Protocol of the Session on November 10, 2016

Werte Kolleginnen und Kollegen, am 30. August dieses Jahres hatte die Lebenshilfe zum Frühstück eingeladen. Eigentlich könnte man sich das Redeprotokoll zur Seite nehmen und könnte nachlesen, wo genau die Positionen des Protests liegen, aber scheinbar ist das bis Berlin nicht angekommen. Wir als Linke haben am 12. September eine Veranstaltung gemacht, in der wir auch den Thüringer Vereinen noch mal die Möglichkeit gegeben haben, ihre Position darzulegen, was sie auch wahrgenommen haben. Und neben den Bemerkungen, dass natürlich vieles auch positiv geregelt ist – ich will an der Stelle das Merkzeichen TBl benennen, ich will an der Stelle aber auch die Verordnung für Frauenbeauftragte in den Werkstätten noch mal nennen, das Budget für Arbeit –, ist trotzdem eine Mehrzahl von Forderungen nicht umgesetzt. Darum ist die Kritik weiterhin berechtigt. Hauptkritik am Gesetzentwurf ist und bleibt das sogenannte Zwangspoolen, also alle müssen gemeinsam, die in einer Wohngruppe leben, zum Beispiel losgehen in den Zoo, zum Einkauf oder zum Kinobesuch. Ich denke, das hat mit Selbstverwirklichung und mit eigenständiger Le

(Ministerin Siegesmund)

bensweise nichts zu tun. Ich will hier erwähnen, dass das Recht auf freie Wahl von Wohnort und Wohnform mit dem Gesetzentwurf genommen wird. Ich will hier erwähnen, dass kein Teilhabegeld, so wie es längst gefordert worden ist, formuliert ist. Ich will aber auch erwähnen, dass zum Beispiel mit der vorgeschriebenen Regelung im Gesetz, dass fünf von neun Lebensbereichen zukünftig erfüllt werden müssen, um überhaupt Leistungen zu bekommen, eine Vielzahl von Leistungsbeziehern perspektivisch herausfallen kann.

Frau Prof. Dr. Degener, allen wohlbekannt aus kobinet und weiteren Institutionen, hat festgestellt – ich zitiere –: „Wenn die Festlegungen im Gesetz, etwa dem sogenannten ‚Zwangspoolen‘ dem subjektiven Willen des Leistungsempfängers nicht entsprechen, sind diese Regelungen völkerrechtlich nicht mehr zu vertreten.“

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, diesen starken Worten ist nichts mehr entgegenzusetzen und an der Stelle sage ich noch mal eindeutig: Diesem Gesetz, werte Landesregierung, ist so nicht zuzustimmen. Ich fordere Sie auf, als Landesregierung im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Als Nächste erhält Frau Abgeordnete Meißner für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, liebe Zuschauer! Frau Stange sagte es schon, der Koalitionsvertrag auf Bundesebene sah ein neues Bundesteilhaberecht vor und der Entwurf ist momentan in der Gesetzesberatung. Ich sage es mal so: Zwischendurch hat man gedacht, es kommt kein Gesetz mehr zustande – jetzt ist doch noch ein Entwurf auf den Weg gebracht worden. Jetzt ist natürlich spannend, wie letztendlich im Gesetzgebungsprozess auch noch Veränderungen vorgenommen werden. Die Erarbeitung dieses umfangreichen Gesetzeswerks war von der Beteiligung vieler Verbände und Vereine geprägt. Und ja, ich gebe zu, auch ich hatte die Hoffnung, dass aufgrund dieser umfassenden Beteiligung ein Kompromisswerk erzielt wird, mit dem alle leben können. Dem ist bisher leider nicht so. Aber im Gegensatz zu Ihnen, Frau Stange, gebe ich die Hoffnung nicht auf. Die CDU-Fraktion ist nämlich der Meinung, dass dieser Gesetzentwurf dennoch ein gutes Werk ist, und deswegen begrüßen wir den Entwurf. Trotzdem verweise ich auf den noch laufenden Gesetzgebungsprozess und auf hoffentlich noch bevorstehende Änderungen.

Über 280.000 Unterschriften der Change.org-Petition wurden an die zuständige SPD-Bundesministerin Nahles übergeben. Ich hoffe, dass nicht nur diese Unterschriften, sondern auch die Stellungnahmen aus den zahlreichen Verbänden einen entsprechenden Druck auf die Parlamentarier der Großen Koalition ausüben, um vor den abschließenden Beratungen noch Änderungen vorzunehmen. Deswegen, Frau Stange, finde ich es schon ein bisschen dreist, vornweg schon zu sagen, dass man im Bundesrat als Freistaat Thüringen diesem Gesetzentwurf nicht zustimmt, obwohl man noch gar nicht weiß, wie die endgültige Entwurfsfassung aussieht. Dafür ist letztendlich ein Gesetzgebungsverfahren da, dass im parlamentarischen Verfahren Änderungen vorgenommen werden. So tagt am 30. November abschließend der zuständige Bundestagsausschuss für Soziales und Arbeit und erst am 1. und 2. Dezember erfolgt im Bundestag die zweite und dritte Beratung. Am 16. Dezember ist im Rahmen der Beschlussfassung dann die Meinung der Bundesländer gefragt und erst dann können wir sagen, was letztendlich noch für Veränderungen am vorliegenden Gesetzestext erfolgen müssen.

Wir begrüßen, dass im Rahmen des neuen Bundesteilhabegesetzes der Begriff der Behinderung nach der UN-Behindertenrechtskonvention neu definiert wird. Für die Berechtigung der Zahlung von Eingliederungshilfe muss zukünftig eine Quote von fünf von neun Lebensbereichen erfüllt sein. Das sehen auch wir kritisch. Deswegen hoffe ich, dass es in diesem Bereich noch Änderungen gibt. Für diese Regelung gibt es keine fachliche Begründung, und Teilhabeleistungen sind manchmal auch dann notwendig, wenn in einem frühen Stadium beispielsweise psychischer Erkrankungen auch nur zwei oder drei Lebensbereiche betroffen sind. Deswegen ist dort auch vor der Umstellung eine intensive Prüfung notwendig.

Darüber hinaus sind wir auch der Meinung, dass an der Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und Pflege noch Konkretisierungen erfolgen müssen. Der neue Pflegebegriff soll die Zuständigkeit klarer regeln als bei der jetzigen Gleichstellung der Systeme. Pflege will den Erhalt der Selbstständigkeit, Eingliederungshilfe will die gesellschaftliche Teilhabe. Mit diesem Gesetzentwurf dürfen Menschen nicht benachteiligt werden und auch nicht schlechter gestellt werden als bisher. Deswegen ist es uns in dem Zusammenhang auch wichtig, dass auf keinen Fall Menschen mit Beeinträchtigung pauschal in einem Pflegeheim landen.

Was wir ausdrücklich als Thüringer begrüßen, ist die trägerübergreifende Teilhabeplanung. In Thüringen gibt es seit 2011 dank der Vorgängerlandesregierung fünf Modellregionen, die die integrierte Teilhabeplanung bereits erproben. Die Bundesregierung möchte mit 58 Millionen jährlich das Teilhabeplanverfahren und dessen Beratung unterstützen.

(Abg. Stange)

Das finden wir gut, denn hier können wir bereits auf Ergebnisse zurückgreifen und deswegen das Geld auch gut einsetzen. Auch das Poolen, Frau Stange, da gebe ich Ihnen recht, sehen wir kritisch. Da hoffen wir auch auf Veränderungen.

Positiv sehen wir letztendlich die Anhebung der Vermögensund Einkommensfreigrenzen, auch wenn da die Hoffnungen der Betroffenen nicht vollends erfüllt worden sind.

Abschließend erlauben Sie mir noch eine Bemerkung. Bund und Länder haben sich auf eine kommunale Entlastung geeinigt, und so sollen die Länder 1 Milliarde Euro über die Umsatzsteuerverteilung bekommen. Ob dies ausreicht, ist die eine Frage. Die andere Frage ist jedoch, ob das Geld auch dort ankommt, wo es hingehört, nämlich bei den Kommunen.

Jetzt reicht die Redezeit nicht mehr aus.

Deswegen werden wir genau darauf achten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Meißner. Als Nächste hat Abgeordnete Pelke für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Einreichung der Aktuellen Stunde zum Thema „Bundesteilhabegesetz – so nicht! Konsequenzen für Thüringen?“ war schon klar, dass wir als SPD heute auch einmal wieder im Fokus stehen. Es ist ja schon einiges von den Vorrednern gesagt worden. Ich kann mich an vielen Punkten anschließen, gar keine Frage. Wir sind mal davon ausgegangen, dass das Teilhabegesetz die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit dem 26. März 2009 in Deutschland in Kraft getreten ist, unterstützen soll, die Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt stellen soll, damit sie die Unterstützung bekommen, die sie für ein selbstbestimmtes Leben brauchen. Das war eigentlich die Zielsetzung. Darauf haben wir gesetzt.

Ich möchte an dieser Stelle auch, was die Vorrednerinnen schon gemacht haben, all den Akteuren und Beteiligten meinen Dank aussprechen, die an der Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes mitgewirkt haben, und auch denen, die im Rahmen der Anhörung im Bundestagssozialausschuss noch einmal sehr deutlich kritisch angemerkt haben, was noch nicht alles so ist, wie es denn sein sollte.

Es ist die Frage des Teilhabegeldes angesprochen worden, die Frage der Teilhabeplanung. Wir alle sind davon ausgegangen, dass es ein Kompromisswerk gibt. Es gibt im Moment noch inhaltliche Diskussionen, die in der Anhörung deutlich geworden sind und die möglicherweise – und darauf setze ich genau wie Frau Meißner – bis November noch ausdiskutiert werden können, sodass es an den inhaltlichen Hürden nicht unbedingt mehr scheitern könnte und scheitern dürfte. Es ist auch immer wieder vonseiten des Finanzministeriums auf Bundesebene gesagt worden, dass alles, was mit Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen zu tun hat, natürlich am besten auch kein Geld kosten sollte. So einfach ist es denn eben nicht, so einfach kann es sich Herr Schäuble nicht machen. Also da sind noch einige Baustellen, die in den Griff zu bekommen sind.

Froh bin ich, dass es überhaupt noch einen Entwurf gibt – auch ich war schon so weit, dass ich dachte: Jetzt wird es wahrscheinlich eine, wie es immer so schön heißt, Beerdigung erster Klasse, was den Entwurf angeht –, sodass wir doch noch die Möglichkeit haben, weiter zu diskutieren.

Die Schwachstellen, wie gesagt, sind angesprochen worden, auch dass durch die neue Regelung möglicherweise im Vergleich zur heutigen Rechtslage Leistungslücken entstehen können, dass eben das selbstbestimmte Leben nicht ausdrücklich im Mittelpunkt steht. Es gibt auch einige positive Aspekte, die zum Teil schon erwähnt worden sind, zum Teil auch nicht. Es gibt Verbesserungen der Mitbestimmung, zumindest in die Richtung, wie wir uns das vorgestellt haben. Es gibt mit dem neuen Gesetzentwurf auch eine Verbesserung im Bereich der Eingliederungshilfe. Die Vermögensaspekte hatte Frau Meißner schon angesprochen. Es gibt also einiges, was ich als das bezeichnen könnte, was der Schritt in die richtige Richtung ist.

Ich hoffe und wünsche aber, dass die fachlichen Diskussionen weitergeführt werden. Und wir alle haben wahrscheinlich als sozialpolitische Sprecher mit denselben Vereinen und Verbänden gesprochen, sodass ich selbstverständlich auch die Kritik aufnehme. Und ich kann auch mit der Forderung von Frau Stange umgehen, dass, wenn es nicht zu einer positiven Entwicklung innerhalb des Gesetzes kommt, wir dann sicherlich unsere Zustimmung nicht unbedingt geben wollen. Aber ich hoffe darauf, dass sich die Sozialpolitiker auch auf Bundesebene noch mal gemeinsam im Interesse der Betroffenen zusammensetzen und noch einiges mit einbinden, was von den Vereinen und Verbänden an Forderungen mitgegeben worden ist.

Ich hatte gestern an anderer Stelle schon gesagt: Ich bin mir auch sicher und weiß, dass nicht alles auf einmal geht und dass dann möglicherweise die Kompromisslösung der erste Schritt und der erste

(Abg. Meißner)

Teil ist und dass wir dann daran weiter arbeiten müssen. Es kann auch alles immer nur gemacht werden, was machbar ist. Aber da setze ich drauf und da setze ich nicht nur die Hoffnung in die sozialpolitisch Verantwortlichen auf Bundesebene, sondern ich setze auch auf diejenigen, die verantwortlich mit den Finanzen umgehen. Denn es ist nicht alles für umsonst zu haben. Wenn ich etwas Vernünftiges für Menschen mit Behinderungen tun möchte und ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen will, dann muss ich eben an dieser Stelle auch wissen, dass das eine oder andere mit Kosten verbunden ist. Und das sind Kosten auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite, glaube ich, ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dafür Sorge zu tragen, dass Teilhabe gelebt werden kann und Teilhabe umgesetzt werden kann. Dieser Aufgabe sollten wir gerecht werden. Und darauf, wie gesagt, setze ich und hoffe auf das, was noch auf Bundesebene diskutiert wird. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Pelke. Als Nächste hat Abgeordnete Herold für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer im Internet und auf der Tribüne, bei der Frage des Umgangs mit den Behinderten im Teilhabegesetz bleibt die entscheidende Frage aus unserer Sicht im Hintergrund. Sie wird nur selten angesprochen und eine ernsthafte Diskussion wird nicht angestoßen, nämlich: Wie kann ein Mensch sein Leben mit Sinn erfüllen? Insbesondere aus dem linken Spektrum wird meist eine Antwort präsentiert, die aus dem arbeiterlichen Weltbild der ehemaligen DDR stammt. Der Mensch, auch der behinderte Mensch, definiert sich über die Arbeit und die Arbeit beschränkt sich bei diesem Weltbild zumeist auf Erwerbsarbeit. Der Ausgangspunkt dessen ist die Behauptung, dass der Mensch, ob mit oder ohne Behinderung, sich selbst über Arbeit definieren möchte. Besser wäre es jedoch, an dieser Stelle von sinngebendem Tätigsein zu sprechen, um den Unterschied zwischen Arbeit und Erwerbsarbeit deutlich zu machen. Denn wir kennen viele Menschen, die sich nicht über Erwerbsarbeit, sondern über eine sinnvolle Tätigkeit definieren. Sie finden einen Sinn im Ehrenamt, in der Pflege von Angehörigen, in der Kindererziehung, in der Ausübung einer Kunst- oder Hand- und Hausarbeit. Ein sinnerfülltes Leben bietet so viele Möglichkeiten, sofern der Lebensunterhalt über Familie oder Gesellschaft abgesichert ist. Wenn wir davon ausgehen, dann stellen sich viele Fragen, die im Bundesteilhabegesetz ge

regelt werden sollen und die stark in der Kritik stehen, ganz neu. Wenn wir nicht mehr über die Verwertbarkeit des Menschen für den Arbeitsmarkt, sondern die Möglichkeit zur Einbringung der Fähigkeiten dieser Menschen zum Wohl der Gesellschaft reden, eröffnen sich für Menschen mit Behinderungen neue Möglichkeiten für ein sinnerfülltes Leben.

(Beifall AfD)

Voraussetzung ist die Sicherung des Lebensunterhalts. Dieser wird im Zweifelsfall von der Solidargemeinschaft erbracht, als Aufgabe des Sozialstaats.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Im Zwei- felsfall?!)

Aus dieser Perspektive lassen sich für Menschen, die aufgrund einer Behinderung nicht erwerbsfähig sind oder deren vom Arbeitsmarkt geforderte Produktivität unter ihren Lohnkosten liegt, neue sinnvolle Tätigkeitsfelder erschließen. Warum unbedingt immer über Erwerbsarbeit?

Ich denke, der Haken an diesem Gesetz ist dieser Unterschied zwischen Erwerbsarbeit und sinnvoller Tätigkeit und die daraus zu entwickelnde Perspektive. Wollen wir Behinderte dort in die Gesellschaft hineinpressen, wo irgendjemand darüber denkt, dass ein Behinderter gut dahin passen würde, unabhängig von seinen speziellen Fähigkeiten, von seinen Gaben, von seinen Vorlieben oder Abneigungen?

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Wir reden über das Teilhabegesetz!)

Oder wollen wir als Gesellschaft auch Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, die freie Wahl ermöglichen, wenn Sie ihren Platz in der Gesellschaft suchen?

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Am Thema vorbei!)

Das Teilhabegesetz sollte ein richtungsweisendes Projekt der Bundesregierung sein. Solange die Arbeitskraft eines Behinderten jedoch wichtiger ist als die Frage, was für sie oder ihn ein gutes Leben ausmacht, bleibt das Ziel eines wirklich angemessenen und menschlichen Umgangs mit Behinderten in weiter Ferne.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Die falsche Rede zum falschen Zeitpunkt!)

Vielen Dank!

(Beifall AfD)

Danke schön, Frau Herold. Als Nächste hat Abgeordnete Pfefferlein für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Abg. Pelke)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich danke der Fraktion Die Linke für diese Aktuelle Stunde. Das vorliegende Bundesteilhabegesetz soll ein Gesetz zur besseren Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in Deutschland sein. Dieses Gesetz soll die Weichenstellung für die nächsten fünf bis zehn Jahre in der Bundesrepublik geben und es muss gut werden. Dieses Bundesteilhabegesetz ist das größte verbleibende sozialpolitische Projekt der Großen Koalition auf Bundesebene. An dem Gesetz gibt es massive Kritik, nicht nur von den Oppositionsfraktionen, und es wurde hier auch schon mehrfach gesagt: Im Bundesrat sind über hundert Änderungsanträge eingebracht worden. Dieser Fakt spricht für sich.

Aber worum geht es genau? Der von der Bundesregierung am 28.06.2016 verabschiedete Entwurf springt viel zu kurz und bringt zum Teil auch Verschlechterungen. Wir Grüne wollen behinderten und pflegebedürftigen Menschen die volle und gleichberechtigte Teilnahme an unserer Gesellschaft ermöglichen. Sie sollen dabei die volle Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Für uns steht fest, dass sich Teilhabeleistungen nicht mehr an sozialhilferechtlichen Maßstäben, sondern am menschenrechtlich gebotenen Ziel der vollen und gleichberechtigten Teilhabe orientieren müssen. Darauf arbeiten unsere Bundestagsfraktion der Grünen und wir als Landtagsfraktion seit Jahren mit parlamentarischen Anträgen und Anfragen hin.

Bei der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zum Bundesteilhabegesetz sind folgende Punkte besonders wichtig: Alle Menschen mit Behinderungen, die auf Teilhabeleistungen angewiesen sind, müssen unabhängig von Art und Umfang des Unterstützungsbedarfs ein uneingeschränktes Wunsch- und Wahlrecht bei der Leistungsgestaltung haben. Die Leistungen müssen sich am Bedarf der behinderten Menschen orientieren und nicht daran, wo die Leistung erbracht wird.