Protocol of the Session on November 25, 2015

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz einzelner, ja, ich würde fast sagen, verwirrter AfD-Klimaskeptiker trifft sich die Weltgemeinschaft im Dezember zur 21. UN-Weltklimakonferenz, um an einer Lösung des Klimaproblems zu arbeiten. Das begrüßen wir als Grüne ganz ausdrücklich, denn wir sagen, wir sollten nicht nur gegen die Gefahren vorgehen, sondern es gibt auch eine Chance im Kampf gegen den Klimawandel. In Deutschland sind schon 400.000 Arbeitsplätze durch erneuerbare Energien und Energieeffizienz entstanden.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Jede Men- ge heiße Luft von Ihnen!)

Wir haben keine Umweltzerstörung durch Kohleund Uranabbau, wenn wir auf erneuerbare Energien umstellen, und es gibt vor allen Dingen auch keine Kriege, die um fossile Energien geführt werden, denn Sonne und Wind stehen weltweit für Entwicklungsländer und für andere Länder, für jeden kostenlos zur Verfügung. Deswegen wollen wir in der Politik von Rot-Rot-Grün mit einer ambitionierten Energiepolitik auch einen Teil zum Klimawandel beitragen. Wir sagen ganz eindeutig, dass die Lösung nur darin besteht, dass wir langfristig auf 100 Prozent erneuerbare Energien umsteigen. Das wollen wir bis 2040 tun. Das haben wir vereinbart und darauf können sich auch die Menschen im Interesse der Wertschöpfung vor Ort und des Klimaschutzes verlassen. Die Landesregierung stellt unter Rot-Rot-Grün die Weichen für mehr Klimaschutz, aber auch für erneuerbare Energien. Damit wird Thüringen einen Beitrag leisten. Wir werden – wie hoffentlich viele Regionen weltweit – Verantwortung übernehmen und können so einen kleinen Baustein zu dem beitragen, was zur UN-Klimakonferenz diskutiert wird und wo sich hoffentlich viele Regionen einigen und eine ambitionierte Politik in Paris besprochen wird. Wir wünschen den Verhandelnden viel Erfolg und wollen es mit unseren kleinen Möglichkeiten unterstützen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Abgeordneter Harzer, Fraktion Die Linke.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Da kommt der wandelnde Klimawandel!)

Mir würde ja jetzt etwas einfallen, aber ich glaube, da würde ich einen Ordnungsruf kriegen.

(Abg. Kobelt)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist es nicht wert!)

Das ist es nicht wert, das kann ich nur unterschreiben. Ich denke, das Klima ist ein gemeinschaftliches Gut von allen und für alle.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Volksei- gen!)

Das habe nicht ich gesagt, das habe ich auch nicht erfunden, das hat Papst Franziskus in seiner „ENZYKLIKA LAUDATO SI´“ geschrieben, die am 24. Mai dieses Jahres erstellt worden ist. Am 18. Juni ist sie in acht Sprachen veröffentlicht worden.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Was der Papst alles gesagt hat!)

Auch wenn es manche nicht glauben, aber der Papst redet darin teilweise sehr revolutionär. Frau Tasch, vielleicht sollten Sie als Katholikin die „ENZYKLIKA“ mal lesen. „Darum ist es dringend geboten, politische Programme zu entwickeln, um in den kommenden Jahren den Ausstoß von Kohlendioxid und anderen stark verunreinigenden Gasen drastisch zu reduzieren, zum Beispiel indem man die Verbrennung von fossilem Kraftstoff ersetzt und Quellen erneuerbarer Energie entwickelt.“, schreibt Papst Franziskus.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er schreibt weiter: „Es besteht eine sehr starke wissenschaftliche Übereinstimmung darüber,“ – auch für die Kollegen der AfD sehr nachlesenswert – „dass wir uns in einer besorgniserregenden Erwärmung des Klimasystems befinden.“

Vor circa 14 Tagen hat die US-Forschungsorganisation Climate Central eine neue Studie veröffentlicht. In dieser Studie wird untersucht, wie sich bei Klimawandel, bei der Erwärmung der Erde der Meeresspiegel verhält, wenn man Küstenschutzmaßnahmen unterlässt.

Dabei wird festgestellt, dass bei einer Zwei-GradErwärmung 130 Millionen Menschen weltweit ihren Wohnsitz verlieren, 21 Großstädte überflutet werden – in Deutschland allein 1,3 Millionen Menschen. Bei einer Vier-Grad-Erwärmung sind es 470 bis 760 Millionen Menschen – 3,5 Millionen in Deutschland. Und dann jammert die AfD über 800.000 Flüchtlinge in diesem Jahr in Deutschland. Ich frage mich, wie sie dann reagieren wollen.

Schon heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Meeresspiegel 20 Zentimeter höher als 1901. Das geschieht sehr langsam, deswegen sind die Auswirkungen nicht so dramatisch spürbar, aber es passiert. Wir müssen davon ausgehen, dass wir zur nächsten Jahrhundertwende keine Polkappen mehr haben, dass die Polkappen weggeschmolzen sind. Auch das wird sich natürlich auf den Wandel aus

wirken. Es führt auch dazu, dass über den Landmassen wegen der geringeren Kompensation die Erwärmung deutlich stärker wird.

Auch auf Thüringen wird sich die Erwärmung auswirken: Es wird trockener werden und es wird wärmer werden in Thüringen. Dann reden wir auch nicht mehr unbedingt über Wintersport in Thüringen. Das alles gehört dazu. Von der Warte aus sagen wir: Es ist richtig, dass wir hier darüber reden und dass wir auch im Vorfeld von Paris vom Landtag aus ein deutliches Zeichen setzen, was wir wollen.

Die Botschaft der päpstlichen Verlautbarung, nach konkreten Lösungen in der weltweiten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Krise zu suchen, schließt die Aufforderung ein, in einen neuen Dialog über die Zukunft unseres Planeten einzutreten. In diesem Sinne soll internationale und lokale Politik ihre Ziele auf das Gemeinwohl sowie eine nachhaltige und ganzheitliche menschliche Entwicklung ausrichten. Wir setzen dabei – ich denke, da bin ich mit SPD und Grünen einig – die Aufforderung, bisherige und zukünftige Thüringer Aktivitäten, Initiativen und Strategien darzustellen und in die öffentliche Kommunikation einzubringen. Damit können ressortübergreifend in breiten gesellschaftlichen Kreisen die Diskussionen zu jenen Fragen intensiviert werden. Oder wie sagt der Papst: Fragen, die uns heute beunruhigen und die wir jetzt nicht mehr unter den Teppich kehren können, gerade diese müssen wir beraten. Dort sollten wir auch mal auf den Papst hören, der im Januar dieses Jahres gesagt hat: Das Treffen in Peru 2014 war nichts Besonderes. Mich hat der Mangel an Mut enttäuscht. An einem gewissen Punkt haben die aufgehört. Hoffen wir, dass in Paris die Vertreter mutiger seien werden. – Ich denke, auch wir in Thüringen sollten mutiger sein. Wir werden es beweisen mit dem neuen Landeshaushalt 2016/2017 und unseren Maßnahmen zur Reduzierung des Klimawandels. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat sich Abgeordneter Gruhner zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst, Herr Harzer, es ist schon sehr bemerkenswert, dass der Papst jetzt Kronzeuge für die Ausführungen eines linken Politikers ist. Es ist also wirklich schon sehr weit gekommen. Aber wir nehmen das mal so zur Kenntnis.

(Beifall CDU, SPD)

(Abg. Harzer)

In der Tat, die Aktuelle Stunde der Grünen verweist darauf, dass am kommenden Wochenende in Paris die internationale Klimaschutzkonferenz startet, auf der das Nachfolgeabkommen für das 2020 ablaufende Kyoto-Protokoll beschlossen werden soll. Ich will zunächst sagen, dass man durchaus – glaube ich – auch ein paar positive Signale erkennen kann, die im Vorfeld dieser Konferenz stattgefunden haben. Erstens haben wir bereits auf dem G7-Gipfel in Elmau, der unter dem Vorsitz der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel stattgefunden hat, erreicht, dass sich alle Industrienationen zu dem Zwei-Grad-Ziel bekannt und auch deutlich unterstrichen haben, dass die Energiewirtschaft bis 2050 deutlich umgebaut werden soll. Zweitens – auch das hat, glaube ich, dieser G7-Gipfel bewirkt – haben wir die Situation, dass mittlerweile rund 160 Staaten im Vorfeld von Paris ihre nationalen Klimaschutzziele dargelegt haben.

(Beifall CDU, SPD)

Darunter sind große Staaten wie die Vereinigten Staaten von Amerika, Russland, Japan, Kanada, die alle bei Kyoto II noch nicht dabei gewesen sind. Ich finde, das ist ein wichtiger Zwischenerfolg. Deswegen will ich, weil im Vorfeld von Paris die negativen Stimmungsmacher unterwegs sind, das noch mal betonen. Gleichzeitig will ich aber auch sagen: Neben diesen ganzen internationalen Fragen geht es darum, dass wir europäisch, national und natürlich auch hier im Land unsere Aufgaben weiter erledigen. Das heißt vor allem mit Blick auf Deutschland und mit Blick auf Thüringen, dass wir für den Erfolg der Energiewende sorgen. Denn – da wiederhole ich mich sehr gern: Wir werden am Ende nur dann einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten können, wenn die Energiewende tatsächlich zum Exportschlager wird.

(Beifall CDU)

Denn auch die Grünen werden das Weltklima aus Thüringen oder aus Deutschland heraus nicht retten können. Deswegen ist es wichtig, dass andere unserem deutschen Beispiel folgen.

(Beifall CDU, SPD)

Daher sage ich auch: Wir müssen in Deutschland und aus Thüringen heraus zeigen, dass Energiewende auch mit Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft einhergehen kann, dass die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger stattfindet.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Da sind wir uns ja einig!)

Deswegen will ich noch einmal in Ihre Richtung, in Richtung Koalition, sagen: Wer das richtige Augenmaß in Richtung Energiewende verliert, gefährdet den Erfolg der Energiewende und wird dafür sorgen, dass wir nicht vom Exportschlager Energiewende reden, sondern vom abschreckenden Bei

spiel Energiewende. Das wollen wir nicht. Deswegen können wir nur immer wieder unseren Appell wiederholen: Augenmaß walten lassen bei der Energiewende!

Dann sage ich Ihnen auch, dass es mich in der Tat mal freuen würde, wenn Sie, anstatt nur tolle Überschriften für Aktuelle Stunden herauszusuchen, zur Abwechslung einfach mal Ihre Arbeit erledigen.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: So, wie wir es tun!)

Sie haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass Sie bis Ende 2015 eine „Thüringer Energieund Klimaschutzstrategie 2040“ verabschieden wollen. Bis zum heutigen Tag kann ich nur sagen: Fehlanzeige! Wo ist diese Strategie?

(Beifall CDU)

Jetzt können Sie sagen, das Jahr hat noch einen Monat. Aber ich glaube, es wäre schon gut gewesen, wenn wir vor Paris, vor dieser Konferenz gewusst hätten, was denn die klimaschutzpolitischen Vorstellungen dieser Landesregierung sind, und das nicht nur in schönen Überschriften, sondern in einem konkreten Konzept. Ich kann nur sagen: Sie reißen klimapolitisch Ihren eigenen Zeitplan. Deswegen sollten Sie hier nicht über die internationale Klimaschutzkonferenz fabulieren, Sie sollten einfach Ihre eigenen Hausaufgaben machen.

(Beifall CDU)

Dann will ich noch ein Zweites zum Thema „interessante Überschriften“ oder „schöne Überschriften“ sagen: Ich habe in einem Parteitagsbeschluss der Grünen von vor wenigen Tagen gelesen, dass Sie wollen, dass alle Kommunen Klimaschutzkonzepte haben sollen. Da kann man mitgehen. Aber dann sagen Sie auch, dass jede Kommune einen eigenen Klimaschutzmanager einstellen soll, und das soll auch dann gelten, wenn sich die Kommune in der Haushaltssicherung befindet. Das finde ich echt bemerkenswert. Wir debattieren gerade über den Kommunalen Finanzausgleich, aus dem Sie rund 100 Millionen Euro rausnehmen, und gleichzeitig stellen Sie sich auf Parteitagen hin und sagen, die Kommunen sollen jetzt alle mal Klimaschutzmanager einstellen. Das finde ich wirklich dreist. Erst nehmen Sie den Kommunen das Geld weg und dann formulieren Sie in Parteitagsbeschlüsse neue Standards und irgendwelche schönen Wunschprojekte rein. Das geht nicht und das ist keine seriöse Politik.

(Beifall CDU)

Über das Thema „Windräder“ könnten wir heute noch viel sagen, dass Sie den Wald abholzen, der eigentlich das CO2 senken soll.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wald abhol- zen zu wollen, das ist ja ungeheuerlich!)

Auch das ist ein Thema, was dem Klimaschutz nicht gerade zuträglich ist. Deswegen kann ich nur sagen, weil meine Redezeit um ist: Es wäre schön, wenn Sie nicht nur tolle Aktuelle Stunden beantragen, sondern noch besser wäre es, wenn Sie tatsächlich konkrete verantwortungsvolle und seriöse Politik machen. Das lässt allerdings leider noch etwas auf sich warten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: The- ma verfehlt! Fünf – Setzen!)