Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ganz bewusst habe ich mit diesem Zitat zum heutigen Internationalen Tag der Beseitigung von Gewalt gegen Frauen den Zusammenhang zwischen Entwicklungsstand und Wertschätzung des weiblichen Geschlechts durch die Gesellschaft an den Anfang gestellt.
Gewalt gegen Frauen hat viele Facetten: Genitalverstümmelung, Vergewaltigung, Frauenhandel, Zwangsprostitution und auch die häusliche Gewalt. Sexuelle Gewalt gegen Frauen wird in Kriegen und Konflikten systematisch und gezielt als Waffe eingesetzt. In Anbetracht dieser Aktuellen Stunde möchte ich hier und heute Dank sagen an die ehemaligen Sozialministerinnen Christine Lieberknecht und Heike Taubert.
(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos; Abg. Helmerich, fraktionslos; Abg. Krumpe, fraktionslos)
Ich danke allen Verbänden und Vereinigungen, insbesondere dem Landesfrauenrat Thüringen und der Thüringer Frauen Union. Danke den Gleichstellungsausschüssen der letzten Legislaturperioden im Schulterschluss mit der Gleichstellungsbeauftragten Johanna Arenhövel.
Sie haben parteiübergreifend dafür gesorgt, dass Thüringen bei der Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jedweder Form gegenüber Frauen und Mädchen Gesicht zeigt.
Ihnen allen verdanken wir, dass der UN-Bevölkerungsbericht aus dem Jahr 2008 Arbeitsgrundlage für uns wurde.
Derzeit befinden sich nach Schätzung der Vereinten Nationen weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht – darunter mehrheitlich Menschen aus anderen Kulturkreisen. Für viele dieser Menschen führt der Weg nach Europa. Meine sehr geehrten Damen und Herren, niemand von Ihnen wird daran zweifeln, dass Flucht und Vertreibung in diesen Tagen aktuelle Themen sind. Menschen, die bei uns Schutz suchen, fliehen vor Krieg und Gewalt, vor unwürdigen Lebensbedingungen, vor Diskriminierung und religiöser Verfolgung. Sie suchen bei uns in Europa Frieden und Sicherheit und vertrauen auf Demokratie und unseren Rechtsstaat. Wie uns die
Bilder in den Medien zeigen, sind es wieder die Frauen, die unerträgliches Leid tragen müssen. Sie bringen nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das Leben ihrer Kinder in Sicherheit. Besonders gefährdet auf dieser riskanten Flucht sind allein reisende Frauen und Mädchen. Sie brauchen unseren besonderen Schutz.
(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos; Abg. Helmerich, fraktionslos; Abg. Krumpe, fraktionslos)
Sie brauchen auch unseren besonderen Schutz, vor allem in den EAEs und auf ihrem weiteren Weg in die Flüchtlingsunterkünfte. Ich lasse jetzt einmal die Probleme und Herausforderungen, denen sich Europa im Zusammenwirken mit seinen Mitgliedstaaten zu stellen hat, unbeachtet. Mein Blick gilt der Willkommenskultur in unserem Land, der dringenden Integration der Menschen, die ein Bleiberecht erhalten. Dabei ist das Lernen der deutschen Sprache von zentraler Bedeutung. Dies ist für die Integration in Schulen, Ausbildung und Beruf sowie zur Teilhabe an unserer Gesellschaft eine zwingende Voraussetzung. Aber die Vermittlung der deutschen Sprache und berufliche Bildung allein reichen nicht aus. Integration muss auch die Vermittlung unserer Rechtsordnung, unseres Verständnisses von Demokratie und unserer Werte umfassen.
Für Frauen sind Gewaltfreiheit und gleichberechtigter Zugang zu Bildung, Ausbildung und Beruf in unserem Grundgesetz verankert. Für Traditionen und Verhaltensweisen, die mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar sind, ist kein Platz in unserem Land. Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Selbst das Grundrecht zur freien Ausübung der Religion darf …
Nein, das stimmt nicht. Wir haben mit Ihrer Redezeit erst begonnen, als Sie auch mit der Rede begonnen haben.
Selbst das Grundrecht auf freie Ausübung der Religion darf das Grundrecht von Frauen auf Gleichberechtigung nicht aushebeln.
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zum Schluss. Mir geht es um die Integration und um die Öffnung unserer Gesellschaft, die ihre Menschlichkeit und Freiheit ohne Ausnahme mit der Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frau und Mann auch anderen Kulturen gegenüber erlebbar macht.
Auch wenn die Bundesregierung 2007 einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen verabschiedete, der mehr als 130 Maßnahmen gegen jegliche Form von Übergriffen, häusliche und sexuelle Gewalt, Stalking, Frauenhandel, Genitalverstümmelung oder Zwangsverheiratung festschreibt – und für mich zählt hierzu auch die Vollverschleierung von Frauen, dies gilt auch weiterhin als ein Bohren dicker Bretter.
In einer demokratischen Gesellschaft zeigt jeder jedem sein Gesicht. Hieran, meine Herren, lässt sich auch Ihre Wertschätzung von uns Frauen ablesen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
„Applaus aus dem ganzen Haus“ – das muss dann im Protokoll stehen –, auch für die Redezeitüberschreitung.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich haben wir alle der Alterspräsidentin gern zugehört. Es hat ja auch viel Applaus gegeben.
An diesem wichtigen Tag, ausgerechnet heute am 25. November nämlich, findet der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen statt. Ich bin sehr froh, dass wir heute – meiner Erinnerung nach das erste Mal – auch vor den Thüringer Ministerien die Fahne von TERRE DES FEMMES „frei leben – ohne Gewalt“ hissen konnten. Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle auch an Frau Ministerin Werner.
Seit 2001 findet jährlich diese Fahnenaktion statt. 6.300 unterschiedliche Institutionen und Verbände beteiligen sich immer wieder daran, um darauf zu verweisen, meine Vorrednerinnen haben es schon ausgeführt, dass Gewalt gegen Frauen, Gewalt an Frauen nicht nur kein Kavaliersdelikt ist, sondern dass sie ein freies und selbstbestimmtes Leben verunmöglicht.
Worum geht es uns an diesem Tag? Ich bin der Fraktion Die Linke sehr dankbar, dass sie diese Aktuelle Stunde eingereicht hat. Es geht nun darum, dafür zu sensibilisieren, dass Gewalt gegen Frauen viele Gesichter hat. Man kann es „Mann“ nicht unbedingt ansehen, wie er mit der Frau, mit der Partnerin, mit der Mutter der Kinder umgeht.
Wir konnten heute alle in den Thüringer Zeitungen einen Bericht über die wirklich wichtige und gute Arbeit unserer Thüringer Frauenhäuser lesen – ein großes Dankeschön auch an dieser Stelle an alle, die dort arbeiten, ob haupt- oder ehrenamtlich, die sich engagieren in den Frauenhäusern, in den Frauenverbänden, in den Interventionsstellen gegen Gewalt an Frauen. Denn das, was für diese Frauen, die dorthin flüchten, traurige Wirklichkeit ist, das ist Gewalt gegen sie selbst an Leib und Leben, psychische Gewalt, aber natürlich auch Gewalt gegen die Kinder.
Wer den Bericht von der jungen Mutter gelesen hat, die mit drei Kindern in das Erfurter Frauenhaus geflohen ist, nachdem die siebenjährige Tochter wieder begonnen hat einzunässen, der weiß, was Gewalt gegen Frauen bedeutet, was Frauen aushalten, oftmals über viele Jahre hinweg, weil es sich
offenkundig nicht schickt, darüber zu sprechen, dass der eigene Partner, der Vater der Kinder die Frau misshandelt.
Gewalt gegen Frauen darf niemals Akzeptanz erfahren, deren öffentliche Ächtung darf niemals als Tabu bezeichnet werden und ist auch wahrlich keine Privatangelegenheit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Bertolt Brecht hat einmal sehr schön gesagt, ich zitiere: „Der starke Mann ist stärker ohne Gewalt.“ Dies möge man bedenken. Fakt ist aber, dass es Gewalt gegen Frauen, gegen Kinder gibt und dass wir als Politiker verantwortlich sind, Rahmenbedingungen zu schaffen, die diesen Frauen sicheren Schutz gewähren. Dafür gibt es die Frauenhäuser, dafür gibt es die Interventionsstellen, die Frauen in Not aufnehmen. Dafür gibt es aber auch die Täterberatung – und an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für deren Arbeit, denn wenn wir nicht auf Resozialisierung und Beratung setzen würden, wäre das – meine ich – auch falsch, auch wenn aus meiner Sicht heute selbstverständlich die Frauen und ihr Schutz im Fokus stehen sollten.