Wolfgang Bebber
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir kritisieren an drei Punkten die Vorgehensweise der Landesregierung zur Bekämpfung der Jugendkriminalität. Wir räumen ein, dass das ein Problem ist, um das wir uns kümmern müssen,
so groß jedenfalls, dass wir es nicht an zweite oder an dritte Stelle rücken können. Aber man muss das Problem dann seriös aufgreifen.
Wir halten es, Herr Innenminister, nicht für seriös, wenn das Anwachsen der Bevölkerungszahl prozentual hochgerechnet wird auf ein Anwachsen der Jugendkriminalität. Wir meinen, es ist wichtig, das differenzierter zu sehen und zumindest die Faktoren zur Grundlage zu machen, die bei der Jugendkriminalität entscheidend sind. Wir wissen, es ist eine Vielzahl, die zusammenwirken und sich gegenseitig auch verstärken. Dazu gehört, dass für jugendliche Straftäter kennzeichnend ist, dass sie beispielsweise Bildungsdefizite haben. Dazu gehört auch, dass sie in den armen Bereichen angesiedelt sind und dass sie arbeitslos sind. Dazu gehört nun einmal, dass mit Jugendkriminalität häufig die Zugehörigkeit zu Jugendbanden einhergeht. Insgesamt wirkt sich all das so aus, dass mehr Jugendliche – und dies in stärkerem Maß – straffällig werden. Das muss aber berücksichtigt werden. Es kann nicht einfach eine Hochrechnung auf die wachsende Bevölkerungszahl erfolgen.
Wenn man also analysiert – es gibt ja den Ersten Periodischen Sicherheitsbericht, ein sehr interessantes und aufschlussreiches Werk –, weiß man, welche Hintergründe für Jugendkriminalität bestehen – jedenfalls nach den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Das muss man zugrunde legen.
Wenn ich das zugrunde lege, komme ich zum zweiten Kritikpunkt: Eine Strafverschärfung allein ist zur wirksamen Bekämpfung von Jugendkriminalität nicht geeignet.
Wäre bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität eine Strafverschärfung Erfolg versprechend, wären wir sofort dabei. Aber alles, was in der Bundesrepublik und darüber hinaus Rang und Namen hat, Wissenschaftler, Praktiker, Kriminologen, alle sagen uns: „Von Sanktionsverschärfung ist weder unter general- noch unter spezialpräventiven Ge
sichtspunkten eine Reduzierung der Jugendkriminalität zu erwarten.“ Das steht auch in dem Sicherheitsbericht.
Weil es immer noch Politiker gibt, die das Gegenteil behaupten, wie wir hier gerade gehört haben, hat Professor Heinz von der Universität Konstanz, gemünzt auf die Politiker, ausdrücklich erklärt:
Entgegen der von Teilen der Politik vertretenen Auffassung ist die sach- und fachkundige Praxis der Jugendkriminalrechtspflege jedenfalls davon überzeugt, dass zur Lösung der Probleme junger straffällig gewordener Menschen eine Verschärfung des Jugendstrafrechts kein notwendiges und kein geeignetes Mittel ist.
Man kann sicher die Auffassung vertreten, dass ein junger Mensch, der eine schwere Straftat begeht, nicht nur 10, sondern 15 Jahre Haft bekommen soll. Nur: Es wäre ein Fehlschluss, zu glauben, durch die Erhöhung der Zahl der Haftjahre würde jemand davon abgehalten, eine schwere Straftat zu begehen.
Die Erfahrung zeigt, dass dies gerade nicht so ist. Deshalb halten wir die Anhebung der Strafdauer nicht für geeignet, zu verhindern, dass junge Menschen zusätzlich straffällig werden.
Die generelle Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende wird von Wissenschaft, Praxis und Fachverbänden einhellig abgelehnt – übrigens auch vom Deutschen Juristentag. „Einhellig“: Ich weiß, es gibt natürlich immer auch davon abweichende Meinungen. Aber das gibt es bei Juristen dreimal.
Mit dem Jugendstrafrecht kann angemessener und flexibler auf Straftaten reagiert werden, die entwicklungsbedingt sind oder aufgrund von Sozialisierungsdefiziten begangen wurden.
Einhellig wird auch die Meinung vertreten: Bevor man an der Strafschraube dreht, muss zum Beispiel die Bewährungsarbeit wirksam gestaltet werden. Das heißt, die Fallzahlen für die Bewährungshelfer, die in Baden-Württemberg gegenwärtig bei 80, 90 Probanden liegen, müssen auf 20, 30 gesenkt werden, wie das etwa in Kanada der Fall ist. Bevor wir das nicht gemacht haben, hat es keinen Sinn, Strafverschärfungen vorzunehmen.
Der Warnschussarrest wird von Experten als untauglich abgelehnt. Ich zitiere Professor Kreuzer von der Universität Gießen, der zum Warnschussarrest sagt:
Die Argumentation
der Warnschussbefürworter –
lässt Entwicklungen im Jugendarrest allgemein außer Acht. Abschrecken kann Kurzhaft allenfalls kurzfristig.
Selbst dies setzte voraus, dass Arrest nach dem überholten Konzept des „short sharp shock“ gestaltet wäre.
Er hat gesagt – ich gehe davon aus, dass dies richtig zitiert ist –, neuerliche Versuche in den USA – Drillcamps haben sie das dort genannt – seien nach dem dortigen ShermanReport gescheitert.
Wenn das gescheitert ist und schon die Amerikaner darauf kommen, müssen wir nicht die Fehler, die andere schon als Fehler erkannt haben, noch einmal begehen.
Es hat keinen Sinn, im Bundesrat vom Ergebnis her erfolglose Strafmaßnahmen verfolgen zu wollen und sich dafür zu verkämpfen. Der Verdacht entsteht, dass das auch gar nicht gemacht wird, um Erfolg bei der Kriminalitätsbekämpfung zu haben, sondern um den schwarzen Peter nach Berlin weiterzugeben. Wenn das so wäre, wäre es fatal.
Ich möchte daran erinnern: Es gibt im Land genügend zu tun. Die Fachleute – ich kann wieder auf diesen dicken Bericht verweisen – haben einhellig die Meinung, dass schulpolitische Maßnahmen notwendig sind, dass jugendpolitische Maßnahmen notwendig sind, dass kriminalpräventive Maßnahmen notwendig sind, Herr Innenminister. All das erfolgt im Land nur in Ansätzen.
Es ist gut, wenn es ein „Haus des Jugendrechts“ gibt. Aber das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das reicht nicht. Es ist gut, wenn es ein Projekt „Chance“ gibt. Aber das ist ein Projekt. Damit können Sie den Jugendbereich in der Problemzone nicht abdecken. Da muss mehr getan werden. In den Schulen muss mehr getan werden. In den Kommunen muss mehr getan werden. Das kostet Geld.
Das – unterstelle ich – ist der Grund, weshalb Sie den wohlfeilen Weg der Gesetzesänderung und Strafverschärfung in Richtung Berlin gehen und nicht zu Hause die Aufgaben erledigen, die Geld kosten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit den von uns gewollten Änderungen des Ministergesetzes soll die Altersversorgung der Mitglieder der Landesregierung neu geregelt werden. Es sind gewissermaßen drei Eckpunkte und eine weitere zusätzliche Neuregelung.
Der erste Eckpunkt dieser Neuregelung ist die Anhebung der Altersgrenze bis zur Auszahlung des Ruhegehalts von derzeit 55 Jahren auf 65 Jahre. Die Anhebung scheint uns notwendig und sinnvoll zu sein, weil auch ein breiter Teil der Bevölkerung erst mit dem Erreichen einer Regelaltersgrenze von 65 Jahren einen Anspruch auf Altersversorgung erheben kann. Auch im Vergleich zu Regelungen im Bund und in anderen Bundesländern erscheint es sinnvoll, die bisherige privilegierende Regelung zu korrigieren.
Ich glaube, wir sind uns auch einig, dass man darüber reden muss. Ob das Ergebnis auch nach einem Gespräch mit CDU und FDP/DVP genauso aussieht, wie wir es uns vorstellen, wage ich allerdings zu bezweifeln. Die Ansätze sind nämlich schon zu früherer Zeit gemacht worden.
Der zweite Eckpunkt ist eine Reduzierung des Sockelbetrags des Ruhegehaltssatzes nach fünfjähriger Amtszeit von derzeit 40 % auf 30 %. Wir halten das für sinnvoll, weil vergleichbare Regelungen auch in anderen Bereichen getroffen werden und weil wir eine Anwartschaft von 40 % nach fünfjähriger Amtszeit als zu hoch erachten.
Der dritte Punkt ist die Reduzierung des Höchstsatzes des Ruhegehalts von derzeit 75 % auf 70 %. Auch diese Absenkung erscheint uns richtig, wenn man die durchschnittlichen Renten- und Versorgungsniveaus anschaut. Es ist eine privilegierende Regelung, die bisher besteht. Wir glauben, in einer Zeit, in der davon gesprochen wird, dass alle Opfer bringen müssen, ist es richtig, Vertrauen erweckend, Ver
trauen schöpfend, wenn auch die Regierungsmitglieder eine Anpassung der Höchstsätze nach unten erfahren.
Als weiteren Punkt haben wir gefordert, dass das Amtsgehalt der Regierungsmitglieder zukünftig in baren Zahlen, in Eurobeträgen, genannt wird und nicht etwa anknüpft an B 11 plus 20 % und B 11 minus 15 % und sich damit mit der Beamtenbesoldung automatisch auch erhöht. Es sollen die konkreten Zahlen genannt werden, also für den Ministerpräsidenten 12 424 € und einige Cent, für einen Minister 10 353 € und einige Cent und für einen Staatssekretär 8 800 € und einige Cent. Auch sollen Erhöhungen künftig hier im Parlament beschlossen werden. Wir halten das im Sinne von mehr Transparenz für notwendig und sinnvoll und treten deshalb für eine derartige Änderung ein.
Eine Änderung wird, wenn ich die letzten Meldungen der Medien richtig verstehe, von allen grundsätzlich bejaht, Herr Oettinger. Aber dann müssten nach Ihrer Aussage auch die aktiven Bezüge überdacht werden. Ich glaube, in einer Zeit, in der Sie den Beamten sagen, dass an ihrem Verdienst Abstriche gemacht werden müssen und dass die Dienstzeit länger als bisher andauern muss – bei der Polizei zum Beispiel bis zum Alter von 62 Jahren –, wenn darüber diskutiert wird, die Altersgrenze anzuheben, wenn man über all diese Einschnitte beim „Normalbürger“ diskutiert, ist es schwierig, ausgerechnet bei den Mitgliedern der Regierung zu meinen, diesbezüglich keine Änderung an den Versorgungsbezügen durchführen zu können, ohne dass man auch die aktiven Bezüge vorher erhöht. So verstehe ich Sie. Darüber kann man sprechen, zu anderen Zeiten und unter anderen Voraussetzungen. Aber im Moment geht es darum, dass alle Opfer bringen müssen
und dass dann eben auch die Landesregierung nicht etwa ausgenommen werden darf, sondern eher mit gutem Beispiel vorangehen sollte.
Wenn davon geredet wird, dass man Opfer bringen müsse, muss das bei einem Minister oder jemandem, der 10 000 € verdient, anders aussehen als bei jemandem, der 2 000 oder 3 000 € verdient.
Ich betone, Herr Oettinger: Wir greifen wirklich nicht alles auf, was hier möglich wäre. Man könnte ja auch an die Streichung der 13. Monatsgehälter denken. Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Vorschläge. Das wollen wir ausdrücklich nicht. Es soll deutlich gesagt werden: In diesen zentralen Eckpunkten sollen Korrekturen vorgenommen werden, die vertretbar sind. Sie machen keinen arm. Es sind keine wirklich schwerwiegenden Einschnitte. Sie sind vertretbar in Anbetracht der allgemeinen Situation, in der von vielen in unserer Bevölkerung Opfer verlangt werden. Ich erinnere Sie an den Rundbrief des Ministerpräsidenten an die Beamten des Landes. Konsequenterweise müsste dies, so wie wir es vorschlagen, dann auch zu Korrekturen bei der Versorgung der Minister, der Mitglieder der Landesregierung führen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist auffallend, dass dann, wenn es hier um Ministerbezüge geht, erst der Gesamtzusammenhang gesehen werden muss, dass dann Sachverstand von außerhalb geholt werden muss, dass man das genau bedenken muss – und außerdem muss das ja auch mit anderen Ländern und mit dem Bund verglichen werden.
Mit Neid hat das gar nichts zu tun. – Herr Oettinger, wenn der Polizei gesagt wird, dass die Lebensarbeitszeit erhöht werden muss – –
Ja, ja. Nennen Sie den Namen. – Auch den Arbeitnehmern hier im Land werden Opfer abverlangt. Es gibt ein Schreiben des Ministerpräsidenten an alle Beamten des Landes, in dem Opfer verlangt werden.
Wenn von den Landesbediensteten Opfer verlangt werden, dann wird nicht in die Diskussion gebracht, dass wir da erst einmal eine Kommission und eine Gesamtschau brauchten. Es wird nicht diskutiert, dass man möglicherweise die aktiven Bezüge dieser Leute erhöhen müsste, wenn die Lebensarbeitszeit erhöht wird.
All das wird natürlich nicht diskutiert. Nur wenn es um die Ministergehälter geht, dann fällt einem all das ein.
Nullrunde: „Bei vielen geht es bei den heutigen Lebenshaltungskosten und Mieten am Ende des Monats null auf null auf.“ – Stimmt. Teufels Satz. Für diese Menschen ist eine Nullrunde eine halbe Katastrophe.
Wenn ein Minister einige Prozent weniger an Versorgungsbezügen bekommt, dann wird es zum Schluss eben nicht so sein, dass es bei dem Minister noch nicht einmal mehr null auf null aufgeht. Wenn der Ministerpräsident rund 12 500 € zur Verfügung hat – was ihm gegönnt sei –, dann tut ihm eine Nullrunde natürlich nicht weh. Darüber sind wir uns doch einig. Es ist zu billig, wenn man sagt: „Wir machen eine Nullrunde“, und all diejenigen, bei denen es schon jetzt null auf null aufgeht, damit trösten will, dass man selbst eine Nullrunde macht. Das kann doch nicht die gerechte Verteilung sein, von der Sie sprechen.
Ganz locker bleiben!
„Bei den Übergangs- und Altersruhegeldern sollte es gravierende Veränderungen geben.“ – Originalton Döring. „Es reicht nicht, sich im Kabinett auf eine Nullrunde zu verständigen.“ – Originalton Döring. Was ist denn los mit der FDP?
Herr Pfister: Kommission.
Herr Pfister, Sie haben gesagt – wie Herr Oettinger –, es sei sinnvoll, externen Sachverstand beizuziehen,
eine Gesamtschau vorzunehmen, eine Kommission einzusetzen, die einen Vorschlag unterbreite, und wir entscheiden zum Schluss.
Also es gab jemanden, der gesagt hat: „Die Versorgung für Regierungsmitglieder ist eine einfache Fragestellung, und die kann man hier beantworten; eine Kommission brauchen wir dazu nicht.“ Er hat sogar gesagt: „Ich halte das für abwegig, geradezu devot.“
Originalton Rech, 1997.
Wir haben nämlich nicht zum ersten Mal dieses Thema hier in der Plenardebatte; wir haben es auch schon 1992 gehabt.
Herr Oettinger, Sie wissen das, und insofern war das falsch, was Sie vorhin hier gesagt haben. Wir haben das schon mehrfach diskutiert, und immer wieder unter anderen Vorzeichen. Wenn es nicht hineingepasst hat, war man von Regierungsseite gegen eine Kommission, und wenn es hineingepasst hat wie jetzt, dann ist man für eine Kommission. Ich weiß es noch ganz genau.
Das war 92.
Ja, 1992. – Ich habe da für die Fraktion geredet, Herr Oettinger. So ist das hier im Parlament.
Ach, Herr Oettinger! – Wir haben diesen Vorschlag unterbreitet, dass man eine Kommission einsetzt, um einmal diese Gesamtschau anzustellen. Hinterher ist dann etwas herausgekommen, was niemand vertreten wollte.
So ist es, und die fordert ihr jetzt wieder. Jetzt wollt ihr sie wieder!
Die Leute draußen wissen mittlerweile – weil das zu oft passiert ist –, wenn hier Kommissionen gefordert werden, dass dann nichts geschieht und dass man etwas auf die lange Bank schiebt.
Und die Leute draußen müssen heute löhnen, und wir machen das für uns konsequenterweise nicht. So etwas geht nicht!
Herr Oettinger, ich schlage Ihnen vor, dass wir im Rahmen dieser Gesetzesberatung externen Sachverstand zu den Beratungen im Ausschuss hinzuziehen – das ist ja das, was Sie wollen – und dass man erörtert, ob das, was wir hier vorschlagen, sinnvoll ist oder nicht. Ich bin dagegen, dass man zusätzlich eine Kommission einsetzt, die entweder nicht zustande kommt, weil man sich nicht auf die Zusammensetzung einigen kann, oder deren Ergebnis, wenn sie zustande kommt, von uns nicht benutzt wird.
Wir machen das im Ausschuss im normalen Gesetzgebungsberatungsverfahren. Das wird dann bis etwa Februar
dauern und wohl noch rechtzeitig zur Verabschiedung des Haushalts beendet sein. Da sollten wir uns alle miteinander anstrengen und uns nicht auf irgendwelche Kommissionen oder auf externen Sachverstand herausreden. Den können wir uns im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens auf der Grundlage unseres Gesetzesvorschlags zunutze machen.
Bei dem Gesetz handelt es sich um Anpassungen an Änderungen von Bundesgesetzen. Im Wesentlichen geht es auch darum, dass Veröffentlichungen im Internet zulässig sein sollen. Es ist ein sehr formales Gesetz. Wir waren uns in Bezug auf die Inhalte dieses Gesetzes einig.
Das Bemerkenswerteste bei diesen neuen gesetzlichen Regelungen ist, dass das Amtsgericht Heilbronn zu einem Präsidenten-Amtsgericht wird. Wir begrüßen das außerordentlich, weil dieses große Gericht es verdient hat, von einem Präsidenten geführt zu werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind für die politisch absolut saubere Lösung. Das heißt, wir wollen, dass es so abläuft, wie es in BadenWürttemberg bisher in der Praxis abgelaufen ist. Wer hier Justizminister geworden ist, war nicht mehr Rechtsanwalt, hatte keine Geschäftsanteile an einem Anwaltsbüro mehr und setzte sich somit nicht auch nur dem Anschein des Verdachts aus, er könnte gelegentlich in Interessenkollisionen geraten. Wir sind für die absolut saubere politische Lösung, unabhängig davon, was rechtlich möglich oder nicht möglich ist. Dies haben wir in der Vergangenheit hier im Land Baden-Württemberg so gehalten. Herr Eyrich hat sein Anwaltsbüro aufgegeben, und ich kann mich erinnern, dass wir uns auch einig waren, als es darum ging, Frau Frick als Justizministerin zu vereidigen, die ja gar keine Anwältin war.
Es war ihr Ehemann, der eventuell, wenn er in Ausübung seiner Anwaltstätigkeit gegen das Land hätte auftreten müssen – –
Wir waren uns einig, dass die politisch absolut saubere Lösung die beste für das Land Baden-Württemberg ist.
Wir hätten uns heute diesen ganzen Aufwand sparen können, wenn gerade vonseiten der FDP/DVP gestern auf unseren Wunsch gehört worden wäre, die Vorgehensweise zu ändern und zu beraten, bevor man solche Entscheidungen trifft, damit kein politisches Porzellan zerschlagen wird. Es ist zerschlagen.
Wir haben einen weiteren Grund, jetzt ganz konkret diesem Antrag, wie er heute im Ständigen Ausschuss vorgelegt worden ist, nicht zu entsprechen. Vonseiten des Herrn Ministers Palmer ist gesagt worden, die Justizministerin sei Alleininhaberin der Kanzlei. Der Antrag wurde in folgendem Wortlaut gestellt: „Gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungsbefugnisse in ihrer Anwaltssozietät und das entsprechende Stimmrecht werden unwiderruflich für die Zeit des Ruhens der Anwaltszulassung auf einen Vertreter übertragen.“ Es handelt sich also um eine Anwaltssozietät.
Wir wissen nicht, was jetzt Sache ist. Denn in einem Interview – nehme ich an; es war eine dpa-Meldung – hat die Frau Justizministerin erklärt, sie bleibe lediglich Mitinhaberin in ihrer Kanzlei, was auch immer das ist.
Wenn es eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, nutzt es übrigens nichts, wenn sie ihr Stimmrecht auf einen Vertreter überträgt, weil es eine ganze Zahl von Entscheidungen innerhalb einer solchen Gesellschaft geben kann, ohne dass es im formalen Sinne Abstimmungen gibt. Das heißt, durch diese Vorlage oder dieses Versprechen ist nicht sichergestellt, dass sie in ihrem Anwaltsbüro nicht in anwaltlicher Tätigkeit bzw. in bestimmter Tätigkeit in Bezug auf das Geschäftsgebaren des Anwaltsbetriebs tätig wird.
Wir wollen Klarheit haben, bevor etwas geschieht. Formal ist das, was hier vorliegt, nicht in Ordnung, und auch aus grundsätzlichen Überlegungen und aus politischen Überlegungen können wir dem Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema eignet sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen.
Herr Reinhart, deshalb wäre es auch besser gewesen, wenn Sie wahrheitsgemäß berichtet hätten, was im Bund passiert ist.
Es war eben nicht die Justizministerin Frau Däubler-Gmelin, die das einfach abgelehnt hat, weil sie das nicht wollte, sondern es waren Verfassungsrechtler, die im Rahmen des bundesrechtlichen Gesetzgebungsverfahrens angehört worden sind und ihre Bedenken vorgetragen haben. Sie haben selbst gesagt: Wenn jemand, der eine Tat begangen hat, für die Allgemeinheit gefährlich ist, dann muss man die Allgemeinheit schützen. Das heißt, Sie haben selbst mit dem Argument der Gefahrenabwehr belegt, was getan werden muss, um diese Sexual- und Gewaltstraftaten zu verhindern. Genau dies ist nicht Aufgabe des Bundesgesetzgebers, sondern Aufgabe des Landesgesetzgebers. Der Justizminister dieses Landes hat das Gesetz für die nachträgliche Unterbringung genau mit dieser Argumentation vor knapp zwei Jahren gegenüber dem Landtag begründet: Wir können das machen, weil Gefahrenabwehr Sache des Landesgesetzgebers ist
und nicht Sache des Bundesgesetzgebers.
Entschuldigung! Man kann diese Problematik jetzt nicht nach Berlin abschieben, und man kann nicht Schwarzer-Peter-Spiel betreiben und sagen: Berlin ist zuständig, und die sollen etwas tun.
Herr Reinhart, wir sind uns doch einig, dass wir alles Erdenkliche tun müssen, um solche Sexual- und Gewaltstraftaten zu verhindern, noch besser zu verhindern als bisher schon.
Wenn wir uns insoweit einig sind, dann können wir uns doch beide anstrengen und fragen: Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, um wirksam gegen diese Straftaten vorgehen zu können, um ein taugliches Instrumentarium zu
haben? Wir halten das jetzt vorgeschlagene konservative Instrumentarium gerade nicht für tauglich. Ich will versuchen, Ihnen zu erklären, warum wir dieser Überzeugung sind.
Sie fordern härtere Strafen. Herr Justizminister, Sie sagen: „Heranwachsende müssen nach Erwachsenenstrafrecht behandelt werden, damit auch in diesen Fällen eine nachträgliche Unterbringung angeordnet werden kann.“ Nur: Wir haben einen konkreten Fall eines Rückfalltäters. Sie wissen genau, dass da die Problematik nicht darin bestand, dass er nach Jugendstrafrecht verurteilt worden ist und deshalb nicht nachträglich untergebracht werden konnte, sondern dass der Gutachter bezüglich dieses Täters Prognosen gestellt hat, nach denen Sie diesen Täter nie und nimmer in nachträgliche Unterbringung gebracht hätten. Also genau dieses Instrumentarium hätte in diesem konkreten Fall versagt. Das kann doch dann nicht die Begründung für die Einführung dieser Unterbringung sein, wenn man sieht, dass in einem konkreten Fall dieses Instrumentarium überhaupt nicht wirksam geworden ist.
Sie haben vor knapp zwei Jahren das Gesetz für die nachträgliche Unterbringung im Land eingeführt. Wir haben unsere Bedenken dagegen geäußert, weil wir der Meinung waren: In der Praxis wird das nicht funktionieren. Herr Justizminister, Sie haben damals ausgeführt, die Gesetzesverabschiedung sei äußerst dringend, weil Sie mit mindestens drei bis vier potenziellen Tätern pro Jahr rechneten, die von dieser neuen gesetzlichen Regelung betroffen wären. Inzwischen sind knapp zwei Jahre vergangen. Bisher ist nach diesem neuen Landesunterbringungsgesetz noch kein einziger Täter, noch kein einziger Strafentlassener in Unterbringung gebracht worden. Kein einziger Fall! Im Gegenteil, Sie haben Anträge stellen lassen, die zum Teil in erster Instanz und in einem Fall auch in zweiter Instanz abgelehnt worden sind. Herr Reinhart, da ist genau so argumentiert worden, dass in der Strafhaft eben nicht zusätzliche, neue Fakten aufgetreten sind, nach denen eine solche Unterbringung gerechtfertigt wäre. Allein die Tatsache, dass jemand die Tat begangen hat und abgeurteilt ist, darf bei der nachträglichen Unterbringung nicht berücksichtigt werden. Sie sehen, dass es doch sehr problematisch ist, wie Sie hier argumentieren, wenn Sie sagen, auch für Ersttäter solle eine solche nachträgliche Unterbringung eingeführt werden,
wenn eine nachträgliche Unterbringung schon bei den bisherigen Mehrfachtätern nicht gegriffen hat. Mit welchem guten Argument wollen Sie uns davon überzeugen, dass das bei Ersttätern besser funktioniert?
Sie sagen in Bezug auf die Jugendlichen: Warnschussarrest. Eine härtere Gangart gegenüber Jugendlichen – das sagen uns alle Fachleute; selbst in Amerika ist diesbezüglich mittlerweile die Einsicht gewachsen – führt gerade nicht dazu, dass sie keine Straftaten mehr begehen. Diese härtere Gangart nach dem Motto „short, sharp and shock“ ist von
den Amerikanern untersucht worden. Der erst in jüngster Zeit erschienene Sherman-Report hat die Schlussfolgerung gezogen, dass zur Verhinderung jugendlicher Straftaten diese Methode nutzlos und untauglich ist. Wir können doch nicht einfach all das, was Fachleute uns sagen, beiseite schieben und sagen: Wir machen es aber trotzdem. Dann greifen nämlich die verfassungsrechtlichen Bedenken sofort durch, weil Sie, bevor Sie Freiheitsentzug anordnen, natürlich die weniger einschneidenden Methoden anwenden müssen. Wenn Sie von der Wissenschaft und von der Fachwelt gesagt bekommen, dass dieser Freiheitsentzug, den Sie wollen, in der Praxis nicht erfolgreich sei, dann ist er auch verfassungswidrig.
Sie müssen sich also etwas anderes einfallen lassen. Ich sage Ihnen, was man unserer Meinung nach machen könnte.
Man könnte zum Beispiel im Vorfeld von Kriminalität tätig werden. Keiner begeht sofort schwere Sexualstraftaten oder Gewalttaten; die kriminelle „große Karriere“ beginnt erst nach und nach. Das weiß man alles. Wenn zum Beispiel in der Jugendstrafanstalt Adelsheim die personelle und räumliche Situation so ist, dass zwangsläufig diejenigen, die dort entlassen werden, gerüstet sind für schlimmere Straftaten, dann ist das ein gewaltiger Vorwurf an die Landesregierung. Dann muss nämlich dieser Strafvollzug so gestaltet werden, dass die jungen Leute dort nicht krimineller herauskommen, als sie hineingegangen sind.
Wenn alle Gutachter sagen: „Wir können keine hundertprozentig sichere Prognose stellen, und wir sind überlastet“, und wenn der Deutsche Psychotherapeutenverband sagt: „In Baden-Württembergs Gefängnissen besteht ein Mangel an Sachverständigen“, dann ist es die erste Aufgabe der Landesregierung, diesen Mangel zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass die Strafgefangenen ordentlich therapiert und versorgt werden.
Ich möchte Ihnen in der ersten Runde noch eines sagen: Wir wissen alle, dass Aussiedlerjugendliche signifikant beteiligt sind an schweren Straftaten und Gewalttaten,
auch an Sexualstraftaten. Bislang wird nahezu nichts zur Integration dieser Aussiedlerdeutschen getan. Wer da noch nicht angesetzt hat, darf sich hier nicht hinstellen und sagen: Mit tiefgreifenderen, schwerwiegenderen Maßnahmen bekommen wir das Problem in den Griff.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Unsere Bedenken gehen dahin, dass die Maßnahmen in der Praxis nicht erfolgreich sein können. Dazu habe ich Ausführungen gemacht.
Wenn der Kuchener Fall genannt wird, dann sage ich noch einmal: Das war keine Frage der Anwendung von Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht, sondern der Gutachter hat keine Bedenken gegen die Freilassung dieses Mannes gehabt. Es waren deshalb, gleichgültig, ob nach dem Erwachsenenoder nach dem Jugendstrafrecht, nie und nimmer die Voraussetzungen gegeben, ihn in Sicherungsverwahrung zu nehmen. Das ist das Entscheidende.
Warum überlegen Sie denn nicht einmal, ob nicht bei einer Reststrafenaussetzung mit Auflagen eine elektronische Überwachung über Monate hinweg sinnvoller und erfolgversprechender ist? Warum überlegen Sie nicht, ob die elektronische Fußfessel, die Sie in einem anderen Zusammenhang selbst angeführt haben, nicht im Bereich der Gewalttäter und Sexualstraftäter sinnvoller anzuwenden ist? Es gibt Fachleute, die dazu raten und das als ein exzellentes Mittel bezeichnen, um über Monate hinweg Straftäter in diesem Bereich zu überwachen.
Danke.
Haben Sie eine Erklärung dafür, weshalb der Brief des Abgeordneten Zeller vom 8. Oktober 2001 bislang vom Fürsten nicht beantwortet ist? Kennen Sie die Hintergründe dafür?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es tut unserer Gesellschaft nicht gut, wenn wir das Problem in der Form abhandeln, wie das Herr Pauli gerade getan hat.
Es befriedigt mich in gewissem Maß, dass die FDP in diesem Punkt einen etwas differenzierteren Standpunkt vertritt.
Das soll kein Lob sein, sondern das soll die Feststellung sein, dass Demokraten auch, was Rechte von Minderheiten und die Frage der Toleranz betrifft, zusammenstehen können. Das ist der Grund, weshalb mich das befriedigt.
Hingegen befriedigt mich nicht, wenn eine Partei von der Größenordnung der CDU aus offensichtlich vordergründigen Erwägungen heraus Stimmung macht gegen eine Regelung, die von allen anderen als im Sinne der Verfassung und als durch die Verfassung geboten angestrebt wird. Ich werde noch auf das zurückkommen, was der Innenminister bei der letzten Debatte gesagt hat. Das war sehr bemerkenswert. Ich erinnere daran, dass
Ich weiß nicht, ob Sie als Innenminister bei diesem Thema Humorist sein wollen.
Der seinerzeitige FDP-Bundesvorsitzende Gerhardt betonte, es gehe um Toleranz, nicht um Gleichstellung. Das können wir nur dreimal unterstreichen. Keiner will eine Gleichstellung mit der Ehe. Er sagte: Es hat lange gedauert, bis unsere Gesellschaft die Kraft hatte, Menschen mit anderen Veranlagungen nicht mehr zu diskriminieren. Auch das können wir dreimal unterstreichen.
Es schwingt ja immer mit auch bei Ihnen, Herr Pauli, ist es mitgeschwungen; Sie haben das sehr emotional gemacht , dass durch diese Regelung das Institut der Ehe angegriffen und in seiner Wertigkeit beschädigt würde.
Im Anordnungsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt ich lese das wörtlich vor :
Das rechtliche Fundament der Ehe erfährt keine Veränderung. Sämtliche Regelungen, die der Ehe einen rechtlichen Rahmen geben und das Institut mit Rechtsfolgen ausstatten, bleiben unabhängig davon, ob das Gesetz in Kraft tritt oder nicht,
gleichgeschlechtliche Partnerschaft
unberührt.
Das stellt das Bundesverfassungsgericht fest. Es hilft nicht, wenn Sie ständig wiederholen, dass durch diese gesetzliche Regelung das Institut der Ehe in irgendeiner Weise beeinträchtigt oder in seiner Bedeutung
relativiert würde. Ja, ich weiß. Das haben Sie das letzte Mal auch dazwischengerufen.
Es wird nichts relativiert, sondern Menschen, die eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft eingehen wollen, wird
ein gesetzlicher Rahmen vorgegeben, unter dem das geschehen kann.
Ich gebe Ihnen zu: Man kann durchaus unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob das vor dem Standesamt, vor dem Notar oder sonst wo geschieht. Wir haben Gründe für unsere Auffassung. Wir halten den Notar in diesem Fall für nicht sinnvoll, zumal das zusätzlich Geld kostet. Es ist jedoch aus ganz praktischen Erwägungen heraus sinnvoll, das vor dem Standesamt zu machen, weil die dort beschäftigten Beamten nämlich wissen, wie man solche Partnerschaften beurkundet, festhält.
Das ist als Partnerschaft etwas, was nicht von dem abweicht, was sonst als Partnerschaft beurkundet wird.
Sie sind Rabulist. Vom verwaltungstechnischen Vorgang her weicht das nicht wesentlich ab. Standesbeamte können das leichter machen ein Notar könnte das natürlich auch machen , als das Verwaltungsbeamte beim Landkreis machen können.
Dann bräuchten ja die Beamten bei den Landkreisen jetzt keinen Nachhilfeunterricht zu nehmen, um darüber informiert zu werden, wie das Ganze abzulaufen hat, wenn sie das von vornherein könnten.
Der Landkreistag hat übrigens haben bei der Ersten Beratung verschiedene von Ihnen, Lasotta, Hillebrand und andere, dazwischengerufen, das, was ich gesagt habe, sei falsch es nicht für sinnvoll gehalten, die Zuständigkeit den Landkreisen zuzuordnen.
Herr Kollege, Sie können sich ja an den Fingern einer Hand ausrechnen, wie sich CDU-Landräte gegen ein Gesetz oder eine Regelung wehren, die die CDU-geführte Landesregierung für richtig und für gut hält. Darüber können wir diskutieren.
Er hat ausdrücklich erklärt, dass es nicht sinnvoll sei, diese Partnerschaften beim Landkreis zu schließen.
Herr Oberbürgermeister, Sie strotzen ja vor Selbstbewusstsein.
Jetzt kommt das Argument, man wolle das nicht zum Standesbeamten bringen. Herr Pauli, das haben Sie gesagt. Sie regeln das aber so, dass die Stadtkreise und die Landkreise zuständig sind. Das heißt, eine große Stadt wie Heilbronn ist zuständig, und dann kann das genau zum Standesbeamten kommen.
Das muss nicht so sein, das kann behördenintern anders geregelt werden. Aber Sie verhindern doch nicht, wie Sie behaupten, dass es zum Standesamt kommt.
Glauben Sie, die Bedeutung eines solchen Partnerschaftsschlusses sei deshalb geringer, weil das nicht mehr der Standesbeamte, sondern der Landrat macht?
Sie können das gar nicht verhindern, das haben Sie ja gar nicht im Griff. Der Landkreis kann das so regeln, wie er es für richtig hält.
Auch die Stadt kann es regeln, wie sie will, und es wird bei einigen Städten beim Standesamt landen. Dann haben Sie zweierlei Recht, und dann haben Sie eine Bürokratie. Herr Dr. Glück, das ist das, was wir auch in Bezug auf die Notariatsregelung für nicht sinnvoll halten: Sie bauen über das notarielle Beurkundungssystem zusätzliche Aufwendungen auf. Denn auch der Notar müsste nach der gesetzlichen Regelung die beurkundete Verbindung weitermelden, zurückmelden an den Standesbeamten, so wie übrigens auch der Beamte beim Landkreis das an das zuständige Standesamt weitermelden muss. Sie bauen Bürokratie und Verwaltungsaufwand zusätzlich auf, die keinen Sinn machen, keinen Vorteil bringen.
Ich wollte Ihnen das nur vorhalten, weil Sie das so dargestellt haben, als wäre das richtig und gut und Sie würden all das, was Sie verhindern wollen nämlich eine Gleichsetzung mit der Ehe , damit erreichen, indem Sie das verwaltungstechnisch auflösen. Das erreichen Sie damit gar nicht, und es stört auch überhaupt niemanden, wie das technisch abgewickelt wird.
In Bezug auf eine Gefährdung der Bedeutung der Ehe stört das überhaupt niemanden, Herr Pauli.
Ich möchte aufgreifen, was der Herr Innenminister in der letzten Debatte erklärt hat. Er hat das ja zum gesellschaftspolitischen Problem hochstilisiert: Die Rot-Grünen wollen eine andere Republik. Mit dieser Regelung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft? Da muss man aber wirklich alle möglichen Gehirnwindungen, die sonst überhaupt nicht beschäftigt werden, in Bewegung setzen, um auf die Idee kommen zu können, dass hier eine gesellschaftspolitische Weichenstellung erfolgt.
Sie können doch vernünftig denken, ohne dass Sie dazu Frau Lösch bemühen müssen.
Das ist doch Unsinn; das hat der Innenminister gesagt. Sie müssen einmal Ihr Erinnerungsvermögen ein bisschen
anstrengen und nicht immer dazwischenquaken und etwas sagen, das hinten und vorne nicht stimmt.
Ich zitiere doch nur den Innenminister. Er wird es nachher wieder sagen oder rücken Sie von der Behauptung ab, dass das eine gesellschaftspolitische Weichenstellung sei? Genau das entlarvt eigentlich die Kritik an dieser Regelung, wenn so argumentiert wird. Das ist doch nichts anderes als der Versuch einer Ablenkung davon, dass man in der Familienpolitik, in der Hochhaltung der Ehe ansonsten politisch nicht so erfolgreich aktiv gewesen ist. Was haben Sie denn für die Familie und für die Ehe getan, dass Sie sich hier als Held hinstellen könnten, der Ehe und Familie so hochhält?
Sie haben sich doch vom Bundesverfassungsgericht bescheinigen lassen müssen, dass der Familienlastenausgleich, den Sie gestaltet haben, verfassungswidrig ist.
Herr Pauli, kennen Sie das Urteil nicht?
Jetzt haben Sie wieder voll auf den Ohren gesessen. Es war die gesellschaftspolitische Weichenstellung, die die Ehe und das Institut der Familie gefährdet. Ich sage Ihnen: Sie haben nicht das Recht, sich wegen eines Partnerschaftsgesetzes auf diese Höhe zu schwingen, wenn Sie selbst die Familie damit gefährdet haben, dass Sie einen verfassungswidrigen Familienlastenausgleich gestaltet haben.
Im Übrigen ist es des Schweißes der Edlen weiß Gott überhaupt nicht wert, sich hier darum zu streiten, welche Verwaltungseinrichtung einen Verwaltungsakt vornehmen soll. Es ist wirklich peinlich, wenn Sie diese Sache in der Form hochziehen und dabei gewissermaßen verstecken, was Sie damit wirklich bezwecken, nämlich die Familie, die Leute, die eine Ehe schließen
Wie viele sitzen denn hier, die ganz persönlich das Institut der Ehe so hochhalten? Wie viele sagen denn ganz locker bei jeder Gelegenheit: Wenn sich das so ergibt, bin ich auch bereit, mich nebenher auch einmal bei jemand anders zu vergnügen?
Ich bin da jemand? Also, ich erzähle jetzt nicht, was so manche von Ihnen bei bestimmten Festlichkeiten veranstalten.
Es ist schade, der Betroffene ist nicht da, sonst würde ich jetzt sagen, was er so veranstaltet.
Wissen Sie, wenn Sie das Institut der Ehe und der Familie hier so hochhalten und dann bei Ihren Gesprächen und Witzen am Stammtisch die entsprechenden Bemerkungen machen,
dann müssen gerade Sie kommen und uns erzählen, welchen Wert Ehe und Familie haben sollen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin etwas irritiert, dass wir hier heute diese Debatte führen, weil im Bundestag seit geraumer Zeit unter Beteiligung aller Fraktionen über dieses Thema heftig diskutiert und in Gremien verschiedener Ausschüsse gesprochen wird und man sich weitgehend einig ist. Vom Justizminister ist gesagt worden, dass es wohl einen interfraktionellen
Antrag, möglicherweise einen gemeinsamen Entwurf für einen Ansatz zur Lösung des Problems geben wird.
Herr Justizminister, mich hat irritiert, dass Sie gesagt haben, die Krankenhäuser seien auch heute schon nicht verpflichtet, zu melden, wenn eine anonyme Geburt durchgeführt würde. Aufgrund einer Auskunft aus Ihrem Ministerium habe ich in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur im Dezember vorigen Jahres erklärt, dass sämtliche personenstandsrechtlichen Vorschriften einer anonymen Geburt im Wege stünden. Es ist nun einmal im Personenstandsgesetz geregelt, dass diejenigen, die von einer Kindesgeburt Kenntnis erlangen, ob es die Hebamme, der Arzt oder eine dritte Person ist, verpflichtet sind, die Geburt gegenüber dem Standesbeamten zu melden. Das ist geltendes Recht.
Darüber hinaus gibt es, wenn ich das richtig sehe, auch in Berlin überhaupt keine Diskussion darüber, dass das nicht die Ebene des Personenstandsrechts betrifft. Man hat überlegt, inwieweit man die Grundrechte von Kind und Mutter gleichermaßen berücksichtigen kann. Dabei musste man natürlich abwägen. Man ist dabei über alle Fraktionen hinweg zu dem Ergebnis gekommen, dass man das Leben des Kindes vor sein Recht auf Auskunft über seine Herkunft stellt. Das war übrigens im ersten Entwurf der CDU/CSUFraktion noch nicht so. Danach hätte die Mutter nach einigen Wochen sie wäre dazu gezwungen gewesen die Anonymität aufgeben müssen. Das war nicht tauglich, das Problem zu lösen. Das hat man aber mittlerweile auch in der CDU so gesehen. Deshalb ist man auf dem gemeinsamen Weg. Man ist, wenn ich das so sagen darf, durch die Bank davon überzeugt, dass das Personenstandsrecht auf jeden Fall geändert werden muss.
Mich hat aber auch noch irritiert, Herr Justizminister, dass Sie gesagt haben, auch nach dem neuen Recht nach Ihrem Entwurf; aber ich kenne ihn nicht, deshalb ist das mehr eine Nachfrage als etwa ein Vorwurf müsste die Geburt des Kindes nicht beim Standesamt angezeigt werden.
Die Geburt schon, nur der Name nicht. Ich bin beruhigt. Denn personenstandsrechtlich wäre das eine ungeheure Schwierigkeit. Wenn die Geburt nicht gemeldet würde, wäre tatsächlich jeglichem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Aber genau das ist ohne Zweifel die Überzeugung aller Bundestagsfraktionen.
Frau Berroth, Sie haben manche Formulierungen gebraucht, bei denen ich gedacht habe, Sie hätten aus dem Entwurf zitiert, der dem Bundestag in Berlin vorliegt. Es ist die Überzeugung aller Bundestagsfraktionen, dass die Mutter den Vornamen bestimmen kann, dass sie acht Wochen Zeit hat, mit sich selbst und unter Beratung vonseiten Dritter zu klären, ob sie die Anonymität aufgibt. All das steht in den Entwürfen, über die diskutiert wird und über die weit gehend Einigkeit besteht. Das heißt, die Anzeigepflicht kommt weg, wenn die Mutter das Kind anonym zur Welt bringen will. Sie kann das innerhalb von acht Wochen korrigieren, das heißt, die Beurkundung beim Standesbeamten wird aufgeschoben. Wenn sie anderer Auffassung ist, wird die Anonymität aufgehoben, und nach acht
Wochen wird die Geburt dann ordnungsgemäß oder, wie man will, normal beurkundet, damit auch in den Unterlagen nichts erscheint, was auf ihre früheren Zweifel und Bedenken Rückschlüsse zulässt. Und natürlich wird sofort das Jugendamt unterrichtet, damit das Vormundschaftsverfahren eingeleitet
nein, zum Schluss; ich möchte das im Zusammenhang ausführen dürfen oder eine Adoptionspflegschaft eingerichtet werden kann. Eine solche Meldepflicht hat ja den Hintergrund, dass es keinen Missbrauch mit Kindeshandel geben soll. Das Gleiche ist übrigens auch in dem Gesetz für eine Babyklappe geregelt; denn auch hier besteht die Gefahr eines Missbrauchs. Und dem soll eben die Meldepflicht vorbeugen. Darüber hinaus darf man sicherlich nicht misstrauisch sein gegenüber den Stellen, die eine anonyme Babyklappe einrichten. Nach den Vorstellungen der Fraktionen in Berlin und ich habe nicht gehört, dass es da Divergenzen gäbe soll die Mutter die Möglichkeit haben, für das Kind eine Nachricht über dessen Herkunft zu hinterlassen. Das Kind kann dann ab dem 16. Lebensjahr auf eigenen Wunsch von dieser Nachricht erfahren.
All diese Überlegungen sind in Übereinstimmung zustande gekommen und mit dem Gesetzentwurf auf dem Weg. Wenn ich richtig informiert bin, wird diese Vorlage in der nächsten Bundesratssitzung im Juni dieses Jahres zur Abstimmung kommen. Frau Berroth und Herr Justizminister: Es ist sicher bedenkenswert, in das Familienrecht ausdrücklich mit aufzunehmen, dass eine anonyme Geburt nicht rechtswidrig ist oder wie immer man das formuliert.
Nach diesem Gesetzentwurf auf Bundesebene ist auch vorgesehen, dass Regelungen im BGB bezüglich der Vormundschaft geändert werden. Das geht gar nicht anders; denn die Amtsvormundschaft ist in den bisherigen Regelungen nicht inbegriffen. Weiterhin ist vorgesehen, die Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend zu ändern. Ich will das jetzt nicht alles im Detail ausführen, sondern nur eines sagen: Wir sind uns hier doch einig, und selbst in Berlin ist man sich weit gehend einig, auch wenn man noch weiter darüber beraten wird. Die Übereinstimmung in der Sache ist so breit, dass ich mich wundere, weshalb wir hier eine Aktuelle Debatte veranstalten, gewissermaßen zur Schau für die Bevölkerung. Soweit dadurch Informationen gegeben werden, ist das sicherlich positiv zu bewerten, und deshalb will ich das auch positiv sehen. Es ist gut, dass wir auf diese Art und Weise die Öffentlichkeit über die Gesetzgebungsverfahren in Berlin unterrichtet haben.
Frau Berroth, Ihre Frage!
Dann brauche ich nicht hier vorne zu stehen.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert, wenn wegen eines mit Verlaub popeligen Ausführungsgesetzes vom Minister hier gesellschaftspolitische Ausführungen höchsten Grades gemacht werden.
Herr Innenminister, Sie haben gewissermaßen die gesellschaftspolitische Verurteilung dieses Partnerschaftsgesetzes formuliert und haben in Wir-Form gesprochen. Ich kann mich erinnern, dass die Liberalen, Herr Pfister oder wie war das? ,
ja nicht grundsätzlich gegen ein solches Partnerschaftsgesetz sind,
sondern es sogar mannhaft in Berlin vertreten haben, nur mit einer Variante. Herr Döring, Sie wissen das doch. Sie beurteilen das, was hier passiert, doch nicht gesellschaftspolitisch. Oder, Herr Pfister? Wie ist es denn, Herr Döring? Wir sind also in einem Boot mit den Liberalen, oder?
Herr Innenminister, Sie haben in Wir-Form gesprochen und haben nicht alle, von denen Sie gesprochen haben, hinter sich gehabt. Das stimmt doch gar nicht, was Sie hier erzählen. Das ist kein Angriff auf die Gesellschaft und auf die Verfassung. Das ist doch alles ja was denn?
Humbug oder sonst etwas in dieser Qualität. Wenn Sie das, was Sie hier gesagt haben, ernst meinen, Herr Innenminister, warum sind Sie dann nicht vor das Verfassungsgericht gezogen? Der Herr Justizminister ist in der Hinsicht gescheit. Er hat zwar einmal angekündigt, das zu machen, hat aber gemerkt, dass das nicht sinnvoll ist. Sie haben selbst in der letzten Debatte gesagt: Wenn das im Anordnungsverfahren so entschieden wird, zeigt die Praxis und die Er
fahrung, dass auch im Hauptsacheverfahren so entschieden wird. Es wurde schon im Anordnungsverfahren festgestellt, dass das Institut der Ehe nicht tangiert wird.
Ach relativiert, das ist alles Unsinn, was Sie da sagen. Das ist wirklich nicht das, was im Gesetz drinsteht.
Wenn das Verfassungsgericht diese Position bezieht, warum schaffen Sie es nicht, dann auf dieser Verfassungsgerichtsposition das Gesetz zu handhaben? Warum müssen Sie das gesellschaftspolitisch verdammen? Was treibt Sie denn, das zu tun?
Gut, die Ideologen sitzen offensichtlich rechts.
Sie haben gesagt: und. Das ist schon einmal sehr beruhigend. Sie merken, dass sie jedenfalls auch rechts sitzen.
Jetzt haben wir diese Regelung hier zu machen. Sie beugen sich ja dem, was Gesetz und wohl verfassungsgemäß ist. Jetzt bringen Sie das mithilfe der FDP/DVP zustande, was Sie sonst immer bekämpfen, nämlich mehr Bürokratie einzuführen.
Nicht die Standesämter, die sich in dem rechtlichen System auskennen, sollen zuständig sein, sondern es sollen die Landkreise machen. Die haben auch eine entsprechende Stellungnahme abgegeben und das für Unsinn Nein, sie haben nicht Unsinn gesagt. Der Landkreistag hat
Gut, ich gebe zu, dass ich keine Schwierigkeiten habe, einzuräumen, dass ich mich irren kann.
Jedenfalls sind es, Herr Lasotta, zwei Hände voll Vorgänge, die Sie jetzt in eine Verwaltung geben, die bislang mit solchen Vorgängen nie zu tun hatte.
Sie wissen doch, dass der Landkreis das dem für den Wohnsitz des Betreffenden zuständigen Standesamt genauso melden muss, wie das auch über den Standesbeamten
geschehen muss. Sie schaffen doch nur zusätzliche Bürokratie. Ich wundere mich, dass die Liberalen das mitmachen. Die wollten das ursprünglich auch nicht. Sie wollten die Notare einschalten, und zwar aus ganz anderen Gründen. Aber Sie schaffen damit mehr Bürokratie und können außerdem nicht verhindern, dass auch Standesämter diese Lebenspartnerschaften beurkunden, weil die Stadtkreise das nämlich in eigener Regie machen können. Die haben ja zum Teil die Standesämter dafür für zuständig erklärt.
Was soll dieses Durcheinander und dieses Hin- und Hergeschuckel? Nur um der Ideologie willen?
Schauen Sie sich das Urteil, das vom Bundesverfassungsgericht kommen wird, an.
Ich kann Sie übrigens trösten.
Doch, er hat ja hier gejammert. Deshalb hat er Trost nötig.
Sie müssen nicht, wenn das Bundesverfassungsgericht entsprechend entschieden hat, etwa Ihre Ehe aufgeben. Sie dürfen doch verheiratet bleiben.
Sie haben hier so geredet, als wüssten Sie das nicht. Deshalb sage ich das zum Schluss.
Herr Minister Müller, ich habe den Zwischenruf nicht verstanden.
Das Gegenargument kann gerade einmal so stark sein, dass es stärker ist als das schwache Argument, das hier vorgebracht wurde. Sie waren vorhin nicht da, als der Herr Innenminister gesprochen hat, sonst würden Sie mir möglicherweise jetzt sogar zustimmen.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Justizminister wollte uns ja in einem Interview mit der Bild-Zeitung wirklich weismachen, dass sein größtes Handicap die Klaustrophobie sei. Unglaublich! Herr Minister, Ihr größtes Handicap ist nach unserer Überzeugung, dass Ihnen zu viel Geld zwischen den Fingern zerrinnt. Sie setzen zu viel Geld in den Sand. Der Rechnungshof hat Sie deshalb ja schon vor Jahren gewissermaßen verwarnt und Ihnen dargelegt, dass bei der Datenverarbeitung in den Justizvollzugsanstalten 10 Millionen DM in den Sand gesetzt worden sind.
Sie haben daraus leider nicht sehr viel gelernt. Denn auch der Justizhaushalt 2002/03 leidet gewissermaßen darunter, dass Sie zu viele Millionen, diesmal Euro und D-Mark, in den Sand gesetzt haben und deshalb diese Beträge an Stellen in der Justiz fehlen, wo sie eigentlich dringend gebraucht würden.
Obwohl Ihnen der Rechnungshof in einer Wirtschaftlichkeitsberechnung schon vor Jahren erklärt hat, dass das Notariatswesen reformiert werden muss, haben Sie mit dieser Reform etwas gemacht, was bisher schier keiner in der Regierung fertig gebracht hat, nämlich das Thema über nahezu anderthalb Legislaturperioden liegen zu lassen. Sie haben nichts realisiert. Schon im Oktober 2000 hatten Sie gesagt, es lägen schon Umsetzungskonzepte in den Schubladen bereit.
Herr Kollege Birzele, das ist eine traurige Erkenntnis. Da liegen sie offensichtlich immer noch.
Es ist offensichtlich nichts passiert.
Die Hängepartie bei den Notaren
führt unter anderem allerdings auch dazu, dass zum einen die badischen
Herr Rech, Sie haben das freie Notariat haben wollen. Sie wissen, dass das gar nicht realisierbar ist,
dass die Bundesnotarordnung geändert werden müsste und dass Sie dann alle Amtsnotare zu freien Notaren machen müssten. Das steht ja noch in der Koalitionsvereinbarung. Was wird denn daraus, Herr Justizminister? Wird das jetzt was oder nicht?
Seit Jahren verzichten wir auf erhebliche Einnahmen, weil diese Notariatsreform nicht durchgeführt wurde.
Der Rechnungshof hat beanstandet, was Sie mit dem elektronischen Grundbuch angestellt haben.
Mein Gott, wie kriegt man das hin? Die Einführung des elektronischen Grundbuchs ist gescheitert, heißt es dort. Der Aufwand für die Erstdatenerfassung wird sich um mindestens 48 Millionen DM erhöhen. Das heißt, Sie haben bisher schon eine Menge Geld in den Sand gesetzt, gerade bei der Erstdatenerfassung. Leider sind wir bei den Haushaltsberatungen nicht dazu gekommen, das zu erörtern.
Sie geben 6 Millionen für die Vermessungsverwaltung aus, damit Sie von denen Daten für das elektronische Grundbuch bekommen. Die Leute in der Vermessungsverwaltung sagen uns, wenn man die notwendige Software rechtzeitig entwickelt hätte, müssten sie jetzt nicht alles per Hand rausschreiben. Die 6 Millionen hätte man sich sparen können. 6 Millionen in der Justiz, wo man gar keinen Handlungsspielraum hat!
Herr Reinhart hat es gerade gesagt. Mit 6 Millionen könnte man eine Menge bewegen, wenn man sie frei hätte.
Es geht ja so weiter. Herr Justizminister, Sie müssen, weil die Einführung des elektronischen Grundbuchs so hervorragend organisiert war und sich finanziell so toll auswirkt, jetzt statt angesetzter gut 50 Millionen DM 140 Millionen DM aufwenden. Das ist auch eine Leistung. So eine Kostensteigerung muss man erst mal hinkriegen. Als Folge davon werden Sie die Modernisierung in den verschiedenen Bereichen der Justiz strecken müssen; sie wird länger dauern. Das haben Sie laut Stuttgarter Nachrichten im September 2001 selbst gesagt. Ich nehme an, dass das stimmt. Das bedeutet, dass wir dadurch auch Einnahmeverluste haben und die Justiz stärker belastet ist. Das, was Sie da veranstalten, wenn Sie Ihre Modernisierungsprojekte in dieser Weise so schlecht planen, hat Nachteile in enormem Umfang.
Ich möchte Sie einmal fragen: Wie ist es zustande gekommen, dass das Programm HADES es befindet sich ja schon in der Anwendung so gestaltet ist, dass damit praktisch nur die kleinen Landgerichte zurechtkommen, aber nicht die großen? Uns wird gesagt, wenn Richter oder Rechtspfleger mit einer Servicestelle zusammenarbeiten, funktioniert das hervorragend. Wenn sie aber mit zwei oder drei Serviceeinheiten zusammenarbeiten müssen das ist der Regelfall , geht nichts mehr. Dann geht es nur noch umständlich, dann muss man alles Mögliche extra eintragen und Arbeit dafür aufwenden.
Das Gleiche gilt, wenn Sie eine Strafvollstreckungskammer haben. Dann funktioniert HADES. Wenn Sie aber zwei oder gar mehr solcher Strafvollstreckungskammern haben in Heilbronn sind es vier , bedeutet das nur noch zusätzliche Arbeit. Elementar wichtige Dinge sind in diesem System überhaupt nicht eintragbar. Wieso ist das so erprobt worden, dass das jetzt in der Praxis bei den meisten Gerichten nicht ordentlich funktioniert? Sie werden doch kein Personal einsparen können, wenn auf diese Art und Weise zusätzliche Arbeit verrichtet werden muss.
Sie sagen allenthalben, das Ehrenamt müsse gestärkt werden. Ich nenne das Beispiel Bewährungshilfe Stuttgart e. V. Wir haben darüber im Ausschuss gesprochen. Schwitzen statt sitzen ich glaube, das ist von Ihnen propagiert worden muss ausgeweitet werden. Das Projekt der Bewährungshilfe Stuttgart wird im Doppelhaushalt aber mit null Euro bezuschusst.
Zum Projekt Psychotherapeutische Ambulanz für Sexualstraftäter, ebenfalls bei der Bewährungshilfe Stuttgart: Herr Minister, Sie setzen sich wortreich dafür ein, dass Sexualstraftaten bekämpft werden müssen. Bei der Bewährungshilfe Stuttgart läuft ein Projekt, das von allen Seiten als hervorragend anerkannt wird. Die weitere Finanzierung des Projekts ist gefährdet. In den Haushalt sind dafür null Euro an Zuschuss eingestellt.
Das alles ist die Folge von Geldverschwendung an anderer Stelle.
Ich möchte zum Schluss noch etwas Positives sagen, auch wenn ich meine Redezeit damit überziehe Frau Präsidentin, ich bitte um Verständnis : Im vorliegenden Justizhaushalt sind für Fremdleistungen mehr Mittel eingestellt als je zuvor. Das finden wir gut.
Hinter Fremdleistung verbirgt sich ja die Inanspruchnahme externer Kompetenz, externen Sachverstands außerhalb des Justizministeriums. Das finden wir hervorragend. Das Geld ist bestimmt gut angelegt.