Protocol of the Session on May 5, 2017

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bitte schön, Herr Höcke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Dr. Poppenhäger, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich habe das Gefühl, dass wir im Augenblick im falschen Fahrwasser drin sind, was die Diskussion angeht.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie vor allen Dingen!)

Es geht hier nicht darum, Angestellte und Beamte gegeneinander auszuspielen – darum geht es gar nicht. Wenn man Beamter wird, dann macht man das mit dem Wissen, dass man auch gewisse Einschränkungen hat, was das Leben angeht.

(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Die Treue zum Staat!)

(Abg. König-Preuss)

(Zwischenruf Taubert, Finanzministerin: Da- mit haben Sie doch angefangen!)

Die Treue zum Staat, selbstverständlich, natürlich, Sie haben recht, Herr Prof. Dr. Hoff. Wir bezahlen natürlich auch als Staat dieses besondere Treueverhältnis, das wir zu unseren Beamten aufbauen. Selbstverständlich ist das so.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Da lacht der auch noch, wenn es um Polizeidienst geht!)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Dann treten Sie zurück!)

Wir setzen darauf, dass diese Beamten eben auch einen Dienst tun, jenseits dessen, was man so allgemein „Dienst nach Vorschrift“ nennt. Das ist die Lage, die wir im Augenblick haben. Wir spekulieren als Politik immer noch darauf – und in meinen Augen viel zu sehr darauf –, dass die Beamten nicht irgendwann einmal in einen Zustand innerer Meuterei verfallen. Das ist nämlich die große Gefahr, die ich sehe.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Sie gern hätten!)

Es gibt immer noch weitere Zusatzaufgaben bei den Lehrern, bei den Polizisten, bei den Justizvollzugsbeamten. Wenn man sich in diesen Berufsgruppen umhört, weiß man, dass die innere Unzufriedenheit in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Das hat nichts damit zu tun, dass diese Menschen nicht wüssten, dass sie natürlich ihre besondere Treuepflicht zum Staat auch durch die bessere Besoldung, durch die Privilegierung, durch die private Krankenversicherung in gewisser Weise auch bezahlt bekommen, aber diese extrinsische Motivation müsste man in dieser Art und Weise, wie wir es heute hier beratschlagen und mit unseren Anträgen, sowohl im CDU-Antrag als auch im AfD-Antrag niedergeschrieben haben, mal wieder verstärken. Gerade jetzt ist ein deutliches politisches Zeichen angeraten, um den Beamten draußen zu sagen, wir stehen zu euch, wir achten euren Dienst auch in dieser schwierigen Lage, in der sich unser Land befindet. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Weitere Wortmeldungen? Bitte schön, Frau Finanzministerin für die Landesregierung.

Sehr geehrter Fraktionsvorsitzender, genau deswegen bekommen die Beamtinnen und Beamten ab 01.04. dieses Jahres 1,8 Prozent rückwirkend mehr und ab nächstem Jahr ab 1. April 2,38 Prozent mehr. Zusätzlich bekommen sie in den unteren Be

soldungsgruppen eine erhöhte Stellenzulage und es werden auch Einsatzzeiten anders bewertet, nämlich 10 Prozent mehr für bestimmte Gruppen. Das tut die Landesregierung für ihre Beamtinnen und Beamten. Wir tun natürlich noch viel mehr, aber das ist das, was gestern zumindest mit dem Gesetz auch schon auf den Weg gebracht wurde. Das ist nicht wenig auf die Zeit gerechnet, die Beamtinnen und Beamte auch im Dienst stehen oder auch dann, wenn sie Versorgungsbezüge bekommen. Es ist doch nicht so, wie Sie glauben machen wollen, dass wir Beamtinnen und Beamte und deren Arbeit nicht schätzen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe in der Familie viele Polizistinnen und Polizisten und auch Lehrerinnen und Lehrer. Ich kann Ihnen sagen, es gibt Menschen, die fröhlich auf Arbeit gehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht, sodass wir die Debatte abschließen können. Wir kommen zur Abstimmung. Ausschussüberweisung ist jeweils nicht beantragt worden, sodass wir direkt die Anträge abstimmen. Zunächst zum Antrag der Fraktion der AfD: Wer für diesen Antrag in der Drucksache 6/3593 stimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfDFraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen, von den Herren Abgeordneten Gentele und Krumpe. Enthaltungen? Aus der CDUFraktion. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen nun zum Alternativantrag der CDUFraktion. Herr Abgeordneter Mohring, bitte.

Ich würde gern namens der CDU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragen.

Gut, dann stimmen wir den Antrag namentlich ab. Ich bitte die beiden Herren hier oben, die Stimmkarten einzusammeln.

Hatte jeder außer mir Gelegenheit zur Stimmabgabe? Ich würde gern auch noch abstimmen. Dann schließe ich den Abstimmungsvorgang und bitte um Auszählung.

So, wir haben ein Ergebnis. Ich darf Sie bitten, die Plätze wieder einzunehmen, wenn Sie wollen. Es wurden 80 Stimmen abgegeben: 28 Jastimmen, 44 Neinstimmen, 8 Enthaltungen (namentliche Ab- stimmung siehe Anlage 1). Damit ist der Alternativantrag der Fraktion der CDU mit Mehrheit abgelehnt.

(Abg. Höcke)

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und wir kommen zu Tagesordnungspunkt 15

Für eine genauere und realitätsnahe Polizeistatistik Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3594

Ich frage, ob Sie das Wort zur Begründung wünschen. Das ist der Fall. Bitte, Herr Abgeordneter Henke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Werte Abgeordnete, werte Gäste, die unbedingte Wahrhaftigkeit gegen sich selbst und gegen andere ist die Grundlage, auf welcher die Statistik basiert. So jedenfalls sollte es sein. Auf der Grundlage dieser Wahrhaftigkeit lassen sich Schlussfolgerungen ziehen und politische Maßnahmen ergreifen. Ist die statistische Basis falsch, so sind es auch die Schlüsse, die man aus ihr zieht. Umgekehrt ist eine Statistik, die genaue und realitätsnahe Kategorien bietet, keine Gewähr dafür, dass von interessierter Seite doch die falschen Schlussfolgerungen gezogen werden. Aber sie erschwert doch zumindest, Ideologie vor Vernunft und politische Korrektheit vor Mut zur schonungslosen Analyse der Wirklichkeit zu setzen.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist die wichtigste Ausgangsbasis für die Debatte, sicherheitspolitische Maßnahmen, Kriminalitätsschwerpunkte und die Ausrichtung der Arbeit der Landespolizei. Da sollten die Erfassungskategorien der PKS so präzise und realitätsnah wie möglich sein. Wo dies nicht der Fall ist, welche Auswirkungen das hat und was die Landesregierung dagegen tun sollte, darauf gehe ich gleich ausführlich unter Berücksichtigung der neuesten Zahlen für Thüringen und den Bund ein. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Damit eröffne ich die Beratung. Als Erster erhält Abgeordneter Dittes für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, werte Gäste, die AfD beantragt unter der Überschrift „Für eine genauere und realitätsnahe Polizeistatistik“ die Änderung der Polizeilichen Kriminalstatistik bzw. die Änderung der Statistik der politisch motivierten Kriminalität. Das Motiv der Antragsteller ist offensichtlich. Man versucht zwei Sachen durch eine Änderung der Statistik zu erreichen. Man versucht erstens darzustellen, dass es angeblich mehr vermeintlich nicht deutsche Straftäter gibt als in der

Statistik gegenwärtig zum Ausdruck kommt. Und man versucht durch eine Änderung der Statistik zweitens darzustellen, dass rechtsextrem motivierte Straftaten eigentlich gar kein gesellschaftliches Problem sind.

Wir alle wissen, wenn wir die Statistiken zu den politisch motivierten Straftaten zur Hand nehmen, dass genau in diesem Bereich die tatsächliche Gefährdungslage liegt, nicht nur in der konkreten Gefährdung von Menschen, die Opfer von extrem rechtsmotivierten Angriffen werden. Nein, wir müssen auch feststellen, dass im Vergleich die extrem rechtsmotivierten Straftaten in Thüringen einen übergroßen Anteil der politisch motivierten Straftaten ausmacht, nämlich über zwei Drittel, und die Gesamtzahl der politisch motivierten Gewaltstraftaten aus dem rechten Bereich ist im letzten Jahr sogar noch mal um fast 40 Prozent angestiegen.

Die AfD-Fraktion versucht hier zu suggerieren, dass es durch eine Aufbauschung, durch eine falsche Darstellung zu einem Zerrbild käme. Da will ich auch mal deutlich an den vorherigen Tagesordnungspunkt anschließen, bei dem der Abgeordnete Höcke sich hier an die Seite der Polizeibeamten in Thüringen gestellt hatte. Ich will zum einen darauf verweisen, dass die GdP diese Partnerschaft, die hier seitens der AfD angeboten worden ist, zurückgewiesen und Polizeibeamte aufgerufen hat, in der AfD eben keinen Partner in ihren Kämpfen um Beschäftigtenrechte zu sehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber ich will auch deutlich sagen, welche Missachtung gegenüber Polizeibeamten in diesem Antrag steht. Denn die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität ist eine Statistik, die darauf aufbaut, dass Polizeibeamte beim Erkennen einer Straftat durch das Motiv des Täters, durch die Begleitumstände der Tat zu einer Einschätzung kommen, ob diese Straftat politisch rechts zuzuordnen ist oder ob möglicherweise eine genaue Zuordnung zur politisch motivierten Kriminalität nicht möglich ist, dem Bereich „Sonstiges“ zuzuordnen ist. Was Ihr Antrag zum Ausdruck bringt, ist ein Misstrauen gegenüber Polizeibeamten in Thüringen bei der Aufnahme einer Straftat,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

eine sachgerechte Beurteilung der Tatmotive und des Tathintergrundes vorzunehmen. Das weisen wir in der Tat zurück. Aber das ist der tatsächliche Hintergrund Ihres Antrags. Was Sie aber damit bezwecken, ist, eine Bagatellisierung

(Unruhe AfD)

im Bereich der politisch motivierten Straftaten aus dem Bereich rechts vorzunehmen, und meine Ab

(Präsident Carius)

geordnetenkollegin Frau König-Preuss hat darauf hingewiesen. Das ist doch auch selbstverständlich nachvollziehbar mit Blick auf die Geschichte der AfD. Sie hat die 43 Straftaten, die von Ihren Demonstrationen im Zeitraum Herbst bis Frühjahr 2015/2016 ausgegangen sind, erwähnt.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Nur in Erfurt!)

Aber wer sich fragt, warum sich die AfD darüber hinaus Sorgen macht, warum Straftaten dem Phänomenbereich der politisch-motivierten Kriminalität rechts zugeordnet werden – warum das Absingen des Horst-Wessel-Liedes oder Symbole verbotener Neonazi-Parteien versehentlich als rechtsextrem motivierte Straftaten gewertet werden können –, der wird vielleicht etwas schlauer, wenn er sich an einen Beitrag des Deutschlandradios aus dem Jahr 2014 erinnert. Dort wurde eine E-Mail des AfDFraktionsvorsitzenden Höcke erwähnt und diskutiert. Höcke hat demnach 2015 neben der Straffreiheit für Volksverhetzung auch die Abschaffung des § 86 im Strafgesetzbuch gefordert.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört, hört!)

Der Paragraf stellt das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen unter Strafe. Es ist die Rechtsgrundlage in diesem System, die die sogenannten Propagandadelikte verfolgt, weil sie die Grundlage sind, auch für eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas von Toleranz, Freiheit und gegenseitiger Achtung zu sorgen. Es ist auch Ausdruck einer Demokratie, die sich gegen demokratiefeindliche Bestrebungen zur Wehr setzt.