Ulrich Maurer
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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Mayer-Vorfelder, ich habe mich extra selber
eingeteilt, weil ich gedacht habe, es wird wieder so richtig wie in alten Zeiten. Aber das geht jetzt nicht.
Denn durch die Tatsache, dass Sie zum Thema nichts gesagt haben, bin ich völlig entwaffnet.
Da ich also nicht weiß, wie ich mich brutal auseinander setzen soll mit etwas, was gar nicht gesagt worden ist,
nehme ich in meiner Verzweiflung wie schon des Öfteren eine Anleihe beim Kollegen Oettinger.
Ich zitiere aus der „Südwest Presse“ vom 13. November 2000:
Oettinger will Ja sagen.
Das ist schon mal gut.
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion in BadenWürttemberg, Günther Oettinger, hat Zustimmung zur geplanten Rentenreform signalisiert. Bei einer Veranstaltung des Deutschen Familienverbands in Esslingen sagte der Politiker, er trage die wesentlichen Bausteine der Reform mit: Höherbewertung der Kindererziehungszeiten, Einstieg in die private Altersvorsorge
und Berücksichtigung der Erziehungszeiten bei der geplanten Absenkung der Hinterbliebenen-Versorgung.
Er habe auch nichts gegen die Höhe der Förderbeiträge beim Einstieg in die private Rentenversicherung.
Über einiges sei zwar noch zu sprechen, aber er sehe keinen Grund zur Ablehnung.
Der Mann hat Recht.
Das war noch in der Zeit, als Sie noch nicht auf dem Trip waren, dass es ein Wahlkampfhit sein soll, die Rentenreform zu bekämpfen.
Mittlerweile haben Sie sich entschieden, das für einen Wahlkampfhit zu halten. Ich halte das für einen großen Fehler.
Ich sage Ihnen: Die wesentlichen Punkte dieser überfälligen Rentenreform bestehen darin, dass das Rentenniveau nicht, wie Sie es mit Ihrem demographischen Faktor vorhatten, auf 64 % abgesenkt wird – das wollen wir nicht in Vergessenheit geraten lassen –, sondern dass es sich bei 67 % bewegt.
Das ist übrigens die Zahl, die der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger vorgegeben hat.
Mit dem müssen Sie sich also auseinander setzen, wenn Ihnen das nicht passt.
Es ist ja auch nur logisch, dass man, wenn man künftig erwartet, dass die Bevölkerung in die private Vorsorge mit einbezahlt, das bei der Berechnung der Nettoeinkommen berücksichtigt.
Zweitens: Dies ist eine Rentenreform, die – neben diesen 67 %; wohlgemerkt, Sie wollten 64 % – einen Einstieg in eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge bedeutet.
Das wird von der Bundesregierung in einem Ausmaß gefördert, das man wirklich einmal würdigen muss. Im Jahr 2008 wird der Staat zu diesem Aufbau einer privaten Altersvorsorge 20 Milliarden DM zuschießen. Das ist doch ein Wort, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich möchte einmal wissen, warum Sie das im Bundesrat ablehnen wollen. Das ist nämlich der eine Punkt, der im Bundesrat zur Abstimmung stehen wird.
Insbesondere ist der Zuschuss für den Aufbau einer privaten Altersvorsorge
dann am höchsten, wenn man beispielsweise zwei Kinder hat und über ein mittleres Einkommen verfügt. Was haben Sie daran eigentlich auszusetzen? Wer diesen Weg beschreitet, wer zusätzlich zu diesem Rentenniveau von 67 % mit erheblicher staatlicher Hilfe auch noch private Anstrengungen unternimmt – der Staat wird dabei in vielen Fällen weit mehr als die Hälfte dessen zahlen, was eingezahlt wird –,
wird sich in einer weit besseren Situation befinden, als wenn es nach dem Modell Blüm gegangen wäre.
Danach wäre ein Niveau von 64 % erreicht worden
und hätte es keine vom Staat geförderte private Altersvorsorge gegeben. Das ist die schlichte Wahrheit.
Sie werden im Bundesrat auch noch darüber abstimmen,
ob in Deutschland endlich Schluss sein soll – das wollen wir – mit der so genannten verschämten Altersarmut vor allem von Frauen. Darüber werden Sie auch abstimmen.
Es ist der Wille des Bundesgesetzgebers,
dass anders als bisher nicht alte Frauen mit kümmerlichem Einkommen zu Hause bleiben, weil sie sich nicht trauen, aufs Sozialamt zu gehen, und weil sie vor allem nicht wollen, dass die Sozialämter bei ihren Kindern das Geld abkassieren. Das werden wir beenden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
In Zukunft wird vor allem diesen Menschen der Gang zum Sozialamt erspart, und ihre Kinder werden nicht mehr finanziell in Anspruch genommen. Das passt Ihnen nicht, wie ich in der Zeitung lese.
Sie wollen dagegen stimmen. Bei dieser Verweigerungshaltung wünsche ich Ihnen gute Reise. Ich sage Ihnen: Ich bin ausdrücklich stolz darauf, dass wir es jetzt in Angriff nehmen, diese oft elende Situation vor allem von älteren Frauen in Deutschland zu beenden.
Dann wird auch noch viel Unsinn erzählt.
Es wird behauptet, bei der Hinterbliebenenrente würden große Benachteiligungen stattfinden.
Man muss die Gelegenheit ja einmal nutzen, um mit Ihren Parolen hier aufzuräumen.
Erstens: Für all diejenigen, die jetzt Rentnerinnen und Rentner sind, ändert sich an der Witwenrente gar nichts.
Zweitens: Für alle, bei denen heute auch nur ein Ehepartner älter als 40 ist, ändert sich gar nichts.
Sie dagegen erzählen draußen dauernd dummes Zeug und verunsichern die Leute.
Für diejenigen Ehen schließlich, bei denen beide Ehepartner heute jünger als 40 sind, ändert sich nur dann etwas zum Negativen, wenn diese Ehen kinderlos sind. Aber wenn sie Kinder haben, führt das sogar zu Verbesserungen gegenüber der bestehenden Situation.
Das ist die Wahrheit.
Sie großartige familienfreundliche Partei müssten doch in Begeisterung darüber ausbrechen, dass die Erziehung von Kindern
viel höher bewertet wird als in der Vergangenheit. Sie haben doch 16 Jahre lang regiert.
Es ist schade, dass der Herr Ministerpräsident nicht da ist. Es ist schade, dass der Sozialminister auch nicht da ist. Ich bin gespannt, ob hier wenigstens die Staatssekretärin sprechen darf oder welche Strategen wir heute noch erleben werden.
Ich gebe Ihnen einen Rat für Ihre Wahlkampfführung: Anstatt Klamauk gegen eine überfällige Rentenreform zu machen, die im Übrigen im Bereich der betrieblichen Altersrente noch eine besonders gelungene Leistung darstellt – wir werden in Deutschland Pensionsfonds kriegen –, anstatt unsägliche Plakatnummern gegen den Kanzler zu machen, anstatt einen Ministerpräsidenten zu haben, der das Plakat zuerst abnickt und nachher die E-Mail nicht kriegt – anstatt diese Nummern zu machen, kehren Sie einmal endlich zur vernünftigen und sachlichen Auseinandersetzung zurück, sonst werden Sie Ihre verdiente Strafe bekommen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mich jetzt ausschließlich – das ist auch nahe liegend – mit dem ehrenwerten Kollegen Stratthaus auseinander setzen. Werter Herr Stratthaus, Sie haben sich schon wirklich vergriffen.
Sie haben sich mit einer zum Teil unsäglichen Wortwahl vergriffen. Da können Sie noch so schön angezogen hier hintreten. Das lasse ich Ihnen nicht durch.
Ich sage Ihnen: Was Sie hier getrieben haben – wörtlich zu sagen, in Zukunft würden die Leute daheim hocken und darüber nachdenken, wer als Erster stirbt –,
ist eine unglaubliche Entgleisung. Das sage ich Ihnen.
Wer so mit Dreck schmeißt,
der sollte hier nicht mehr die Nummer des seriösen Finanzministers abgeben. Dafür sind Sie nicht geeignet.
Das war eine Behauptung aus der untersten Schublade, um den Leuten Angst zu machen.
Ja, ja. Da ist ja kaum noch zu erkennen, was der gute Mann überhaupt gemacht haben soll. Das Thema ist, dass wir – darauf hat er sich bezogen – das so genannte Ehegattensplitting einführen; das heißt, dass wir vor allem Frauen, die bisher, wenn sie nur Hausfrauen waren, keinen eigenen Rentenanspruch hatten, zukünftig die Möglichkeit geben, sich mit ihrem Ehepartner über eine Teilung des gemeinsam erworbenen Renteneinkommens zu einigen. Das ist ein Riesenfortschritt, der gerade Hausfrauen aus der Abhängigkeit befreit, die sie bisher hatten. Das als „Lotterie über den Todeszeitpunkt“ zu bezeichnen, ist eine unglaubliche Entgleisung. So haben Sie sich noch nie disqualifiziert.
Dann, Herr Stratthaus, müssen Sie sich einmal überlegen: Sie sind wirklich ein Meister der Logik. Das muss man schon sagen. Sie stellen sich hier hin und polemisieren – das hat auch schon der ehrenwerte Kollege Noll gemacht – gegen die, wie Sie behaupten, angeblich doch verkappte Absenkung des Rentenniveaus auf 64 %.
Sie haben doch wild dagegen polemisiert.
In Ihrem Eingangssatz haben Sie Meister die 64 % des Herrn Blüm verteidigt. Sie haben gesagt, Sie seien für den demographischen Faktor gewesen,
der die Absenkung auf 64 % beinhaltet.
Sie polemisieren gegen sich selbst, Sie Meister der Logik.
Man muss sich das einmal vorstellen:
Derselbe Finanzminister, der in seinem ersten Redebeitrag die Absenkung auf 64 % verteidigt,
hält anschließend eine Rede gegen die Absenkung auf 64 %. Das ist doch Wahnsinn! Das ist doch Wahnsinn, was Sie hier veranstalten.
Wer, wie Sie, auf 64 % absenken wollte, ist der Letzte, der hier hinstehen und sich darüber aufregen darf, ob es jetzt 67 % oder 64 % sind. Da sind Sie der Letzte.
Dann kommt das Thema Wohneigentum. Da haben Sie sich auch total vergriffen. In diesem Gesetz steht ausdrücklich, dass ermöglicht wird, auch privates Wohneigentum mit in die Altersvorsorge einzubeziehen. Schluss.
Schluss. Nein.
Das ist Ihre Erfindung. Das steht nicht in dem Gesetz.
Über die Frage, in welchen Formen – –
Nein, von dem schon gar nicht.
Über die Frage, ob es Produkte geben kann, bei denen das Wohneigentum mit einbezogen wird, entscheiden allein die deutsche Versicherungswirtschaft oder die Bausparkassen. Sie entscheiden darüber, ob sie solche Produkte anbieten können – ja oder nein.
Wenn solche Produkte angeboten werden, dann werden sie bewertet und zertifiziert.
Wenn sie nicht angeboten werden, dann gibt es sie halt nicht. So schlicht ist das.
So schlicht ist das.
Letzter Spruch des Herrn Stratthaus: Die berufstätigen Frauen werden benachteiligt.
Ich nenne Ihnen zwei Beispiele, denn man kann das ja nur am Beispiel verdeutlichen.
Erstes Beispiel: Eine Frau hat drei Kinder jeweils im Abstand von vier Jahren geboren und ist in der Kindererzie
hungsphase nicht berufstätig. Wenn das jüngste Kind sechs Jahre alt ist und in die Schule kommt, nimmt sie eine Teilzeitbeschäftigung als Verkäuferin auf – Sie haben ja über Verkäuferinnen geredet – und wird mit 40 % des Durchschnittseinkommens entlohnt. Diese Verkäuferin und Mutter, werter Herr Stratthaus, erhält nach dem neuen Gesetz folgende Leistungen: für neun Jahre Kindererziehungszeiten einen monatlichen Rentenertrag von 437 DM, für die parallele Kindererziehung von zwei Kindern in vier Jahren einen monatlichen Rentenertrag von 64 DM, durch die Höherbewertung von Beitragszeiten einen monatlichen Rentenertrag von 39 DM. Die Rente dieser Frau steigt aufgrund dieser kindbezogenen Leistungen um monatlich 540 DM. Da stellt sich dieser Herr hierher und redet über die Rente von Verkäuferinnen.
Jetzt gestatte ich Schlussfragen. Ich bin ja am Ende meiner Redezeit, wie Sie mir mitgeteilt haben.
Wie haben Sie es denn damit gehalten?
Ich will Ihnen mal Folgendes sagen: Was Sie – –
Nein, nein. Nur nicht aufregen.
Sie kritisieren, dass wir für einen bestimmten Zeitraum den Rechtszustand aufrechterhalten, den Sie selber herbeigeführt haben.
Das ist doch irre.
Sie polemisieren damit gegen Kohl und Ihre eigene Regierungsarbeit. Merken Sie das nicht?
Es bleibt dabei: Wer wie Sie nichts zustande gebracht hat und selber absenken wollte, der kann dazu jetzt keine Kampagnen eröffnen. Und wer wie Herr Noll – das muss ich der FDP zum Schluss schon noch sagen –
den Deutschen verkündet:
Erstens sollten die Sozialabgaben möglichst noch weiter sinken,
zweitens soll die Staatsverschuldung auf null zurückgeführt werden,
drittens sollen die Renten mehr steigen als in der Rentenreform vorgesehen – –
Nicht abgesenkt werden. Ihr habt doch polemisiert – –
Ja, ja. – Wer hier solche Spielchen macht, der ist wirklich nicht ehrlich.
Wer sagt: „Die Rente ist uns in Zukunft nicht hoch genug, die Beiträge sollen aber auch noch fallen und die Staatsschulden sollen verringert werden“, ist nicht ehrlich. Glauben Sie, Sie können die Menschheit für total dumm verkaufen? Wie soll das überhaupt aufgehen?
Wer jetzt versucht, das in Ordnung zu bringen, der muss Ihre Polemik aushalten,
aber wir werden diese Reform dennoch genauso durchsetzen wie die Steuerreform.
Ihre Angstparolen werden verpuffen, und Sie werden anschließend zur Tagesordnung übergehen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich muss zugeben, ich bin mit relativ bescheidenen Erwartungen hierher gekommen. Ich habe gedacht, wir würden jetzt einen mehr oder weniger gelungenen Wahlkampfauftritt hören. Es war ein weniger gelungener Wahlkampfauftritt.
Aber es gibt jetzt immerhin doch ein Ereignis, Kollege Weiser, ein Ereignis, das mich überrascht: Der Vorsitzende der CDU-Fraktion hat hier nicht gesprochen. Das finde ich nun wirklich ein Ereignis.
Das ist heute Vormittag bisher das einzige Ereignis.
Ich finde, das ehrt den Kollegen Oettinger. Ich finde es gut, dass er sich nicht verbiegt und nicht eine Sache öffentlich für gut erklärt, die er aus richtigen Gründen selbst immer für falsch gehalten hat.
Ja, das ehrt ihn.
Mit Ihrem Einverständnis, Herr Präsident, zitiere ich aus dem „Handelsblatt“ vom 5. Februar dieses Jahres:
EdF und OEW haben einen Konsortialvertrag abgeschlossen, der der EdF die unternehmerische Führung bei der EnBW sichert, wofür die OEW 100 Millionen DM bekommt. Der Vertrag läuft fünf Jahre. Bestenfalls so lange, schätzen Kenner der Sachlage, läuft die Gnadenfrist für die EnBW: „Irgendwann ist die EnBW das Vertriebsbüro der EdF in Deutschland.“
Das stammt aus dem „Handelsblatt“, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nicht aus dem „Vorwärts“. Das ist die Einschätzung der Wirtschaft zu dieser Sache.
Deswegen sage ich Ihnen: Sie haben aus kurzfristigen wahlkampftaktischen Gründen und aus dem Interesse des Kassemachens heraus die Zukunft des Energiestandorts Baden-Württemberg in Wirklichkeit nachhaltig beschädigt.
Weil es Ihnen so gut gefällt, zitiere ich noch einmal aus dem „Handelsblatt“:
Nun darf Goll auf einen weiteren Sprung in seiner Karriere hoffen. Die EdF dürfte sich für sein Engagement erkenntlich zeigen. Wenn die Gerüchte stimmen, soll er ins EdF-Führungsgremium aufrücken
und die internationalen Aktivitäten des französischen Staatskonzerns verantworten.
Wäre indes die Viag-Tochter Bayernwerk vor der Fusion von Viag und Veba zur Eon bei der EnBW zum Zug gekommen, befände sich Goll wohl längst im Ruhestand.
Haben Sie etwas gegen das „Handelsblatt“?
Er hat etwas gegen das „Handelsblatt“.
Herr Ministerpräsident, die Realität der Abläufe, wie wir sie erlebt haben, ist: Der einzige Sieger dieses Vorgangs
ist in der Tat der Vorstandsvorsitzende der EnBW. Er hat für sich erfolgreich gearbeitet. Die Verhandlungen sind so geführt worden, dass am Schluss überhaupt nur, wie von Herrn Goll von Anfang an gewollt, der französische Atomkonzern EdF zum Zug kommen konnte. Das versuchen Sie hier als Erfolg zu verkaufen.
Ich sage Ihnen: Uns hier zur Vertriebszentrale der EdF zu machen ist kein Erfolg. Das ist ein schwerer, nachhaltiger Schaden für das Land Baden-Württemberg.
Mit den Wahlkampfteilen in der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten möchte ich mich nicht so sehr beschäftigen. Nur eines, Herr Ministerpräsident:
Dass Sie hier sagen: „Für uns beginnt der Mensch nicht mit dem Abitur“, in einem Land, in dem Sie es verantworten, dass derzeit 10 % des ordentlichen Berufsschulunterrichts ausfallen,
das ist dreist.
Damit sind wir beim eigentlichen Kern des Problems.
Keine müde Mark aus diesen Verkaufserlösen wird verwandt werden, um dafür zu sorgen, dass an unseren Schulen endlich der vorgesehene Pflichtunterricht erteilt wird – keine müde Mark!
Keine müde Mark wird dafür verwandt, dass wir wirklich eine nicht mehr von den Eltern bezahlte verlässliche Grundschule bekommen. Keine müde Mark wird für eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf verwandt. Nein, das Ganze ist eine Aktion, mit der Sie glauben, sich Wahlkampfsiege erkaufen zu können. Aber Sie unterschätzen die Intelligenz der Bevölkerung dieses Landes.
In der Tat, es ist Ihr besonderes Geheimnis, dass Sie in einer Situation,
in der es nur einen richtigen Weg gegeben hätte – oh Herr Haas –,
nämlich, wenn man schon Vermögen des Landes veräußert, diesen Erlös dazu zu verwenden, die Schulden zu verringern und Spielraum im ordentlichen Haushalt für unsere Schulen zu bekommen, diesen Weg nicht gehen. Das ist zum Schaden des Landes Baden-Württemberg.
Aber das, was Sie da machen, kann unsere Bevölkerung sehr gut nachvollziehen. Jede Badenerin und jeder Schwabe
weiß, was es heißt, wenn man Schulden hat und sein Vermögen verkauft und anschließend, anstatt seine Schulden abzubauen, sich schöne neue Dinge zulegt. Sie verhalten sich wie jemand, der Schulden hat, ein Haus verkauft und sich anschließend neue Autos zulegt.
Das ist ein falscher Weg. Wer Schulden hat, muss seine Schulden abbauen, wenn er etwas verkauft.
Sie hätten sogar die Chance gehabt, das Ganze steuerfrei zu machen, weil der Bundesfinanzminister sogar noch die entsprechende Gesetzgebung gemacht hat.
Und 1999 haben wir hier im Parlament an Sie appelliert, wenigstens zu warten, bis diese Gesetzgebung in Kraft ist. Nein, Sie wollten es stur anders, weil Herr Teufel so in die Vorstellung verliebt war, dass er sich mit einer Stiftung Wahlprozente kaufen könnte. Davon wollte er zum Nachteil des Landes nicht lassen. Mutwillig sind Sie diesen Weg gegangen,
aus Sturheit. Auf eines kann man sich bei Herrn Teufel immer verlassen: Einmal getroffene Fehlentscheidungen, und seien sie noch so grandios, werden stur durchgehalten. Die Fraktion muss kuschen. Ein Teil darf sogar gezwungenermaßen Beifall klatschen. Ich sage Ihnen, dass Sie in Ihrer Fraktion sich dazu haben vergewaltigen lassen.
Natürlich. Wir wissen ja, wie das gelaufen ist.
Wer wider besseres Wissen an die EdF verkauft, wider besseres Wissen die Schulden nicht abbaut, wider besseres Wissen das Geld für alle möglichen schönen Dinge ausgibt,
anstatt die Kernaufgaben des Landes in einem Land anzugehen, wo es Schlaglöcher in den Landesstraßen gibt,
wo Schulunterricht ausfällt, wer in einem solchen Land hergeht und sein Tafelsilber dazu verwendet, zusätzliche schöne Dinge zu machen und Geld unter die Leute zu streuen, der hat in der Tat nicht begriffen, worum es im Land Baden-Württemberg geht.
Deswegen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Nach der Wahl wird es keine Wahlkampfreden dieses Ministerpräsidenten vor dem Landtag mehr geben.
Dann werden wir diese Fehlentscheidungen rückgängig machen. Dann wird der Erlös von Beteiligungsverkäufen – werter Kollege, der Sie da sprechen durften – in der Tat für die Entschuldung des Landeshaushalts verwendet werden. Dann wird der Spielraum, den wir durch geringere Zinszahlungen und weniger Schulden haben, dazu verwendet werden, dass die Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg den Unterricht bekommen, der ihnen zusteht. So wird es sein.
Es ist gut, dass wir in einem Land leben, in dem Unternehmen, in dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen hohen wirtschaftlichen Erfolg erzielen. Bei ihnen sollten Sie sich bei solchen Gelegenheiten bedanken,
nicht bei sich selbst. Aber es ist nicht gut, dass wir in einem Land leben, in dem Milliardenbeträge für Wahlkampfaktionen eingesetzt werden
anstatt für eine seriöse Politik zugunsten der Entschuldung und zugunsten der eigentlichen Kernaufgaben unseres Landes.
Der Herr Ministerpräsident wollte das doch ausdrücklich.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Teufel, Sie haben mit der Genesis Ihrer Verkaufsaktion zugunsten der EdF leider zu einem etwas verspäteten Zeitpunkt eingesetzt.
Die ganze Geschichte beginnt damit – deswegen sage ich Ihnen, das Ganze ist eine Operation Goll, und Sie sind hinterhergetrabt –, dass Herr Goll, wie Sie ja wissen, schon gestützt auf französische Stromlieferungen, unter dem Stichwort „Yello“ einen Wettbewerbsangriff auf die deutschen Mitwettbewerber gemacht hat. Schon damals hatte er die strategische Allianz mit der EdF geschmiedet. Schon damals war er sich darüber im Klaren, dass er, wenn er diesen Angriff macht, diesen natürlich nicht von der eigenen Kraft des Unternehmens her bestehen kann, sondern dass es nur funktioniert, wenn er sich anschließend in die Arme der EdF flüchten kann. So fängt die Geschichte an. Das haben Sie möglicherweise nicht gemerkt. Aber das war eine planmäßige Strategie. Die Allianz mit der EdF war für Herrn Goll lange beschlossen, bevor Sie auch nur über Ihre Ausschreibungsmodalitäten nachgedacht haben.
Deswegen ist das die wirkliche Geschichte. Ich sage es noch einmal: Sie sind hinterhergetrabt. Sie waren bei dieser ganzen Strategie nie irgendwie der Macher oder der Stratege, sondern was aufgegangen ist, ist die Unternehmenspolitik, wie sie sich Herr Goll zusammen mit der EdF vorgestellt hat.
Die 4,7 Milliarden DM sind natürlich in Wahrheit auch nicht für den Wert der EnBW gezahlt worden, sondern für den Eintritt der EdF in den deutschen Strommarkt, den man
ihr damit ermöglicht hat, ohne dass sie die eigene, extrem starke Position in Frankreich hätte aufgeben müssen.
Ich finde es schon lustig, dass Sie mir hier Feindschaft gegenüber Frankreich unterstellen. Ihnen ist doch wirklich nichts zu viel, muss ich Ihnen schon sagen. Ich rede da über eine ganz nüchterne Erfahrung, die wir in BadenWürttemberg gemacht haben. Meine Damen und Herren, das wissen Sie doch alle durch das Beispiel der Übernahme von SEL durch Alcatel, das Beispiel der Übernahme von Saba durch Thomson-Brandt und viele andere Fälle. Die Politik französischer Unternehmen und erst recht die Politik französischer Staatsunternehmen ist sehr patriotisch ausgelegt, und im Zweifel gilt der Grundsatz: Wichtiger sind Arbeitsplätze in Frankreich als Arbeitsplätze bei Beteiligungsunternehmen. Das ist hier in Baden-Württemberg bei SEL und bei Erwerbungen durch Thomson-Brandt auch an anderen Stellen mehrfach durchexerziert worden.
Deswegen ist es, glaube ich, meine Pflicht und Schuldigkeit – und es wäre eigentlich auch Ihre –, darauf hinzuweisen, dass es nach diesen Erfahrungen nicht gut ist, wenn man ein großes baden-württembergisches Unternehmen zum Ableger eines französischen Staatsunternehmens macht.
Bei Ihnen ist es aber so: Sie sind durch die große Zahl so geblendet gewesen – Sie haben durch die Strategie des Herrn Goll auch keine Alternative mehr gehabt –, dass Sie das jetzt schönreden müssen. Ich sage Ihnen: Es hat Zeitpunkte gegeben – das haben wir Ihnen mehrfach gesagt –, zu denen es möglich gewesen wäre – anders als heute; jetzt sind die Aktienkurse down –, die Anteile des Landes Baden-Württemberg an private Anleger in Deutschland bzw. in Baden-Württemberg abzugeben. Das wäre möglich gewesen. Damals ist sogar die MVV in Mannheim an die Börse gebracht worden; kein Vergleich mit der Energie Baden-Württemberg. Das wollte Herr Goll nicht. Sie sind hinterhergetrabt. Diesen Zeitpunkt haben Sie verschlafen. Hätten wir diese Möglichkeit genutzt, hätten wir im Land ein eigenes Unternehmen gehabt, ein baden-württembergisches Unternehmen mit expansiver Kraft. Das wollten Sie ausdrücklich nicht. Das haben Sie verhindert. Jetzt haben wir in der Tat eine Vertriebsfiliale der EdF – auf Gedeih und Verderb auf die Gnade der Pariser Entscheidungen angewiesen.
Im Gegenteil. Ich bewundere manchmal, mit welcher Rigorosität die französische Politik ihre Arbeitsplatzinteressen nach vorn rückt. Wir Deutschen sind immer diejenigen, die den liberalen Markt am meisten hochhalten. Andere sagen dies verbal und denken an ihre eigenen Interessen. Wir sollten das endlich einmal wahrnehmen. Wer als Ministerpräsident für dieses Land Verantwortung trägt, sollte das ebenfalls wahrnehmen. Die erste Verpflichtung gilt den Arbeitsplätzen und dem Energiestandort Baden-Württemberg, aber nicht Herrn Goll und seinen Interessen.
Ich finde es im Übrigen schön, dass Sie hier aufgezählt haben, an wie vielen Stellen in Baden-Württemberg Sie Geld versprochen haben. Damit haben Sie nur bestätigt, was ich hier gesagt habe.
Ich stehe nach wie vor zu dem, Herr Kollege Seimetz, was ich im letzten Jahr gesagt habe: Es war und es ist nicht in Ordnung, wenn man Geld verteilt, das man noch nicht hat.
Das ist eine sehr allgemeine Lebensweisheit. Es ist nicht in Ordnung, wenn man das macht.
Ich weiß gar nicht, was Sie gegen den Begriff „schöne Dinge“ haben. Natürlich sind das schöne Dinge, aber man muss sie bei einer seriösen Finanzpolitik gegenüber anderen Dingen und anderen Prioritätsentscheidungen verantworten können.
Deshalb noch einmal zum zentralen Punkt, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU:
Wir sagen: Wir wollen den Erlös aus dem Verkauf von Beteiligungen in die Entschuldung des Landes stecken, weil wir im Landeshaushalt operativen Spielraum brauchen – im Landeshaushalt, nicht bei irgendeiner Stiftung –, damit wir an den Schulen dieses Landes endlich das notwendige Personal einstellen können. Dafür brauchen wir ihn.
Wir brauchen – offensichtlich im Gegensatz zu Ihnen – diesen Entschuldungsbeitrag, damit wir 180 Millionen DM an Zinsen und Tilgung einsparen können. Sie können sich ausrechnen, was das an Stellen für die Schulen unseres Landes bedeutet. Wenn wir sagen, wir würden jedes Jahr 5 000 Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen einstellen, dann ist das ein seriöser Vorschlag.
Er ist nämlich finanzpolitisch gedeckt.
Jetzt kommen wir zu dem, was Sie hier treiben – hören Sie gut zu, werter Herr Rektor Seimetz –:
Der Herr Ministerpräsident hat in einer Diskussion mit Frau Vogt fröhlich feixend gesagt: „Ich will sogar noch 500 Lehrer mehr einstellen, nämlich 5 500.“ Aber wie bezahlen Sie die denn, Herr Ministerpräsident?
Sie bezahlen sie offensichtlich nicht so wie wir. Wir würden das Geld aus dem Verkauf in die Entschuldung stecken
und damit Spielraum im Haushalt gewinnen. Wie bezahlen Sie sie denn?
Dann – hören Sie gut zu, Herr Stratthaus, Sie müssen die nächsten Sachen noch mitkriegen, damit Sie Ihren Herrn Teufel beraten können – kommt die nächste Nummer. Der CDU-Landesparteitag beschließt: Jede Schülerin und jeder Schüler in Baden-Württemberg bekommt einen Laptop.
Kosten: 2 Milliarden DM. Das bedeutet 400 Millionen DM pro Haushaltsjahr. Herr Palmer hat bei der Jungen Union in einem Anflug von Wahrheitsliebe mitgeteilt,
dass die Eltern das bezahlen sollen.
Aber Herr Teufel – dazu gibt es auch einen O-Ton vom Rundfunk, Herr Teufel – hat gesagt: Selbstverständlich bezahlen das nicht die Eltern,
sondern das bezahlen das Land und die Kommunen.
Das war O-Ton Teufel. Herr Teufel – ich habe mir die Stelle vom SWR vorspielen lassen; wissen Sie, ich höre mir die Dinge auch immer an –, Sie haben versprochen, die Laptops bezahlten das Land und die Kommunen. Jetzt hätte ich gerne einmal gewusst: Wie bezahlen Sie denn die 400 Millionen DM pro Jahr für die Laptops, die nach Ihrem Parteitagsbeschluss jede Schülerin und jeder Schüler bekommen soll, zusätzlich zu den 5 500 Lehrerstellen, die Sie – anders als wir bei unserem Vorschlag – nicht gedeckt haben und wofür Sie keinen seriösen Finanzierungsvorschlag haben? Dann müssen Sie noch die Vorfinanzierung für Stuttgart 21 leisten und die neue Messe auf den Fildern bezahlen. Das summiert sich dann.
In einer solchen Haushaltssituation bei rückläufigen Steuereinnahmen – das ist doch klar; wir wollten auch, dass sie zurückgehen, denn wir haben im Bund ja ein Steuerentlastungsprogramm verabschiedet – und bei den Versprechungen, die Sie abgegeben haben, geht Herr Teufel her und sagt: „Ich verspreche euch allen alles: Laptops ohne Ende. 18 Standorte kriegen etwas, Lehrer gibt es en masse, und eine Landesstiftung mache ich auch noch.“ Mit einer solchen Politik, glaube ich wirklich, unterschätzen Sie die Intelligenz der Bevölkerung dieses Landes nachhaltig.
Ich frage mich, wer Ihnen Ihre Finanzplanung eigentlich macht
oder wie Sie diese eigentlich unterlegen. Dass das Herr Stratthaus ist, kann ich mir nicht vorstellen. Herr Stratthaus nickt zwar alles ab; aber dass er diesen Unfug auch noch gerechnet hat, kann ich mir nicht vorstellen.
Vielleicht macht es Ihr Parteicomputer, Herr Ministerpräsident.
Dem traue ich das zu. Der verschluckt E-Mails, wenn Herr Teufel ein Plakat gegen den Bundeskanzler angestiftet hat und nachher nicht mehr dazu stehen will. Der spaltet auch, wenn Not am Mann ist, Parteispenden so auf, dass man sie nicht veröffentlichen muss.
Herr Stratthaus, Herr Teufel, geben Sie zu: Ihre Finanzversprechungen sind über Ihren Parteicomputer gerechnet worden.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser heutiger Antrag auf Entlassung der Frau Ministerin Staiblin ist die notwendige Konsequenz aus der Tatsache, dass weder der Ministerpräsident noch seine – im wahrsten Sinne des Wortes seine – Ministerin bereit sind, die notwendige Kehrtwende und Umorientierung in der Landwirtschaftspolitik dieses Landes herbeizuführen.
Es war wirklich gut und lehrreich, dass Frau Staiblin jetzt hier noch einen längeren Auftritt hatte. Wir haben dem entnommen, dass in der Tat bei dieser Regierung nicht die geringste Bereitschaft besteht, die Konsequenzen aus den Erfahrungen dieser tiefsten Krise in der Landwirtschafts- und Verbraucherschutzpolitik, in die wir geraten sind, zu ziehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Tatsache ist, dass in Konsequenz dieser tiefen Krise, die natürlich nicht näherungsweise beendet ist, und der Erkenntnisse, die daraus gezogen werden müssen, die Bundesregierung ihre Land
wirtschafts- und Verbraucherschutzpolitik völlig neu orientiert
und dass sich zwei Bundesminister zu ihrer Verantwortung bekannt haben, einer Verantwortung übrigens, die hauptsächlich – das will ich deutlich sagen – auf die Politik der von der CDU/CSU gestellten Vorgänger zurückgeht.
Sie haben die Landwirtschaftspolitik des Bundes bestimmt, als Ihre konservativen Parteifreunde in Großbritannien in unverantwortlicher Weise dieses Problem geschaffen haben. Und Herr Borchert hat sich als Lobbyist betätigt. Ich sage Ihnen das deswegen, weil es nicht erträglich ist, dass in der Bundesregierung die Neuorientierung vorgenommen wird, sich zwei Minister zu ihrer Verantwortung bekennen, sich sogar die Bayerische Staatsregierung unter Druck dazu durchringt, ihre Sozialministerin zu entlassen und ein Verbraucherschutzministerium zu gründen, wenn auch unter katastrophalen Umständen, und die Landesregierung von Baden-Württemberg weder bereit ist, persönliche Verantwortung für ihre Fehlleistungen zu übernehmen, noch bereit ist, eine Neuorientierung ihrer Politik einzuleiten.
Die Situation in Bayern unterscheidet sich qualitativ in nichts von der Situation in Baden-Württemberg, verehrte Kollegen. Es ist eine besondere „Leistung“ von Ignoranz, sich in einer Situation, in der selbst die Bayerische Staatsregierung Konsequenzen zieht, hier hinzustellen und zu sagen: Alles ist bestens, wir sind das Land der Seligen; wir beschimpfen die anderen Bundesländer und reden noch ein bisschen über „Blümchenwiesen“. Wo leben Sie eigentlich?
Sie glauben, eine solche Debatte auf diese Art und Weise aussitzen zu können. Wo leben Sie eigentlich?
Fakt ist, dass in Baden-Württemberg die Verbraucherschutzpolitik ein kümmerliches Anhängsel der Landwirtschaftspolitik ist.
Während jetzt woanders der richtige Grundgedanke praktiziert wird, dass Landwirtschaftspolitik von den Interessen der Verbraucher definiert und bestimmt werden muss, haben Sie nach wie vor nur eines im Kopf: klassische Landwirtschaftspolitik zu machen und zu überlegen, wie Sie die Verbraucher dafür gnädig stimmen können.
Sie haben nicht begriffen, worum es eigentlich geht.
Ich habe schon registriert, wen Sie in dieser Debatte aufgeboten haben. – Sie leisten sich nach wie vor eine völlige Zersplitterung der Zuständigkeiten im Verbraucherschutz
und dessen kümmerliche Randexistenz im zuständigen Ministerium. Deswegen sage ich Ihnen: Es wäre höchste Zeit gewesen und hätte der Verantwortung des Ministerpräsidenten entsprochen, dem Beispiel der Bundesregierung zu folgen
und ein Ministerium zu organisieren, das in allererster Linie Verbraucherschutzpolitik betreibt. Er könnte die Abteilungen und Referate so zuschneiden, dass dem Verbraucherschutz Genüge getan wird. Er könnte alle Zuständigkeiten zusammenfassen und ein Landesamt für Verbraucherschutz installieren. Aber er sollte es nicht aussitzen und dann auch noch diese billige Nummer mit der Ernennung eines Staatsrats als Wahlkampfalibi hinterherschicken, wie Sie es gemacht haben.
Damit wir auch da Klartext reden: Sie hätten von uns größte Zustimmung bekommen, wenn Sie einen so renommierten Wissenschaftler wie Herrn Beyreuther als Berater der Landesregierung in Sachen „Bekämpfung der BSE-Krise“ berufen hätten. Aber Sie haben – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – einen „Staatsrat für Gesundheits- und Lebensschutz“ ernannt. Wissen Sie, was das heißt?
Sie haben damit selbst den Offenbarungseid geleistet
ich erkläre es Ihnen – und damit die Notwendigkeit unseres Entlassungsantrags zusätzlich begründet.
Was heißt das denn, wenn jemand einen Staatsrat für Lebens- und Gesundheitsschutz ernennen muss? Das heißt doch, dass die Behörden dieses Landes bisher nicht in der Lage waren, den Gesundheits- und Lebensschutz wahrzunehmen.
Ein offeneres Eingeständnis hätten Sie gar nicht ablegen können, Herr Teufel.
Wer 50 Tage vor einer Wahl den Gesundheits- und Lebensschutz entdeckt und nebenbei noch in einer Pressekonferenz bekannt gibt, dass der Staatsrat allerdings gar keine Zuständigkeiten habe, weil alles schon so prima organisiert sei, der kann gar keine größere Achterbahn mehr veranstalten.
Sie hätten längst Ihre Ministerien so organisieren müssen, dass sie dem Gesundheits- und Lebensschutz genügen, anstatt einen Staatsrat als Berater hinterherzuschicken. Man muss sich das einmal vorstellen: An zwei Tagen in der Woche wird jetzt nebenamtlich in Baden-Württemberg der Gesundheits- und Lebensschutz organisiert.
Nun zur Frau Ministerin: Wir haben genügend konkrete Fehlleistungen zu verzeichnen. Frau Staiblin, Sie haben über Jahre hinweg wissentlich die Verunreinigungen im Tierfutter geduldet. Sie haben sogar doppelbödig dafür interveniert, man könne doch vielleicht auch die Toleranzgrenzen entsprechend festlegen, damit es auch noch sanktioniert ist. Sie haben die Verwendung von Risikomaterial nicht nur zustimmend abgenickt, sondern Sie waren die aktive Lobbyistin bei der Bundesregierung dafür. Sie haben, meine Damen und Herren, in Sachen Schweinemast in Baden-Württemberg genau dasselbe praktiziert, was in Bayern praktiziert wurde und weswegen in Bayern die Ministerin zurückgetreten ist. Das ist qualitativ genau dasselbe.
Werter Kollege Hauk, wie wundersam ist es doch, dass ich jetzt plötzlich lese, dass zum ersten Mal fünf Tierärzte zum Gegenstand von Ermittlungsverfahren geworden sind. Wie wundersam ist es, dass zum ersten Mal jetzt die entsprechenden großen polizeilichen Anstrengungen unternommen werden. Was ist das eigentlich – das ist ja wohl Fakt –, wenn Sie über Jahre hinweg jede Menge Warnungen vor diesen Praxen bekommen haben?
Oh Gott, das sagen Ihnen doch die Tierärzte.
Sie haben sich doch nur geweigert, weil sie auch bedroht worden sind.
Ja, natürlich. Das sagen sie doch selbst. Sie haben sich geweigert, Name und Anschrift mitzuteilen.
Ich frage Sie mal eines: Wenn die baden-württembergische Polizei, die Gott sei Dank nicht so ist,
so arbeiten würde, dass sie erst aktiv wird, wenn man ihr den Namen, die Anschrift und den konkreten Tatvorgang frei Haus per Post abgibt,
dann wäre es mit der inneren Sicherheit zu Ende. Aber das ist genau die Position dieses Ministeriums. Das können Sie nachlesen.
Sich auf den Standpunkt zu stellen: „Solange man uns nicht sagt, um welchen Tierarzt es wann und wo geht, können wir nicht aktiv werden“,