Protocol of the Session on November 25, 2015

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: The- ma verfehlt! Fünf – Setzen!)

Für die Fraktion der AfD hat sich Abgeordneter Möller zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Zunächst mal zu Ihnen, Herr Kobelt: Klimaskeptiker sind wir von der AfD nicht, denn auch wir wissen: Das Klima, das gibt es. Da sind wir überhaupt nicht skeptisch.

(Beifall AfD)

Es ist uns auch durchaus bewusst, dass es unsere Aufgabe ist, unsere Pflicht ist, den Lebensraum der Menschen zu schützen und unseren Kindern eine lebenswerte Welt zu schenken. Ob uns dabei allerdings Veranstaltungen wie die 21. UN-Klimakonferenz helfen, das ist – ich sage es mal vorsichtig – nicht unumstritten. Die Klimakonferenz verfolgt das Ziel verbindlicher Klimaschutzzusagen. Oberster Leitsatz ist dabei, dass die Erderwärmung auf maximal 2 Grad begrenzt wird und hierzu sollen die Länder zu verbindlichen Maßnahmen verpflichtet werden, indem der CO2-Ausstoß reduziert werden soll. Wir hatten bereits im letzten Plenum die Unstimmigkeiten bei den Klimamodellen dargelegt, die dieser Klimaschutzpolitik zugrunde gelegt werden. Die Theorie des CO2-gespeisten Klimawandels zum Beispiel verwechselt die Ursache und Wirkung, es steigen nämlich...

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Wenn Sie es nicht verstehen, dann reden Sie doch nicht drüber!)

Ich rede deswegen, weil – vielleicht lernen Sie es ja irgendwann mal, Herr Harzer. Ich meine, die Wiederholung ist die Mutter des Lernens. Von daher habe ich auch bei Ihnen noch Hoffnung, dass Sie es irgendwann verstanden haben. Deswegen hören Sie gut zu: Erst steigen die Temperaturen und dann der CO2-Anteil in der Luft. Ich werde es Ihnen auch die nächsten Male wieder sagen und irgendwann haben Sie es dann drauf.

Ebenso hat sich die mittlere globale Temperatur 16 Jahre lang nicht erhöht, obwohl in dieser Zeit

34 Prozent des gesamten vom Menschen produzierten CO2 imitiert worden ist. Diese Wahrheit, diese wissenschaftliche Faktenlage können Sie auch nicht mit Panikmache einfach so in den Skat drücken, indem Sie hier rumjammern, dass in 100 Jahren die Pole wahrscheinlich nicht mehr existieren oder schneefrei werden. Ich sage mal so: Prognosen für so einen Zeitraum zu treffen, ist einfach mal grob unwissenschaftlich. Dafür haben Sie überhaupt keine Grundlage.

(Beifall AfD)

Die wissenschaftliche Grundlage, auf die Sie Ihr gesamtes Klimaschutzkonzept stützen, ist – das hatten wir letztes Mal schon dargelegt – nämlich brüchig. Das wäre alles gar kein Problem, wenn es sich bei den für den Klimaschutz geforderten Maßnahmen nicht um Eingriffe handeln würde, die ein erhebliches Schadenspotenzial nicht nur in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und unsere Lebensweise hätten, nein, mit dem Ziel des Klimaschutzes werden eben auch schwere Beeinträchtigungen des Natur- und Umweltschutzes begründet. Für die Windkraftanlagen zum Beispiel wird eine sehr, sehr wichtige CO2-Senke, nämlich der Wald, abgeholzt. Herr Gruhner hat es schon erwähnt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum abholzen?)

Die Wasserkraft, der Strom aus Wasserkraftanlagen, erhält eine besondere EEG-Förderung, obwohl die Wasserkraft den ökologischen Zustand von Gewässern nachteilig beeinflusst, zum Beispiel, weil die Wasserkraftanlagen für Fische trotz Fischtreppen und anderer Maßnahmen eine tödliche Gefahr darstellen. Der exzessiv ausgeweitete Maisanbau für Biogasanlagen wiederum führt zur Nitratbelastung – auch das ist Ihnen sicherlich bekannt – und in der Folge zu Überdüngung, Bodenerosion und Schwund der Artenvielfalt. Ich muss sagen, Herr Gruhner, also ich kann nur jeden ausländischen Energiepolitiker warnen, die Energiewende zu importieren. Das ist bei Weitem kein Exportschlager.

(Beifall AfD)

Das ist eine Zumutung für die heimische Wirtschaft. Abgesehen davon, dass im Namen des Klimaschutzes Raubbau an der Natur begangen wird, erfolgt auch ein Umbau unserer Gesellschaft. Immer mehr Handlungsfreiheiten werden mit dem autoritären Hinweis auf das höhere Ziel des Klimaschutzes genommen, wir hatten es erst letztens von der Dämmung. Zwar kommen diese Freiheitseinschränkungen zunächst mal relativ sanft als Empfehlungen daher, man soll also zunächst mal möglichst nicht in den Urlaub fliegen, kein Auto fahren oder zumindest keine schnellen Autos fahren, man soll kein Fleisch essen, man soll sein Haus gut dämmen, man soll Grünstrom verbrauchen, man soll einfach

(Abg. Gruhner)

grün leben. Doch nach ein paar Jahren wird aus diesen sanften Empfehlungen dann plötzlich ein hartes gesetzliches Gebot, ein Verbot oder eine Duldungspflicht – da sind wir ja gerade dran bei der Dämmung. Zudem leidet durch solche Klimaschutzmaßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit, zum Beispiel durch den von Ihnen forcierten Umbau der Energiewirtschaft, der auch mit Klimaschutzgesichtspunkten begründet wird. Das alles führt dann am Ende natürlich zu Strompreiserhöhungen, die die Verbraucher und die Wirtschaft ertragen müssen. Einen besonders schalen Beigeschmack haben diese Maßnahmen, wenn man sich dann die Gewinnerseite anschaut: Das ist die Dämmstoffindustrie, das sind die Lampenhersteller oder eben auch die EEG-Projektentwickler, die mit dem EEGsubventionierten Gewinn oder mit den erzwungenen Umsätzen durchs Glühlampenverbot oder die Pflicht zur Dämmung ihr Geld machen. Die Klimakonferenz wird also zu allen möglichen Ergebnissen führen. Wir haben da aber eine ausgesprochen negative Erwartungshaltung, wofür im Übrigen auch die Tatsache spricht, dass es einige Teilnehmerstaaten gibt, die sich einer entsprechenden Einigung wahrscheinlich verwehren werden. Unsere Befürchtung ist, dass sich Europa und insbesondere Deutschland im Interesse eines Verhandlungsdurchbruchs besondere Lasten aufbürden lassen wird. Dann wäre allerdings der Klimaschutz keine Chance für Thüringen, auch keine Chance für Deutschland oder Europa, sondern in allererster Linie eine Belastung für unsere Wettbewerbsfähigkeit und damit natürlich auch für unsere Volkswirtschaft. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion der SPD hat sich die Abgeordnete Mühlbauer zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Abgeordnete, werte Gäste und liebe Zuschauer am Livestream! Wir haben heute, glaube ich, so ein bisschen einen Glaubensdialog. Den einen treibt es in die Arme der katholischen Kirche, was ich sehr begrüße von diesem Punkt aus

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ich bin hier auch persönlicher Lobbyist, ich finde das sehr gut –, die anderen glauben wohl eher an Reichsbürger als an den Klimawandel. Aber das sei hier nur so eine Anmerkung von meiner Seite.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Thema ver- fehlt, Frau Kollegin!)

Wie Ihnen bekannt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren – es wurde auch von allen hier schon erwähnt –, beginnt in wenigen Tagen die 21. Weltklimakonferenz, auf der das Nachfolgeprotokoll von Kyoto, das 2012 ablief, mit verbindlichen Klimazielen für alle 194 Mitgliedstaaten der UN-Klimarahmenkonvention nachverhandelt werden soll. Dies soll dort vereinbart werden. Schon die Zahl der Teilnehmer, meine Damen und Herren, ist ein Indiz dafür, wie schwierig ein Kompromiss zu finden ist, und er ist, davon bin ich überzeugt, nahezu unmöglich, wenn weiterhin der Gegensatz zwischen Wachstum und Klimapolitik hergestellt wird. Der ungebremste Klimawandel kostet uns viel mehr als die Umstellung auf eine emissionsarme Wirtschaft. Das sind zwei Knackpunkte, von denen der Erfolg der Klimapolitik abhängig sein wird. Der dritte, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Akzeptanz. Hier bin ich recht zuversichtlich, denn der Kreis derer, die sich im Klimaschutz engagieren, wird immer größer. Klimaschutz ist weltweit in der Mitte der Gesellschaft angekommen – in der Mitte der Gesellschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren auf der rechten Seite. Damit steigt auch die Zahl der Akteure. Das ist der vierte Knackpunkt. Je mehr Akteure, je besser die Erfolgsaussichten.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen schon: Die Knackpunkte hängen alle irgendwie miteinander zusammen und sie haben ein verbindendes Element – das Geld. Das ist auch der Hebel. Wir tun dieser vom Kapitalismus, vom Geld geprägten Welt sehr Gutes, das Erreichen der Klimaziele mit den Gesetzen der Marktwirtschaft in Übereinstimmung zu bringen. Wir müssen, um es mal in einer betriebswirtschaftlichen Sprache zu formulieren, eine Win-win-Situation schaffen. Hier ist zuerst die Politik gefragt. Wir müssen die entsprechenden regulativen Rahmenbedingungen setzen, damit sich Investitionen und Innovationen in treibhausarme Technologie lohnen. Da wird, da bin ich mir sicher, Paris ein entscheidender Meilenstein sein. Nur dann bringen wir Klimapolitik weiter voran. Nur dann werden Klimaziele nicht nur definiert, sondern können auch eingehalten werden. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gleichzeitig eine große Chance, auch für Thüringen. Wenn wir technologisch im Bereich GreenTec vorn dabei sind, bin ich sicher, dass der Nutzen die Kosten übersteigt. Wir müssen mit unseren Produkten im Klimaschutz Vorreiter sein. Dann haben wir den großen Vorteil, dass wir vom Klimawandel auch wirtschaftspolitisch profitieren, und nur wenn wir das schaffen, ist eine Einhaltung der Klimaziele realistisch.

Sehr geehrte Damen und Herren, Klimapolitik dreht sich im Kern um die Reduzierung von Treibhausgasen. Um diese Umstellung rasch und so kostengünstig wie möglich zu erreichen, liegen seit Lan

(Abg. Möller)

gem Konzepte auf dem Tisch. Eines der wichtigsten ist die Schaffung eines Preises für den Ausstoß von Treibhausgasen und das möglichst weltweit. Der Gedanke, dass die Atmosphäre nicht mehr als kostenloses großes Gut verschmutzt werden darf, sondern ein Preis für deren Nutzung zu zahlen ist, hat sehr dazu beigetragen, dass Klimaschutz weltweit zunehmend als wirtschaftlich machbar gesehen wird. Damit können die sozialen Kosten des Klimawandels internationalisiert werden und die Unternehmen erhalten über den Preis den notwendigen Anreiz für Investitionen und Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das gilt, wie gesagt, umso mehr, wenn wir den Thüringer Fokus einnehmen und dazu müssen wir beitragen, ich denke – ich habe es gesehen, letzter Satz, Frau Präsidentin –, der frühe Vogel fängt den Wurm und wir als Politik sollten ein erstes Signal dazu setzen. Ich bedanke mich für die Debatte, erwarte Dinge von Paris und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat sich Frau Ministerin Siegesmund zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch mein Dank gilt der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für die Beantragung der Aktuellen Stunde. Es ist bald Jahresende und – wie es so schön üblich ist – zum Jahresende gibt es immer die Bilder des Jahres 2015.

Was wird von diesem Jahr 2015 zu sehen sein, wenn wir uns die Situation klimapolitisch in einigen Regionen dieser Welt vor Augen führen? Vermutlich sieht man das Bild aus dem Mai, wenn Sie sich das wieder vor Augen führen, wie in Neu-Delhi die Fahrbahn schmilzt und der Zebrastreifen nicht mehr erkennbar ist. Vermutlich werden Sie sich das Bild wieder vor Augen führen vom Smog in Peking und dem Dokumentarfilm, der in China erstmals eingeschlagen hat, nicht nur bei denjenigen, die für Klimaschutz in China aktiv sind, sondern auch weit darüber hinaus. Vermutlich werden Sie sich die Bilder vor Augen führen, wie in Südafrika aufgrund von zunehmender Dürre immer mehr Menschen hungern oder wie sich im Jemen oder in Syrien viele Menschen aufgrund des veränderten Klimas oder aufgrund von Extremwetterereignissen auf die Flucht machen müssen. Ich wünsche mir, dass am Ende des Jahres 2015 die Bilder, die sich mit dem Thema „Klimawandel“ und dem Thema „Klima

schutz“ befassen, auch positive Signale setzen. Deswegen ist meine Hoffnung – und das möchte ich zuerst sagen –, dass von Paris aus diese positiven Bilder zu sehen sind, weil die Weltgemeinschaft sich darauf konzentriert, mehr zu tun als das, was beispielsweise in Kopenhagen in den vergangenen Jahren erreicht worden ist.

Es ist durchaus bemerkenswert, meine sehr geehrten Damen und Herren, was Papst Franziskus in diesem Jahr veröffentlicht hat. Der Abgeordnete Harzer hat sehr genau darauf hingewiesen. Papst Franziskus sagt, wir wissen, dass der größte Teil der globalen Erwärmung der letzten Jahrzehnte auf die starke Konzentration von Treibhausgasen zurückzuführen ist, die auf menschliches Handeln hin angestoßen wurde. Noch eindeutiger kann man auch den Klimaskeptikern hier im Haus nicht zurufen, dass es ein breites Umdenken geben muss, ein breites Umdenken gegeben hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 193 Länder treffen sich ab dem 30. November in Paris. Schon heute gibt es keinen Zweifel daran, dass nach Kyoto und Kopenhagen der Durchbruch gelingen muss, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Eine Erwärmung der mittleren Erdtemperatur um maximal 2 Grad würde bereits zu deutlichen klimatischen Veränderungen führen. Da sind sich alle Experten einig. Allerdings halten sie die Folgen dieser Erwärmung noch für beherrschbar. Was ein weiterer Anstieg der Erdtemperatur um mehr als 2 Grad bewirken könnte, ist unkalkulierbar und zöge nicht nur immense Kosten nach sich, sondern man kann sich kaum ausmalen, was das heißt. Darauf hat der Club of Rome bereits hingewiesen. 1968 gründete sich diese Vereinigung von Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik. Damals schon hat man es auf den Punkt gebracht. Damals schon hat der Club of Rome sehr genau gesagt: Unser Streben nach Wachstum, das unsere Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg prägte, ist die Hauptursache unserer Probleme: Klimawandel, Umweltverschmutzung, Ressourcenvernichtung, aber auch Ungleichheit, Armut und Arbeitslosigkeit. – An dieser Stelle schließt sich der Bogen zu dem, was wir dieses Jahr in der – lassen Sie es mich auch als Meilenstein bezeichnen – Umwelt-Enzyklika des Papstes zu lesen haben. Weckrufe gab es wahrlich genug, deswegen hoffe ich auch, dass wir beim Weltklimagipfel wirklich vorankommen. Deswegen müssen wir uns vor Augen führen: Noch mehr Wachstum wird diese Probleme verschärfen. Green business und Kreislaufwirtschaft dagegen können uns helfen, zumindest Zeit zu gewinnen. Aber der Markt wird selbst von allein weder Emissionen reduzieren noch die Armut verringern. Deswegen brauchen wir die starke, effektive Weltgemeinschaft, ihre Regierungen und einen globalen Ordnungsrahmen, eine starke Global Governance, die an dieser Stelle ordnet.

(Abg. Mühlbauer)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch vor etwa einem Jahr steuerte die Welt auf eine Erderwärmung jenseits der 4 Grad zu. Seitdem ist viel passiert. Mehr als 160 Länder haben bereits vor Beginn der Weltklimakonferenz ihre nationalen Klimaschutzpläne vorgelegt, auch die großen Emittenten China und USA. Gerade weil die beiden weltgrößten CO2-Emittenten endlich handeln, machen viele andere Länder auch mit. Alle bereits vorgelegten Klimaschutzpläne bewirken wenigstens die Beschränkung der Erderwärmung auf bis zu 2,7 Grad. Sie sehen, wir sind immer noch nicht bei dem ZweiGrad-Ziel, das wir brauchen. Der kommende Weltklimakongress muss also die beschriebene Dynamik aufnehmen. Er muss sie vertiefen und verstärken. Deswegen liegt auf den Verhandlungsführern in Paris auch viel Verantwortung. Wir brauchen einen Vertrag, den alle 193 Länder dieser Erde mittragen können. Wir brauchen einen Vertrag, der die Finanzierung sicherstellt. Von 100 Milliarden Euro jährlich ist die Rede, die die Länder brauchen, um in den Regionen umzusteuern. Das erwarten sie auch von den reichen Ländern dieser Erde. Die Bundesregierung hat bislang 10 Milliarden Euro jährlich in Aussicht gestellt. Das brauchen wir auch, meine sehr geehrten Damen und Herren. Nach Einschätzung des Bundesumweltministeriums wird in Paris auf alle Fälle ein Rahmenvertrag geschlossen werden. Voraussichtlich wird die Konferenz länger dauern als ursprünglich avisiert, um den Vertrag auch wirklich zu Ende verhandeln zu können. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass es das auch wert ist. Noch nie war man einem verbindlichen Klimaschutzabkommen so nah wie heute.

Die Klimakonferenz wird wichtige Weichen für den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung stellen. Klar ist, dass der Klimawandel in vollem Gange ist. Das habe ich am Anfang skizziert. Wir müssen uns auf ein Langfristziel verständigen. Wir brauchen langfristig eine grüne Null, also null CO2 aus fossilen Energieträgern. Und das noch in den nächsten Jahren.

Die Forderung einer nachhaltigen Dekarbonisierung, also dem vollständigen Verzicht auf fossile Energieträger, spricht sich im Übrigen auch herum. Große Investoren und Versicherungen verabschieden sich zunehmend aus dem Kohlegeschäft. Wir haben das in Thüringen mitbekommen. Der französische Versicherer Axa hat die Tage gemeldet, er verabschiedet sich komplett aus seinen Investitionen im Bereich Kohle; Kreditvergabe an Kohleförderer wird eingeschränkt, so die Haltung seitens der Großbanken. Erst gestern hat die Allianz angekündigt, keine kohlebasierten Geschäftsmodelle mehr zu finanzieren. Die Dekarbonisierung ist also in vollem Gange.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unabhängig von dem Einfluss, den natürlich die G7 und andere Länder übernehmen können, hat auch jedes

einzelne Bundesland der Bundesrepublik seine Verantwortung zu übernehmen. Herr Gruhner, Sie brauchen sich überhaupt keine Gedanken machen, wir werden natürlich mit einer integrierten Energieund Klimastrategie und einem Klimagesetz auch Sie herzlich gern zu der Diskussion einladen, welchen Beitrag Thüringen langfristig leisten kann.

(Zwischenruf Abg. Gruhner, CDU: Wann denn? Wann denn?)

Aktive Klimaschutzpolitik bedeutet auch eine wirtschaftliche Chance. Wenn Sie sich die Programme anschauen, die die Landesregierung dieses Jahr aufgelegt hat, allein 59 Millionen Euro GREEN invest für KMU, damit entsprechend nachgesteuert werden kann und Unternehmen in Energieeffizienz investieren können, dann können Sie sehen, dass wir eine ganze Menge tun.

Nichtsdestotrotz bedeutet es, dass wir in Thüringen darüber hinaus natürlich eine Vorbildfunktion einnehmen sollen. Wir konzentrieren uns also nicht nur auf das Klimagesetz und die Energie- und Klimastrategie. Wir wissen, dass wir auch an unserem Ziel des Ausbaus der Erneuerbaren, der Etablierung einer CO2-neutralen Landesverwaltung, der weiteren Steigerung der Energieeffizienz, der Unterstützung von Forschung und Entwicklung sowie von Pilot- und Demonstrationsvorhaben und der Fokussierung auf die Frage „Wärme und Verkehr“ große Aufgaben zu stemmen haben. Sie haben uns da durchaus sehr viele Möglichkeiten gegeben, nachzujustieren. Da kann Thüringen noch einiges tun.

Die Bedeutung der Länder und der regionalen Ebene wird übrigens aktuell auch mit der internationalen Klimaschutzinitiative Global Climate Leadership Memorandum of Understanding herausgestellt. Ich habe diese Initiative am Rande der Umweltministerkonferenz in Augsburg für Thüringen unterzeichnet. Initiiert wurde sie vom Bundesstaat Kalifornien gemeinsam mit Baden-Württemberg. Mehr als eine halbe Milliarde Menschen sind diesem Memorandum, wenn Sie so wollen, durch ihre Regierungsvertreter inzwischen beigetreten. Was wollen wir? Wir wollen, dass bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um bis zu 95 Prozent reduziert werden, das heißt CO2-Abdruck nur noch zwei Tonnen pro Kopf und pro Jahr. Das ist ein Ziel, dem sich diese Beitrittsländer, Beitrittsregionen verpflichten. Ich denke, dass wir damit einen sehr großen Schritt getan haben, um deutlich zu machen, wir verpflichten uns bei Emissionsminderungen zu liefern.

Lassen Sie mich abschließend betonen: Damit der Klimaschutz und die Energiewende in Thüringen gelingen, braucht es vor allem eines: starke Kommunen. Starke Kommunen, die entscheidende Impulse für die Energiewende setzen. Jeder kleine und kleinste Beitrag zum Klimaschutz ist ein richtiger. Die Kommunen sind die zentralen Planungs

(Ministerin Siegesmund)

und Genehmigungsstellen vor Ort, sie sind Eigentümer von Flächen und Liegenschaften und nicht zuletzt Betreiber der Stadtwerke. Wenn wir hier also Partner gewinnen – und das ist das Ziel dieser Landesregierung –, wenn wir es hier schaffen, jeden Einzelnen dafür zu sensibilisieren, dass es sich beispielsweise lohnt, bei Bürgerenergiegenossenschaften mitzutun, dann kann das Ganze gelingen. Die Chance für das Land Thüringen – auch mit Blick auf Paris – heißt, nicht nachzulassen bei der ökologischen Modernisierung. Dem haben wir uns verschrieben und dementsprechend werden wir auch handeln. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)