Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 98. Sitzung des 12. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Krank gemeldet sind Frau Abg. Rastätter sowie die Herren Abg. Brinkmann, Nagel, Wilhelm, Stächele und MayerVorfelder.
Meine Damen und Herren, heute hat Herr Kollege Dr. Caroli Geburtstag. Herr Dr. Caroli, im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.
Eine Liste der E i n g ä n g e liegt Ihnen vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.
1. Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 2. November 2000 – Wohnungsbau 2001 – Bericht und Leitlinien zur Wohnungsbauförderung – Drucksache 12/5687
2. Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2000 – Organstreitverfahren eines Mitglieds des Deutschen Bundestages gegen 1. den Deutschen Bundestag, 2. den Präsidenten des Deutschen Bundestages wegen Verletzung von Abgeordnetenrechten
Meine Damen und Herren, der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und Verkehr hat namens seines Ausschusses darum gebeten, den Tagesordnungspunkt 10 wegen seiner landespolitischen Bedeutung in der Tagesordnung vorzuziehen. Nach Rücksprache mit den Fraktionen werden
Aktuelle Debatte – Das Lebenspartnerschaftsgesetz und seine Auswirkungen auf die Familien- und Sozialpolitik in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion Die Republikaner
Das Präsidium hat die üblichen Redezeiten festgelegt: 50 Minuten Gesamtredezeit ohne Anrechnung der Redezeit der Regierung, jeweils fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an diese vorgegebenen Redezeiten zu halten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben die heutige Debatte beantragt, weil das Lebenspartnerschaftsgesetz weit reichende Auswirkungen auf unser gesellschaftliches Leben hat. Über 110 Bundesgesetze und viele Verordnungen sind davon betroffen.
Zu Beginn der Debatte möchte ich aber eines in aller Deutlichkeit klarstellen: Wir Republikaner wollen keine Diskriminierung von Homosexuellen. Wir sind auch der Meinung, dass nach dem gesellschaftlichen Wandel in den letzten 20, 30 Jahren im Grunde nicht mehr von einer Diskriminierung gesprochen werden kann. Im Gegenteil: Durch eine erfolgreiche Lobbyarbeit ist es dieser Randgruppe gelungen, das Anliegen einer Randgruppe zu einer fast normalen Lebensform zu transformieren.
Ich möchte aber zu Beginn auch nicht unerwähnt lassen, dass alle drei monotheistischen Weltreligionen,
also das Christentum, das Judentum und der Islam, die Homosexualität ablehnen. Das Christentum begründet dies mit einem Verstoß gegen das christliche Sittengesetz.
Nun zum Lebenspartnerschaftsgesetz. Um was geht es hier eigentlich? Das Gesetz fordert die Gründung eines neuen familienrechtlichen Instituts neben der Ehe, die so genannte eingetragene Lebenspartnerschaft für homosexuell lebende Paare. Diese Paare sollen mit wenigen Ausnahmen
die gleichen Rechte und Pflichten wie Ehepaare erhalten, zum Beispiel das Recht auf einen gemeinsamen Namen, die gegenseitige Unterhaltspflicht, ein gesetzliches Erbrecht und den Status von Familienangehörigen.
Meine Damen und Herren, diese Auswirkungen sind für unser Zusammenleben so gravierend, dass hier durchaus von einem Hauch von Kulturrevolution gesprochen werden kann.
Nun stellt sich die Frage: Ist dieses Gesetz verfassungsgemäß oder nicht? Hier ist besonders Artikel 6 des Grundgesetzes gefordert, der ja die Familie und die Ehe unter besonderen Schutz stellt. Ich stelle die Frage nach dem Familienbegriff: Darf man bei zwei Männern, die ein adoptiertes Kind haben, eigentlich von einer Familie sprechen? Ich meine, nein. Dies würde auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 6 diametral widersprechen. Das Bundesverfassungsgericht hat Ehe und Familie als – ich zitiere – „die Keimzelle jeder menschlichen Gemeinschaft“ bezeichnet, „deren Bedeutung mit keiner anderen menschlichen Bindung verglichen werden kann“.
Welche Funktion haben Ehe und Familie in unserer Gemeinschaft, in unserem Staat? Die Ehe ist die umfassende Bindung zwischen Mann und Frau. Sie ist eine Lebensund Wirtschaftsgemeinschaft, die sich durch Kinder zu einer Lebens-, Wirtschafts- und Erziehungsgemeinschaft, also zur Familie, erweitert. Genau wegen dieser Funktion, meine Damen und Herren, schützt der Staat Ehe und Familie besonders.
Zweitens: Durch dieses Gesetz wird der Solidarpakt der Generationen, der Solidarpakt zwischen Jung und Alt, aufgekündigt.
Drittens: Die staatliche Verantwortung für die Zukunft unseres Volkes wird von der Bundesregierung nicht mehr ernst genommen.
Erstens: Die Landesregierung muss Farbe bekennen. Einerseits wollen wohl Herr Justizminister Goll und die FDP eine etwas abgemilderte Form der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft akzeptieren,
zum Beispiel die Besiegelung vor dem Notar statt vor dem Standesamt. Dies wird wohl auch von Herrn Oettinger und von der Saar-CDU, von Herrn Müller, unterstützt. Andererseits hat sich die bayerische Landesregierung schon für eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ausgespro
chen. Hier ist vor allem der Herr Ministerpräsident, der dieser Debatte leider nicht folgt, gefordert. Er soll uns sagen, wie die baden-württembergische Landesregierung zu dieser Frage steht; denn der Herr Ministerpräsident hat – ich zitiere nochmals – bei dieser Homoehe von „Verordnung verfassungswidriger Ideologien“ gesprochen. Ich hätte ihn schon fragen wollen, ob er zu dieser Aussage auch hier im Landtag von Baden-Württemberg steht.
Ich komme zu unserer letzten Forderung, meine Damen und Herren: Wir Republikaner fordern, dass die Landesregierung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen dieses Gesetz klagt und die Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes feststellen lässt.
Zusätzlich – und dazu werde ich im weiteren Verlauf der Debatte noch reden – ist eine offensive Familien- und Bevölkerungspolitik notwendig. Dazu werde ich Ihnen nachher konkret die Vorstellungen der Fraktion Die Republikaner hier im Landtag darlegen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg zwei Feststellungen treffen:
Erstens: Wir haben eine gefestigte freiheitliche und demokratische Grundordnung. Die pluralistische Gesellschaft und der freiheitliche Staat überlassen jedem seine eigene Entscheidung in der privaten Lebensgestaltung. Homosexuelle Menschen und gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften dürfen daher nicht diskriminiert und auch nicht ausgegrenzt werden. Auch in solchen Beziehungen können Werte gelebt werden, die für unsere Gesellschaft wichtig sind. Es macht auch keinen Sinn, denjenigen, für den Ehe und Familie aufgrund seiner sexuellen Orientierung nicht infrage kommen, die Chance für eine bürgerliche Existenz oder für ein erfülltes Leben zu erschweren.
Nur in einer auf Dauer angelegten ehelichen Gemeinschaft kann Partnerschaft zwischen Mann und Frau gepflegt und Verantwortung für die Erziehung der Kinder übernommen werden. Deshalb hat Artikel 6 unseres Grundgesetzes Ehe und Familie unter besonderen Schutz gestellt. Diese Grundentscheidung der Verfassung darf auch nicht zur Disposition gestellt werden.
Nun zum Sachverhalt: Defizite im alltäglichen Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften sind in der Gesellschaft oft festzustellen. Hier geht es darum, Zurücksetzungen und Benachteiligungen zu verhindern. Wir könnten uns auch Änderungen zum Beispiel im Mietrecht, in der Fürsorgepflicht, im Zivil- und Strafprozess, beim Zeugnisverweigerungsrecht, beim Auskunfts- und Besuchsrecht, im Krankenstand usw. durchaus vorstellen.