Protocol of the Session on November 2, 2017

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nie- mals!)

Es ist eine Geräuschkulisse, die nicht mehr dem Haus entsprechend annehmbar ist.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Nach der Bestimmung, dass es sich nun wohl um einen Wolf und sechs Hybriden handelt, müssen nun entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, die das Problem langfristig lösen; wir meinen auch wirklich langfristig. Nächstes Jahr ist die Möglichkeit gegeben, dass weitere Hybriden zum jetzigen Rudel hinzukommen, wenn keine Regelung getroffen wird. Vor allem müssen die Jäger beim Schießen auf den Wolf Rechtssicherheit erlangen, sofern diese Maßnahme nun doch umgesetzt werden soll.

PETA Deutschland ist der Meinung: Selbst wenn der Vater der Tiere ein Hund ist, besteht für die Tötung der Tiere trotzdem kein Grund. Die Jungtiere können vor Eintritt der Geschlechtsreife kurzzeitig eingefangen, sterilisiert und wieder freigelassen werden. Mit dieser Maßnahme wäre eine Fortpflanzung der Tiere dauerhaft unterbunden und die Wildtiere könnten trotzdem in Freiheit leben. Das meint PETA. Weiter wird von PETA ausgeführt: Die Geschlechtsreife und das Abwandern der Wölfe setzt in der Regel um den 22. Lebensmonat ein, also nicht vor Ende 2018. Sie führen weiter ein Beispiel vom Zoo Magdeburg an. Hier wurden 2008 drei Tigerbabys eingeschläfert, weil sie nicht reinrassig waren. Die Zooverantwortlichen wurden nach einer Strafanzeige von PETA rechtskräftig dafür verurteilt. Vor diesem Hintergrund warnt PETA Deutschland die Verantwortlichen hier in Thüringen ausdrücklich vor der strafrechtlichen Relevanz einer etwaigen Tötung der Thüringer Welpen.

Auch anderweitige Drohungen sind wohl schon eingegangen, habe ich gehört. Da ist der Vorschlag einer brandenburgischen Tierärztin, die die kleinen Wolfsmischlinge möglicherweise aufnehmen möchte, ernsthaft zu prüfen. Das beinhaltet, dass sich das Ministerium der Sache unverzüglich annimmt und den Ernst der Lage erkennt. Wir haben ja schon diese eine Debatte im Umweltausschuss; nun bin ich ganz gespannt, wie dort die Debatte weitergeht. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Kobelt, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag der CDU erfüllt mich mit großer Sorge.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Es steht doch „Akzeptanz“ in der Überschrift!)

Wir sprechen heute über ein Lebewesen und eine streng geschützte Art: den Wolf. Aber Ihr CDU-Antrag liest sich ehrlich gesagt so, wie das zu Papier gebrachte Hornblasen zum Abschuss des Wolfes. Sie reden über Anpassung, Schutzstatus Wolf, Einführung von Schutzjagden, Maßnahmen von Abschüssen. Wir als Grüne wollen dagegen den Wolf als geschützte Art in Thüringen erhalten und Maßnahmen ergreifen, damit das Zusammenleben zwischen Wolf und Menschen besser möglich ist.

Was mich richtig ärgert, ist allerdings, dass Sie es als ehemalige Regierungspartei eigentlich besser wissen müssten und diesen plumpen Populismus – das muss man wirklich sagen – Ihres Antrags eigentlich nicht nötig hätten. Sie wissen doch ganz genau, dass der Wolf als eine geschützte Art nicht dem Jagdrecht untersteht und dass das Bundesnaturschutzgesetz, FFH-Richtlinien, die EU-Artenschutzverordnung und das Washingtoner Artenschutzabkommen dem Abschuss entgegenstehen. Trotzdem vermitteln Sie den Menschen, dass ein Abschuss kein Problem ist – nur weil Sie es wollen. Sie heizen die Stimmung an und wollen schlicht einfache und unsachliche Antworten geben. In dieser Situation bin ich froh, dass Sie wirklich nicht über das Schicksal von Lebewesen und geschützten Arten wie dem Wolf hier im Plenarsaal entscheiden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich kurz auf die Entstehungsgeschichte des Wolfes in Thüringen eingehen und darauf, was es auch für Konsequenzen hat. Eine Wölfin ist in Thüringen seit Mai 2014 auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf nachgewiesen. Die Art Wolf war in der Region in ganz Europa seit der Eiszeit in mehreren Unterarten hier heimisch. Der Wolf befindet sich also als Art in seinem normalen Verbreitungsgebiet. Allerdings wurde der Wolf seit dem 15. Jahrhundert systematisch bejagt und im 19. Jahrhundert in West- und Mitteleuropa komplett ausgerottet. Daher erfolgte Ende des 20. Jahrhunderts die Unterschutzstellung. Das ermöglichte eine kontinuierliche Einwanderung des Wolfes.

Eine zentrale Frage beschäftigt jetzt natürlich die Menschen: Müssen wir uns als Menschen vor dem Wolf fürchten?

(Zwischenruf Abg. Holbe, CDU: Ja!)

Das suggeriert ja auch Ihr Antrag. Es gibt auch Zwischenrufe, die sagen: Ja, das müssen wir. Das ist ganz gefährlich für die Thüringerinnen und Thüringer.

Aber lassen Sie uns doch mal auf die Fakten schauen. Denn wir sagen ganz klar: Kein Mensch muss sich vor dem Wolf fürchten. Seit über zwei Jahrzehnten gibt es nunmehr den Wolf in Deutschland und seit über 20 Jahren ist nicht ein einziger Mensch zu Schaden gekommen.

Die Wölfe sind scheue Tiere, sie gehen nicht auf die Menschen zu, es gab in 20...

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Du bist ein Träumer!)

Das sind Fakten, Herr Primas.

In 20 Jahren ist kein einziger Wolf in menschliches Gebiet eingedrungen und hat einen Menschen zu Schaden gebracht. Dann kommen Sie doch bitte vor, Herr Primas, wenn Sie es besser wissen, und sagen: An dem und dem Ort in Deutschland ist das passiert, dort ist jemand zu Schaden gekommen. Dann sagen Sie das doch. Wenn Sie es nicht können, dann müssen Sie es auch akzeptieren, dass der Wolf in Deutschland keinem Menschen geschadet hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wölfe erfüllen dagegen als großer Beutegreifer eine wichtige Funktion im Ökosystem. Beute und Beutegreifer haben sich abhängig voneinander in der Evolution entwickelt. Durch die Ausrottung des Wolfs entstand jedoch eine Lücke, die eingespielte Wechselbeziehungen innerhalb des Ökosystems beeinträchtigt hat. Nicht zu Unrecht wird der Wolf als Gesundheitspolizei des Waldes bezeichnet, da er auch häufig kranke und schwache Tiere frisst und somit den Bestand seiner Beutetiere sozusagen gesund hält.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen als Grüne etwas für den Artenschutz und den Erhalt von Lebensräumen unternehmen. Den Wolf zu verteufeln und als Bedrohung wahrzunehmen, ist unserer Meinung nach ganz falsch. Ich bin mir deshalb sicher, dass wir mit einem besseren Verständnis für die Lebensweise des Wolfes – die allerdings offensichtlich noch nicht in der CDU-Fraktion angekommen ist – auch eine bessere Anpassung und eine friedliche Koexistenz hinbekommen können. Die CDU suggeriert dagegen – jetzt komme ich zu Ihrem Thema, weil Sie dazwischen gerufen haben –, dass der Wolf die Schafe als Nahrungsquelle braucht. Das ist jedoch falsch. In Gebieten, wo der Wolf neu hingekommen ist, ist es natürlich auch zu Schafsrissen gekommen, weil die Umgebung sich noch nicht darauf einstellen konnte. Insgesamt

war das aber in Deutschland – die Statistik können Sie sich anschauen – weniger als 1 Prozent der Nahrung des Wolfs. Und es ist nur überall dort passiert, wo Schafe eine leichtere Beute waren als das natürlich bejagte Rotwild, Wildschweine oder Damwild. Wo das abgeändert wurde, in allen Wolfsrevieren in Deutschland, ist es seitdem zu weniger oder im Grunde keinen Rissen mehr gekommen. Bei diesen Maßnahmen wollen wir weiterarbeiten. Das ist auch eine konkrete Hilfe, denn Sie helfen mit ihrem Populismus und Ihrer Angstmache überhaupt niemandem.

(Beifall SPD)

Die Maßnahmen des Umweltministeriums dagegen sind die richtigen Schritte: Ausweisung des Wolfsschutzgebiets als Förderkulisse für Nutztierhalter, Finanzierung eines besseren Herdenschutzes mit Zäunen, aber auch Herdenschutzhunden, ein umfassendes Wolfsmonitoring, realistische Ausgleichszahlungen und praxisnahe Verfahren. Ich bin sehr dankbar, dass das Ministerium auch unbürokratisch – was ja bei Fördermaßnahmen gar nicht so einfach ist – Hilfe zur Verfügung gestellt hat, in Situationen, wo der Wolf hier Nutztiere gerissen hat. Wir als Grüne sagen auch ganz eindeutig: Wir brauchen nicht nur den Wolf, sondern wir brauchen natürlich auch unsere Nutztierhalter, ganz besonders unsere Schäfer. Und, Herr Primas, liebe CDUFraktion, da vermisse ich schon Ihren Einsatz in den letzten Jahren, dass Sie gesagt haben: Die Schäfer, das ist ein Fachbereich, den wir stärker unterstützen wollen. Jetzt passt es Ihnen ganz gut in ihre Argumentationskette, dort stellen Sie es jetzt in den Vordergrund, aber das hätte ich mir an früherer Stelle auch schon viel intensiver gewünscht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Schaf- und Ziegenhaltung gehört nämlich zu den naturnahen und umweltverträglichsten Formen moderner Nutztierhaltung. Die Erhaltung naturschutzfachlich bedeutender Offenlandflächen und damit eines Teils der biologischen Vielfalt ist von der Haltung von Schafen und Ziegen abhängig. Dagegen rangiert die Wirtschaftlichkeit der Schaf- und Ziegenhaltung leider am unteren Limit aller landwirtschaftlichen Betriebszweige. Das hat aber auch etwas mit Ihrer Agrarpolitik auf Bundesebene und auf Europaebene zu tun, wo große Stallanlagen gefördert werden, aber die, die Tiere auf der Weide halten, die unter natürlichen Bedingungen Nutztiere halten, werden nicht entsprechend unterstützt. Das sollten wir erst einmal ändern, als hier den Schäfer als Alibi zu nehmen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die eigentlichen Probleme sind die geringe wirtschaftli

che Attraktivität des Schäferberufs und fehlende landwirtschaftliche Flächen. Weiteren Einfluss haben die Herdenfruchtbarkeit, die erzielten Aufzuchtergebnisse und die zu geringen Marktpreise für Lämmer. Denen können wir nur mit einer verbesserten Vermarktung regionaler Produkte, Schafund Ziegenprodukte, entgegenwirken. Da gibt es seit dem Regierungswechsel auch gute Ansätze, finde ich – sowohl im ökologischen Bereich als auch im konventionellen – gerade die Weidetierhaltung stärker zu unterstützen. Dort braucht es noch größere Anstrengungen. Aber ich bleibe bei der Grundthese: Der seit dem 1. Mai 2014 nachgewiesene Wolf in Thüringen und die Rissvorfälle in den letzten Wochen können nicht über dieses strukturelle Problem der Schafhaltung hinwegtäuschen oder den falschen Eindruck erzeugen, es gäbe ein Wolfsproblem, das nicht lösbar ist. Wir werden uns als Fraktion deshalb dafür einsetzen, dass Wolfsschäden mit der Förderrichtlinie angemessen reguliert werden. Daneben sollen zusätzliche Präventionsmaßnahmen bei den Schäfereibetrieben unterstützt werden – wie die Förderung von Herdenschutzhunden, die in dem Maße noch nicht so zum Einsatz gekommen sind. Insgesamt muss das Monitoring in Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband, den Naturschutzverbänden und der Bundeswehr in Ohrdruf ausgebaut werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen Realismus um den Wolf und seine Rückkehr nach Mitteleuropa in die Diskussion bringen. Akzeptanzprobleme wollen wir nicht herbeireden, sondern auflösen. Aber ich sage auch ganz eindeutig: Ohne Gefährdung des Menschen wird es einen Abschuss der Wölfin, einer geschützten Art, eines Lebewesens mit uns als Grüne nicht geben. Wir wollen den Wolf als bedrohte Tierart erhalten und gleichzeitig mehr für die Schäfer im Freistaat tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss, um gemeinsam zu beraten, wie wir ein gutes Zusammenleben von Mensch, Nutztieren und Wölfen hinbekommen. Und darauf sollten wir uns konzentrieren und nicht voreilig über Abschüsse fabulieren oder Jagden organisieren. Darum geht es nicht, sondern um eine sachgerechte Debatte und dafür werbe ich im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Primas das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, schade, dass das um die Zeit 19.00 Uhr

(Abg. Kobelt)

stattfindet. Ich hätte mir gewünscht, dass die breite Öffentlichkeit, vielleicht auch Betroffene auf der Tribüne sitzen würden und diese Rede von den Grünen, Herrn Kobelt, gehört hätten.

(Beifall CDU)

Das wäre sehr erfrischend gewesen. Wie menschenverachtend Sie rangehen, dass Sie die Sorgen der Menschen überhaupt nicht interessieren. Sie haben ein Beispiel dafür geliefert, warum man Sie nicht braucht, in Thüringen schon gar nicht.

(Beifall CDU, AfD)

Immer wenn Ihnen ein Antrag der CDU nicht gefällt, dann ist es Populismus. Immer Populismus, dann haben wir irgendwas falsch verstanden und dann sind wir die Bösen. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Der Antrag liegt seit dem 23. August vor.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das stimmt erst mal!)

Was? Das habe ich jetzt nicht verstanden. Entschuldigung.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir sind die Guten und ihr seid die Bösen! Das heißt nicht „was“, sondern „Wie bitte?“!)

Wir haben es versucht, mehrfach, aber die Tagesordnung hat es nicht hergegeben. An diesem Tag, wo dieser Antrag öffentlich wurde, sind wir von einer Ministerin beschimpft worden, wir würden zu Straftaten auffordern. Ich habe in unserem Antrag nicht eine einzige Aufforderung zu einer Straftat gefunden, sondern nur ganz realistisches Herangehen

(Beifall CDU)

an diese Problematik, an die wir uns unbedingt annähern müssen – nicht erst, wenn es zu spät ist, sondern möglichst jetzt. Wenn uns immer wieder vorgehalten wird, Wolfsmonitoring, von Vorgängerregierung, ja und das nachfolgend – ist ja alles in Ordnung. Aber wir müssen uns doch der Tatsache stellen, was jetzt gerade nun passiert ist. Wir müssen doch real bleiben und auch die aktuelle Situation in die Beurteilung einbeziehen. Ich hätte mir schon gewünscht, Frau Ministerin, dass wir jetzt schon mal eine Entscheidung von Ihnen hätten, von Ihrem Staatssekretär, was nun mit der Wölfin wird oder mit den sechs Hybriden.

Noch mal zurück, 23. August. Da ist noch bestritten worden, dass da irgendwas Schlimmes ist. Wenige Tage später wusste man, wie viele Hybriden da sind, dass Hybriden da sind, dass die schon groß sind. Man wusste sogar, welchen Geschlechts die Hybriden sind – wusste man dann plötzlich alles, nach wenigen Tagen. Aber vorher wusste man nichts.