Gerhard Stratthaus

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Last Statements

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wenn heute alle Finanzminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland die gleiche Aufgabe hätten wie ich, nämlich über ihre Landesbank zu sprechen, wäre keiner so glücklich wie ich,
um das einmal vorweg zu sagen. Das ist ja auch bei dieser Diskussion klar geworden.
Ich möchte zunächst einiges grundsätzlich klarstellen. Es ist auch sicher, dass man gerade dann, wenn es um Banken geht, äußerst vorsichtig mit jeder Aussage sein muss. Sie wissen, welche Folgen es haben kann, wenn öffentlich falsche Aussagen gemacht werden. Heute sind keine gemacht worden, aber bevor ich eine Gesamtdarstellung dessen vortrage, wie ich es sehe, möchte ich auf zwei, drei Argumente eingehen, die angeführt worden sind.
Herr Schlachter hat gefragt, warum die Landesbanken besonders betroffen seien. Es stimmt nicht, dass diese besonders be
troffen sind. Wenn Sie einmal herumschauen, werden Sie feststellen, dass die Privatbanken viel stärker betroffen sind – nicht im Besonderen in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch hier.
Sie haben gesagt, Verwaltungsräte seien nur Politiker. Das stimmt nicht einmal bei uns. Im Übrigen war bei der IKB die Creme der deutschen Wirtschaft im Aufsichtsrat; um das auch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen.
Da sollten wir uns nicht auch noch selbst beschimpfen.
Weiter ist gesagt worden, es bestehe die Gefahr, dass die BWBank die Sparkassen kannibalisiert.
Das stimmt so nicht. Eine ganz andere Sache ist interessant: Wir haben einmal untersucht, wie hoch die Anteile der großen Privatbanken – der Deutschen Bank, der Commerzbank, der Dresdner Bank – am Geschäft in Baden-Württemberg sind. Deren Anteile sind in Baden-Württemberg wesentlich geringer als in anderen Bundesländern. Das hängt auch damit zusammen, dass bei uns die BW-Bank bzw. die LBBW – je nachdem, wie Sie es nennen wollen – in diese Bresche gesprungen ist; sie macht also viel Unternehmensgeschäft, sie macht viel Beratungsgeschäft für wohlhabende Privatkunden.
Sie haben auch verschiedene Forderungen aufgestellt, was alles beschlossen werden sollte. Lieber Herr Schlachter, genau das machen wir nicht. Wir sind deswegen so erfolgreich, weil wir uns aus dem operativen Geschäft heraushalten und lediglich das strategische Geschäft machen.
Die drei Träger Land, Sparkassenverband und Landeshauptstadt – vertreten durch unseren Ministerpräsidenten, den Sparkassenpräsidenten Schneider und den Stuttgarter Oberbürgermeister – und auch die anderen Träger sind alle äußerst engagiert in dieser Bank. Aber – das habe ich schon immer gesagt – es kann nicht unsere Aufgabe sein, uns um Einzelfälle zu kümmern. Unsere Aufgabe ist es, die Gesamtrichtung mitzutragen, zu kontrollieren; das ist keine Frage. Das operative Geschäft – das haben andere Länder falsch gemacht – ist Sache des Vorstands, und zwar sowohl bei den Sparkassen als auch bei den Landesbanken.
Im Übrigen möchte ich Folgendes sagen: Wenn wir uns allein auf das Sparkassenzentralbankgeschäft konzentrieren würden – ich komme nachher noch darauf; das reine Sparkassenzentralbankgeschäft macht 10 bis 20 % am Geschäft der Landesbank aus –, könnten wir davon auf die Dauer nicht leben.
Noch eine letzte Sache – dies ist schon angesprochen worden –: Ich kann mich sehr gut erinnern, dass Ende der Achtzigerjahre vor allem die Opposition – Sie waren damals, glaube ich, auch dabei, Sie sind daran gewöhnt –
immer wieder darauf hingewiesen hat, Baden-Württemberg sei in der Gefahr, das Ruhrgebiet des 21. Jahrhunderts zu werden. Man hat das immer damit begründet, dass wir zu viel Industrie und zu wenig Dienstleistung hätten.
Es ist ja gut, wenn Warnungen ausgesprochen werden. Wir freuen uns ja, wenn die warnenden Vorhersagen nicht eintreffen.
Herr Kretschmann, Sie waren damals aber auch noch nicht dabei.
Wenn jemand warnend seine Stimme erhebt, sollte er hinterher nicht dann glücklich sein, wenn er recht hatte, sondern dann, wenn er nicht recht hatte.
Letzteres ist hier tatsächlich eingetreten.
Meine Damen und Herren, unsere Landesbank ist die bedeutendste Landesbank. In der Zwischenzeit – das hat heute schon einmal jemand erwähnt – ist Stuttgart der zweitwichtigste Finanzplatz in Deutschland. Der wichtigste Finanzplatz ist natürlich Frankfurt; das ist eine ganz andere Liga; das ist überhaupt keine Frage. Aber dann kommt bereits der Finanzplatz Stuttgart. Stuttgart hat hier Städte wie Düsseldorf und München überholt. Das hängt auch ganz eng mit der Landesbank und auch mit der Landespolitik, die ja mit dem Entstehen der Landesbank zu tun hat, zusammen.
Meine Damen und Herren, noch einige allgemeine Ausführungen. Dass es so gekommen ist, dass viele Landesbanken heute kein Geschäftsmodell mehr haben, hängt natürlich damit zusammen – dies ist heute auch schon einmal gesagt worden –, dass die Gewährträgerhaftung mit Wirkung zum Juli 2005 weggefallen ist. Vorher hatten die Landesbanken eine leichtere Refinanzierungsmöglichkeit. Sie hatten am internationalen Markt relativ preiswert Geld bekommen, weil das Risiko wegen der Bürgschaft der Länder als minimal eingeschätzt worden ist. Dadurch konnten sie international große Kredite vergeben – mit ganz kleinen Margen, die aber letzten Endes doch viel Gewinn abgeworfen haben. Nachdem die Gewährträgerhaftung weggefallen ist, war dies insgesamt hinfällig. Die meisten Landesbanken standen dann vor der Frage: Wie sollen wir neues Geschäft finden?
Heute ist von Herrn Schmid gesagt worden, diese Landesbanken sollten sich ein anderes Geschäftsmodell wählen. So
leicht ist es aber nicht mit dem Wählen. Es ist nicht so, dass die Geschäftsmodelle einfach herumliegen. Sie haben vorhin schon gehört: Wenn eine Landesbank anfängt, mehr Unternehmensgeschäft zu machen, bekommt sie mit den Sparkassen, möglicherweise auch mit den Volksbanken Schwierigkeiten.
Die Kannibalisierung, vor der Sie gewarnt haben, bezieht sich ja nicht nur auf eine Sparte, sondern auch auf andere. Da kennen Sie sich ja aus.
Übrigens haben die Volksbanken kein Zentralinstitut mehr in Baden-Württemberg. Sie haben einmal zwei Zentralinstitute hier gehabt. In der Zwischenzeit – ich möchte nur darauf hinweisen – läuft alles über Frankfurt, während die Sparkassen über die Landesbank noch eines bei uns haben.
Auf eines habe ich schon hingewiesen: Die Konzentration allein auf das Sparkassengeschäft, auf die Funktion als Sparkassenzentralbank, trägt nicht, denn sie bringt höchstens 10 bis 20 % des gesamten Geschäfts.
Man wird deswegen die Landesbanken ohne Frage im NichtSparkassengeschäft weiterentwickeln müssen. Da ist die Frage: Wie kann das gemacht werden? Die LBBW hat das geleis tet, wobei – ich gebe das offen zu – natürlich auch Glück im Spiel war. Aber Glück hat halt auf die Dauer nur der Tüchtige.
Die Landesbank Baden-Württemberg wurde am 1. Januar 1999 gegründet. Sie galt damals schon als bärenstarke Bank und nimmt inzwischen ungefähr Platz 5 unter den Banken in der Bundesrepublik Deutschland ein. Dies liegt daran, dass sie ein stimmiges Geschäftsmodell hat: Sie hat Unternehmenskunden, sie hat Kommunalfinanzierung, sie hat natürlich auch das Kapitalmarktgeschäft. Aber ganz wichtig ist, dass sie eben auch auf den anderen Gebieten – bei Unternehmenskunden und Privatkunden, bei der Kommunalfinanzierung – sehr eng mit dem Markt verzahnt ist.
Ich glaube, die Veränderungen in der europäischen Bankenstruktur verlangen, dass auch unsere Bank noch weiter wächst. Warum? Es gibt ganz bestimmte Teile der Bank, es gibt ganz bestimmte technische Einrichtungen der Bank, die tatsächlich von Größenvorteilen profitieren würden, z. B. die IT-Systeme. Das muss man mit aller Deutlichkeit sagen. Gleiches gilt auch für die Umsetzungen bestimmter rechtlicher Rahmenbedingungen, aber auch für die Übernahme großer Finanzierungen.
Was ich ebenfalls für ganz wichtig halte, ist die Begleitung unserer größeren Mittelständler ins Ausland. Wir sind ja alle sehr froh, dass wir eine mittelständische Wirtschaftsstruktur haben. Aber ein großer Teil unserer mittleren Mittelständler ist in der Zwischenzeit international aufgestellt. Da kann die Sparkasse allein oft nicht mehr helfen. Deswegen, glaube ich, ist es gut, wenn wir eine starke Landesbank haben, die überall international tätig ist – nicht in erster Linie, um in Asien oder Amerika originäres Geschäft zu machen, sondern um unsere Mittelständler ins Ausland zu begleiten. Die BASF oder Daimler brauchen diese Begleitung nicht, aber das mittelständische Unternehmen braucht sie, wenn es plötzlich in Asien oder auch in Amerika in einem fremden Markt auftritt.
Wir haben auf diesem Gebiet, glaube ich, noch eine gute Wachstumsperspektive, gerade auch als Mittelstandsbank. Dazu passt auch, dass die Sachsen LB übernommen worden ist und dass die bisherige Tochter Landesbank Rheinland-Pfalz, die ja im Augenblick noch eine hundertprozentige Tochter ist, wohl in den nächsten Wochen und Monaten voll in die LBBW integriert wird und im Grunde genommen den gleichen Status bekommt, wie ihn heute schon die BW-Bank hat.
Hier stehen auch große Unternehmen im Fokus, aber in erster Linie große Unternehmen mit Mittelstands- und mittelstands ähnlichen Strukturen. Ich glaube, das ist das, was wir auf jeden Fall leisten müssen. Ich muss es immer wieder sagen: Wir nehmen auch nicht unbedingt als Konsortialführer teil, sondern als Teilkreditgeber eines größeren Kredits bei ganz gro ßen Finanzierungen. Aber in erster Linie sollten wir uns um unsere großen Mittelständler kümmern.
Nun ist heute einige Male die Finanzmarktkrise angesprochen worden. Meine Damen und Herren, auch da ist viel Richtiges gesagt worden. Ich kann mich ganz kurzfassen.
Es wird immer von den Subprime-Krediten gesprochen. Ich sage Ihnen: Alle Probleme, die z. B. auch unsere LBBW hat, hängen nicht damit zusammen, dass sie unmittelbar an Subprime-Krediten beteiligt wäre, sondern kommen von den indirekten Auswirkungen auf den gesamten Finanzmarkt. Es war doch so, dass hier Papiere, von denen niemand wusste, was wirklich dahinter stand, kurzfristig refinanziert worden sind. Als sich dann plötzlich herausgestellt hat, dass ein Teil dieser Papiere weniger wert ist oder gar nichts mehr wert ist, hat der Markt nicht mehr funktioniert. Plötzlich sind die Kurse dieser Papiere ganz gewaltig in den Keller gesunken – was nicht heißt, dass sie wirklich so viel an Wert verlieren. Ich bin überzeugt, dass die meisten Papiere, wenn jemand stark genug ist, sie bis zur Endfälligkeit zu halten, wieder ihren Wert bekommen.
Ich will das einmal kurz erläutern. Wenn Sie ein Papier des Landes Baden-Württemberg kaufen, und wenn dann der Marktzinssatz höher steigt als der nominale Zinssatz auf diesem Papier, dann sinkt der aktuelle Wert dieses Papiers unter 100 %. Aber jeder weiß doch ganz genau: Wenn er das Papier fünf oder zehn Jahre hält, dann bekommt er vom Land BadenWürttemberg
100 % zurück. Darum geht es letzten Endes. Ich behaupte: Bei dem, was die Sachsen gemacht haben, war es nicht so sehr ausschlaggebend, dass sie die falschen Papiere gekauft hätten, sondern sie haben, gemessen an der Größe ihrer Bank,
zu viele Papiere gekauft. Das war das Problem. Sie haben im Grunde genommen diese langfristig laufenden Papiere monatlich refinanziert. Das ist natürlich gefährlich; jeder, der irgendwann einmal eine Handelsschule besucht hat, weiß, dass man langfristige Verpflichtungen nicht kurzfristig refinanzieren sollte. Offensichtlich haben das einige Banken
und vor allem auch die Amerikaner nicht gewusst.
Die haben möglicherweise auch die Handelsschule besucht, aber ich könnte Ihnen da einige Geschichten erzählen. Es ist richtig, wie vorhin gesagt worden ist: Der Hauptgrund war, dass die amerikanische Zentralbank zu großzügig mit dem Geld umgegangen ist und dadurch die Zinsen weiter heruntergedrückt hat, und dass dadurch – ich glaube, es war Herr Theurer, der das eben gesagt hat – eine spekulative Blase entstanden ist. Deswegen können wir froh sein, dass unsere Bundesbank mit ihrem Einfluss in der EZB so etwas nicht zulässt und dass die Inflationsbekämpfung bei uns eine ganz wichtige Aufgabe ist.
Auch die LBBW hat gewisse Probleme, aber diese stammen, wie gesagt, nicht direkt aus den Subprime-Krediten, sondern sie stammen nur indirekt daraus; das muss man zugeben. Die Refinanzierung ist wesentlich teurer geworden. Die Bankiers sprechen immer von den Spreads, die höher geworden sind. Weil die Refinanzierung teurer geworden ist, kann man eben nicht mehr den gleichen Gewinn erzielen wie bisher, und darunter leidet natürlich auch unsere LBBW.
Sie hat nun einen kleineren Teil in die Gewinn- und Verlustrechnung einbuchen müssen und den größeren Teil in die sogenannte Neubewertungsrücklage, was bedeutet, dass das nicht als Verlust ausgewiesen wird. Man muss aber sagen: Dies wird natürlich das Eigenkapital schmälern und damit eventuell auch die Kreditvergabemöglichkeit verringern, was auch wieder dazu führt, dass die Gewinne tendenziell belastet werden. Das muss man ganz offen sagen. Ich lege deswegen Wert auf die Feststellung, dass die LBBW keine Direktbeteiligung an diesen Subprime-Krediten hat, dass sie aber über den Markt indirekt natürlich von den Folgen betroffen ist.
Ich habe heute gerade noch einmal mit Vorständen gesprochen. Diese sind alle der festen Überzeugung, dass fast alles – wenn man in der Lage ist, die Endfälligkeit abzuwarten – nicht zu endgültigen Verlusten führen wird.
Meine Damen und Herren, vielleicht sollte man noch auf eines hinweisen: Die LBBW hat Wertpapiere in Höhe von 130 Milliarden €. Man muss sich diese Zahl einmal vorstellen: 130 Milliarden €! Da sind die Kursverluste von 1,1 Milliarden €, die, wie gesagt, keine endgültigen Verluste sind, doch relativ zu sehen.
Die letzte Frage ist: Wie geht es mit den Landesbanken weiter? Es ist keine Frage, dass dies eine große Diskussion ist. Vorhin ist gesagt worden, eine Landesbank würde auf Dauer reichen. Ich glaube, man muss dabei verschiedene Aspekte auseinanderhalten. Wenn es um die Funktion als Sparkassenzentralbank geht, glaube ich tatsächlich, dass eine reichen würde; übrigens sagt das auch Herr Haasis in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands.
Er hat vielleicht auch schon Ideen, welche das sein könnte. Auch er sagt: Eine einzige würde für diesen Zweck reichen.
Aber ich glaube, die Landesbanken haben zusammen mit den Sparkassen auf vielen Gebieten durchaus eine wichtige Aufgabe, indem sie auf der einen Seite die Bodenständigkeit –
durch die Sparkassen, aber auch durch sich selbst – ausnutzen, auf der anderen Seite jedoch gleichzeitig die Möglichkeit geben, international aktiv zu werden.
Eines ist klar: Die LBBW in Baden-Württemberg hat in den nächsten Monaten genug mit der Integration der Sachsen LB und der LRP zu tun. Ich glaube, sie wird sich nicht mehr aktiv bemühen, hier weiter bei der Konsolidierung mitzuarbeiten.
Im Übrigen sind zwei Banken zunächst auch noch nicht besser als eine allein, sondern wichtig ist, ob die andere Bank, die dazukäme oder mit der man zusammenginge, das richtige Geschäftsmodell hat und ob sie ihre Probleme gelöst hat. Es ist ja vorhin richtigerweise gesagt worden, dass die Westdeutsche Landesbank ähnlich wie die Sachsen LB auch einen Teil ihrer Probleme in eine Zweckgesellschaft ausgegliedert hat und diese Zweckgesellschaft letzten Endes mit einer Bürgschaft stützt.
Ich habe heute gerade gelesen – das ist eben über den Ticker gelaufen –, dass z. B. die WestLB auch noch damit rechnet, aufgrund einer Neuordnung ungefähr 1 400 Stellen abbauen zu müssen. Man muss sich das überlegen. Deswegen bin ich der Meinung: Wenn unsere Landesbank noch weiter bei der Konsolidierung der Landesbanken mitarbeitet, dann nur dann, wenn die Partner vorher ihre Probleme gelöst haben. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, die Probleme anderer Banken zu lösen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle einig: Das Schloss Salem ist nicht nur ein hochrangiges Denkmal der Baugeschichte, sondern auch ein Denkmal der Geistes- und Kulturgeschichte im süddeutschen Raum und sogar darüber hinaus.
Man sollte so etwas einmal feststellen, damit wir wissen, worüber wir diskutieren.
Die bis 1802 in diesem Gebäude residierende Zisterzienserabtei erreichte im 18. Jahrhundert eine führende Stellung. Eine Zeit lang war sogar der Generalabt der Zisterzienser für ganz Oberdeutschland in diesem Kloster beheimatet. Seit 1803 steht dieses Gebäude im Eigentum des Hauses Baden.
Meine Damen und Herren, jetzt wollen wir doch einmal eines feststellen: Das Haus Baden hat sich in der Vergangenheit alle Mühe gegeben, die ausgedehnte Liegenschaft in gutem Zustand zu erhalten. Dies war nicht nur notwendig für das Denkmal, sondern hat auch eine gewisse Bedeutung für den Tourismus in dieser Gegend und für die Arbeitsplätze. Denn mit dem Schloss und der Schule, die in diesem Schloss beheimatet ist, sind auch eine ganze Reihe von Arbeitsplätzen verbunden. Deswegen ist es notwendig, dies in seiner Bedeutung für den Bodenseeraum zu sehen.
Die Anlage des Schlosses Salem sollte man vielleicht auch noch einmal kurz beschreiben. Die räumliche Ausdehnung ist eine ungeheuere. Ich will ein Beispiel bringen: Wenn dieses Schloss in der Innenstadt von Stuttgart läge, würde die räumliche Ausdehnung ungefähr vom Hauptbahnhof bis zum Innenministerium reichen. Wir sprechen immer nur über das
Münster und das Schloss. In Wirklichkeit ist das eine Riesenanlage.
Das Münster – das ist ganz besonders wichtig – ist eine der wichtigsten gotischen Kirchen in Deutschland. Es ist, wie ich gelernt habe, nach dem Ulmer Münster und dem Freiburger Münster die drittgrößte baden-württembergische gotische Kirche.
Das ist alles notwendig, damit Sie erkennen, dass wir eine Lösung aus einem Guss brauchen.
Deswegen schildere ich das noch einmal.
Es zeigt aber auch, dass das Haus Baden mit dem Unterhalt dieser Anlage finanziell überfordert war. Es ist in den letzten Monaten oft davon gesprochen worden, das Haus Baden sei pleite. Das ist unsinnig.
Das Land ist keineswegs pleite. Wo waren Sie denn gestern, als wir den Haushalt verabschiedeten?
Da hätten Sie doch merken müssen, wie gut wir dastehen.
Das Haus Baden ist also keineswegs pleite. Die Geschäfte gehen, allerdings gehen sie nicht so gut, dass man daraus den Unterhalt einer so großen Anlage bezahlen könnte. So einfach ist die ganze Sache. Deswegen war das Haus Baden in den letzten Jahren finanziell überfordert und hat Wert darauf gelegt, diese Klosteranlage, wenn es sein muss, anders verwerten zu können. Es ist davon gesprochen worden, dass die Liegenschaft eventuell veräußert wird. Dazu, wie wahrscheinlich es ist, dass so etwas gelingen kann, werde ich nachher noch einiges sagen.
Eine solche Veräußerung könnte zur Folge haben, dass Schloss Salem für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich ist. Die Landesregierung will und muss dieses hochwertige Denkmal in seiner vielfältigen Bedeutung für die Öffentlichkeit und für das Land aber weiterhin erhalten; auch darüber besteht, glaube ich, Einigkeit. Wir werden deshalb mit dem Haus Baden Gespräche führen müssen mit dem allgemeinen Ziel, dafür zu sorgen, dass diese Schlossanlage auch in Zukunft für die Öffentlichkeit von Baden-Württemberg und ganz Deutschland sowie für alle Besucher zur Verfügung steht.
Das Haus Baden hat ein Gutachten zur Wertermittlung in Auftrag gegeben. In der letzten Woche wurde die Zusammenfassung übergeben. Dazu muss man sagen, dass in diesem Gutachten nicht die gesamte Anlage bewertet wurde, sondern nur ein Teil. Ausgenommen sind das Münster und das Schloss, und ausgenommen ist auch der Teil, der, wenn Sie die Straße als vorne betrachten, hinter dem Schloss liegt, die Wiesen und
das Rentamt usw. Einbezogen ist im Grunde genommen nur der entlang der öffentlichen Straße liegende Teil von Gebäuden.
Nun hat die mit der Bewertung dieser Gebäude beauftragte Firma, die ein sehr renommiertes Unternehmen ist, das sogenannte Sachwertverfahren gewählt. Das Sachwertverfahren ermittelt, was – sofern das bei einem Schloss überhaupt möglich ist – ein Neubau kosten würde, abzüglich von Abschreibungen, die den heutigen Zustand beschreiben sollen.
Dieses Sachwertverfahren bringt uns aber relativ wenig, um es ganz eindeutig zu sagen. Ganz im Gegenteil: Wir sind sogar rechtlich verpflichtet, den sogenannten Verkehrswert heranzuziehen, wenn wir etwas kaufen. Dabei wird ermittelt, was das Objekt wert wäre, wenn man es am Markt verkaufen würde.
Damit wir nicht in ein falsches Licht geraten: Es ist doch ganz klar, dass der Wert von Salem weit über den Preis hinausgeht. Ich will klarstellen, dass es hier um zwei verschiedene Dinge geht – darüber dürfte kein Streit entstehen –: Wert ist eine ethisch-moralische Angelegenheit, der Preis eine ökonomische.
Wir haben uns aber um den Preis zu kümmern. Dass das Schloss und das Münster für die Öffentlichkeit erhalten bleiben sollen, ist selbstverständlich. Wenn das Land BadenWürttemberg oder irgendjemand anders etwas davon erwirbt, erwirbt er allerdings nicht den kulturhistorischen Wert, sondern das, was am Markt wirklich verkäuflich wäre und möglicherweise auch durch einen Dritten gekauft werden könn te.
Denn eines müssen Sie auch sehen: Die Anlage Salem – ich habe mich einmal darum gekümmert – findet sich nicht etwa unter einer einzelnen Flurstücksnummer, sondern befindet sich auf Dutzenden von Flurstücken. Wir sehen das immer als eine Anlage, die zusammengehört. Aus Sicht des Grundbuchs sind es viele einzelne Grundstücke – um das einmal vorweg zu sagen.
Wenn wir etwas erwerben würden, wären wir also auf jeden Fall gezwungen, nach dem Verkehrswert zu bewerten und in dieser Richtung weiter zu verhandeln. Wir sind deswegen der Meinung, dass das Land nach diesem Schema, nämlich auf dem Verkehrswert aufbauend, ein unabhängiges Wertgutachten erstellen lassen sollte. Ich gehe davon aus, dass das Haus Baden damit einverstanden ist, wenn wir so etwas tun.
Ich bin davon überzeugt, dass wir innerhalb weniger Wochen ein Ergebnis vorliegen haben werden. Wir sind bereit, dann mit dem Haus Baden zu verhandeln – ich muss es noch einmal sagen: immer mit dem Ziel, diese Anlage zu erhalten. Dabei können wir nur etwas bezahlen, was auch am Markt einen Wert hätte, nicht etwa nur den kulturhistorischen oder den bauhistorischen Wert. Das ist ganz klar.
Nun ist immer wieder gesagt worden, dass das Grundstück in der Zwischenzeit verkauft werden könnte. Ich halte das für relativ unwahrscheinlich oder fast unmöglich. Ich glaube nicht, dass es auf der Welt so viele Leute gibt, die diese Anlage kaufen würden.
Kürzlich waren Schweizer hier zu Besuch und haben gesagt: „Nur einem Feind schenkt man ein Schloss.“
Ganz klar: Üblicherweise verursacht ein Schloss hohe Unterhaltskosten. Wir haben ja 47 Schlösser und kennen uns deswegen aus. Ich glaube nicht, dass die Gefahr besteht, dass Schloss Salem kurzfristig verkauft wird, und ich muss sagen: Auch der Prinz von Baden will nicht, dass es an irgendeinen Fremden verkauft wird.
Deswegen ist das genannte Vorkaufsrecht zwar existent, aber ohne größere Bedeutung.
Alles in allem, meine Damen und Herren: Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Ich bin überzeugt, dass wir in der Lage sein werden, das Schloss Salem für die Öffentlichkeit zu erhalten.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Nachtragshaushalt ist in der Regel ein Haushalt ohne besondere Bedeutung.
Im Allgemeinen werden nur noch Korrekturen zum Urhaushalt angebracht. Normalerweise geht es darum, dass zwangsläufig administrativ nachvollzogen wird, was sich im letzten Jahr entwickelt hat.
So ist es bei diesem Nachtragshaushalt aber nicht. Dieser Nachtragshaushalt ist nun wirklich ein Haushalt ganz eigener Art. Er ist ein historischer Haushalt. Es ist eine Zeitenwende in unserer Finanzpolitik. Wir werden in den nächsten 20 oder 30 Jahren immer an diesen Nachtragshaushalt zurückdenken.
Zum ersten Mal seit 45 Jahren bringen wir einen Haushalt ein, der keine neuen Schulden vorsieht.
Vorhin ist gesagt worden, es sei der erste Haushalt seit 35 Jahren, der keine neuen Schulden habe. Das ist kein Widerspruch. In dem Haushalt vor 35 Jahren waren nämlich noch Schulden geplant, im Ist sind aber keine Schulden herausgekommen. Aber zum letzten Mal wurde im Jahr 1942, Pardon, 1962 – 1942 ist mein Geburtsjahr; so lange ist es noch nicht her –
ein Haushalt ohne neue Schulden aufgestellt.
Das Interessante ist, dass dies in der Zwischenzeit auch von den Ratingagenturen anerkannt ist. Standard & Poor’s hat unser Rating auf AA+/Positiv erhöht.
Damit sind wir wieder kurz vor dem AAA und liegen damit ganz eindeutig vor Sachsen, allerdings hinter Bayern.
Vor Berlin und allen anderen Ländern außer Bayern, selbstverständlich. Wir stehen an zweiter Stelle. „Positiv“ bedeutet: Wenn wir unseren Kurs noch ein oder zwei Jahre fortführen, werden wir wieder ein AAA erhalten, wie es in den vergangenen Jahren auch der Fall war.
Hier sind einige Dinge angesprochen worden, auf die ich doch einmal eingehen möchte. Ich habe den Eindruck, die Tatsache, dass wir Rücklagen gebildet haben, ist als etwas Schlech tes dargestellt worden.
Das ist das Gegenteil. Wir müssen doch Rücklagen bilden. Wir wollen keine neuen Schulden mehr machen. Ich komme nachher darauf zurück.
Es wäre töricht, nicht in guten Zeiten dafür vorzusorgen, dass man auch in schlechten Zeiten in der Lage ist, ohne neue Schulden auszukommen. Sie können doch nicht im Ernst glauben, dass man Schulden ganz einfach verbieten kann. Wenn dann plötzlich die Steuereinnahmen einbrechen, müsste man Menschen entlassen – das ist gar nicht möglich, zumindest bei Beamten nicht; das wollen wir auch nicht – oder die Arbeit an Baustellen einstellen. Weil wir beides nicht wollen, wollen wir einen atmenden Haushaltsplan. Dafür ist es notwendig, dass wir in guten Zeiten Rücklagen bilden, die wir dann in schlechten Zeiten wieder abbauen können.
Wir haben in der Tat über 700 Millionen € an Rücklagen als Vorsorge für Steuermindereinnahmen. Das ist vorhin beklagt worden. Vorhin hat jemand – ich glaube, es war Herr Rust – gesagt, die Mindereinnahmen seien doch schon eingepreist. Auf der anderen Seite hat Herr Kretschmann gesagt, dass die Konjunktur wohl schon im nächsten Frühjahr zurückgehen würde. Ich hoffe das nicht. Denkbar ist so etwas. Deshalb ist es, glaube ich, eigentlich eine Forderung an den ehrbaren Abgeordneten, Rücklagen zu bilden, so wie dies bei einem Kaufmann auch üblich ist. Wir müssen deswegen Rücklagen für solche Zeiten bilden.
Wir haben auch Grundstückserlöse – das sage ich auch ganz offen – in Höhe von 160 Millionen € im Grundstock belassen. In den vergangenen Jahren war es immer üblich, dass Grundstückserlöse sofort wieder für irgendwelche Ausgaben verwendet worden sind. Wir haben sie dieses Mal im Grundstock belassen. Wenn wir später eine Investition vornehmen wollen, können wir das Geld dafür dem Grundstock entnehmen.
Weiterhin haben wir eine Schuldentilgung in Höhe von 250 Millionen € vorgenommen. Das ist zum ersten Mal überhaupt geschehen, seitdem das Land Baden-Württemberg besteht.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie des Abg. Oswald Metzger (fraktionslos)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Diskussion hat ja zwei Facetten. Auf der einen Seite gibt es den Referentenentwurf zum Erbschaftsteuer- und Bewertungsrecht, und auf der anderen Seite steht die Frage der Übertragung von Zuständigkeiten auf die Länder.
Ich darf vielleicht zum ersten Punkt noch einige Sätze sagen. Sie wissen ja, dass ich selbst auch an den Sitzungen der Arbeitsgruppe teilgenommen habe, die diese Eckwerte festgelegt hat. Ich muss sagen: Ich stehe dazu. Ich selbst stehe dazu, und alle anderen, die in dieser Arbeitsgruppe mitgewirkt haben, stehen auch dazu.
Ich muss jetzt doch einmal einiges zur Erläuterung anführen. Wir haben ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgehalten, dass es nicht angeht, dass die verschiedenen Vermögensarten so unterschiedlich besteuert werden. Insbesondere ist festgestellt worden, dass das Betriebsvermögen weit unter seinem Verkehrswert und dass auch das Immobilienvermögen unter dem Verkehrswert besteuert wird. Das Bundesverfassungsgericht hat verlangt, den gemeinen Wert anzusetzen. Vorhin ist einmal gesagt worden, man wisse nicht, was das eigentlich sei. Diese Frage muss ich an das Bundesverfassungsgericht zurückgeben, denn dieser Begriff steht in dem entsprechenden Urteil. Jedenfalls hat das Bundesverfassungsgericht diesen Ansatz verlangt.
Es hat aber auch noch etwas anderes gesagt. Die Richter sagten, es könne Vermögensverschonungen geben, und zwar
dann, wenn eine Vermögensart in ihrer Nutzung dem Gemeinwohl diene. Es geht also nicht so sehr darum, den Erben zu verschonen, sondern es müssen die Zwecke des Gemeinwohls besonders im Vordergrund stehen. Da hat man eben beim Betriebsvermögen in erster Linie an die Arbeitsplätze und beim Immobilienvermögen an die Wohnungen gedacht.
Wir müssen aber eines sehen: Bisher haben die Erben der kleineren bis mittelgroßen Vermögen – die Erben der ganz kleinen Vermögen haben nichts bezahlt – die Zeche bezahlt. Wenn man z. B. ein Sparbuch vererbt hat, wenn man Aktien oder festverzinsliche Wertpapiere vererbt hat, so, wie das bei mittleren Vermögen häufig der Fall ist, dann sind die voll zum jeweiligen Kurswert angesetzt worden. Das ist sogar so weit gegangen: Wenn jemand im Frühjahr des Jahres 2000 gestorben ist und Aktien vererbt hat, dann konnte im Spätjahr 2003, wenn der Steuerbescheid gekommen ist, aus den Aktien nicht einmal mehr die Erbschaftsteuer bezahlt werden, weil tatsächlich der Tageskurs angesetzt wird.
Ja. – Es ist in der Tat so: Am stärksten belastet war das sons tige Vermögen, das üblicherweise zu den mittleren Vermögen zählt. Die ganz großen Vermögen – das wissen wir doch alle – sind doch in aller Regel in den Unternehmen. Machen wir uns nichts vor: Da ist nur ein relativ geringer Teil angesetzt worden.
Aber ich sage noch einmal: Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich Verschonungsregelungen ermöglicht.
Nun haben die beiden Regierungsfraktionen in Berlin erklärt, dass sie sowohl das Betriebsvermögen verschonen wollen als auch auf der anderen Seite das bisherige Steueraufkommen von 4 Milliarden € halten wollen. Die ganze Reform sollte aufkommensneutral sein. Jetzt muss ich natürlich sagen: Wenn der gleiche Betrag herauskommen soll – das haben sowohl die CDU als auch die SPD getragen; ich sage das, damit hier kein falscher Zungenschlag hereinkommt: das haben alle gesagt –, dann muss, wenn einer weniger bezahlt, ein anderer mehr bezahlen.
Nun sage ich noch einiges – da bin ich auch einmal falsch in der Zeitung zitiert worden – zum Mehraufkommen. Das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer wird steigen,
aber nicht wegen der gesetzlichen Regelungen, sondern weil mehr vererbt wird. Das Aufkommen ist in den letzten Jahren laufend gestiegen und wird in den kommenden Jahren noch ganz beträchtlich steigen.
Nun hat man für die vier Vermögensarten verschiedene Regelungen gefunden. Für das übliche Vermögen, also für die festverzinslichen Wertpapiere, Sparbücher usw., bleibt es wie bisher.
Beim Betriebsvermögen wird man zunächst einmal den gemeinen Wert suchen. Das ist bei einem Unternehmen nicht ganz leicht. Man wird also den Wert simulieren, den man er
zielen würde, wenn man das Unternehmen verkaufen würde. Das ist bei einer Aktiengesellschaft, bei einer Publikumsgesellschaft relativ einfach. Bei einem Familienunternehmen aber ist das natürlich relativ schwierig.
Aber immerhin, man sucht diesen Wert.
Dann ist eine Riesendiskussion entstanden. Es war nämlich ganz klar, dass man zwischen produktivem und nicht pro duktivem Vermögen unterscheiden wollte. Dann haben unsere Unternehmer – auch die großen Mittelständler – plötzlich gemerkt, dass alles Vermögen, das sich im Ausland befindet, als nicht produktives Vermögen gilt. Ich war mit großen Mit telständlern aus Baden-Württemberg zusammen. Sie waren plötzlich gegen diese Unterscheidung. In Bezug auf das nicht produktive Vermögen haben sie immer den Picasso an der Wand genannt. Das sieht jeder ein. Aber viel stärker wäre natürlich ins Gewicht gefallen, dass jede Auslandsniederlassung als nicht produktives Vermögen gegolten hätte.
Deswegen hat man diese Abschmelzung, die zunächst auf 100 % festgelegt war, wegfallen lassen und gesagt: Wir verzichten jetzt darauf, diese Unterscheidung zwischen produktivem und nicht produktivem Vermögen vorzunehmen, und nehmen pauschal an, 15 % des Vermögens seien nicht produktiv. Deswegen werden 85 % abgeschmolzen. Das heißt, 85 % des Betriebsvermögens werden nicht versteuert, und 15 % werden der Steuer unterworfen.
Nun gibt es allerdings Bestimmungen, von denen wir bei einer auch glauben, dass sie eine zu lange Frist beinhaltet. Das Betriebsvermögen soll nämlich 15 Jahre gehalten werden. Wir wollen noch einmal versuchen, ob man diese Frist auf zehn Jahre senken kann. Die Abschmelzung erfolgt über zehn Jahre, aber dann soll das Vermögen weitere fünf Jahre gehalten werden.
Wer wird bei dieser Reform, wenn sie kommt, gewinnen, und wer wird verlieren? Die mittelständischen Unternehmen und die kleinen, die immer wieder genannt werden, werden eher besser behandelt als vorher.
Es kann sein, dass der eine oder andere große Mittelständler, der nur seine Produktion in Deutschland hat, eventuell mehr bezahlt. Wichtig ist aber: Von den 4 Milliarden € – das ist zumindest die Berechnung, die heute aufgestellt ist – zahlen die Unternehmen noch weniger als vorher.
Bisher betrug ihr Anteil 14 %, nach den neuen Berechnungen sind es 12 %. Das sind natürlich immer Prognosen. Kein Mensch weiß, wie es wirklich sein wird. Aber in der Tendenz wird es sicher so sein.
Verlierer werden die Besitzer größerer Immobilien sein. Denn damit die Reform nicht so durchschlägt, hat man die Freibeträge erhöht. Nun ist natürlich ein Freibetrag von 500 000 €
für die Ehepartner und von 400 000 € für die Kinder eine schöne Sache. Aber wenn jemand ein großes Immobilienvermögen vererbt, wird sich das nicht niederschlagen. In der Tat, wenn jemand ein großes Immobilienvermögen erbt, dann kann er stärker besteuert werden, als das bisher der Fall war.
Das sind die Vermögensgruppen.
Die Landwirtschaft ist faktisch kaum betroffen. Bei den Landwirten werden wohl nur die ganz großen Betriebe, von denen es in Baden-Württemberg praktisch keine gibt – es gibt sie in anderen Ländern, vielleicht in Bayern oder in MecklenburgVorpommern; aber da sind es in aller Regel keine privaten Betriebe –,
etwas belastet werden, die anderen aber nicht.
Alles in allem bin ich der Meinung: Damit kann man leben.
Bei einer anderen Sache, über die diskutiert worden ist, muss ich Ihnen zum Teil wirklich recht geben: Die Erbschaftsteuer trägt natürlich – in Anführungszeichen – nur 0,7 bis 0,8 % des Steueraufkommens und ist relativ schwierig zu erheben. Wenn wir das Geld anders erzielen könnten, dann könnten wir darüber diskutieren.
Aber 600 Millionen € – – Es sind auch 500 Millionen € genannt worden. Das ist sehr unterschiedlich; manchmal haben wir auch 600 Millionen €. Das hängt von Einzelfällen ab. In Baden-Württemberg gab es schon manchmal Einzelfälle von 100 Millionen € in einem Jahr. Deswegen schwanken die Einnahmen, die wir aus der Erbschaftsteuer erzielen, so stark. Ich will nur erklären, warum das Aufkommen so rauf- und runtergeht. Das ist in der Tat ein Problem.
Jetzt zum Thema Föderalismus. Wir, der Ministerpräsident und die ganze Landesregierung, vertreten wirklich die Ansicht, dass man Steuerautonomie geben sollte, und zwar auf möglichst vielen Gebieten.
Ich glaube nicht, dass im Prinzip jemand dagegen ist – zumindest in Baden-Württemberg.
Die Schwierigkeit ist, dass in allererster Linie die Empfängerländer im Finanzausgleich dagegen sind, soweit ich das in der Föderalismusreformdebatte sehe.
Das würde bedeuten, wenn es etwas bewirken soll, meine Damen und Herren, dass man es nicht nur auf die Landessteuern beschränken darf. Da muss ich ganz offen meine Meinung sagen. Es muss dann auch bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer möglich sein.
Man kann darüber reden, aber eines ist auch klar: Der Länderfinanzausgleich ist, wie er ist. Ich kann zwar sagen: „Er ist nicht in Ordnung, er passt uns nicht“, aber er ist, wie er ist. Beim Länderfinanzausgleich müsste man eine Regelung treffen, wie wir sie heute beim kommunalen Finanzausgleich haben. Beim kommunalen Finanzausgleich wird, wenn eine Gemeinde Gewerbesteuer erhebt, immer der Hebesatz 290 angesetzt. Wenn die Gemeinde einen Hebesatz von 400 erhebt, dann gehört der Gemeinde alles, was sie rechnerisch zwischen 290 und 400 hat.
Wenn eine Gemeinde weniger erhebt, z. B. einen Hebesatz von 250 erhebt – – So etwas gibt es sogar ganz in der Nähe meines Wahlkreises.
Das ist in diesem Fall möglich. Ich will es Ihnen sagen, weil es um Walldorf geht.
Diese Stadt hat hohe Steuereinnahmen. Das kann man sagen, weil es in der Zeitung stand und weil sie ihren Haushalt veröffentlicht. Das hat nichts mit Steuerrecht zu tun. Diese kleine Gemeinde hat so hohe Steuereinnahmen, dass sie trotz dieses niedrigen Steuersatzes – – Die Stadt muss tatsächlich aus einem höheren Aufkommen, als ihr zufließt, die Abgaben an das Land zahlen. So wäre es hier natürlich auch, wie es schon einige Male gesagt worden ist. Es ist trotzdem nicht ausgeschlossen, aber ich glaube, nur so wird es funktionieren.
Ich darf noch zwei Dinge aus meiner Sicht dazu sagen. Es wird gesagt, die Baden-Württemberger seien stärker betroffen. Gut, wenn jemand mehr vererbt, ist er eben stärker betroffen.
Aber eines scheint mir doch logisch zu sein: Das wäre eventuell eine Variation der Freibeträge beim eigengenutzten Haus. Denn es ist wirklich so: Wenn Sie ein Haus erben und es selbst nutzen, dann ist es in Baden-Württemberg in der Regel teu rer.
Wenn Sie fünf große Immobilien erben, die teurer sind, dann sind Sie eben reicher. So einfach ist das. Beim eigengenutzten Haus dagegen kann man darüber reden. Wir werden die Überlegung hinsichtlich des Freibetrags beim eigengenutzten Haus für Baden-Württemberg weiterverfolgen. Allerdings würde das Land dann den Verlust zu tragen haben. Denn in den Finanzausgleich geht nach wie vor der höhere Wert ein. Immer
hin, darüber kann man reden. Wir haben auch den Antrag eingebracht, der noch nicht durchsetzbar war, eventuell für Eheleute die Steuer ganz wegfallen zu lassen – also nur für Ehepartner.
Das waren unsere Vorschläge.
Selbstverständlich.
Zunächst einmal gab es gerade bei den superliberalen Amerikanern im letzten Jahrhundert Milliardäre, die ganz anders dachten. Das muss ich als Erstes einmal sagen. Man darf nicht jede Forderung nach sozialer Gerechtigkeit als Neid diffamieren.
Es hilft nicht viel, wenn der Beifall von der falschen Seite kommt.
Das Zweite, was Sie angesprochen haben, ist richtig: Das ist eine Substanzbesteuerung. Aber dort, wo die Substanz das Gemeinwohl fördert, hat man deswegen – insbesondere beim Unternehmensvermögen – eine Ausnahme gemacht.
Jetzt zu einer ganz anderen Sache: Wir haben doch das kanadische System studiert.
Ich glaube, dass unser Steuersystem – das hat schon einmal jemand vor ein paar Wochen hier im Plenum gesagt; ich weiß nicht mehr, wer es war – in Zukunft viel stärker auf eine Substanzbesteuerung hinauslaufen wird, weil die anderen Faktoren zu volatil sind. Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern können, wie hoch z. B. die Grundsteuer in Kanada war
oder wie hoch die Grundsteuer in der Schweiz oder in Frank reich ist.
Nein. Darüber könnten wir noch stundenlang diskutieren.
Ein letzter Satz noch. Wir haben allerdings eine Steuerquote von 22 %, die im internationalen Maßstab in der Mitte liegt oder sogar als gering eingestuft wird. Das müssen wir auch sehen.
Das ist eine andere Sache.
Zweitens werden wir nachher über den Nachtragshaushalt diskutieren. Ich bin dafür, dass die Steuern unter zwei Bedingungen gesenkt werden: dass wir erstens unsere Aufgaben erfüllen und dass wir zweitens keine weiteren Schulden machen. Das sind die Bedingungen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor fast genau einem Jahr habe ich den Doppelhaushalt 2007/2008 eingebracht. Bereits damals hat sich gezeigt, dass sich die wirtschaftliche Lage bessert. Wir haben dennoch den Konsolidierungskurs beibehalten, und wie Sie heute sehen werden, hat sich das gelohnt.
Der strenge Kurs und die Investitionen, die wir für die Zukunft des Landes vorgenommen haben, haben sich bezahlt gemacht. Hinzu kommen natürlich die sprudelnden Steuereinnahmen. Deswegen kann man sagen: Wir bringen heute zum ersten Mal – zumindest gilt das für den Zeitraum der letzten zehn Jahre – einen Nachtragshaushalt aus dem Grund ein, dass sich die Situation verbessert hat. Normalerweise haben wir mit einem Nachtragshaushalt immer eine Verschlechterung der Situation heilen müssen.
Es ist, wenn Sie so wollen, wirklich ein fast historischer Nachtragshaushalt. Denn eines kommt noch hinzu: Wir haben die feste Absicht, nicht nur in diesem Haushalt, sondern auch in allen kommenden Haushalten keine Schulden mehr zu ma
chen. Ich glaube, wenn uns das gelingt, dann bedeutet das wirklich eine Zeitenwende in der Finanzpolitik.
Wir legen bereits für das Jahr 2008 einen Nachtragshaushalt ohne Neuverschuldung vor, ja, wir werden sogar Altschulden tilgen, und zwar in Höhe von 250 Millionen €. Die gute Entwicklung der Steuereinnahmen in den letzten beiden Jahren ist eine hervorragende Ausgangsbasis. Wir werden deshalb die Nullneuverschuldung auch in Zukunft beibehalten können.
Meine Damen und Herren, gerade in der jüngeren Vergangenheit waren die Steuereinnahmen über Jahre hinweg nicht gewachsen, sondern hatten sich sogar zurückentwickelt. Ich darf darauf hinweisen, dass wir noch im Jahr 2005 niedrigere Steuereinnahmen als im Jahr 1999 hatten. Das hatte viele Gründe. Zum Teil ging das auf gewollte Steuersenkungen zurück, zum Teil auf handwerklich nicht gut gemachte Steuerreformen wie die Körperschaftsteuerreform.
Das hat zu großen Ausfällen geführt. Aber immerhin: Inzwischen sprudeln die Steuerquellen wieder.
Für das laufende Jahr 2007 erwarten wir nach der Steuerschätzung vom November – die ist jetzt präzise, weil das Jahr beinahe um ist – Mehreinnahmen von 11,1 % gegenüber dem Jahr 2006. Bereits im Jahr 2006 hatten wir eine Steigerung um 8 % gegenüber dem Jahr 2005.
Im nächsten Jahr werden sich die Steigerungen fortsetzen, aber längst nicht mehr im gleichen Rhythmus wie in den letzten zwei Jahren. Die Sachverständigen und auch die Steuerschätzer erwarten in ihrem Gutachten, dass wir im nächsten Jahr noch einmal 3 % mehr Steuern einnehmen werden als im Jahr 2007.
Woher kommen die höheren Einnahmen? Es ist klar: Die höheren Einnahmen sind in erster Linie der guten Konjunktur zu verdanken. Aber man sollte redlich sein: Sie sind auch der Erhöhung der Mehrwertsteuer zu verdanken.
Allerdings haben auch die Reformen in der Arbeitsmarktpolitik viel zum konjunkturellen Aufschwung beigetragen. Die Reformen der letzten Jahre beginnen sich allmählich zu lohnen und bezahlt zu machen.
Man muss auch feststellen, dass sich unsere Unternehmen in einem komplizierten wirtschaftlichen Umfeld ganz hervorragend entwickelt haben. Die deutschen und insbesondere die baden-württembergischen Unternehmen – das sehen Sie an unserer hohen Exportquote – haben einen starken Aufschwung erleben können. Besonders bei den baden-württembergischen Unternehmen war dieser Aufschwung sogar stärker als in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt. Sie haben viel getan: Sie haben umstrukturiert, modernisiert, neue Verfahren eingeführt und neue Produkte entwickelt. Dies alles hat zu einer positiven Entwicklung beigetragen.
Genauso viel dazu beigetragen hat allerdings die sehr moderate Tarifpolitik, die in den letzten Jahren betrieben worden
ist. Auch das muss, glaube ich, mit aller Deutlichkeit gesagt werden.
Nur durch diese beiden Entwicklungen – durch die gute Arbeit der Unternehmen und durch die moderate Tarifpolitik – war es möglich, dass wir gegenüber dem Rest der Welt im Wettbewerb an Kraft gewonnen haben, wenn man das so ausdrücken darf.
Insbesondere bei den Exporten waren bisher große Zuwachsraten zu verzeichnen. Gott sei Dank haben diese Zuwachsraten in diesem Jahr nun auch bei der Binnenkonjunktur ihre Wirkung gezeigt. Auch die Binnenkonjunktur beginnt allmählich anzuspringen.
Die Unternehmen haben wesentlich mehr investiert. Dabei ist ganz wichtig: Das waren nicht nur Rationalisierungs- und Modernisierungsinvestitionen, sondern es waren wirklich Kapazitätserweiterungsinvestitionen, was letzten Endes ein Zeichen von Wachstum ist. Dadurch ist die Zahl der Arbeitsplätze gestiegen. Die Beschäftigung hat zugenommen, und zwar gilt das nicht nur für die Beschäftigung im Allgemeinen, sondern auch für die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, die gegenüber den Vorjahren ganz eindeutig gestiegen ist.
Die Arbeitslosigkeit hat sich deutlich verringert. Zum ersten Mal – das ist eine besonders gute Entwicklung – schlägt das auch auf Problemgruppen durch. Wir haben in Baden-Würt temberg eine Arbeitslosenquote von 4,3 %. Die Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg ist seit vielen Jahren die niedrigste in der Bundesrepublik Deutschland. Übrigens hatten wir eine solch niedrige Quote seit 14 Jahren nicht mehr. Die Arbeitslosenquote war zuletzt vor 14 Jahren so niedrig. Heute – das ist schon einige Male gesagt worden – haben wir in bestimmten Branchen und bei bestimmten Berufsgruppen sogar große Probleme, Arbeitskräfte zu finden. Man hört immer wieder, dass das heute bereits eine Wachstumsbremse sei.
Auch der Staat hat mehr investiert, wobei man hier sagen muss, dass durch diese Investitionen natürlich auch das gesamtwirtschaftliche Geschehen positiv beeinflusst worden ist. Diese Investitionen in die Infrastruktur sind zum allergrößten Teil von den Kommunen gekommen, nicht vom Bund und auch nicht von den Ländern.
Der konjunkturelle Aufschwung hat auch die Arbeitsplatzsicherheit erhöht und zu höheren Tariflöhnen und Tarifgehältern geführt. Das wird sich – davon bin ich fest überzeugt – in den kommenden Jahren auch im Konsum auswirken. Es ist keine Frage, dass sich die Mehrwertsteuererhöhung natürlich eher negativ auf den Konsum ausgewirkt hat. Aber offensichtlich hat das nicht so stark durchgeschlagen, denn auf der anderen Seite hat sich durch die gute Konjunktur Verschiedenes doch nicht so schlecht entwickelt, wie Sie es immer prognostiziert haben.
Die Bundesregierung hat für die Steuerschätzung vom November Wachstumsraten von real 2,4 % für 2007 und 2,0 %
für 2008 zugrunde gelegt. Auch der Sachverständigenrat erwartet ein ähnliches Wachstum, wobei man sagen muss, dass das immer reale Werte sind. Wenn wir dann sehen, dass wir gerade in den letzten Wochen und Monaten eine relativ hohe Inflationsrate haben, dann können wir davon ausgehen, dass das nominale Wachstum, von dem z. B. die Mehrwertsteuereinnahmen abhängen, eher noch wesentlich höher sein wird als in den vergangenen Jahren.
Meine Damen und Herren, es ist keine Frage, dass die Konjunktur auf einer soliden Basis steht. Das ist auch das Ergebnis der Reformen, die vor drei oder vier Jahren im Bundestag – aber auch mit Unterstützung des Bundesrats – durchgesetzt worden sind. Ich darf darauf hinweisen, dass auch die Landesregierung von Baden-Württemberg diese Reformen mitgetragen hat. In den entsprechenden Vermittlungsverfahren haben, so meine ich, alle Fraktionen mit Ausnahme der Linksfraktionen zugestimmt. Es war so; ich war ja immer dabei. Ich glaube, wir können alle stolz sein, dass wir da einiges erreicht haben.
Jetzt kommen wir zu einem ganz anderen Punkt. Die, die so stolz waren, dass in erster Linie sie diese Reformen initiiert haben, stehen zurzeit in der Gefahr, sie teilweise wieder zurückzunehmen.
Davor möchte ich warnen. Es wäre sehr verhängnisvoll, wenn man das, was sich für die Wirtschaft in Deutschland gut ausgewirkt hat, nun wieder rückgängig machen würde. Das darf auf keinen Fall kommen.
Meine Damen und Herren, alle staatlichen Ebenen haben sich der Haushaltskonsolidierung verschrieben. Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft klar signalisiert: Es darf in Zukunft keine Steuererhöhungen mehr geben, um die Zinsen zu finanzieren, die aufgrund einer steigenden Nettokreditaufnahme zu zahlen sind. Wir wissen alle, dass Schulden von heute immer die Gefahr mit sich bringen, dass sie sich in den Steuern von morgen niederschlagen. Deswegen ist es wichtig, dass keine Schulden mehr gemacht werden.
Wir stellen fest, dass die Begehrlichkeiten auf fast allen Gebieten der Politik bereits wieder steigen. Wir haben dem widerstanden – was man von der Bundesregierung in Berlin in ihrer Gesamtheit nicht immer sagen kann.
Der Welthandel, die weltweite Wirtschaftskraft, hat nach Einschätzung internationaler Organisationen den Wachstumshöhepunkt überschritten. Man kann deswegen davon ausgehen, dass die internationale Wirtschaft zwar weiter wächst, aber sicher nicht mehr im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren.
Es kommen noch einzelne besondere Belastungsfaktoren hinzu. Sie wissen, dass der Ölpreis in den letzten Monaten geradezu explosionsartig gestiegen ist. Er liegt nun deutlich über 95 Dollar. Man kann davon ausgehen, dass er wahrscheinlich die Marke von 100 Dollar erreichen wird. Das trifft uns nicht ganz so stark, weil gleichzeitig der Eurokurs steigt. Aber der Anstieg des Eurokurses macht natürlich unserer Exportwirtschaft große Probleme, sodass man, glaube ich, sagen kann, dass durchaus Gefahren am Horizont zu sehen sind.
Besonders bedenklich ist für mich: Wir waren alle der Meinung, dass die Inflation besiegt ist. Denn in den letzten fünf oder zehn Jahren hatten wir kaum noch Preissteigerungen, während man jetzt den Eindruck hat, dass dieses Gespenst, das uns in den Siebziger- und Achtzigerjahren geplagt hat, wieder zurückkommt. Wir hatten in den letzten zwei, drei Monaten die höchste Inflationsrate der letzten Jahre. Das darf sich auf keinen Fall in dieser Form fortsetzen.
Was ist das Fazit? Wir wissen aus der Vergangenheit, dass ein konjunktureller Aufschwung nicht unbegrenzt anhält. Wir werden auch wieder schwächere Phasen erleben. Die Reformen fangen jetzt erst richtig an zu greifen. Deswegen dürfen wir aber auf keinen Fall den Erfolg dieser Reformen in Zweifel ziehen.
Meine Damen und Herren, nun zum Nachtragshaushalt. Vor diesem Hintergrund – ich glaube, es war ganz wichtig, diesen Hintergrund einmal darzustellen – lege ich Ihnen den Nachtragshaushalt vor, einen Nachtragshaushalt, der vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass wir den Marsch in die weitere Verschuldung stoppen. Wir werden im Jahr 2008 keinen einzigen Euro an neuen Schulden aufnehmen.
Es kann sich hier – obwohl manche schon lange in diesem Landtag sind – niemand mehr daran erinnern, dass es schon einmal einen Haushalt ohne neue Schulden gegeben hat. Das war in der Tat zuletzt im Jahr 1972 der Fall. Damals war allerdings noch eine Verschuldung von 870 Millionen DM geplant. Im Ist hat es dann jedoch keine Schulden mehr gegeben. Das war eine Erfahrung, die manche von uns noch gemacht haben, aber z. B. Herr Rust und Herr Schmid haben damals noch gar nicht gelebt;
die können das gar nicht mehr wissen.
In den folgenden 35 Jahren haben wir immer wieder neue Kredite aufnehmen müssen, um den Haushalt auszugleichen. Das muss nun ein Ende haben. Das werden wir auch erreichen, und darauf sollten wir stolz sein.
Natürlich haben uns die Konjunktur und die Steuermehreinnahmen dabei geholfen. Das ist keine Frage. Wir haben allerdings auch in den vergangenen Jahren schon konsequente
Sparmaßnahmen durchgeführt. Ich darf nur einmal auf einige davon hinweisen:
Wir haben im Unterschied zu fast allen anderen Bundesländern die Altersteilzeit nur in einem sehr engen Rahmen eingeführt. Wir haben unseren Beamten einiges zugemutet – auch das muss man sagen –, und wir haben z. B. durch Solidarpakte dafür gesorgt, dass wir die Ausgaben kanalisieren und kontrollieren können. Wir haben neben den Steuereinnahmen durch eine strukturelle Sparpolitik einiges – und zwar Wichtiges – dazu beigetragen, dass wir heute in dieser Situation sind.
Was ganz entscheidend ist: Wir ruhen uns auf dem erreichten Erfolg nicht aus. Wir sorgen dafür, dass zukünftig ein Haushaltsausgleich ohne Neuverschuldung der Normalfall sein wird. Wir werden trotzdem – ich zeige es Ihnen im letzten Teil meiner Rede auf – viel Geld in die Zukunft unseres Landes investieren.
Meine Damen und Herren, noch im Jahr 2005 mussten wir neue Schulden aufnehmen, um im Haushalt eine Deckungslücke in Höhe von 2 Milliarden € auszugleichen. Eine solche Deckungslücke kann natürlich nicht von einem Jahr auf das nächste total geschlossen werden. Das Problem liegt darin, dass wir eine ganze Reihe von Ausgaben – sie bilden sogar die Mehrheit – haben, die wir politisch höchstens langfristig, auf keinen Fall kurzfristig beeinflussen können. Das sind z. B. die Finanzausgleichszahlungen, das sind die Zinszahlungen, das sind Zuschüsse an Gemeinden und vieles mehr. Der Teil, der politisch wirklich kurzfristig oder mittelfristig beeinflussbar ist, ist relativ klein.
Wir haben uns dennoch nicht entmutigen lassen. Wir haben den eingeschlagenen Konsolidierungskurs konsequent fortgesetzt. Vor allem haben wir, die beiden Koalitionspartner, diesen Konsolidierungskurs bereits in der Koalitionsvereinbarung ausdrücklich verankert.
Ich glaube, selten wurden haushaltspolitische Ziele, Maßnahmen und Prioritäten so eindeutig formuliert und umgesetzt wie in dieser Koalitionsvereinbarung,
wobei wir sogar noch besser sind, als wir angenommen haben. Denn wir hatten uns vorgenommen, die Neuverschuldung des Landes bis zum Ende dieser Legislaturperiode auf null zurückzuführen. Wir erreichen dieses Ziel nun bereits im Jahr 2008.
Wir wollten ein grundsätzliches Verschuldungsverbot in die Landeshaushaltsordnung aufnehmen. Dies ist bereits mit dem Haushaltsstrukturgesetz 2007 erfolgt. Allerdings sollte dieses Verschuldungsverbot erst am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Wir werden Ihnen jetzt im Zusammenhang mit dem Haushalt eine neue Schuldenbremse vorschlagen, die bereits im Jahr 2008 wirksam werden wird.
Wir führen eine strikte Schuldengrenze ein. Wir werden unsere Altschulden in Höhe von 42 Milliarden € als Schuldendeckel festschreiben. Über diesen Schuldendeckel hinaus dürfen keine Schulden mehr aufgenommen werden. Wenn in ei
ner ganz besonderen Situation bei einem Schuldenstand unterhalb des Schuldendeckels wieder neue Schulden aufgenommen werden müssen, dann werden wir einen Tilgungsplan festlegen, nach dem diese Schulden innerhalb von sieben Jahren zurückzuführen sind.
Wir haben auch ganz konsequent Mehreinnahmen eingesetzt und Minderausgaben getätigt, um die Neuverschuldung zu reduzieren. Die Neuverschuldung im Jahr 2007 war ursprünglich noch mit 1,7 Milliarden € geplant. Tatsächlich werden wir 1 Milliarde € an Schulden aufnehmen, wobei diese 1 Milliarde € wirtschaftlich gar nicht zu Schulden führt, denn sie wird z. B. in eine Pensionsrücklage und in andere Rücklagen gehen. Aber immerhin werden wir noch 1 Milliarde € an Schulden aufnehmen. Im Jahr 2008 werden wir dann die Nullneuverschuldung erreicht haben.
Wir haben vor allem auch im Haushaltsvollzug ganz konsequent gehandelt. Wir haben im Jahr 2006 eine Ausgabensperre von 70 Millionen € und im Jahr 2007 noch eine solche von 50 Millionen € vorgesehen. Das war, meine Damen und Her ren, nicht mehr leicht; denn zu diesem Zeitpunkt war bereits bekannt, dass sich die Steuereinnahmen eher positiv entwickeln.
Wir können auf das Erreichte stolz sein. Es ist aber wichtig, dass wir diesen Kurs weiter beschreiten.
Meine Damen und Herren, finanzpolitische Fehler werden vor allem in Zeiten guter Steuereinnahmen gemacht.
Das ist eine alte Weisheit aller Haushälter, und sie wird täglich bestätigt, und zwar in anderen Ländern und zum Teil leider auch in Berlin. Allzu oft werden vorübergehende Mehreinnahmen dafür verwendet, um dauerhafte Mehrausgaben zu begründen, und wenn dann die Mehreinnahmen wegbrechen, haben wir immer noch die Mehrausgaben.