räumen. Das sollten Sie, sehr geehrter Herr Kollege, nun auch einmal einräumen. Sonst hätten wir uns nämlich die Arbeit im Ausschuss sparen können.
Es wäre zweitens ein Fehler gewesen, wenn die Er mittlungsbehörden in nicht akzeptabler Weise den An zeigen des Herr Mollath nicht nachgegangen wären. Sämtliche Sachentscheidungen von Staatsanwälten und Steuerfahndern waren aber fachlich nachvollzieh bar und juristisch vertretbar. Bei sämtlichen Vorgän gen wurde der übliche Geschäftsgang beachtet. Das heißt, die Anzeigen und Schreiben des Herrn Mollath wurden gelesen, bearbeitet und ordentlich geprüft. Es handelte sich nicht um außergewöhnliche Vorgänge. Die Staatsanwaltschaft und die Finanzbehörden haben weder die Anzeigen noch das 106-seitige Kon volut des Herrn Mollath ignoriert oder einfach wegge legt. Sie haben die Dinge sehr wohl geprüft, obwohl sie ihnen teilweise wirr vorgekommen sind.
Keiner der zahlreichen damit befassten Beamten konnte aufgrund der in den Jahren 2003 bis 2006 vor handenen Erkenntnisse und Ermittlungsmöglichkeiten einen Anfangsverdacht oder einen Anlass für weitere Ermittlungsmaßnahmen erkennen. In den verschiede nen Schreiben von Herrn Mollath fanden sich aus der Sicht der Finanzbehörden und der Staatsanwaltschaf ten in diesen Jahren gerade keine konkreten Anhalts punkte für Straftaten. Es ist eben auch ein Grundsatz des Rechtsstaates, dass die Staatsanwaltschaft nur dann Ermittlungsverfahren einleiten darf, wenn ein Anfangsverdacht besteht. Niemand von uns würde es für gutheißen, wenn beispielsweise Hausdurchsu chungen bei ihm durch die Staatsanwaltschaft vorge nommen würden, nur weil man in einer ominösen Täter- und Zeugenliste aufgeführt wurde.
Natürlich wäre auch ein anderer, vielleicht ein offensi verer Ermittlungsansatz der Behörden vorstellbar ge wesen. Es gibt aber keinen Königsweg, keine einzig richtige Vorgehensweise in der Juristerei. Es gibt kein Schwarz und Weiß. Meist gibt es nur: vertretbar oder nicht vertretbar. Damit kommt man übrigens der Le bensrealität in jedem einzelnen Fall am nächsten.
Für die Beurteilung der Verfahrensweise darf man nicht den Fehler machen, die heutige Wissenslage mit den damals vorliegenden Kenntnissen der Ermitt lungsbehörden gleichzusetzen. Man muss die Vor gänge vielmehr aus Ex-ante-Sicht betrachten. Wenn man eine Ex-ante-Sichtweise für die Sachentschei dungen anlegt, müssen diese deshalb als vertretbar eingestuft werden. Ein Fehlverhalten kann man daher nicht feststellen. Das gilt übrigens auch für den viel zi tierten Bericht der Innenrevision der HypoVereinsbank - HVB - aus dem Jahr 2003 und den Umgang mit ihm.
In dem Bericht gibt es gerade keine deutlichen Hin weise auf Steuerhinterziehung. Schwarzgeld konnte durch die Revision nicht festgestellt werden. Der Be richt dreht sich vielmehr zentral um die Frage der Ver
letzung arbeitsvertraglicher Informations- und Verhal tenspflichten. Allen genannten Mitarbeitern der HVB waren zwar Verfehlungen beziehungsweise Verstöße gegen interne Richtlinien und externe Vorschriften an zulasten, das viel zitierte zusammenfassende Ergeb nis hat aber zu keinem Zeitpunkt einen Bezug zum Vorwurf der Steuerhinterziehung hergestellt. Der Be richt hat die wiederkehrende Behauptung von Herrn Mollath, es handle sich um den dreistesten und größ ten Schwarzgeldverschiebungsskandal in die Schweiz in Milliardenhöhe, gerade nicht bestätigt. Der viel zi tierte Satz "Alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt" ist falsch, da er von den Feststellungen des Berichts nicht getragen wird.
Das hat uns übrigens auch der Revisor, der damals den Bericht gefertigt hat, bestätigt. Er hat angegeben, dass es sich um eine interne Abrechnung zwischen Eheleuten gehandelt habe, wobei die Vorwürfe des Herrn Mollath in einigen Punkten durchaus wahr, in anderen aber auch übertrieben bzw. nicht verifizierbar waren. Es besteht demnach zwischen den getroffe nen Feststellungen und der anschließenden Ergebnis darstellung im HVB-Bericht eine eindeutige Diskre panz. So haben sich gerade nicht alle nachprüfbaren Behauptungen des Zeugen Mollath als richtig heraus kristallisiert. Vielmehr stellt der Sonderrevisionsbericht fest, dass auch eine Vielzahl nachprüfbarer Anschul digungen gerade nicht zutrifft.
Der in den Medien als Kronzeugensatz verwendete Auszug aus dem Sonderrevisionsbericht entbehrt folglich seiner Grundlage. Den von Herrn Mollath vor laufend behaupteten größten und dreistesten Schwarzgeldverschiebeskandal in die Schweiz in Mil liardenhöhe gibt es eben nicht.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinwei sen, dass die jetzigen Ermittlungen nur möglich sind, da mittlerweile neue Erkenntnisse bestehen, zum Bei spiel durch Selbstanzeigen, und sich zwischenzeitlich neue Ermittlungsmöglichkeiten in die Schweiz aufge tan haben, die es in den Jahren 2003 und 2004 noch nicht gegeben hat. Trotzdem konnten auch die aktuel len Steuerfahnder keine Schwarzgeldverschiebungen feststellen. Die bislang nicht erheblichen Nachzahlun gen resultieren lediglich aus nicht versteuerten Kapi talerträgen. Teilweise wurden Steuern auf die Anzei gen des Herrn Mollath hin sogar rückerstattet.
Vorwerfbare Nachlässigkeiten wären drittens und letz tens auch passiert, wenn die Justizministerin Erkennt nisse gehabt hätte oder hätte haben müssen, auf grund derer sie die Staatsanwaltschaft früher, als sie es tatsächlich getan hat, hätte anweisen können, die
Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen. Aber frühere Erkenntnisse in diese Richtung waren nicht vorhanden. Damit gab es auch keine unvollständige oder unrichtige Information durch Staatsministerin Dr. Beate Merk. Sie hat den Landtag und seine Gremien zu jedem Zeitpunkt vollständig und korrekt informiert.
Staatsministerin Dr. Merk hat ganz im Gegenteil un verzüglich gehandelt. Sie hat das schärfste Schwert gezückt, das einer Justizministerin zur Verfügung steht; denn sie hat die Staatsanwaltschaft sofort an gewiesen, das Wiederaufnahmeverfahren zu beantra gen, als sie die dafür notwendigen Hinweise hatte. Sie hat darüber hinaus beispielsweise für die gleiche In formationslage aller Behörden und Gerichte gesorgt oder eine neue psychiatrische Begutachtung von Herrn Mollath angestoßen. Die Entscheidung des OLG Bamberg von gestern gibt ihr insoweit recht; denn es wurde dort an das Landgericht Bayreuth zu rückverwiesen mit dem Hinweis, dass es nicht korrekt ist, keine neue Begutachtung anzuordnen. Also, das Gericht hat der Ministerin insoweit recht gegeben.
Übrigens ist die Ministerin wegen der richterlichen Un abhängigkeit an der Bewertung, Beeinflussung, Kon trolle oder gar Veränderung gerichtlicher Entscheidun gen gehindert und hat sich daran auch gehalten. Die Rücktrittsforderungen gegenüber der Justizministerin entbehren daher jeder sachlich nachvollziehbaren Grundlage, schießen weit über das Ziel hinaus und sind unverschämt.
Das Fazit des Schlussberichts aufgrund des Studiums der über 90 Akten und der Einvernahme der über 30 Zeugen lautet deshalb: Das Verfahren gegen Herrn Mollath und seine Anzeigen wurden von Staats anwaltschaft, Steuerfahndung und Gerichten im übli chen Geschäftsgang behandelt. Die Anzeigen wurden ganz normal behandelt, möglicherweise auch mit Un zulänglichkeiten, die in der Praxis vorkommen kön nen. Die Entscheidungen der Behörden waren aber gleichwohl allesamt menschlich und fachlich nachvoll ziehbar und rechtlich vertretbar. Eine Einflussnahme seitens der Politik oder gar eine Verschwörung hat es nicht gegeben. Ob es Unzulänglichkeiten in dem Ge richtsverfahren gegen Herrn Mollath gegeben hat und sie dann so gravierend sind, dass es sich wirklich um das behauptete Fehlurteil des Landgerichts NürnbergFürth handelt, kann nur das Wiederaufnahmeverfah ren zeigen. In diesem sind auch neue Tatsachen zu berücksichtigen, die bei der ersten Gerichtsentschei dung im Jahr 2006 noch nicht bekannt waren. Genau das aber war aufgrund der richterlichen Unabhängig keit nicht unser Untersuchungsgegenstand.
Die Opposition kommt zu anderen Ergebnissen. Ich bedaure zunächst, dass es aufgrund der Kürze der
Zeit nicht möglich war, zumindest zu versuchen, die Mehrheits- und Minderheitenberichte gegeneinander abzuschichten und zu sehen, ob man nicht zumindest teilweise zu einem gemeinsamen Bericht kommt. Das war aber eine Frage der Zeit, die einfach sehr knapp bemessen war, sodass wir das nicht angehen konn ten.
Wenn man aber den Minderheitenbericht in seinem Inhalt und in seinem Duktus genau studiert, bekommt man Zweifel, ob der Versuch, gemeinsam einen Be richt auf den Weg zu bringen, wirklich gelungen wäre. Die Opposition hätte verbal gewaltig abrüsten und auch dazu bereit sein müssen, die im Ausschuss er mittelten Fakten zur Kenntnis zu nehmen.
Man höre und staune: Die richterliche Unabhängigkeit und das Prinzip der Gewaltenteilung scheinen für die Opposition nicht zu gelten. Die Opposition kritisiert im Eifer des Wahlkampfgefechts ohne Beachtung dieses Verfassungsgrundsatzes in ihrem Minderheitenbericht alles, was ihr nicht gelegen kommt.
Das sieht man schon auf den ersten Blick daran, dass für die Opposition das Ergebnis des Untersuchungs ausschusses von vornherein feststand. Zitat: Alle be teiligten Personen sind zu entlassen. - Diese Forde rung wurde von der Opposition vor Beginn der Beweisaufnahme, während der Beweisaufnahme und auch nach der Beendigung der Beweisaufnahme er hoben. Die Thesen der Opposition wurden durch die Beweisaufnahme gerade nicht bestätigt. Sie sind ob jektiv falsch.
Noch einmal: Ob Herr Mollath zu Recht oder zu Un recht untergebracht ist, ob das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aus dem Jahr 2006 richtig oder falsch ist, war nicht unser Thema. Das wird sich im Wieder aufnahmeverfahren noch herausstellen. Aber die Sachbehandlung durch die befassten Staatsanwalt schaften, Steuerbehörden oder das Justizministerium haben dazu nicht in unbotmäßiger Weise beigetragen. Leider hat die Opposition aber auch die Fakten, die wir durch das Aktenstudium und die Zeugenbefragun gen herausgearbeitet haben, nicht in eine kritische Reflexion ihrer eigenen Ausgangsthesen einfließen lassen. Das mag der politischen Stimmungsmache dienen, redlich ist es jedenfalls nicht.
Mit ihren Äußerungen zeichnet die Opposition viel mehr ein Zerrbild der bayerischen Justiz und wird damit der Realität der bayerischen Rechtsfindung nicht gerecht.
Über 2.000 Richter und über 700 Staatsanwälte kom men in Bayern jeden Tag über Gebühr ihrer Aufgabe nach. 70 % der Bürgerinnen und Bürger sind mit deren Arbeit zufrieden. Der bayerischen Justiz kommt damit eine hohe Akzeptanz zu, die durch das rück haltlose Wahlkampfgetöse der Opposition gefährdet ist. Die Opposition spielt mit dem Feuer, da sie ohne Not einen polemischen und höchst einseitigen Blick auf die Geschehnisse im Fall Mollath wirft. Die baye rische Justiz hätte es verdient, dass man sich mit ihr sine ira et studio, ohne Zorn und Eifer, auseinander setzt. Sie tun das Gegenteil. Sie tragen auf dem Rü cken der Justiz Ihren Wahlkampf aus.
Weil Sie keine anderen gemeinsamen Themen haben, versuchen Sie, die Justizministerin als Symbol eines angeblich aus dem Ruder gelaufenen Justizsys tems zu brandmarken.
Dabei widerspricht sich die Opposition selbst. Einer seits fordern Sie immer wieder, auch im aktuellen Wahlprogramm, die Selbstverwaltung der Justiz, kon terkarieren diese Forderung aber andererseits selbst, wenn Sie die Justizministerin als Superstaatsanwältin für das Handeln der untergeordneten Behörden ver antwortlich machen. Sobald Ihnen eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht gefällt, fordern Sie die Justizministerin auf, diese zu revidieren. Das ist wirk lich sehr, sehr schwach.
So führen Sie den Begriff der Unabhängigkeit der Jus tiz gerne im Munde, tatsächlich aber führen Sie ihn ad absurdum. Dies gipfelt im Fazit des Minderheitenbe richts, Herr Mollath sei zu entlassen. Dass der Baye rische Landtag das nicht kann, ganz gleich, welche Fraktionen hier die Mehrheiten haben, dürfte auch der Opposition bekannt sein. Mit dieser Forderung stellt die Opposition aber den Landtag und somit die Politik an die Stelle unabhängiger Gerichte. Letztlich fordern Sie eine politisierte Justiz. Dies weise ich mit aller Entschiedenheit zurück.
Was aber viel schlimmer ist: Der Wahlkampf und die verzweifelte Suche der Opposition nach gemeinsa men Themen wird letztlich auch auf dem Rücken von Herrn Mollath ausgetragen.
Die Lebensgeschichte von Herrn Mollath lässt nie manden kalt. Herr Mollath ist seit mehr als sieben Jahren in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das ist wahrlich eine lange Zeit. Eine zu lange Zeit, falls er nicht straffällig, wahnkrank oder gemeingefährlich sein sollte. Ich bin mir sicher, dass sich im Jahr 2006 niemand, auch nicht der Vorsitzende Richter Brixner, vorgestellt hat, dass Herr Mollath heute noch unterge bracht ist. Um Herrn Mollath zu helfen, bringt es aber nichts, in aufwendiger Weise der Frage nachzugehen, welche Akten wann bei welchem Gericht eingegangen sind, ob eine handschriftliche Notiz ein Aktenvermerk ist und andere Wortklaubereien, oder sich in verleum derischer Weise zu Werturteilen hinreißen zu lassen, eine Staatsanwältin sei naiv oder eine andere Staats anwältin sei ahnungslos. Zu seiner Freilassung kön nen nur zwei Dinge beitragen: Erstens das Wiederauf nahmeverfahren, das auf Weisung der Justizministerin beantragt wurde, in dem neue Bewei se erhoben werden können, ob Herr Mollath die ihm zur Last gelegten erheblichen Straftaten begangen hat oder nicht, und zweitens die Überprüfung der Fort dauer der Unterbringung. Hierbei geht es um die Frage, ob Herr Mollath noch krank und/oder gemein gefährlich ist. Ich kann Herrn Mollath deshalb nur wärmstens ans Herz legen, bei der Begutachtung durch einen neuen, unabhängigen, erfahrenen foren sischen Psychiater mitzuwirken und dem Gericht die Möglichkeit zu geben, auf möglichst breiter und mög lichst aktueller Grundlage zu entscheiden. Ich wün sche ihm jedenfalls in dieser schwierigen Zeit Kraft und Durchhaltevermögen und dass er mit sich, seinen Mitmenschen und letztlich auch dem Rechtsstaat ins Reine kommen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die persönliche Frei heit ist eines der höchsten Güter unserer freiheitlichen Gesellschaft. Sie darf nur in sehr engen Grenzen, wenn es eben nicht mehr anders geht, durch unab hängige Gerichte eingeschränkt werden. Ein solch schwerwiegender Eingriff muss so schonend und so kurz wie möglich, letztlich eben verhältnismäßig, sein. Auch ein Rechtsstaat ist dabei nicht ohne Fehler, weil es eben Menschen sind, die Recht sprechen. Bei frei heitsentziehenden Entscheidungen sind Fehler aber nicht hinnehmbar.
Im Untersuchungsausschuss ist es gelungen darzule gen, dass es keine Verschwörung gegen Herrn Mol lath gegeben hat. Aus der Sicht des Rechtsstaats ist dies die wahrscheinlich wichtigste Erkenntnis. Die Bürgerinnen und Bürger, das Volk, in dessen Namen Recht gesprochen wird, muss darauf vertrauen kön nen: In unserem Land wird niemand einfach so und ohne rechtsstaatliches Verfahren weggesperrt, weil er angebliche Machenschaften aufdecken will. Das Er gebnis unseres Untersuchungsausschusses lautet,
dass dieses Vertrauen auch gerechtfertigt ist. Ob Herr Mollath zu Recht oder zu Unrecht in der Psychiatrie untergebracht ist, müssen weiterhin unabhängige Ge richte entscheiden. Ich bin sicher, die Gerichte wer den alsbald für Klarheit sorgen. Die öffentliche Debat te im Fall Mollath ist seit Langem stark emotionalisiert, vielfach nicht mehr zielführend, teilweise persönlich diffamierend. Wenn der Untersuchungsausschuss durch seine objektiven Erkenntnisse dazu beiträgt, diese Debatte zu versachlichen, dann können wir als Parlamentarier darauf stolz sein.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die tragischen und zum Teil existenzbedrohenden Hochwasserkatastrophen in einigen Regionen Bayerns in den letzten Wochen haben uns eindrucksvoll vor Augen geführt, wie professionell und großartig die Rettungs- und Hilfsorganisationen und die Polizei in Bayern ihre verantwortungsvolle Aufgabe erledigen. Wir können dafür nicht genug danken. Diese Debatte über unseren Dringlichkeitsantrag ist dafür eine sehr gute Gelegenheit. Nochmals herzlichen Dank an alle haupt- und ehrenamtlichen Aktiven bei den Feuerwehren, den Rettungsdiensten, der Wasserwacht, dem THW, dem Katastrophenschutz und der Polizei.
Gleichzeitig hat diese Notsituation ein lange nicht gekanntes Maß an bürgerschaftlicher Solidarität in unserem Land offenbart, auf das wir alle stolz sein können. Auch hierfür sind wir dankbar. Dies bestätigt uns wiederum in der Auffassung, dass ehrenamtliches Engagement in der Gefahrenabwehr und flächendeckender Schutz der Bevölkerung eng zusammenhängen. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Förderung des inneren Zusammenhalts in einer Gesellschaft und damit die
Förderung ehrenamtlichen Engagements auch für die Gefahrenabwehr unabdingbar sind.
Über 450.000 Frauen und Männer sind in Bayern bei den freiwilligen Feuerwehren, im Rettungsdienst und beim Katastrophenschutz aktiv. Bayern verfügt zur Bewältigung von Katastrophensituationen über ein immenses Potenzial an gut ausgebildeten Einsatzkräften. Auf 1.000 Einwohner kommen in Bayern im Durchschnitt 25 Angehörige der freiwilligen Feuerwehren. In Deutschland sind es im Schnitt immerhin noch 13. In Griechenland oder anderen Ländern ohne diese Tradition ist es nicht einmal einer. Dies zeigt uns, dass es richtig ist, dieses gewachsene, traditionelle ehrenamtliche System weiterhin durch den Freistaat zu fördern und zu unterstützen.
Wo Licht ist, ist jedoch leider auch Schatten. Bei vielen Gesprächen mit Feuerwehrleuten wurde mir von einer wachsenden Respektlosigkeit gegenüber denen, die ehrenamtlich ihren Einsatz leisten, berichtet. Das Wort "Wichtigtuer" ist dabei eines der milderen Schimpfworte, die denen, die ehrenamtlich ihre Arbeit tun, an den Kopf geworfen werden. Das hat sicher mit der wachsenden Respektlosigkeit gegenüber Uniformträgern zu tun. Ein Teil dieses Problems ist die Gewalt gegen Polizeibeamte. Immer häufiger wird auch über Gewalt gegenüber Feuerwehrleuten und Angehörigen des Rettungsdienstes berichtet.
Katastrophensituationen wie das Hochwasser der letzten Wochen ziehen häufig Katastrophentouristen an. Das sind Menschen, die nicht hilfsbereit zur Hand gehen, wo Not am Mann ist. Sie wollen aus purer Neugier und Sensationslust am liebsten aus der ersten Reihe heraus zuschauen, wenn andere Stunde um Stunde oder Nacht um Nacht ihre Arbeit erledigen.
Es kommt nicht selten vor, dass uneinsichtige Gaffer brenzlige Situationen noch gefährlicher machen. Für die Einsatzkräfte bedeutet dies weitere Schwierigkeiten; denn Schaulustige behindern oft die Arbeiten der Retter. Die Gaffer selbst begeben sich dabei auch in gefährliche Situationen, doch nicht nur das: Zum Teil versperren die Schaulustigen mit ihren Fahrzeugen den Zufahrtsweg der Rettungskräfte. Manchmal passiert es, dass die Wagen der Katastrophentouristen mitten in den Hochwassergebieten stehen und dann abgeschleppt werden müssen. Zum Teil muss bei Hochwassereinsätzen erst der Halter eines Fahrzeugs, das den Weg versperrt, gesucht werden. Das hat der Einsatzleiter des THW in München berichtet. Dabei verliert man bis zu einer Stunde Zeit, jedenfalls wertvolle Minuten, in denen wichtige Geräte nicht dorthin gebracht werden können, wo sie sein sollten.
Den Helfern machen auch neugierige Gaffer zu schaffen, die sie mit besserwisserischen Ratschlägen belästigen. In einer Einsatzsituation könne man so etwas nicht brauchen, betont der Vorsitzende des Bayerischen Feuerwehrverbands Alfons Weinzierl. Er fordert daher hohe Geldstrafen für uneinsichtige Schaulustige. Gaffer sollen seiner Meinung nach 2.000 bis 3.000 Euro zahlen. So weit wollen wir im Moment noch nicht gehen.
Wir möchten, dass die Staatsregierung zunächst einmal dem Landtag über ihre Erkenntnisse zu diesem Phänomen berichtet und dabei insbesondere auf den Umfang und das Ausmaß der Behinderungen, die rechtliche Situation und die derzeitigen Handlungsund Eingriffsmöglichkeiten von Polizei, Feuerwehren und Rettungskräften eingeht. Zudem soll geprüft werden, ob der bisherige Rechtsrahmen ausreichend ist oder ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, um dem vielfach zu beobachtenden Katastrophentourismus entgegenzuwirken. Wir können dann im Landtag darüber beraten, ob, und wenn ja, welche rechtlichen Änderungen angezeigt sind.
Wir wollen ganz bewusst keinen Aktionismus an den Tag legen, sondern zunächst einmal eine Lageeinschätzung vornehmen und anschließend vernünftig abwägen, welche Maßnahmen erforderlich sind. Wir können aber nicht tatenlos zusehen. Das sind wir den Einsatzkräften, aber auch den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern schuldig.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kommunalwahlrecht hat uns in den letzten Jahren sehr intensiv beschäftigt. Wir haben uns mit vielen verschiedenen Vorschlägen, Regelungen und Ähnlichem auseinandersetzen müssen. Heute geht es um die Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der FREIEN WÄHLER. Kollege Pohl hat das eben ausgeführt. Leider ist der vorliegende Gesetzentwurf von den Vorschlägen, die uns bisher unterbreitet wurden, der unausgegorenste.
Ich habe das auch schon in der Ersten Lesung und im Ausschuss ausgeführt, sodass ich das nur kurz zusammenfassen möchte.
Zum einen wird es die vermutete Verringerung der Bürokratie dadurch nicht geben. Es werden sicherlich formal Gesetze zusammengefasst. Das ändert aber nichts daran, dass man trotzdem Regelungen für die verschiedenen Wahlen treffen muss, also insofern kein Mehrwert.
Außerdem sehen wir nach wie vor nicht, dass die jetzt fehlende Direktwahl des Bezirkstagspräsidenten ein demokratisches Defizit darstellen würde. Im Gegenteil, im Vergleich zu den anderen kommunalen Funktionsträgern, die in die staatliche Aufgabenerfüllung eingebunden sind, rechtfertigen die Aufgaben des Bezirkstagspräsidenten eben im Gegensatz zum Bürgermeister oder zum Landrat die Direktwahl nicht. Es würde auch zu einer Abwertung der einzelnen Bezirksräte führen, wenn sie plötzlich einen stärker legitimierten Bezirkstagspräsidenten vor sich sitzen hätten.
Höchst widersprüchlich ist die Absicht, einerseits die Modalitäten der Bezirkstagswahlen an die Landkreisund Gemeindewahlen anzupassen, nicht aber dann auch die Dauer der Wahlperioden. Dies führt nämlich dazu, dass sich Wähler bei der gleichzeitig stattfindenden Landtags- und Bezirkstagswahl zwei völlig unterschiedlichen Wahlsystemen ausgesetzt sehen würden, nur dann nach anderen Modalitäten. Ich halte die Menschen für intelligent genug, das alles zu überblicken, aber man muss es doch nicht unnötig komplizierter machen. Wenn man schon eine Wahl in gewohnter Weise an einem Tag durchführt, dann doch am besten auch nach dem gleichen Modus, zumal Sie den Modus gewaltig ändern würden.
Außerdem bringen die Regelungen, die Sie vorschlagen, insbesondere das reine Listenwahlrecht ohne Stimmkreise, keinen Mehrwert an Demokratie. Ganz im Gegenteil, es ist sogar ein Rückschritt, und zwar vor allem deshalb, weil die Repräsentanz gerade der ländlichen Bereiche nicht mehr so gewährleistet ist, wie das jetzt der Fall ist. Wenn ich das bezirksweit über Listen vorsehe, dann könnte die Wahl beispielsweise in Oberbayern durch die Landeshauptstadt, die unstreitig die meisten Einwohner hat, gewaltig dominiert werden.
Durch die Stimmkreise habe ich die Gewähr, dass jeder Raum entsprechend berücksichtigt wird. Insofern sehe ich den Vorschlag der FREIEN WÄHLER als demokratischen Rückschritt.
Die Beratungen im Ausschuss haben auch nichts Neues ergeben. Ganz im Gegenteil wurde uns bestätigt, dass auch die kommunalen Spitzenverbände und vor allem der Verband der Bezirke vom Vorschlag der
FREIEN WÄHLER nicht überzeugt sind. Ich bleibe daher bei meiner Empfehlung, den Gesetzesvorschlag hier abzulehnen. Ich bleibe auch bei meiner Bewertung, dass der Vorschlag weder ein Weniger noch ein Mehr an Demokratie bringt, sondern, wie ich schon beim ersten Mal gesagt habe, höchstens für ein Fünferl ein Durcheinand.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 16. April haben die Kollegen der Opposition von ihrem Minderheitenrecht Gebrauch gemacht und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses für den Fall Mollath beantragt. Die verbleibende Zeit bis zum Ende dieser Legislaturperiode, spätestens bis zur letzten Plenarsitzung am
18. Juli, beträgt nur noch knapp drei Monate oder, wie man feststellen muss, lediglich sieben Sitzungswochen. Das lange Zuwarten zeigt, dass sich die Opposition offensichtlich uneins darüber war, ob es wirklich zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll ist, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, zumal gleichzeitig die Wiederaufnahmeanträge von Verteidigung und Staatsanwaltschaft beim Landgericht Regensburg zur Entscheidung liegen. Andererseits können wir darüber froh sein, dass die Erkenntnis bereits über Ostern gekommen ist und nicht erst zu Pfingsten, wo man es eher erwarten könnte.
Wie dem auch sei, der Untersuchungsausschuss wurde nun beantragt. Der zeitliche Druck ist enorm. Dennoch möchte ich für die CSU-Fraktion festhalten, dass auch wir der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zustimmen. Dadurch soll eine intensive Aufarbeitung der dem Fall Mollath zugrunde liegenden Verwaltungsvorgänge ermöglicht werden. Es ist eine wichtige Aufgabe des bayerischen Parlaments, auf diese Weise, also durch objektive und sorgfältige Aufarbeitung sine ira et studio – ohne Zorn und Eifer – die Besorgnisse der Bevölkerung aufgrund der bisherigen Presseberichterstattung ernst zu nehmen und zur Gänze auszuräumen.
Ich möchte allerdings bereits an dieser Stelle anmerken, dass aus Sicht der CSU-Fraktion schon im Rahmen diverser Berichte im Rechtsausschuss umfassende Aufklärungsarbeit geleistet worden ist.
Wir haben zu den Kolleginnen und Kollegen des Rechtsausschusses, auch zum Vorsitzenden, dem Kollegen Schindler, großes Vertrauen. Wir sind überzeugt davon, dass sie das Vorgehen von Behörden und Personen umfassend in den Fokus genommen haben. Aus unserer Sicht wäre es daher nicht nötig gewesen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Da aus der Sicht der Opposition aber noch nicht alle offenen Fragen geklärt sind, soll der Untersuchungsausschuss seinen Beitrag zur weiteren gründlichen und zügigen Aufklärung leisten. Hieran wirken wir auch aktiv mit.
Die Fraktionen konnten sich auch auf unseren Anschub hin und unter Verzicht auf Einhaltung aller Formvorschriften und Fristen der Geschäftsordnung innerhalb kürzester Zeit auf einen gemeinsamen Fragenkatalog verständigen. Mit über 50 umfangreichen Fragen sollen sechs Themenkomplexe abgehandelt werden. Zum Fragenkomplex oder zum Katalog selbst möchte ich betonen: Der Untersuchungsausschuss kann und muss den Umgang der Exekutive mit dem Fall Mollath beleuchten.
Es handelt sich dabei beispielsweise um die Frage, wie staatliche Stellen mit schriftlichen Stellungnahmen von Herrn Mollath umgegangen sind, oder um Fragen, die das Vorfeld der Beantragung des Wiederaufnahmeverfahrens durch die Staatsanwaltschaft betreffen. Es geht um den Umgang der Staatsanwaltschaft bzw. der Finanzbehörden mit dem Revisionsbericht der HypoVereinsbank. Der Untersuchungsgegenstand ist also klar definiert. Das Handeln der Regierung sowie die Abläufe bei den Staatsanwaltschaften und Finanzbehörden können und sollen unter die Lupe genommen werden. Das machen wir sehr intensiv. Ich möchte aber an dieser Stelle der Beweisaufnahme nicht vorgreifen und bitte darum alle, die an der Aufklärung mitwirken, in folgender Reihenfolge vorzugehen: Erst Beweisaufnahme und anschließend Würdigung.
Ich will auch betonen, dass der Untersuchungsausschuss nicht in laufende Gerichtsverfahren eingreifen kann, und zwar nicht deswegen, weil wir es nicht wollen, sondern deshalb, weil wir es schlichtweg nicht dürfen. Nur Gerichte dürfen über Gerichte zu Gericht sitzen. Das Prinzip der Gewaltenteilung verbietet es dem Parlament, in die Unabhängigkeit einzugreifen, in der die Gerichte ihre Entscheidungen finden. Unsere Verfassung verbietet uns das. Der Untersuchungsausschuss kann und darf deshalb weder das laufende Wiederaufnahmeverfahren noch das anhängige Vollstreckungsverfahren beeinflussen oder gar deren Ausgang vorwegnehmen.
Ob Herr Mollath zu Recht oder zu Unrecht von unabhängigen Gerichten in die Psychiatrie eingewiesen wurde, kann durch unseren Untersuchungsausschuss nicht geklärt werden. Ich möchte daher vor zu großen Erwartungen an unseren Untersuchungsausschuss warnen. Wir können und dürfen nicht darüber befinden, ob Herr Mollath weiter in der Psychiatrie bleiben muss oder ob er entlassen werden kann. Das ist Sache der Gerichte, namentlich der Landgerichte in Bayreuth und Regensburg. Alles andere, das Handeln der Regierung und von Ministern und Behörden, können wir selbstverständlich genauestens betrachten und hinterfragen und dadurch Antworten auf die vorliegenden Fragen des Katalogs finden. Das ist unser Auftrag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Ziel als designierter Vorsitzender dieses Ausschusses ist es, diesen Auftrag zielstrebig und konsequent zu erfüllen und dem Hohen Haus in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause den Schlussbericht vorzulegen. Daher müssen wir alle mit höchster Konzentration und Disziplin ans Werk gehen.
Ich habe daher keine Zeit verloren, sondern mich darum gekümmert, dass wir uns im Rechtsausschuss nur zwei Tage nach der Veröffentlichung des Fragenkatalogs der Opposition auf einen gemeinsamen Fragenkatalog verständigen konnten. Dieser Fragenkatalog liegt heute dem Hohen Haus vor. Aufgrund der Kürze der verbleibenden Zeit habe ich außerdem die letzten Tage intensiv genutzt und in mehreren Gesprächen mit den Ausschussmitgliedern des Koalitionspartners und der Opposition die nötigen inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitungen erledigt. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen für die Zusammenarbeit.
Ich kann dem Hohen Haus daher mitteilen, dass der Untersuchungsausschuss bereits mit seiner ersten Sitzung am Freitag, also übermorgen, seine Arbeit aufnehmen wird. Ebenso ist bereits die erste Zeugenvernehmung für den 14. Mai terminiert. Die Hauptarbeit wird dann in den ersten drei Juni-Wochen erledigt. Sie sehen, wir haben bereits die wenigen Tage seit Bekanntwerden des Fragenkatalogs genutzt, um die uns gestellte Aufgabe zügig anzugehen und erfolgreich zu erledigen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Untersuchungsausschuss ist keine Superrevisionsinstanz, kein Wächterrat, kein Tribunal und keine Wahlkampfarena. Dafür werde ich als Vorsitzender sorgen. Dieser Untersuchungsausschuss bietet aufgrund der kurzen verbleibenden Zeit auch keinen Raum für politische Winkelzüge. Wir müssen uns immer wieder das Ziel des Untersuchungsausschusses im Hinblick auf seinen engen zeitlichen Horizont vor Augen führen. Bei der Durchführung müssen wir uns streng an den vorgelegten Fragenkatalog halten und durch eine Beschränkung auf die wesentlichen Beweismittel konsequent bei der Sache bleiben.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, diesen sehr umfassenden Arbeitsauftrag zu erfüllen. Ich möchte alle Fraktionen zu einer intensiven und konzentrierten Zusammenarbeit einladen. Die bisherige Arbeitsatmosphäre bei den Vorgesprächen lässt mich der Ausschussarbeit am Freitag zuversichtlich entgegensehen.
Dem Landtagsamt, namentlich Frau Hohagen und ihrem Team, danke ich bereits heute für die große Unterstützung, die wir bisher erfahren haben und auch in den nächsten Wochen brauchen werden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, lieber Herr Kollege Schneider: Man merkt, dass der Wahltag immer näher rückt
und Sie sich in erster Linie darin üben, die üblichen Oppositionsreflexe zu schulen. Ich muss sagen, das ist sehr bedauerlich, und ich finde es wirklich schade, dass Sie ein so ernstes Thema dazu nutzen,
relativ einfach – schwarz-weiß – ein kompliziertes Thema anzupacken. Sie negieren ganz pauschal all das, was im Bereich Cyber-Sicherheit in den letzten Jahren geschehen ist, und ignorieren völlig, was in der Regierungserklärung steht. Alles, was wir jetzt gehört haben, war das pflichtgemäße Nörgeln und Schlechtreden, das wir von der Opposition kennen.
Ich hingegen sage auch für unsere ganze Fraktion, dass diese heutige Regierungserklärung ein wirklich großer Wurf ist.
Sie ist ein großer Wurf, weil sie dafür richtungsweisend ist, wie wir die sicherheitsrelevanten Herausforderungen der Digitalisierung anpacken.
Also noch einmal: Die Regierungserklärung ist ein großer Wurf,
weil sie dafür richtungsweisend ist, wie wir die sicherheitsrelevanten Herausforderungen der Digitalisierung klug anpacken. Sie formuliert einen vernetzten Ansatz, der Bürger, Staat, Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen im Blick hat und in die Verantwortung nimmt. Und weil wir von der CSU eben nicht nur reden, sondern gleich handeln, hat der Innenminister ganz konkrete Maßnahmen dargestellt, die unverzüglich in die Tat umgesetzt werden.
Es ist richtig: Bayern belegt seit Jahren den Spitzenplatz bei der inneren Sicherheit in Deutschland. Die Menschen leben in Bayern am sichersten, weil wir die geringste Zahl von Straftaten haben und gleichzeitig bei deren Aufklärung einen Spitzenplatz einnehmen.
Die innere Sicherheit ist ein hohes Gut für die Menschen, weil sie sich in Bayern subjektiv sicherer fühlen und objektiv sicherer sind als anderswo. Diesen hohen Sicherheitsstandard, den Bayern in der realen Welt hat, erwarten die Menschen auch in der virtuellen Welt. Sie wollen die großen Chancen der Digitalisierung für sich persönlich oder für ihre Unternehmen nutzen und dabei nicht Opfer von Straftaten werden. Wir alle in Bayern, die Menschen, die Unternehmen, der Staat, stehen vor einem tiefgreifenden Struktur
wandel. Die digitale Revolution wird das Kommunikationsverhalten, die Geschäftsmodelle und Produktionsverfahren völlig umkrempeln. Dafür brauchen wir übrigens die Digitalisierungsoffensive.
Die CSU hat als erste Fraktion in Deutschland mit der Initiative "Bayern 3.0" die Bausteine für eine solche Digitalisierungsstrategie erarbeitet. Zweifelsfrei brauchen wir ein Mehr an Digitalisierung. Wir brauchen es, weil die Menschen es wollen und weil die globalisierten Wirtschaftsabläufe es bedingen. Neben dem Bedürfnis der Menschen, immer mehr digital zu kommunizieren, sich zu informieren und teilzuhaben, liegt die Zukunft unserer Unternehmen darin, sich noch internationaler aufzustellen und dabei die Geschäftsmodelle, Unternehmensstrukturen und Wertschöpfungsketten dieser hybriden Logik anzupassen. Dies setzt ein hohes Maß an Vernetzung mit schnellem und umfangreichem Datentransfer und damit eine leistungsfähige und weltweit vernetzte IT-Infrastruktur voraus.
Dieses Mehr an Digitalisierung muss jedoch durch ein Besser in Sachen IT-Sicherheit flankiert werden. Politik und Staat müssen dazu beitragen, dass das Internet ein sicherer Raum ist - ein sicherer Raum, in dem die Menschen kommunizieren und sich aufhalten können, ohne Opfer von Straftaten wie Verleumdung, Identitätsdiebstahl, Fishing, Mobbing oder Betrug, Arzneimittelstraftaten oder gar Kinderpornografie, zu werden, ein sicherer Raum, in dem Unternehmen agieren können, ohne Opfer von Erpressung, Spionage, Sabotage, Diebstahl von geistigem Eigentum oder Betrug zu werden, und ein sicherer Raum, in dem kritische Infrastrukturen wie Energieversorgung oder staatliche Verwaltung nicht einfach per Mausklick außer Gefecht gesetzt werden können. Es geht dabei nicht zuletzt um das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Staates. Diesen virtuellen Raum dürfen wir nicht nationalen und internationalen Straftätern überlassen.
Die Antivirenspezialisten z. B. des Kaspersky Lab gehen bereits jetzt davon aus, dass eine Ausweitung der Angriffsziele auf Unternehmen aus der Rohstoff-, Energie-, Verkehrs-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie sowie auf Internetservices und IT-Sicherheitsunternehmen unmittelbar bevorsteht. Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik - BSI - geht bereits heute davon aus, dass weltweit pro Sekunde zwei Virenprogramme ins Netz geschleust werden. Pro Minute werden in Deutschland die Identitäten von zwei Internetnutzern gestohlen. Pro Tag werden vier bis fünf gezielte Trojaner-E-Mails in Regierungsnetze gestellt. Pro Monat erfolgen 30.000 Angriffe auf Netzwerke der Bundesregierung. Mehr als 13.000 infizierte Webseiten werden täglich ins Internet geladen.
Während also in den letzten zehn Jahren die Zahl der Diebstähle in Bayern um 25 % zurückgegangen ist, ist die Computerkriminalität um 64 % gestiegen, Tendenz steigend. Der jährliche Schaden durch Computerkriminalität in Deutschland beträgt 50 Milliarden Euro, Tendenz steigend, weltweit 400 Milliarden Dollar.
Man sieht, leider ist Computerkriminalität ein gutes Geschäft. Es wird damit mehr Geld verdient als mit Drogenhandel.
Dies alles stellt große Herausforderungen an das technische Know-how und das Instrumentarium des Staates dar. Es erfordert aber auch ein neues, weil vernetztes dialogisches sicherheitspolitisches Denken, das diesen Herausforderungen gerecht wird. Für mich sind dies drei zentrale Aspekte:
Erstens. Es geht um ein Mehr an Sensibilisierung und Eigenschutz der Bürger ebenso wie der Unternehmen. Sensibilisierung betrifft Bürger ebenso wie Unternehmen. Dazu gehören Bildung und Qualifizierung. Zur Fähigkeit, sich des Internets zu bedienen, gehört auch die Fähigkeit, dort sicher zu agieren. "Medienkompetenz" nennt man das, und der Medienführerschein Bayern leistet hier bereits seit einigen Jahren sehr gute Dienste.
Zweitens. Wir brauchen staatliche Stellen als Anlaufstellen, mit denen man vertraulich über einschlägige Probleme sprechen kann und die die Unternehmen kompetent beraten können. Hiermit eröffnen wir Möglichkeiten, um eigene Erkenntnisse von Unternehmen mit anderen Unternehmen und auch staatlichen Stellen zu teilen, wobei gleichzeitig die Vertraulichkeit gesichert ist, weil dies eben eine unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass Unternehmen ihre eigenen Erkenntnisse auch mitteilen und somit zur Verbesserung der Sicherheitslage anderer Unternehmen beitragen. Deshalb ist es wirklich ein richtiger und weiter Sprung nach vorn, wenn wir die bisherigen Erfahrungen und die bisher schon vorhandenen Kompetenzen weiterentwickeln, stark anreichern und das in der Regierungserklärung vorgestellte Cyber-Allianz-Zentrum Bayern ins Leben rufen. Es ist beim Landesamt für Verfassungsschutz auch richtig angesiedelt, denn dort ist die Fachkompetenz vorhanden, und dort ist auch die Vertraulichkeit gewährleistet, die die Unternehmen einfordern, damit sie sich öffnen, wenn sie sicherheitsrelevante Vorfälle bei sich im Unternehmen haben. Ich bedaure es sehr, Herr Kollege Schneider, dass Sie über die Arbeit des Landesamtes für Verfas
sungsschutz, die auf diesem Gebiet schon geleistet wird, überhaupt nicht informiert sind.
Dieses Zentrum ist genau der zentrale Ansprechpartner und das leistungsfähige Kompetenzzentrum, das Unternehmen und Betreiber kritischer Infrastrukturen brauchen, um handfeste Unterstützung bei der Prävention vor und der Abwehr von Bedrohungen aus dem Netz zu erhalten. Dies ermöglicht den dauerhaften Dialog im Bereich Cybercrime, Cyber-Sicherheit sowie Datenschutz zwischen unseren Sicherheitsbehörden, dem IT-Beauftragten der Staatsregierung, den anderen Ministerien, der Wissenschaft, den Verbänden und den Unternehmen. Der Staat greift also nicht nur repressiv ein, z. B. mit einer Meldepflicht bei dramatischen Vorfällen, wenn es brennt, sondern wird zum aktiven und starken Sicherheitspartner unserer Wirtschaft. Es ist gut, dass das Cyber-Allianz-Zentrum Bayern bereits zum 1. Juli seine Arbeit aufnehmen wird.
Drittens brauchen wir natürlich auch in der virtuellen Welt schlagkräftige Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden, die personell und technisch in der Lage sind, mit Internetkriminalität umzugehen. Wir brauchen das, weil wir diejenigen bekämpfen müssen, die die Segnungen der Digitalisierung ausschließlich für kriminelle Zwecke missbrauchen. Damit dies keine Lippenbekenntnisse bleiben, brauchen wir das nötige rechtliche Instrumentarium, zu dem die rechtssichere Möglichkeit gehört, auf Verbindungsdaten zur Verhinderung und Aufklärung von schwersten Straftaten zuzugreifen.
Bayern ist das sicherste Bundesland. Damit es dies auch bleibt, dürfen wir vor neuen Herausforderungen wie Straftaten gegen oder mithilfe von IT-Technologie, Wirtschaftsspionage, Erpressung oder den Schutz kritischer Infrastrukturen vor physischen wie virtuellen Angriffen nicht die Augen verschließen.
Die potenziellen wirtschaftlichen Schäden für unsere Wissensgesellschaft sind immens und beeinträchtigen direkt die Existenzgrundlage vieler Bürgerinnen und Bürger und indirekt die nicht zuletzt durch wissensbasierte Arbeitsplätze garantierte Lebensqualität aller. Der Staat muss angesichts dieser technischen Neuerungen die Sicherheit des Rechtsverkehrs gewährleisten können, da dies eine zentrale Grundlage für unser freiheitliches System ist.
Mit den durch die Regierungserklärung auf den Weg gebrachten konkreten nächsten Schritten wird Bayern dazu beitragen, dass kriminelle Machenschaften gegen IT-Infrastruktur und mithilfe des Internets verhindert bzw. umfassend aufgeklärt werden können.
Dies läutet natürlich auch eine neue Runde im altbekannten Wettstreit von Sicherheit auf der einen Seite und dem Schutz von Privatsphäre und Grundrechten, also unserer Freiheit, auf der anderen Seite ein. Zu einer klugen Fortschrittspolitik gehört es hierbei, nicht vor diesen Herausforderungen zu kapitulieren und das Internet quasi sich selbst und den wirtschaftlichen Interessen, die dahinterstehen, zu überlassen, sondern Sicherheit und Freiheit auch im digitalen Zeitalter zu einem gerechten Ausgleich im Sinne der Menschen zu bringen.
Wenn digitale Spuren die einzigen Spuren sind, die Straftäter hinterlassen, dann wäre es eben eine falsche Antwort, diese Spuren aus Sorge um die Privatheit der Menschen nicht mehr zu verfolgen; denn am Ende wären Bürger dann den Machenschaften weniger Krimineller hilflos ausgesetzt. Daher ist im 21. Jahrhundert eine intelligente Kombination aus Sensibilisierung und Selbstschutz der Menschen vor Gefahren zusammen mit einem auch im weltweiten IT-Netzwerk handlungsfähigen Staat gefordert.
Vergleicht man nun das wegweisende Konzept, das Innenminister Joachim Herrmann mit seiner heutigen Regierungserklärung dargelegt hat, mit der Neuauflage altbekannter Oppositionskonzepte, die von der Veranstaltung der SPD am Montag hier im Bayerischen Landtag bekannt wurden und die Kollege Schneider zum Teil heute nochmals wiederholt hat, so zeigt sich halt das alte Spiel von Hase und Igel: Während sich die Opposition damit begnügt, die zusätzlichen Polizeibeamten zu fordern, die wir längst im Doppelhaushalt und in der mittelfristigen Planung vorgesehen haben, oder an der PKS herumdoktert, können wir sagen: Wir sind schon da. Wir haben den großen Sprung vorwärts schon gemacht, um den Herausforderungen der Zukunft in der inneren Sicherheit beim Cyberspace auf Augenhöhe zu begegnen. Deshalb ist diese Regierungserklärung ein großer Wurf. Für die CSU-Fraktion kann ich sagen: Ja, wir arbeiten mit, und wir unterstützen das.
Herzlichen Dank an die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, sowohl an die Streifenbeamten als auch an die Cybercops, und nicht zuletzt an den bayerischen Innenminister dafür, dass sie mit vereinten Kräften dazu beitragen, dass Bayern in der realen Welt genauso wie in der virtuellen Welt sicher ist und sicher bleibt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie von den Vorrednern schon ausgeführt wurde, sieht der Gesetzentwurf eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes vor, die es den Gemeinden ermöglicht, künftig bei der Kalkulation der Benutzungsgebühren für ihre vor allem leitungsbezogenen Einrichtungen nicht mehr nur von Anschaffungs- und Herstellungskosten abschreiben zu dürfen, sondern auch von Wiederbeschaffungszeitwerten, um auf diese Weise finanzielle Reserven für einen künftig entstehenden Kostenaufwand bilden zu können. Schon seit längerer Zeit gibt es auch aufgrund entsprechender Forderungen der kommunalen Spitzenverbände Überlegungen, die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten der Gemeinden zum Ansparen von Geldmitteln zu erweitern. Der Anlass hierfür das wurde schon ausgeführt - ist der sicherlich unbestrittene erhebliche Investitionsbedarf in diesem Bereich in den nächsten Jahren. Man geht in den nächsten vier bis fünf Jahren von ungefähr vier bis fünf Milliarden Euro aus.
Wir halten das Anliegen der Kommunen schon seit Langem für gerechtfertigt. Der Landtag hat mit dem Berichtsantrag vom 17.03.2011 die Staatsregierung gebeten, die beste Lösung für dieses Anliegen zu finden. Der Teufel steckt bei diesen Themen immer im Detail und vor allem darin, eine konkrete, handhabbare und rechtsichere Regelung zu finden, die allen Anliegen gerecht wird und auch verfassungsrechtlichen Prüfungen standhält. Zu beachten ist nämlich auch, dass der eiserne Grundsatz des Kommunalabgabenrechtes zu wahren ist, dass Geldmittel eigentlich nicht angespart werden können. Die Durchbrechung, die hier stattfindet, halten wir für begründet, aber sie muss so eng wie möglich sein, weil die Grundlage sonst möglicherweise durch Klagen wieder obsolet gemacht wird. Das Thema der Wasser- und Abwassergebühren ist bekanntermaßen häufig sehr streitgeneigt.
Es wurden vier konkrete Alternativen diskutiert. Das Ergebnis der Arbeitsgruppe aus Vertretern der Ministerien und Verbände ist, dass die Zulassung einer Abschreibung von Wiederbeschaffungszeitwerten anderen theoretisch denkbaren Lösungsmöglichkeiten vorzuziehen ist. Die Arbeitsgruppe hat sich auf einen gemeinsamen Formulierungsvorschlag geeinigt, der uns jetzt mit dem Gesetzentwurf vorliegt. Die Abschreibung von Anschaffungs- und Herstellungskosten dient im Wesentlichen der Refinanzierung der bereits vom Einrichtungsträger getätigten finanziellen Aufwendungen, indem diese Kosten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes mit gleichbleibenden Jahresraten umgelegt werden können. Den Einrichtungsträgern wird durch diese Änderungen in Artikel 8 Absatz 3 des Kommunalabgabengesetzes ermöglicht, alternativ zur bisherigen Abschreibung von Anschaffungs- und Herstellungskosten auch von diesen Wiederbeschaffungszeitwerten abschreiben zu können. Dies ist, wie wir einvernehmlich im Ausschuss sagen können - darauf hat auch schon mein Vorredner hingewiesen -, eine sehr gute Möglichkeit für die Kommunen, diese zentrale Herausforderung an den Infrastruktureinrichtungen in den nächsten Jahren solide und vor allem rechtsicher in den Griff zu bekommen. Damit helfen wir den Kommunen nachhaltig.
Die Details, die vor allem für die Abgabenrechtsfexe spannend sind, können wir dann noch in Ruhe im Ausschuss erörtern. Entscheidend aber ist, dass wir diese wichtige Änderung des KAG im parlamentarischen Verfahren haben und es alsbald erfolgreich zum Abschluss bringen können.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! 98 % der Bevölkerung − so jedenfalls die Bayernstudie des Bayerischen Rundfunks − sagen: Ja, wir leben gerne in Bayern. 85 % der Bayern sagen: In keinem anderen Land lebt es sich besser. Dies hängt mit vielen Themen zusammen, sicherlich auch mit dem der heutigen Regierungserklärung, aber in ganz besonderer Weise auch mit der inneren Sicherheit. Die innere Sicherheit ist ein zentraler Standortfaktor in Bayern, und sie ist ein
zentrales Thema, weil es bei der Sicherheit von Leib und Leben, aber auch bei der Sicherheit des Rechtsverkehrs insgesamt um die Grundlagen unseres freiheitlichen Systems geht.
In der bayerischen Bevölkerung besteht ein hohes subjektives Sicherheitsgefühl, und es besteht auch eine hohe objektive Sicherheit; denn nirgends ist das Risiko so gering wie in Bayern, Opfer einer Straftat zu werden. Die polizeiliche Kriminalstatistik für 2012 verdeutlicht ein weiteres Mal: Wir können in Bayern eine hervorragende Sicherheitsbilanz ziehen.
Zum einen ist die äußerst niedrige Kriminalitätsbelastung von 4.977 Straftaten pro 100.000 Einwohner ein Spitzenwert in Deutschland. Dies ist der zentrale Wert auch für das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung, da die besten Delikte immer noch die sind, die gar nicht erst verübt werden. Zum anderen aber konnte die Polizei mit 63,2 % knapp zwei Drittel aller Straftaten aufklären. Im Bundesdurchschnitt kann regelmäßig etwa nur die Hälfte der Delikte aufgeklärt werden. Deshalb danken wir an dieser Stelle ganz besonders denen, die dafür einstehen, dass eine hohe Aufklärungsquote realisiert werden kann. Das ist die bayerische Polizei. Sie ist dafür verantwortlich, dass die Menschen nirgends in Deutschland so sicher leben wie in Bayern. Unser Dank gilt den 39.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der bayerischen Polizei, die die zentrale Säule der bayerischen Sicherheitsarchitektur sind.
Im vergangenen Jahr ist in Bayern die Zahl der insgesamt erfassten Straftaten zwar leicht um etwa 0,6 % angestiegen. Dennoch liegen wir auf einem ähnlich guten Niveau wie im Jahr 2011. Die Häufigkeitszahl, die angibt, wie viele Straftaten pro 100.000 Einwohner begangen werden, unterschreitet wieder die 5.000erMarke. Damit liegen wir bei der Kriminalitätsbelastung auf einem ähnlichen guten Niveau wie 2011. Zur Verdeutlichung: Im Jahr 2003 hatten wir noch über 5.700 Straftaten pro 100.000 Einwohner zu verzeichnen. Einen Wert unter 5.000 hat im Jahr 2011 kein anderes Bundesland erreicht, und mit einer Aufklärungsquote von 63,2 % gelang es einmal mehr, fast zwei Drittel aller registrierten Straftaten aufzudecken. Im Bundesdurchschnitt ist es, wie gesagt, eben regelmäßig nur die Hälfte. Der leichte Rückgang der Aufklärungsquote um 0,8 Prozentpunkte hängt in erster Linie damit zusammen, dass sich das Straftatenspektrum teilweise strukturell verändert hat. Bei den Delikten, deren Aufklärungsquote naturgemäß niedrig ist, haben wir eine Zunahme zu verzeichnen. Ich nenne beispielhaft nur den Fahrraddiebstahl und die Straftaten rund um das Internet.
Die klare Botschaft lautet also: Wir spielen bei der inneren Sicherheit nicht nur relativ, im Verhältnis zu den anderen Ländern, sondern auch im Hinblick auf die absoluten Zahlen in der Champions League. Das ist das Ergebnis einer konsequenten und seit vielen Jahren durch Edmund Stoiber, Günther Beckstein und in den letzten Jahren durch Joachim Herrmann kontinuierlich betriebenen Politik der inneren Sicherheit. Konsequent ist diese Politik in dem Sinn, dass wir in Bayern keine rechtsfreien Räume dulden, keine Delikte bagatellisieren und konsequent gegen jede Art von Straftaten vorgehen. Das können die Menschen in Bayern auch erwarten; denn die allermeisten von ihnen verhalten sich rechtstreu.
Bei der inneren Sicherheit ist man allerdings nie am Ende angelangt, denn die Kriminellen sind erfindungsreich und schamlos darin, immer wieder neue Wege beim Begehen von Straftaten zu finden. Das "Geschäftsmodell" Krimineller hat zwar nirgendwo so geringe Erfolgsaussichten wie in Bayern, trotzdem gibt es Bereiche, um die wir uns in ganz besonderer Weise kümmern müssen.
Ich nenne vor allen Dingen die Cyber-Kriminalität. Straftaten im, mit dem und gegen das Internet spielen nach den Zahlen der Kriminalstatistik eine immer größere Rolle. Die Bandbreite reicht von Sexualdelikten wie dem Verbreiten pornographischer Schriften über Betrug bis hin zu Beleidigungen. Ganz besonders fällt die Steigerung bei den Erpressungsdelikten auf. Die Zahlen steigen bei der Cyber-Kriminalität auch deshalb, weil das Risiko für Straftäter, im weltweiten Netz erwischt zu werden, zu gering ist. Die Aufklärungsquote liegt bei den Erpressungsdelikten nur bei rund 7 %. Das hängt maßgeblich damit zusammen, dass das Internet anonym ist und viele Täter vom Ausland aus agieren.
Internettäter dürfen aber nicht ungeschoren davonkommen. Die bayerische Polizei ist für diese neuen Deliktsformen organisatorisch und personell gut gerüstet. Sie verfügt über das notwendige Know-how. Schwerpunktkommissariate wurden geschaffen und zusätzlich zu Netzwerkfahndern wurden im vergangenen Jahr 25 Informatiker eingestellt. Hier wurden Spezialisten zu Polizisten gemacht. Mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 setzen wir die Verstärkung der Polizei entschlossen fort. Neben den 840 zusätzlichen Ausbildungsstellen für die Polizei investieren wir in weitere 100 Planstellen, unter anderem für den Kampf gegen die Cyber-Kriminalität. Damit können wir zusätzliche IuK-Kriminalisten einstellen.
Um den Internettätern auf die Schliche zu kommen, brauchen unsere Ermittler aber auch das notwendige rechtliche Instrumentarium. Mit unseren herkömmli
chen Ermittlungsmöglichkeiten stoßen wir ohne die Kommunikationsverbindungsdaten schon bei der Identifizierung von Internettätern an die Grenzen. Genau in den Fällen sind die Polizei und die Justiz chancenlos, in denen sie nicht auf gespeicherte Verbindungsdaten zurückgreifen können. Die Bürger verstehen es nicht, wenn wir sie hier nicht schützen können. Deshalb fordere ich alle auf, die sich aus ideologischen Gründen der Vorratsdatenspeicherung verweigern, ihre Blockadehaltung endlich aufzugeben. Wir müssen im Fall schwerer Straftaten herausfinden, wer sich hinter einer IP-Adresse versteckt. Das Internet darf keinesfalls zum rechtsverfolgungsfreien Raum werden. Wir können nicht einerseits den Anstieg der Delikte im Internet beklagen und andererseits den Beamtinnen und Beamten ihr Handwerkszeug verweigern.
Häufig sind die einzigen Spuren, die noch vorhanden sind, digitale Spuren. Diese müssen ausgewertet werden können. Dazu bedarf es der entsprechenden Befugnisse. Den Konflikt zwischen Grundrechten, Freiheit und Sicherheit kennen wir aus allen Bereichen. Es ist kein neuer Konflikt. Deshalb müssen wir uns ihm nicht grundsätzlich verweigern, sondern wir müssen ihn aktiv angehen und entsprechende Lösungen finden.
Besonders erfreulich ist, dass wir auf dem Gebiet der klassischen Kriminalität einen Rückgang bei der Gewaltkriminalität zu verzeichnen haben. Insbesondere bei den Tötungsdelikten sind die Fallzahlen erheblich gesunken. Die Aufklärungsquote ist nach wie vor extrem hoch. Nahezu jeder Mord in Bayern wird aufgeklärt. Bei den Rauschgiftdelikten dulden wir selbstverständlich keine illegalen Drogen. Wir müssen deshalb alles tun, um den überproportionalen Anstieg beim Schmuggel des hochgefährlichen Crystal aus Tschechien einzudämmen. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die diversen Initiativen, die Innenminister Herrmann in Richtung seines tschechischen Amtskollegen unternommen hat. Das sind wir unserer Bevölkerung schuldig.
Abschließend kann ich sagen, dass die innere Sicherheit nicht nur ein zentraler Politikbereich und der Grund dafür ist, dass die Menschen in Bayern gerne leben. Die Menschen haben auch einen Anspruch darauf, in Bayern sicher leben zu können. Deshalb hat für uns die innere Sicherheit einen hohen Stellenwert. Auf diesem Politikfeld kann man sehr gut sehen, dass es ein gewaltiger Unterschied ist, wie ein Land regiert wird. Während andere Bundesländer immer weiter Personal abbauen, haben wir seit 2009 über 5.300 Nachwuchskräfte eingestellt, fast 1.400 davon im letzten Jahr. Wir haben damit den höchsten Personalstand aller Zeiten. Vergleichen Sie doch einmal die
Koalitionsverträge der letzten Jahre in NordrheinWestfalen, in Schleswig-Holstein und in Baden-Württemberg mit unserem Koalitionsvertrag. Dort finden wir allenfalls Lippenbekenntnisse und nicht die 1.000 neuen Stellen, die wir 2008 in unserem Koalitionsvertrag vereinbart haben. Die Kriminalstatistik 2012 zeigt uns, dass wir in Bayern nach wie vor auf dem richtigen Weg sind und die Polizei sich auf die Politik, die Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen verlassen kann. Dabei soll es auch bleiben.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 20. Januar hat sich in der PI München 21 in der Au ein Vorfall ereignet, bei dem eine 23-jährige Bürgerin den Bruch des Nasenbeins und den Anbruch der Augenhöhle erlitten hat. Das ist eine nicht unerhebliche Verletzung. Ich hoffe, dass es der Bürgerin mittlerweile wieder besser geht. Es besteht der Verdacht der Körperverletzung im Amt durch einen Polizeibeamten. Dieser Vorfall wird von der Staatsanwaltschaft München I ermittelt. Das ist eine Selbstverständlichkeit, weil sich Polizeibeamte ebenso wie andere Bürger an Recht und Gesetz halten müssen und ihnen darüber hinaus eine besondere Vorbildfunktion durch ihre hervorgehobene Stellung in der Öffentlichkeit zukommt. Die Integrität der Polizei ist die Grundvoraussetzung für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat und in die Polizei, auf die wir in Bayern besonders stolz sind. Deshalb müssen Vorfälle wie der am 20. Januar mit aller Konsequenz geprüft, aufgeklärt und disziplinär sowie strafrechtlich geahndet werden. Schwarze Schafe darf es bei der Polizei nicht geben, weil sie zur Belastung für den Rechtsstaat und auch zur Belastung für die eigenen Kolleginnen und Kollegen werden. Null Toleranz gilt in jede Richtung.
Da derartige Vorfälle eine besondere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und in den Medien hervorrufen und wir gegen jede Art von schwarzen Schafen vorgehen wollen, haben wir beantragt, dem Landtag über diesen Vorfall detailliert und ausführlich zu berichten. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Allerdings lehnen wir den Antrag der GRÜNEN ab. In diesem Zusammenhang möchte ich auf folgende Punkte hinweisen. Selbstverständlich muss die Polizei nach Recht und Gesetz handeln. Unverhältnismäßige Eingriffe sind nicht akzeptabel und müssen geahndet werden − das werden sie auch. Dafür gibt es die Dezernate für interne Ermittlungen in München und Nürnberg. Dort werden die zentralen internen Ermittlungen bei Amtsdelikten durchgeführt. Es ist zu begrüßen, dass der Innenminister diese beiden Dezernate
dem Landeskriminalamt unterstellt hat. Damit werden sie noch unabhängiger. Der Verdacht der Befangenheit, der möglicherweise im Raum steht, ist damit von vorneherein ausgeschlossen.
Ihr Antrag enthält sehr viele Spiegelstriche und ist sehr detailliert. Es hätte genügt, zu schreiben, dass ausführlich berichtet werden solle. Sie machen sehr viele Spiegelstriche. Aus jedem einzelnen Satz springt uns ein gewisser Verfolgungseifer entgegen. Die ständige Verwendung des Wortes "Opfer" zeigt, dass Sie den Beamten bereits verurteilt haben. Sie geben ihm gar keine Chance, seine Sicht der Dinge vorzutragen. Bereits aus dem Wortlaut Ihres Antrags spricht − das sind wir leider gewohnt − ein pauschales Misstrauen gegen die bayerische Polizei und ihre 40.000 Beamtinnen und Beamten. Ich nehme an, dass das mit dem gestörten Verhältnis der GRÜNEN zur Polizei zusammenhängt, das wir jede Woche im Innenausschuss erleben.
Meine Damen und Herren, das wird den Leistungen der Beamtinnen und Beamten nicht gerecht.
Die bayerische Polizei hat pro Jahr etwa 1,5 Millionen Einsätze zum Teil mit hohem Konfliktpotenzial zu bewältigen. Im Verhältnis dazu sind das Beschwerdeaufkommen mit etwa 1.750 Fällen und die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen des Verdachts von Körperverletzung im Amt äußerst gering, nämlich 0,1 %. Ich möchte jetzt nicht mit Statistiken jonglieren. Das halte ich nicht für vernünftig, weil jede einzelne Straftat im Amt und jede einzelne Verletzung durch einen Polizeibeamten nicht in Ordnung ist. Es muss jedoch erlaubt sein, die 1,5 Millionen Einsätze auf der einen Seite mit der wirklich geringen Zahl von Vorkommnissen wie dem vom 20. Januar in Verhältnis zu setzen. Das muss erlaubt sein, wenn man ein realistisches Bild von der Arbeit der bayerischen Polizei und der inneren Sicherheit in Bayern haben möchte. Das ist bei Ihnen aus ideologischen Gründen nicht der Fall.
Außerdem möchte ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen − das gehört zum Gesamtbild −, dass auch im letzten Jahr die Zahl der Gewaltdelikte gegen Polizeibeamte gestiegen ist. Im Jahr 2011 ist die Zahl
der Gewalttaten gegen Polizeibeamte um 10 % auf fast 7.000 Fälle gestiegen. 14.645 Polizeibedienstete waren Opfer von physischer oder psychischer Gewalt. Das ist mehr als jeder Dritte bei der bayerischen Polizei. Wir müssen diejenigen schützen, die uns tagtäglich schützen und helfen. Die Gesundheit unserer Polizeibeamten hat für mich höchste Priorität. Das sage ich ganz bewusst an dem Tag, an dem der Prozess gegen die Mörder des Polizeibeamten Vieth in Augsburg beginnt.
Man sollte versuchen, sich ein Gesamtbild zu machen. Ich sage noch einmal: Es soll nichts beschönigt werden. Wenn für den Fall vom 20. Januar eine Straftat vorliegt, wird der Beamte zur Rechenschaft gezogen werden. Ich bitte jedoch alle darum, die Staatsanwaltschaft in Ruhe aufklären zu lassen. Ich bin gegen die Vorverurteilung von Beamten, wie ich sie von einigen Landtagskollegen der Opposition in der Zeitung lesen musste. Die Reihenfolge lautet: Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Sie kommt zu einem Abschluss. Dann werden die Konsequenzen gezogen. Schließlich wird kommentiert. Das, was Sie machen, ist mutmaßen und spekulieren. Das ist nicht fair.
Da wir das im Innenausschuss schon so gewohnt sind, kann ich nur sagen: Ihre Empörung ist nicht ehrlich, sondern politisches Kalkül. Sie betreiben Politik auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten, die tagtäglich ihren Dienst leisten und Leib und Leben für die Sicherheit unseres Landes riskieren, von dem Sie profitieren. Schauen Sie auf die Länder, in denen Rot, Grün oder beide zusammen regieren. Vergleichen Sie die innere Sicherheit mit der in Bayern. Überlegen Sie sich, ob sich die Menschen dort sicher fühlen oder nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nur darauf hinweisen, dass München die sicherste Stadt ist. München ist die sicherste Großstadt in Deutschland. Das ist das Verdienst der Münchener Beamtinnen und Beamten und des Polizeipräsidenten, mit dem Sie auch nicht ganz fair umspringen. Audiatur et altera pars − gehört werde auch der andere Teil. Das ist ein zentraler Grundsatz unseres Rechtsstaates. Er gilt übrigens auch für Polizeibeamte − das sollten wir nicht vergessen.
Wo kommt denn bei den vielen Fragen, die Sie stellen, die Sicht der Polizeibeamten vor? Sie sprechen
von Opfer, obwohl der Sachverhalt noch nicht ausermittelt ist. Ich halte dies für falsch, wenn man lediglich ein Foto in der Zeitung und die Ausführungen des Anwalts der betroffenen Bürgerin hat. Das genügt nicht, um alles insgesamt beurteilen zu können. Das ist keine faire Vorgehensweise.
Übrigens ist es auch nicht fair, wenn heute in der "Süddeutschen Zeitung" ein ganzseitiger Artikel über den 20. Januar steht und wenige Seiten später eine kleine Meldung mit der Überschrift "Randalierer verletzt Polizisten" abgedruckt ist:
Ein Dreiundzwanzigjähriger hat am frühen Montagmorgen dieser Woche in einem Wohnheim in der St.-Veit-Straße randaliert und einen Polizisten mit einem Kopfstoß im Gesicht verletzt. Der Beamte wurde im Gesicht getroffen und musste wegen einer Prellung an einem Gesichtsknochen und einer aufgeplatzten Unterlippe versorgt werden.
Ich erwähne dies, da dieser Fall auch die Polizeiinspektion 21 in der Au betrifft. Dies gehört eben zur Wahrheit und zur tagtäglichen Realität der Arbeit der bayerischen Polizei dazu.
Ich sage abschließend: Wir brauchen Beamte, und wir haben Beamte, die nach Recht und Gesetz arbeiten. Die weit überwiegende Zahl in Bayern tut dies auch. Wir brauchen aber auch ein Verständnis in der Bevölkerung für die Arbeit der Polizei, dafür, welchen Situationen die Beamten ausgeliefert sind, Situationen, denen man vorher noch nicht ansieht, wie sie sich entwickeln. Ich bitte einfach darum, nicht laufend das Verhältnis von Regel und Ausnahme zu verkehren. Zu Ihrem Antrag fällt mir nur Torquato Tasso ein: So fühlt man Absicht, und man ist verstimmt.
Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Er nimmt sich der Sache an, sine ira et studio, ohne Zorn und Eifer, so wie es unsere Polizeibeamtinnen und unsere Polizeibeamten und die Bürgerinnen und Bürger in Bayern verdient haben.
Liebe Frau Kollegin Tausendfreund, den Vorwurf der Unterstellungen kann ich gerne zurückgeben. Der Begriff des Opfers ist einfach nicht korrekt. Korrekt wäre: polizeiliches Gegenüber. Sie können dann Opfer sagen, wenn ein Ermittlungsverfahren zu Ende ist und das Ergebnis war, dass der Polizist schuldhaft, vorsätzlich, fahrlässig, wie auch immer, jedenfalls ohne Notwehr gehandelt hat. Dann kann man von Opfer sprechen. Man kann aber nicht von Opfer sprechen, wenn noch nicht feststeht, was wirklich vorgefallen ist, mit welcher Motivation, mit welcher möglichen rechtlichen Rechtfertigung gehandelt wurde. Ich glaube, das ist der zentrale Punkt. Wenn Sie bei jedem Spiegelstrich das Wort Opfer verwenden, brauchen Sie nicht verwundert zu sein, wenn man das genauso versteht. Sie wollen ja auch, dass es so verstanden wird.
Ich glaube, heute ist nicht der Raum und der Ort, um über Ausstattung der Polizei usw. zu diskutieren. Ich erinnere mich aber noch sehr gut an die Auseinandersetzung im Rechtsausschuss, als es um den Fall Tennessee Eisenberg ging, der ebenfalls ausermittelt wurde und bei dem zum Schluss die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis kam: Es liegt kein strafbares Handeln der Beamten vor. Sie, liebe Frau Kollegin, haben dann im Rechtsausschuss geäußert, dass Sie das bedauerlich finden würden, dass Sie es besser finden würden, die Beamten wären angeklagt worden, damit im Rahmen eines öffentlichen Strafverfahrens die Unschuld festgestellt werden kann. Ich habe irgendwann einmal gelernt: Die Staatsanwaltschaft darf erst anklagen, wenn sie davon überzeugt ist, dass eine Straftat vorliegt. Ich nehme an, dass das der Maßstab ist, den Sie auch bei Mandanten von Ihnen anwenden. Das ist Ihr Verhältnis zur bayerischen Polizei. Das halte ich für falsch.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben über die Themen "Melderecht" und "Auskünfte aus dem Melderegister" schon häufiger diskutiert. Ich kann mich heute kurz fassen und mich dem Kollegen Fischer hinsichtlich seiner Erläuterungen anschließen. Mit diesem Gesetzentwurf soll das bayerische Meldegesetz für den Übergangszeitraum, in dem es noch gilt, dahingehend geändert werden, dass einfache Melderegisterauskünfte zum Zwecke des Adresshandels und der Werbung nur noch dann zulässig sind, wenn der Betroffene vorher einwilligt.
Wie Herr Kollege Dr. Fischer vorhin ausgeführt hat, wird damit in erster Linie eine zeitliche, aber durchaus auch eine inhaltliche Lücke geschlossen; denn solange es keine bundesrechtliche Regelung mit demselben Inhalt gibt, ist es sinnvoll, die bayerische Regelung anzupassen. Bei einfachen Melderegisterauskünften − das sind vor allem diejenigen Auskünfte, für die kein berechtigtes Interesse erforderlich ist − wird eine Erklärungspflicht des Auskunftssuchenden festgeschrieben. Zu erklären ist, ob die Auskunft zum Zwecke der Werbung oder des Adresshandels begehrt wird. Wird die Erklärung nicht oder nicht zutreffend abgegeben, erfordert diese Auskunft die vorherige Zustimmung des Betroffenen. Darin besteht die Einwilligungslösung.
Wir haben uns hier im Bayerischen Landtag am 18. Juli 2012 für diese Einwilligungslösung ausgesprochen, als wir den einschlägigen Dringlichkeitsantrag der Koalitionsfraktionen eingebracht und verabschiedet haben. Derzeit wird die Diskussion auf Bundesebene im Vermittlungsausschuss geführt. Weil eine zeitliche Lücke entsteht und das Bundesgesetz wohl nicht vor dem nächsten Jahr in Kraft treten wird, ist diese Regelung erforderlich. Das ist der formale Aspekt.
Der Kern der Botschaft aber lautet letztendlich, dass der Staat Daten, die Bürger dem Staat verpflichtend geben müssen, nur dann herausgeben darf, wenn die Bürger ihre Einwilligung erklärt haben und damit einverstanden sind. Natürlich wird es auch in Zukunft Fälle geben, bei denen eine verpflichtende Herausgabe aufgrund eines berechtigten Interesses möglich sein wird. Das ist aber auch unstreitig, weil es sich um die Fälle handelt, in denen man beispielsweise einen säumigen Schuldner auffinden muss oder anderen berechtigten Interessen nachgeht. Wenn es aber nicht
um solche besonderen Interessen geht, sondern ausschließlich um das kommerzielle Interesse an den Adressen selber, wird zu Recht vorher verpflichtend eine Einwilligung verlangt. In solchen Fällen geht es nicht um das Interesse an einer Person, etwa weil diese Schulden hat oder ein anderer wichtiger Grund vorliegt, sondern ausschließlich um Adressen und um kommerzielle Interessen.
Mit der Ergänzung des bayerischen Gesetzes sorgen wir dafür, dass eine Lücke im Schutz persönlicher Daten der bayerischen Bevölkerung bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes geschlossen wird. Ich freue mich ebenfalls auf die Beratungen im Ausschuss. Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf eine große Mehrheit finden wird.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, vor allem für die Fürsorge bei diesem wirklich extrem weltbewegenden Thema. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Ablauf des 31. Dezember dieses Jahres wird die gesetzliche Ermächtigung des Staatsministeriums der Finanzen zum Erlass von bußgeldbewehrten Parkanlagenverordnungen sowie zur Übertragung dieser Ermächtigung auf die Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen außer Kraft treten. Sinn der zeitlichen Befristung der Ermächtigung ist es, dass auf der Grundlage der gemachten Vollzugserfahrungen mit Parkanlagenverordnungen über den langfristigen Fortbestand der Regelung entschieden werden kann.
Diese Vollzugserfahrungen liegen aber bislang noch nicht vor. Das ist so, weil die Delegationsverordnung des Finanzministeriums erst am 1. Oktober 2011 und die Verordnung der Schlösserverwaltung über die staatliche Parkanlage Hofgarten Bayreuth erst am 15. April 2012 in Kraft getreten sind. Das ist also relativ knapp, um schon Erfahrungswerte zu haben. Deshalb sollten wir uns noch Zeit geben und die Ermächtigung bis zum 31. Dezember 2014 gelten lassen. Ich vermute, dass dann belastbare Informationen darüber vorliegen und wir endgültig entscheiden können.
Die Regelung könnte aus meiner Sicht bereits heute endgültig im Gesetz verankert werden; denn es ist sinnvoll, auch der Schlösser- und Seenverwaltung, ähnlich wie das bei den Kommunen der Fall ist, eine rechtliche Handhabe dafür zu geben, sozusagen für Ordnung zu sorgen. Hausmüllentsorgung, Vandalismus und Ähnliches kommen in öffentlichen Parks bekanntlich immer wieder vor. Aber es ist durchaus auch legitim, eine solche Verordnungsermächtigung erst dann dauerhaft ins Gesetz zu übernehmen, wenn sie
erprobt wurde und sich bewährt hat. Wenn das nicht so wäre, bräuchten wir die Regelung nicht. Da aber die Zeit noch nicht lang genug war und die Verordnungen noch nicht alt genug sind, sollten wir uns ruhig diese zwei Jahre Praxis noch einmal geben, dann evaluieren und dauerhaft entscheiden.
Nach den bisherigen Aussprachen im Innenausschuss gehe ich davon aus, dass wir das nahezu fraktionsübergreifend so entscheiden werden. Nur die GRÜNEN wollen die Verlängerung ablehnen, entweder weil sie schon ohne die praktischen Erfahrungswerte wissen, ob sich diese Regelung bewährt oder nicht, oder weil sie keine Gelegenheit auslassen wollen, Nein zu sagen. Ich jedenfalls sage Ja zu den Artikeln 20 und 62 des LStVG und bitte Sie um Zustimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Hanisch, das kommunale Wahlrecht scheint eine spannende Spielwiese für verregnete Sonntagnachmittage
zu sein. Wir haben das kommunale Wahlrecht erst vor einigen Monaten in vielen Punkten geändert. Insofern ist es interessant, dass wir uns wieder damit befassen, wobei die Vorschläge von Ihnen eher eine interessante Fleißarbeit darstellen als etwas, was man letztlich umsetzen kann. Übrigens bringt Ihr Vorschlag nicht einmal den von Ihnen erwarteten Abbau an Bürokratie. Es mag formal ein Gesetz aufgehoben werden, aber zu regeln sind die Punkte nach wie vor. Es bleibt bei der jetzigen Regelungsdichte. Insofern ist auch dieser Mehrwert nicht vorhanden.
Ich wundere mich außerdem, dass Sie einen derart umfassenden Gesetzentwurf zu den Bezirken vorlegen, ohne dass Sie das vorher mit den Betroffenen, zum Beispiel dem Verband der Bezirke oder der Bezirkstagspräsidenten, vorberaten hätten. Dann hätten wir eine gewisse Rückmeldung darüber bekommen, ob diese das überhaupt wollen, was ich nicht glaube.
Die Diskussion darüber werden wir im Detail im Innenausschuss führen. Ich möchte aber drei Punkte kurz ansprechen, weshalb wir bereits mit der Grundrichtung Probleme haben und nicht damit einverstanden sind.
Zum einen ist in Ihrem Vorschlag unverständlich und widersprüchlich, dass Sie zwar ein neues Kommunalwahlrecht für alle drei kommunalen Ebenen wollen, aber Sie bleiben dann trotzdem dabei, die Bezirkstagswahl gemeinsam mit der Landtagswahl abzuhalten und die Dauer der Wahlperiode der des Landtags anzugleichen. Sie können das im Ausschuss genauer erklären. Ich halte das für einen völligen Widerspruch, der nichts Sinnvolles bringt.
Der zweite Punkt betrifft die bisherige Praxis, den Bezirkstagspräsidenten durch den Bezirkstag wählen zu lassen. Das ist keineswegs ein demokratisches Defizit. Im Vergleich zu den anderen kommunalen Funktionsträgern, die in die staatliche Aufgabenerfüllung mit eingebunden sind, rechtfertigen die Aufgaben des Bezirkstagspräsidenten nicht die Direktwahl. Man muss das gesamte Bild und das Zusammenspiel der verschiedenen Ebenen sehen. Das betrifft auch die Funktion der Landräte und der Bürgermeister. Das Gesamttableau muss insgesamt stimmen.
Aus meiner Sicht würde damit auch die Funktion der einzelnen Bezirksräte geschwächt, wenn der sozusagen übermächtige Bezirkstagspräsident ihnen vorgesetzt würde. Insofern ist auch der dritte Punkt, mit diesem Vorschlag mehr Demokratie erreichen zu wollen, verfehlt. Das Gegenteil ist der Fall. Erstens würden die Bezirksräte abgewertet, und zweitens wäre es ein demokratischer Rückschritt, wenn sie die Stimmkreise abschaffen und nur mehr mit Listen arbeiten würden.
Gerade in einem großen Bezirk wie zum Beispiel dem Regierungsbezirk Oberbayern würde man den ländlichen Bereichen damit einen Bärendienst erweisen. Man braucht sich nur eine Liste für ganz Oberbayern vorzustellen. Wie soll es dann gelingen, dass Bewerber aus kleineren Regionen, die weniger stark besiedelt sind, in den Bezirkstag gewählt werden? Das wäre völlig kontraproduktiv. Es wäre ein Rückschritt und für mich die erstaunliche Botschaft, dass die FREIEN WÄHLER auf einmal den ländlichen Raum schwächen wollen.
Daher kann ich nur sagen, dass sich die bisherige Praxis in vielen Jahren als erprobt und bewährt erwiesen hat. Das, was Sie vorschlagen, würde weder weniger Bürokratie noch mehr Demokratie bringen. Es ist, wie man so schön sagt, für a Fünferl a Durchanand.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Tiefstand im Jahr 2007 hat sich die Zahl der Asylbewerber in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Bis August 2012 sind circa 4.200 Antragssteller in Bayern angekommen. Gerade in den vergangenen Wochen ist es zu einem sprunghaften Anstieg gekommen. Allein im September kamen rund 1.400 Menschen. Diese Entwicklung setzt sich fort. Es ist damit zu rechnen, dass in diesem Jahr weit mehr als 10.000 Menschen kommen werden.
Einerseits haben wir es hier mit zum Teil dramatischen persönlichen und menschlichen Schicksalen zu tun, andererseits geht es aber auch darum, diesen Zustrom zu bewältigen, und zwar vor allem im Sinne derer, die berechtigterweise Asylanträge stellen. Eben wegen des hohen Guts des Anspruchs auf Asyl müssen wir dafür sorgen, dass die Verfahren funktionieren und nicht ad absurdum geführt werden.
Unweigerlich fällt der Fokus auf den Zugang aus den Ländern Ex-Jugoslawiens, vor allem aus Serbien und Mazedonien.
Im August 2011 waren es 170 Personen, im September 2012 3.500. Anerkennungsquote: null Prozent.
Es spricht viel dafür, dass dieser Zuwachs an der EUVisafreiheit seit Ende 2009 und daran liegt, dass das Bundesverfassungsgericht die Geldleistung an Asylbewerber von 40 Euro auf 134 Euro erhöht hat. Deshalb haben wir in diesem Zusammenhang mehrere Forderungen, vor allem an den Bund und die Europäische Union.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss die Kapazitäten verstärken, damit die Verfahren beschleunigt werden.
Der diplomatische Druck auf Serbien und Mazedonien, die im Übrigen in die EU streben, muss erhöht werden, weil es nicht sein kann, dass Staatsangehörige dieser Länder wenige Tage, nachdem sie Reisepässe erhalten haben, in Deutschland Asylanträge stellen. Ziel muss es sein, die Visafreiheit für Serbien und Mazedonien aufzuheben. Dazu muss schnellstmöglich auf europäischer Ebene die sogenannte Visumschutzklausel in Kraft gesetzt werden. Die Voraussetzungen dafür sind bei diesen beiden Staaten auch erfüllt.
Auf bundesrechtlicher Ebene müssen die fünf visabefreiten Westbalkanstaaten und das Kosovo als sichere Herkunftsstaaten bestimmt werden. Darüber hinaus sind die Kapazitäten der beiden bestehenden Aufnahmeeinrichtungen in Zirndorf und in der Bayernkaserne standortnah auszubauen, weil eben die steigenden Zahlen bewältigt werden müssen. Eine dritte Aufnahmeeinrichtung benötigen wir nicht, zumal dies auch nicht den kurzfristigen Zuwachs bewältigen hilft. Gleiches gilt für die Ausweitung der Asylsozialberatung und die Erhöhung des Personals in der Unterbringungsverwaltung und in die Erstaufnahmeeinrichtungen.
Wir halten aber außerdem am Vorrang der staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte fest und vollziehen gleichzeitig die erweiterten Ausnahmen aus dem bayerischen Asylkompromiss, die wir erst vor einiger Zeit beschlossen haben. Denn es ist wichtig, dass keine weiteren attraktiven Pull-Faktoren geschaffen werden. Das bedeutet, dass wir das Leistungsrecht für Asylbewerber beibehalten, insbesondere nicht das allgemeine Leistungsrecht auf Asylbewerber anwenden. Deshalb ist es eben richtig, am Sachleistungsprinzip festzuhalten, wogegen auch das Bundesverfassungsgericht nichts einzuwenden hat.
Außerdem ist es richtig, dass Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten in den ersten drei Wochen nur Sachleistungen gewährt werden. Denn wir müssen immer berücksichtigen, dass alle echten oder vermeintlichen Verbesserungen im Bereich des Asylsozialrechts gleichzeitig auch die Antragsstellung in Deutschland attraktiv machen. Diesen Konflikt muss man sehen und versuchen, in den Griff zu bekommen.
Denn durch einen erhöhten Zuzug werden die Aufnahmeeinrichtungen und die Gemeinschaftsunterkünfte mit Menschen überfüllt, die mit größter Wahr
scheinlichkeit am Ende nicht anerkannt werden. Beispiele sind Serbien und Mazedonien.
Wer es ernst meint mit dem Asylrecht, liebe Kolleginnen und Kollegen, der muss auch dafür sorgen, dass die Verfahren für die Menschen freigehalten werden, die wirklich politisch verfolgt und deshalb an Leib und Leben bedroht sind.
Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Berichtsantrag, mit dem wir die Staatsregierung auffordern, über den aktuellen Sachstand und über die geplanten Maßnahmen Bericht zu erstatten.
- Das steht sehr wohl im Antrag.
Den Antrag der FREIEN WÄHLER lehnen wir ab. Zwar könnten wir sozusagen mit dem Tenor konform gehen, aber die Begründung enthält falsche Unterstellungen, die wir uns nicht zu eigen machen. Den Antrag der GRÜNEN lehnen wir ab, weil er schon von der Sache her in die falsche Richtung geht. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Rinderspacher, bevor ich Ihren Beitrag hörte, habe ich mich gefragt, ob Sie heute wirklich ernsthaft über Nebeneinkünfte und Verhaltensregeln diskutieren wollen oder eine klamaukhafte Wahlkampfshow abziehen wollen.
Nach Ihrem Redebeitrag ist es uns allen klar: Es geht ausschließlich um Show.
Ihren diversen verqueren Unterstellungen, lieber Herr Rinderspacher, halte ich drei Punkte entgegen. Erstens: Hier herinnen hat niemand etwas zu verbergen.
Zweitens: Wir haben klare Regelungen. Drittens: Jeder kann jetzt schon veröffentlichen, soviel er will.
Deshalb sind Ihr Antrag und der nachgezogene Antrag der FREIEN WÄHLER keine Glanzstücke des Parlamentarismus. Ihnen geht es überhaupt nicht um die Sache. Gestern wurde im Präsidium über dieses Thema gesprochen. Es wurde vereinbart, dass die interfraktionelle Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Kollegen König zu diesem Thema tagen wird.
Die Einladung wurde heute Vormittag verschickt. Ich kann nur sagen: Wir haben Wort gehalten, Sie haben sich nicht daran gehalten, sondern Ihren Dringlichkeitsantrag eingebracht. Da frage ich mich natürlich schon: Welchen Sinn soll ein Gespräch in der zuständigen Arbeitsgruppe haben, wenn Sie im Plenum bereits eine inhaltliche Festlegung beschließen wollen?
Darum sage ich zu Ihrem Antrag: politischer Schaufensterfaktor 10 Punkte, politischer Stil 0 Punkte, und das ist noch aufgerundet.
Übrigens merkt man diesen populistischen Zungenschlag in Ihrem Antrag sehr gut, der so groß daherkommt: "Auf Euro und Cent" usw. Ich glaube, man sollte die Dinge schon einmal in aller Ruhe besprechen und sich dann auch überlegen, ob man sich intern einig ist. Ich finde es hochinteressant, dass es Äußerungen aus Ihrer Fraktion gibt, zum Beispiel vom Kollegen Schindler aus dem Jahr 2007, wo er im "Staatsanzeiger" ausdrücklich sagt: "Ich halte es für nicht sinnvoll, wenn sich Abgeordnete bis aufs Hemd ausziehen müssen."
Schindler sagt also, er halte es nicht für sinnvoll, wenn sich Abgeordnete bis aufs Hemd ausziehen müssen.
Der Titel Ihres Antrags lautet: "Auf Euro und Cent". Das zeigt schon die Widersprüchlichkeit in Ihrer Vorgehensweise.
Aus den Reihen der GRÜNEN sagte die Kollegin Stahl damals: "Ich hielte es für problematisch, wenn Ärzte oder Anwälte Namen von Patienten oder Mandanten offenlegen müssten."
Das macht sehr deutlich, dass man sich in Ruhe - in Ruhe! - über die Vorgehensweise unterhalten muss. Was in Ihrem Antrag steht, löst das Problem nämlich überhaupt nicht, nicht, wie differenziert werden muss, wie vorgegangen werden muss usw.
Das sollte in Ruhe diskutiert werden. Dafür ist die gemeinsame Arbeitsgruppe da.
Zur Thematik will ich in der Sache noch sagen, dass wir als Abgeordnete zunächst einmal Abgeordnete sind. Das Mandat hat immer Priorität.
Deshalb heißt das andere "Nebentätigkeit".
Ich will aber auch sagen - auch das kommt bei Ihren Ausführungen zu kurz -, dass Nebentätigkeiten nichts Verwerfliches sind.