Protocol of the Session on November 25, 2015

sehr zu empfehlen, die Bürger nicht nur anzuhören, sondern eventuell sogar selbst entscheiden zu lassen. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide – was wir von der AfD des Öfteren fordern – könnten hier zügig eine Klarheit über die Mehrheiten verschaffen. Sicher werden jene, deren Arbeitsplatz am Abbau in der Region hängt, anders stimmen als die Bürger, die die Natur schützen wollen. Deswegen ist diese Debatte mehr als notwendig, gern können wir auch im Ausschuss darüber sprechen.

Die geplanten Abbauflächen sind riesig, teilweise über 100 Hektar. Wenn wir nur mal den Winkelberg sehen, da reden wir von 18 Hektar, die hier zum Opfer fallen sollen. Das Landschaftsbild würde dadurch massiv geschädigt werden, wodurch das touristische Potenzial einer Region, die schwerpunktmäßig vom Fremdenverkehr lebt, unwiederbringlich vernichtet würde. Es stellt sich aber die Frage, ob die SPD hier nicht eine populistische Scheindebatte führt. Was wäre denn, wenn anstatt des Gipsabbaus in einem Steinbruch zehn Windkraftanlagen in einer Höhe von 170 Metern stehen würden?

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Werden sie nicht!)

Wäre dann auch noch immer die SPD an der Seite der Menschen in der Region? Gerade strickt das Infrastrukturministerium an einem Erlass, der auch Naturschutzgebiete für die Windkraftnutzung zugänglich macht. Natura-2000-Gebiete werden dabei beispielsweise nicht als harte Tabuzonen vorgeschlagen. Den Klimaschützern von den Grünen und der Linken ist der Naturschutz der SPD ziemlich egal. Wie ernst es die SPD mit dem Naturschutz meint, wird sich erst zeigen, wenn die ersten Windkraftanlangen dort errichtet werden sollen. Auch dann werden die Fledermäuse, seltene Pflanzen und Streuobstwiesen bedroht sein. Ob die SPD dann erneut eine aktuelle Debatte beantragen wird, ist mehr als fraglich. Wir hoffen es, ich nehme Sie beim Wort.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Die NSG sind ausgenommen!)

Überaus problematisch wird diese Aktuelle Stunde aber, wenn man bedenkt, dass Rot-Rot-Grün im letzten Plenum eine stärkere Gebäudedämmung für den Klimaschutz gefordert hat. Laut diesem Antrag soll dabei auf bestimmte Materialien weitgehend verzichtet werden. So haben die Grünen noch einmal betont, dass der Schwerpunkt auf Dämmstoffe gelegt werden muss, die nicht erdölhaltig sind. Hier könnte man zum Beispiel Hanf als Ersatz finden, der dann auch in Monokulturen die Natur kaputt machen würde. Oder es kommen eben klimafreundliche Gipsplatten zum Einsatz, der müsste dann in Steinbrüchen abgebaut werden wie zum Beispiel in der Rüdigsdorfer Schweiz.

(Abg. Kummer)

Solange das Klima, Umwelt und Naturschutz als getrennte Politikfelder behandelt werden, werden sie niemals den natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen gebührend Rechnung tragen. Artikel 21 des Grundgesetzes besagt in Absatz 1 – ich zitiere: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Das heißt aber nicht, dass die Parteien über den Willen des Volkes bestimmen dürfen. Solange Rot-Rot-Grün die Klima- und Naturschutzpolitik gegeneinander ausspielen, haben sie beim Thema „Naturschutz“ keine Glaubwürdigkeit. Ein Raumordnungsverfahren, welches prüfen würde, ob der Gipsabbau mit einer nachhaltigen Entwicklung in der Region überhaupt verträglich ist, hält die Landesregierung momentan für verzichtbar. Dagegen hält sie an dem sogenannten Gipskompromiss fest. Da bin ich gespannt, was wir im Ausschuss darüber erfahren werden, denn dabei handelt es sich um Absprachen zwischen Vertretern der Landesregierung und der Gipsindustrie, bei denen die Industrie Zusagen für den weiteren Abbau erhalten hat. Wir wollen hoffen, dass die aktuelle Landesregierung hier nicht gegen den Willen der Bürger vor Ort zustimmen wird und wir, wie gesagt, dann das Thema positiv für die Bürger im Ausschuss behandeln können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Kießling. Als Nächster hat Abgeordneter Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kießling, Sie überraschen mich mit Ihrer Fraktion in jeder Sitzung aufs Neue. Jetzt kommen Sie wirklich mit dem Vorschlag, Gipskartonplatten an die Außenfassaden zu hängen. Da wären Sie der erste, der das in Deutschland versuchen würde. Viel Spaß! Das wird sofort runterfallen und durchfeuchtet werden. Das zeigt wieder den Sachverstand, mit dem Sie sich hier regelmäßig äußern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber zurück zum Thema. Zu Beginn möchte ich den Bürgerinitiativen und Naturschutzverbänden danken, die sich zum Teil bereits seit der Wende um das Gipskarstgebiet in der Rüdigsdorfer Schweiz bemüht haben und dafür gekämpft haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein ganz besonderer Dank gilt hier auch meiner Kollegin Dagmar Becker, die eben so lange vor Ort, aber auch hier im Landtag für diese Region gestritten hat und den Schutz der Gipskarstlandschaften nicht in Zwiegesprächen, sondern auch im Parlament ganz oben auf ihre Agenda gesetzt hat.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Gipskarstregionen im Südharz werden allerdings ein weiteres Mal bedroht. Wer das Gipskarstgebiet im Thüringer Teil kennt, weiß um die gravierenden Eingriffe durch die Gipsindustrie. Großflächige Abbaggerung hat dort in den letzten Jahrzehnten schwere Wunden in der Landschaft hinterlassen. Das wollen wir als Grüne nicht noch einmal wiederholen und deswegen sagen wir ganz klar: Wir wollen keine Abweichung vom Ziel „Vorranggebiet Freiraumsicherung“ im Raumordnungsplan. Wir unterstützen die Planerversammlung der Regionalen Planungsgemeinschaft Nordthüringen in ihrer ablehnenden Haltung zu einer Änderung ihrer bisherigen Planungsvorhaben in diesem Gebiet. Wir wollen eine Rüdigsdorfer Schweiz mit einem intakten Herzstück, dem Winkelberg. Wir stehen somit auch ganz ausdrücklich zu den Aussagen des Koalitionsvertrags zum Schutz der einzigartigen Gipskarstlebensräume im Südharz und zu der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in dieser Region. Einen Neuaufschluss weiterer Gebiete zum Gipsabbau lehnen wir ganz entschieden ab. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Präsident, ich habe jetzt erst 2 Minuten verbraucht, vielleicht kann Frau Becker dann ihre Ausführungen noch beenden.

Leider stehen jeweils einer Fraktion nur 5 Minuten zu, aber ich hatte den Eindruck, Frau Becker ist ohnehin erst im Jahr 2004 angekommen in ihrem Redebeitrag.

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die 3 Minuten würden auch nicht ausreichen, um in der Gegenwart anzukommen – aber gut, der Rest kommt ja im Ausschuss –, sodass ich jetzt der Frau Ministerin das Wort gebe.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das kommt nach! Das machen wir später!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Gipskarstlandschaft im Norden Thüringens ist einzigartig. Ich danke Dag

(Abg. Kießling)

mar Becker und der SPD-Fraktion sehr herzlich für die Möglichkeit, heute in der Aktuellen Stunde auch noch ein bisschen Geschichtsaufarbeitung zu machen, um dann sehr gern die Anregung von Frau Tasch aufzunehmen und im Umweltausschuss weiterzudiskutieren. Es lohnt sich, denn seit den 90erJahren schwelt in Nordthüringen der Konflikt zwischen Gipsabbau auf der einen Seite und Naturschutz auf der anderen Seite. Die Gips- und Anhydritlagerstätten im Südharz liegen naturbedingt im letzten zusammenhängenden intakten Gipskarstgebiet in Thüringen, in dem zahlreiche Naturschutzgebiete und Natura-2000-Gebiete ausgewiesen sind. Und weil es das letzte zusammenhängende Gipskarstgebiet ist, ist diese Fläche so ungeheuer wertvoll. Deshalb versuchen seit vielen Jahren Bewohnerinnen und Bewohner, Naturschützerinnen und Naturschützer des Südharzes mit Unterstützung der Kommunen und der Politik vor Ort, dieses wertvolle Naturerbe für Thüringen zu bewahren. Ich will und ich werde diesen vielen Engagierten danken und sehr klar sagen: Wir kümmern uns darum, dass die Hände weggelassen werden von neuen Abbaugebieten im Gipskarst, und zwar mit voller Kraft.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Bei den in Nordthüringen bestehenden bergrechtlichen Gewinnungsberechtigungen auf Gips- und Anhydritgesteine handelt es sich in der Mehrzahl um Bergwerkseigentum. Diese Gewinnungsrechte gestatten aber nicht automatisch den Abbau von Bodenschätzen. Dazu sind separat zu führende Prüf- und Genehmigungsverfahren zu durchlaufen. Zu den umstrittenen Genehmigungsberechtigungen zählt auch das Bergwerkseigentum Rüdigsdorf/ Winkeldorf der Firma CASEA GmbH – es ist heute schon mehrmals genannt worden –, welches alles in allem eine Fläche von über 41 Hektar umfasst. Die Bergbauberechtigung liegt in den Gemarkungen Rüdigsdorf und Petersdorf der Stadt Nordhausen. Sie wird vom Naturschutzgebiet Rüdigsdorfer Schweiz teilweise und vom FFH-Gebiet Nummer 6, nämlich der „Rüdigsdorfer Schweiz – Harzfelder Holz“ komplett überdeckt. Da kann man sich das, denke ich, gut vorstellen.

Um zu verstehen, wo wir uns auch heute im politischen Prozess befinden, lohnt es sich tatsächlich, den Blick zurückzuwerfen. Ich will da sehr gern an das anknüpfen, was die Abgeordnete Becker begonnen hat. Im Jahr 1997 wurde für die eben beschriebenen Flächen für dieses Bergwerkseigentum eine seinerzeit als tragfähig eingeschätzte Abgrenzung zwischen Abbauflächen und Naturschutzflächen verabredet. Ich sage „seinerzeit als tragfähig“. Dieser sogenannte Gipskompromiss sollte 18 Hektar für die Gewinnung als Nutzfläche bereitstellen, 24 Hektar dauerhaft für den Naturschutz sichern. Dementsprechend wurde damals die Ausweisung des Naturschutzgebiets vorgenommen. Im April 2004 – wir haben die Zusammenhänge vorhin

schon gehört, das war ein Wahljahr – meldete die damalige Thüringer Landesregierung das geplante Abbaufeld und weitere Flächen im Raum Neustadt/ Harzungen als Erweiterung des FFH-Gebiets „Rüdigsdorfer Schweiz – Harzfelder Holz – Hasenwinkel“ gegenüber der EU-Kommission nach. Die Nachmeldung war fachlich erforderlich, um insbesondere das Defizit beim Lebensraumtyp Flachlandmähwiesen zu schließen. Die Meldung von Natura-2000-Gebieten hat übrigens ohne Beachtung wirtschaftlicher Belange zu erfolgen. Dies wurde der seinerzeitigen Eigentümerin des Bergwerkeigentums – damals war das die Firma SHG – durch den damaligen Wirtschaftsminister Reinholz mitgeteilt. Da dadurch die naturschutzfachlichen Hürden für einen Gipsabbau unüberwindbar schienen, wurde dem Unternehmen SHG eine Mithilfe bei der Suche nach Alternativstandorten außerhalb der Natura-2000-Gebiete angeboten. Nichtsdestotrotz legte die Firma SHG dann 2006 in Vorbereitung der Antragsunterlagen eine erste FFH-Verträglichkeitsstudie vor. Dem Unternehmen wurde nochmals mitgeteilt, dass es hohe naturschutzfachliche und -rechtliche Hürden gibt. Nichtsdestotrotz wurde der damals angestrebte oberirdische Abbau mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets als unvereinbar und unzulässig eingeschätzt. Nichtsdestotrotz ging es weiter.

Der Gipskompromiss – das hat die Regierung damals gesagt und das sagen wir auch heute – war als hinfällig zu betrachten und ist auch heute als hinfällig zu betrachten. Im April dieses Jahres fand in meinem Haus ein Gespräch mit der Firmenleitung von CASEA, der Nachfolgerin von SHG, statt. Ich machte den Firmenvertretern ausdrücklich klar, dass im Südharz neue Gipsabbaugebiete politisch grundsätzlich nicht erwünscht sind, sehr deutlich, und dass wir das am Winkelberg insbesondere aufgrund der naturschutzfachlichen Bedeutung dieser Region durchsetzen wollen. Dafür gibt es diverse Gründe, weil bereits aus raumordnerischer Sicht am Winkelberg eine Rohstoffgewinnung nicht vorgesehen ist. Im Regionalplan Nordthüringen von 2012 ist der Standort ausdrücklich als ein Vorranggebiet für die Freiraumsicherung ausgewiesen. Dass ein neuerliches Raumordnungsverfahren zu einer Abweichung von dieser Festlegung führen wird, wird von der oberen Planungsbehörde deswegen als eher unwahrscheinlich eingeschätzt. Ich habe in dem Gespräch auch darauf hingewiesen, dass bereits mit der Meldung der Flächen als Natura-2000-Gebiet im Jahr 2004 und der nachfolgenden Erörterung zur FFH-Verträglichkeitsprüfung der Gipskompromiss aus dem Jahr 1997 nicht mehr gelten kann. Wenn die Firma in Kenntnis dieser Rahmenbedingungen auf eigenes Risiko Antragsunterlagen erarbeiten will und einen Antrag stellt, dann ist es aber – und das ist der nächste Schritt in der Argumentation – unsere Pflicht und Aufgabe der Behörden, die dafür vorgegebenen und gesetz

(Ministerin Siegesmund)

lich vorgeschriebenen Verwaltungsverfahren im öffentlichen Interesse sorgfältig und rechtssicher durchzuführen. Solche Anliegen oder Anträge dürfen, auch wenn wir eine klare politische Haltung und eine klare naturschutzfachliche Position haben, von den Behörden nicht willkürlich abgewiesen oder gestoppt werden.

Damit komme ich auf die aktuelle Situation: Das Thüringer Landesbergamt hat vor zwei Wochen auch deshalb einen Scoping-Termin in Nordhausen durchgeführt. Die Sorge, dass mit der Durchführung des Scoping-Termins verbindliche Ziele der Regionalplanung vom Thüringer Landesbergamt ignoriert oder rechtswidrig irgendwelche Vorentscheidungen getätigt würden, ist unbegründet. Wir müssen das, was gesetzlich vorgeschrieben ist, auch prüfen. Im Verlauf dieser gesetzlich vorgeschriebenen Antragskonferenz wurden von den beteiligten Behörden und Naturschutzverbänden Fragen, Einwände und Forderungen vorgebracht. Im Ergebnis der Diskussion wird nun der Untersuchungsrahmen für die durchzuführende UVP-Prüfung räumlich und inhaltlich festgelegt. Erst nach dieser Antragskonferenz kann vom Unternehmen der eigentliche Betriebsplan erarbeitet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit Schreiben vom 12.12.2014 informierte mich der Landkreis Nordhausen über seinen Beschluss, wonach der Geltungsbereich des Naturschutzgebiets Rüdigsdorfer Schweiz über den bisherigen Rahmen hinaus die Rüdigsdorfer Schweiz betreffend auch an den Geltungsbereich des FFH-Gebiets „Rüdigsdorfer Schweiz – Harzfelder Holz“ angepasst werden soll. Es handelt sich insbesondere um die im Rahmen des sogenannten Gipskompromisses ausgesparten 18 Hektar. Ich habe daraufhin die für Verfahren zur Naturschutzgebietsausweisung und -erweiterung zuständige obere Naturschutzbehörde beim Thüringer Landesverwaltungsamt um Stellungnahme gebeten. In der Stellungnahme führt diese aus, dass die Einbeziehung der 18 Hektar am Winkelberg in das Naturschutzgebiet Rüdigsdorfer Schweiz zwar fachlich begründbar ist, ein entsprechendes Verfahren zur Naturschutzgebietserweiterung unter Beachtung der bestehenden Aktenlage durchaus mit einigen Unsicherheiten verbunden sein könnte. Nichtsdestotrotz werde ich ein Rechtsgutachten vergeben, um diese Risiken insgesamt besser bewerten zu können. Mein Ziel ist es – und dafür tun wir alles –, die ganze Rüdigsdorfer Schweiz als Naturschutzgebiet ausweisen zu lassen, einschließlich der 18 Hektar am Winkelberg. Dazu stehe ich auch in Kontakt mit dem Landesverwaltungsamt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schutz des Winkelbergs ist zudem ausreichend

über den Natura-2000-Gebietsschutz nach §§ 33 und 34 Bundesnaturschutzgesetz gesichert. Um es noch einmal zu betonen: Unabhängig von der Naturschutzgebietserweiterung, die wir prüfen und wofür wir alles tun, greift der FFH-Gebietsschutz für die auch in den 18 Hektar vorkommenden relevanten Arten und Lebensräume. Wie bereits ausgeführt ist ein oberirdischer Abbau mit den Natura-2000-Erhaltungszielen nicht zu vereinbaren und aufgrund besorgniserregender erheblicher Beeinträchtigungen das Vorhaben daher aus unserer Sicht unzulässig. Unterstellt – lassen Sie mich diese abschließende Bemerkung noch machen –, es käme zu einer rechtskräftigen Erweiterung des Naturschutzgebiets, hätte die Firma, das muss man auch sagen – unsere Idee zu Ende gedacht, im Bundesnaturschutzgesetz verankert – die Möglichkeit, ein Befreiungsverfahren von der erweiterten Naturschutzgebietsverordnung zu bantragen. Auch das gehört, um es der Vollständigkeit halber zu sagen, zur entsprechenden Prüfung. Ich kann Ihnen sagen, dass wir alle Möglichkeiten ausloten, diese einzigartige Gipskarstlandschaft in Thüringen zu erhalten. Ich will diejenigen, die sich seit vielen Jahren dafür einsetzen, ermuntern, nicht nachzulassen in ihrem Bestreben und in ihrem Engagement, sich für dieses Gebiet einzusetzen. Darum geht es. Ich denke, dass wir mit den einzelnen Vorhaben, die wir uns in der Region vorgenommen haben, und mit Unterstützung der Kommunen vor Ort das auch schaffen können. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Becker, das reicht nicht für eine Verlängerung der Redezeit der Fraktionen, sodass ich den dritten Teil der Aktuellen Stunde schließe und den vierten Teil der Aktuellen Stunde aufrufe

d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „21. UNKlimakonferenz – Chance für Thüringen“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1327

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, der Klimawandel mit einer Erderwärmung über 2 Grad Celsius – bis 5 oder 6 Grad sind

(Ministerin Siegesmund)

in der Diskussion – ist zweifelsohne weltweit das größte Problem der Menschen des 21. Jahrhunderts. Zum Beispiel führten im Sommer 2010 ungewöhnlich heftige Monsunregen in Pakistan zu einer Jahrhundertkatastrophe. Rund 20 Prozent der Landesfläche standen unter Wasser, fast 2.000 Menschen starben. Jetzt können einige sagen, das ist weit weg, das betrifft uns in Europa oder in Deutschland nicht allzu sehr. Aber auch in Europa gab es einen Hitzesommer 2003, in dem über 70.000 Menschen in Europa an Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufgrund der Hitze gestorben sind.

Was würde aber noch passieren, wenn wir nichts tun und die Klimaerwärmung über 3 Grad, 3 bis 5 Grad, steigen würde? Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen dazu, die sagen, 4 Millionen Quadratkilometer Küstenfläche stehen in der Gefahr, überflutet zu werden. Das betrifft 400 Millionen Menschen – 400 Millionen Menschen, die perspektivisch auf der Flucht sind. Das würde den Fluchtursachen ganz andere Dimensionen geben, als sie jetzt schon da sind. Aber auch das Hungerproblem würde enorm steigen. In Afrika können die Erträge bis zu 35 Prozent zurückgehen. Davon sind auch 550 Millionen Menschen betroffen.

Als nächstes Argument werden oft – und das möchte ich verstärken – die Kosten des Klimawandels genannt. Was passiert, wenn wir nichts tun, wenn wir nichts unternehmen als Weltgemeinschaft? Der angesehene Wissenschaftler Nicholas Stern, immerhin ehemaliger Weltbank-Chefökonom, hat ausgerechnet, dass beim Klimawandel bis 5 Prozent des Bruttoinlandprodukts weltweit aufgewandt werden müssen, um die Folgen auszugleichen. Das sind 4 Billionen Euro jedes Jahr, die nicht für Wirtschaftswachstum, für den Wohlstand zur Verfügung stehen. Selbst in Deutschland, wo die Auswirkungen nicht ganz so gravierend wären wie in Entwicklungsländern, sagt das DIW, das Deutsche Institut für Wirtschaft, dass jährlich unmittelbar mit 20 Milliarden Euro zu rechnen ist. Deswegen sagen über Tausend Wissenschaftler im Bericht des Weltklimarats 2014 einhellig: Der menschliche Einfluss ist mit einer Wahrscheinlichkeit von über 95 Prozent der Hauptgrund für die seit 1950 beobachtete globale Erwärmung. Jetzt haben wir in der letzten Plenarsitzung von den Kollegen von der AfD gehört,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Heute wie- der!)

das sei alles Quatsch, in der Eiszeit – ja, das kommt bestimmt auch noch – gab es doch auch nicht viele Menschen und trotzdem einen Klimawandel. Deshalb können wir sowieso nichts ändern. Sie führen damit immerhin eine Meinung von tausend Wissenschaftlern ad absurdum. Und Ihre einzelne oder absurde Haltung macht nur deutlich,

dass Sie als Klimaleugner nicht die Probleme des 21. Jahrhunderts erkennen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)