Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 19. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.
Fortsetzung der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2007/08 (Staatshaushaltsgesetz 2007/08 – StHG 2007/08)
Einzelplan 10: Umweltministerium – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 14/810
Das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 10 – Umweltministerium – eine Gesamtredezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit ein paar statistischen Werten beginnen. Die Statistik stammt von Statistischen Bundesamt und ist also nicht irgendwie subjektiv gefärbt.
Danach hat im Zeitraum von 1991 bis 2004 das reale Bruttoinlandsprodukt um 19,9 % zugenommen. Der Energieverbrauch ist in dieser Zeit um 1,2 % gesunken, der Materialverbrauch immerhin schon um 6,8 %. Die Emission von Treib hausgasen sank um 14,1 %, die Emission von Stickoxiden um 40,8 % und die Emission von Schwefeldioxid um 85,3 %.
Der einzige Wert, bei dem wir eine nennenswerte Steigerung zu vermelden haben, ist der Flächenverbrauch, der in der Zeit
von 1992 bis 2004 um 13,2 % zugenommen hat. Meine Damen und Herren, damit bin ich bei meinem ersten Schwerpunktthema, nämlich dem Flächenverbrauch.
Ich finde, seit dem Beginn dieser Legislaturperiode hat sich bei diesem Thema etwas getan. Zum ersten Mal taucht dieser Begriff zusammen mit dem Begriff Nachhaltigkeit in der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten auf.
Was haben Sie denn an dieser Feststellung auszusetzen? Sie stimmt, und damit Schluss und fertig, amen.
Meine Damen und Herren, mit dem MELAP-Programm haben wir wenigstens einmal in einem Punkt modellhaft Versuche unternommen, dem Flächenverbrauch zu Leibe zu rücken.
Ich kann mir nur wünschen – das wäre mein Appell an die Adresse des zuständigen Ministers –, dass wir bei der Novellierung des ELR aus unseren Erfahrungen mit dem MELAPProgramm Konsequenzen ziehen.
Dann gibt es bei uns ja den Nachhaltigkeitsbeirat, der sich ebenfalls mit diesem Thema befasst. Hoffentlich sage ich jetzt nichts Falsches: Es gibt auch eine interministerielle Arbeitsgruppe zu diesem Thema. Aber, Herr Walter – jetzt komme ich Ihnen ein ganzes Stück entgegen –: Außer diesen Versuchen bewegen wir uns immer noch auf dem Feld, durch Argumentation und Appelle eine Bewusstseinsänderung herbeizuführen. Ich weiß nicht, ob wir ausschließlich mit diesen Methoden in Zukunft den gewünschten Erfolg im Hinblick auf eine Eindämmung des Flächenverbrauchs haben werden.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang darf ich noch eines sagen. Im Baugesetzbuch heißt es: Bauleitpläne der Gemeinden sind aufzustellen, soweit sie erforderlich sind. Wenn wir nun alle einmütig der Meinung sind, dass das, was wir bisher auf dem Gebiet des Flächenverbrauchs vorzuweisen haben, zu viel Flächenverbrauch ist, dann muss dies doch logischerweise ganz einfach heißen: Nicht alle Bebauungspläne, die wir zurzeit haben, sind auch erforderlich. Ich bitte Sie alle, einmal zu versuchen, sich zu erinnern: Können Sie mir einen Fall aus Ihrem Bereich sagen, in dem einmal ein Bebauungsplan mit der Begründung abgelehnt worden ist, er sei nicht erforderlich?
Ich meine: Wenn man bei den Genehmigungsbehörden auf das Tatbestandsmerkmal, dass Bauleitpläne erforderlich sein müssen, mehr Wert legen würde, dann hätten wir auch mehr Erfolge beim Flächenverbrauch zu verzeichnen. Ich appelliere an den Wirtschaftsminister und an die Umweltministerin, sich dieses speziellen Themas einmal anzunehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein zweites Schwerpunktthema ist der Hochwasserschutz. Wir haben beim Hochwasserschutz an den Gewässern I. Ordnung – ein Schwer punktprogramm ist das IRP – die Ansätze des letzten Haushalts gehalten. Sie sehen, dass es uns mit dem Hochwasserschutz ernst ist. Allerdings könnten wir überall mehr Geld ausgeben, als im Haushalt angesetzt ist. Beim IRP ist es aber offensichtlich so, dass die Abschnitte, die planfestgestellt und baureif sind, auch umgesetzt werden. Mir ist kein Abschnitt bekannt, der baureif ist, aber mangels Geld mehr oder weniger lange auf die lange Bank geschoben wird.
Uns kommt sicherlich ein Stück weit zugute, dass wir jetzt bei den Abschnitten sind, bei denen es draußen herzhaft zur Sache geht und sich die Frage stellt, ob wir der Bevölkerung dort unsere Vorstellungen vermitteln können oder nicht. Jetzt kommt es irgendwann auch einmal zum Schwur: Was halten wir vom IRP?
Meine Damen und Herren, wir haben den Ansatz für den kommunalen Hochwasserschutz verbessert, indem wir im KUF bei den Beträgen für Abwasserförderung und Wasserförderung Kürzungen vorgenommen haben und im Gegenzug die Ansätze bei den Wasserlaufausbaumaßnahmen erhöht haben. Das war jetzt ein komplizierter Satz – auf Deutsch: Wir haben für den kommunalen Hochwasserschutz mehr Geld zur Verfügung gestellt. Auch hier möchte ich sagen: Hochwasserschutz ist und bleibt für die nächsten Jahre ein Schwerpunkt der Umweltpolitik.
Ich komme nun zu meinem dritten und letzten Schwerpunkt: Das ist der Klimaschutz. Meine Damen und Herren, schon ges tern oder vorgestern hat in der Diskussion die Frage der Emissionsgrenzwerte bei den Kraftfahrzeugen eine wichtige Rolle gespielt. Ich stehe voll und ganz hinter den Darlegungen und Ausführungen unseres Ministerpräsidenten hierzu.
Ich hätte mir aber zusätzlich noch gewünscht, dass man nicht einfach über den Tatbestand hinweggeht, dass die Autoindustrie von ihrer Selbstverpflichtung, bis zum Jahr 2008 die CO2Emissionen auf 140 g pro Kilometer Laufleistung zurückzuführen, überhaupt nichts mehr wissen möchte. Ich glaube, so dürfen wir Politiker uns nicht abspeisen lassen. Vor Jahren verhinderte man mit einer Selbstverpflichtung eine gesetzliche Regelung, möchte nun aber von der Selbstverpflichtung nichts mehr wissen. Jetzt sagt die Europäische Union: Bis zum Jahr 2012 – also vier Jahre später als nach der Selbstverpflichtung der Autoindustrie – wollen wir eine Senkung auf 130 g erreichen. Dazu können wir nur sagen: Das ist ein mehr als vertretbarer Grenzwert; hinter ihm, glaube ich, müssen wir ganz einfach stehen.
(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Steht auch Ihr Ministerpräsident dahinter?)
Ich habe gesagt: Ich stehe hinter dem, was der Ministerpräsident gesagt hat. Nur, gefehlt hat mir die Auseinandersetzung mit der Selbstverpflichtung, den CO2-Ausstoß auf 140 g je Kilometer zu begrenzen. Deswegen habe ich das jetzt nachgeholt.
Meine Damen und Herren, ich finde es außerordentlich spannend und innovativ, dass die Europäische Union sagt, eine Senkung des CO2-Ausstoßes um 10 g pro Kilometer solle mit anderen Maßnahmen als Motorenmanagement erreicht werden. Das heißt, hier haben wir einen Einstieg in eine Technologie, über die wir überhaupt noch nicht gesprochen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können uns natürlich nicht nur um CO2-Emissionen beim Kraftfahrzeugverkehr kümmern. Jetzt bleibt mir eigentlich nichts anderes übrig, als wenigstens stichwortartig zu erwähnen, dass wir bei unseren Kraftwerken natürlich nicht einfach nur schauen können, was hier passiert. Meine Damen und Herren von der SPD und den Grünen, Sie sagen immer, es bleibe beim Ausstieg aus der Atomenergie und die regenerativen Energien seien die Alternative.
Was Sie zu den regenerativen Energien sagen, wird von mir völlig kritiklos akzeptiert. Bloß sollten Sie auch einmal sehen, was unsere großen Energieversorgungsunternehmen als neue Kraftwerke planen. Z. B. investiert die EnBW 1 Milliarde € in ein Kraftwerk für fossile Brennstoffe in Karlsruhe. Da geht es doch nicht ohne zusätzliche CO2-Emissionen. Wenn wir uns um einen Ausstoß von 140 oder 130 g CO2 pro Kilometer beim Auto unterhalten, dann dürfen Sie doch diese Tatsache nicht einfach als Quantité négligeable in Ihren Argumentationen zum Einsatz regenerativer Energien und zum Ausstieg aus der Atomenergie überhaupt nicht erwähnen.
Meine Damen und Herren, wir haben bei der Klimaschutzpolitik unsere bisherigen Ansätze des „Klimaschutz-Plus“-Programms beibehalten. Wir haben es zugegebenermaßen nicht üppig ausgestattet, aber immerhin zwei neue Fördertöpfe und Fördermöglichkeiten im Haushalt unterbringen können. Zum einen ist dies ein Programm zur Steigerung der Energieeffizienz für kleine und mittlere Betriebe mit einer Mittelausstattung von jährlich 2 Millionen €. Mit diesem Energieeffizienzsteigerungsprogramm möchten wir Anreize geben, damit in dem betrieblichen Ablauf bei der Produktion ein größeres Augenmerk auf den sparsameren Umgang mit Energie gelegt wird, als das bisher der Fall ist.
Etwas ganz Neues ist unser mit jährlich 3,5 Millionen € ausgestattetes Programm, um bei unseren Gebäuden einen Beitrag zum stärkeren Einsatz von regenerativen Energien und – das füge ich an dieser Stelle hinzu – eine größere Reduktion des Energieeinsatzes zu erzielen, als das nach der Energieeinsparverordnung gesetzlich vorgesehen ist.
Wir wollen ab Juli dieses Jahres mit der Förderung beginnen. Uns schwebt vor, für die Ergreifung von Maßnahmen, um bei Gebäuden zu einem größeren Einsatz regenerativer Energien zu kommen, und von Maßnahmen, um unter die Grenzwerte der Energieeinsparverordnung zu kommen, gesetzliche Vorschriften zu erlassen, also, wenn Sie so wollen, mit Maßnahmen der Ordnungspolitik vorzugehen.
Dies ist ein völlig neuer Gedanke. Ich finde, es ist auch ein revolutionärer Gedanke. Wenn es uns gelingt, die entsprechen den gesetzlichen Vorschriften hier im Landtag durchzusetzen, dann können wir nach zwei Jahren nicht mehr sagen: „Die Förderung auf diesen Gebieten stellen wir ein.“ Dann haben wir einen Beitrag dazu geleistet, dass diese Förderung auch über den Zeitraum des jetzigen Doppelhaushalts hinaus erhalten und möglichst ausgeweitet wird.
Meine Damen und Herren, Schwerpunkte unserer Haushaltspolitik – das wollte ich darstellen – sind Maßnahmen gegen den Flächenverbrauch, ein noch stärkeres Engagement im Hochwasserschutz und der klare Ausdruck in Euro und Cent, dass die Klimaschutzpolitik ein Schwerpunkt bleibt und in Zukunft einen noch höheren Rang einnehmen soll als bisher.