Protocol of the Session on March 29, 2019

1. Ist dem betroffenen Polizeibeamten nach Bekanntwerden seiner Kandidatur für die AfD-Landesliste die Versetzung auf eine andere Dienststelle angekündigt worden?

2. Wer hat die in Frage 1 genannte Maßnahme mit welcher Begründung veranlasst?

3. Ist die Versetzung wieder rückgängig gemacht worden, nachdem der betroffene Polizeibeamte erklärt hat, seine Kandidatur zurückzuziehen?

4. Sind dem betroffenen Polizeibeamten im Zusammenhang mit seiner Kandidatur für die AfD-Landesliste Verstöße gegen dienstrechtliche oder sonstige Regelungen vorzuwerfen, die zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens geführt haben?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Möller beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Grundsätzlich greifen die durch die Fragestellungen dieser Mündlichen Anfrage erbetenen Informationen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Beamten ein. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Thüringer Datenschutzgesetz darf die Landesregierung zwar personenbezogene Daten, die für andere Zwecke erhoben worden sind, zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen sowie zur Vorlage von Unterlagen und Berichten im Rahmen der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags in dem dafür erforderlichen Umfang verwenden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Übermittlung der Daten wegen ihres streng persönlichen Charakters

(Abg. Herold)

für den Betroffenen unzumutbar ist. Ich verweise hier auf § 2 Abs. 7 Satz 2 Thüringer Datenschutzgesetz. Aus Sicht der Landesregierung sind die erbetenen Informationen insbesondere mit Blick auf die Wirkungen einer mit dieser Fragestunde einhergehenden Veröffentlichung als streng persönlich zu charakterisieren. In der Gesamtabwägung zwischen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Beamten und dem Fragerecht der Abgeordneten kann daher eine Beantwortung gemäß Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Thüringer Verfassung im Rahmen der mündlichen Fragestunde nicht erfolgen. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass widerstreitende Verfassungsrechte, Datenschutz und Fragerecht des Abgeordneten nach dem Prinzip praktischer Konkordanz im Konfliktfall zu einem schonenden Ausgleich zu bringen sind und dabei beide Rechte in möglichst optimaler Weise verwirklicht werden sollen. Um dem Informationsinteresse der Abgeordneten gleichwohl entsprechen zu können, möchte ich zu dem Sachverhalt eine Befassung im Innen- und Kommunalausschuss anregen.

Nun komme ich zur Beantwortung der konkret gestellten Fragen.

Zu Frage 1: Die befristete Umsetzung des betreffenden Polizeibeamten innerhalb der Landespolizeiinspektion Erfurt erfolgte entgegen der Fragestellung nicht wegen der Kandidatur für die AfDLandesliste. Der Grund war vielmehr eine dienstrechtliche Prüfung der Aussagen in seiner Rede auf dem AfD-Parteitag am 27. Oktober 2018 in Pfiffelbach, die auszugsweise am gleichen Tag in der Sendung „MDR Thüringen Journal“ ausgestrahlt wurde. Darin wurde der Eindruck erweckt, der Beamte könnte sein politisches Engagement für die AfD mit seiner bisherigen Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter verknüpft haben, was zunächst den Verdacht eines Verstoßes gegen die Pflicht zur parteipolitischen Neutralität bzw. zur unparteiischen Amtsführung aufkommen ließ.

Zu Frage 2: Hierzu verweise ich auf die Vorbemerkungen.

Zu Frage 3: Die Umsetzung wurde zurückgenommen, nachdem die in Antwort zu Frage 1 genannten Prüfungen abgeschlossen waren und keine Gründe festgestellt wurden, die einer Weiterverwendung des Beamten in seiner bisherigen Funktion entgegenstehen.

Zu Frage 4: Hier möchte ich wiederum auf die Vorbemerkungen verweisen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Gibt es Zusatzfragen? Herr Möller.

Ist die Versetzung des Beamten unbefristet erfolgt oder ist die befristet erfolgt für den Zeitraum der Prüfung?

Die Frage kann ich Ihnen aus dem Kopf nicht beantworten. Ich würde Sie bitten, also wenn Sie von dem Angebot Gebrauch machen möchten, das im Innenausschuss zu beraten, die Frage dort noch mal aufzuwerfen. Dann kann ich Ihnen gern alles im Detail beantworten.

Gibt es weitere Fragen? Das sehe ich nicht. Der nächste Fragesteller – wird für den nächsten Fragesteller die Frage von Ihnen, Herr Möller, übernommen? – wäre Abgeordneter Höcke von der AfDFraktion mit der Drucksache 6/6992 gewesen. Diese Frage wird von Herrn Möller vorgetragen, bitte.

Kürzung der Gelder für Flüchtlingshilfe

Presseberichten zufolge (unter anderem Handels- blatt online vom 20. März 2019) plant der Bundesfinanzminister, den Beitrag des Bundes zu den Flüchtlingskosten von derzeit 4,7 Milliarden Euro pro Jahr bis 2022 auf dann noch 1,3 Milliarden Euro jährlich abzusenken.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welchem Umfang würde Thüringen von den Kürzungen betroffen sein – bitte nach Pauschalen und zweckorientierten bzw. ‑gebundenen Zuweisungen aufschlüsseln –?

2. Mit welcher Deckungslücke rechnet die Landesregierung angesichts der derzeitigen Haushaltsplanung, wenn diese Kürzungspläne umgesetzt werden?

3. Wie sollen die prognostizierten Einnahmeausfälle nach Auffassung der Landesregierung kompensiert werden?

Für die Landesregierung antwortet das Finanzministerium, Frau Ministerin Taubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich antworte auf die Mündliche Anfrage wie folgt:

(Staatssekretär Götze)

Zu Frage 1: Im Jahr 2019 stellt der Bund den Ländern vorbehaltlich der im Herbst 2019 stattfindenden Spitzabrechnung Mittel in Höhe von 3,267 Milliarden Euro im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuer im Zusammenhang mit der Asyl- und Flüchtlingspolitik zur Verfügung. Hinzu kommt die vollständige Erstattung der Kosten der Unterkunft mit Fluchtbezug. Zuletzt waren das rund 1,8 Milliarden Euro. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder halten entsprechend dem Beschluss der Konferenz vom 5. Dezember 2018 eine weitere finanzielle Beteiligung des Bundes zur Entlastung der Länder in den Jahren ab 2020 mindestens auf dem Niveau von 2019 erforderlich. In diesem Sinne konnte bislang keine Verständigung mit dem Bund erzielt werden. Vielmehr hat der Bund bereits im November 2018 ein Modell vorgelegt, welches eine pauschale Erstattung pro anerkanntem Flüchtling von insgesamt 16.000 Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren vorsieht. Ausgehend von der Modellannahme einer jährlichen Anerkennung von 78.000 Personen wäre, zuzüglich der unstrittigen Zuweisung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Millionen Euro jährlich, mit einer rückläufigen Finanzierungsbeteiligung des Bundes auf rund 1,6 Milliarden Euro ab dem Jahr 2022 zu rechnen.

Zu Frage 2: Der Haushaltsentwurf 2020 berücksichtigt hinsichtlich der Veranschlagung von zusätzlichen Einnahmen aus der vertikalen Umsatzsteuerverteilung das geltende Recht. In Bezug auf die Flüchtlingsfinanzierung ab dem Jahr 2020 ist derzeit lediglich eine jährliche Bereitstellung von 350 Millionen Euro für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gesetzlich fixiert. Hierfür sind im Entwurf des Thüringer Landeshaushalts 2020 Einnahmen in Höhe von rund 9 Millionen Euro in den Umsatzsteuereinnahmen enthalten. Eine Deckungslücke im Haushaltentwurf 2020 bzw. in der Mittelfristigen Finanzplanung ist daher nicht zu erwarten.

Bezüglich Frage 3 wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und damit auch die Fragestunde.

Jetzt bitte ich die Parlamentarischen Geschäftsführer, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Ränge etwas mehr füllen.

(Zuruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Die Kolleginnen und Kollegen haben gebeten, draußen zu wählen!)

Vielleicht zur Erklärung, gerade für die jüngeren Zuschauer: Die Fragestunde dauert normalerweise etwas länger. Jetzt fahren wir in der „normalen Tagesordnung“ fort, obwohl natürlich die Fragestunde auch dazugehört. Wir kommen vereinbarungsgemäß zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 20

Nachwahl von Ersatzmitgliedern des erweiterten Gremiums nach § 4 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten Wahlvorschlag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 6/7000 -

Gemäß § 4 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten wird zur Durchführung einer Einzelfallprüfung das Gremium nach § 3 des Gesetzes erweitert, ein sogenanntes erweitertes Gremium. Dem erweiterten Gremium gehören als stimmberechtigte Mitglieder neben den Mitgliedern des Vorstands des Landtags sechs weitere Abgeordnete und Ersatzmitglieder an. Für den ausgeschiedenen Abgeordneten Mike Huster ist ein Ersatzmitglied zu wählen. Für die Wahl als Ersatzmitglied ist die Mehrheit der Mitglieder des Landtags – 46 Stimmen – notwendig. Der Wahlvorschlag der Fraktion Die Linke liegt Ihnen in der Drucksache 6/7000 vor. Erneut vorgeschlagen wurde der Abgeordnete Steffen Harzer. Wird dazu eine Aussprache gewünscht? Das sehe ich nicht.

Gemäß § 46 Abs. 2 der Geschäftsordnung kann bei Wahlen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht. Gibt es Widerspruch gegen eine offene Abstimmung? Ja, es gibt Widerspruch, dann muss schriftlich gewählt werden. Dann findet eine geheime Wahl statt. Dazu wird wie folgt verfahren, ich erläutere Ihnen den Stimmzettel. Für die Wahl erhält jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter einen Stimmzettel. Es kann entweder Ja oder Nein oder Enthaltung angekreuzt werden. Als Wahlhelfer berufe ich die Abgeordneten Rosin, Engel und Kobelt und bitte sie, ihre Plätze als Wahlhelfer einzunehmen. Dann kann ich die Wahlhandlung eröffnen und bitte die Schriftführer, die Namen zu verlesen.

Dirk Adams, Dagmar Becker, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Andreas Bühl, Birgit Diezel, Steffen Dittes, Volker Emde, Kati Engel, Wolfgang Fiedler, Kristin Floßmann, Jörg Geibert, Siegfried Gentele, Manfred Grob, Stefan Gruhner, Ronald Hande, Dr. Thomas Hartung, Steffen Harzer, Dieter Hausold, Oskar Helmerich, Madeleine Henfling,

(Ministerin Taubert)

Jörg Henke, Susanne Hennig-Wellsow, Corinna Herold, Christian Herrgott, Matthias Hey, Michael Heym, Björn Höcke, Gudrun Holbe, Elke Holzapfel, Margit Jung, Ralf Kalich, Jörg Kellner, Olaf Kießling, Roberto Kobelt, Dr. Thadäus König, Katharina König-Preuss, Knut Korschewsky, Maik Kowalleck, Rainer Kräuter, Jens Krumpe, Jörg Kubitzki, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Diana Lehmann, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht.

Christina Liebetrau, Ute Lukasch, Dr. Gudrun Lukin, Marcus Malsch, Dr. Iris Martin-Gehl, Dorothea Marx, Beate Meißner, Katja Mitteldorf, Mike Mohring, Stefan Möller, Eleonore Mühlbauer, Wiebke Muhsal, Anja Müller, Olaf Müller, Birgit Pelke, Babett Pfefferlein, Dr. Werner Pidde, Egon Primas, Jürgen Reinholz, Klaus Rietschel, Marion Rosin, Astrid Rothe-Beinlich, Thomas Rudy, Christian Schaft, Claudia Scheerschmidt, Manfred Scherer, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Simone Schulze, Diana Skibbe, Karola Stange, Christina Tasch, Heike Taubert, Jörg Thamm, Christian Tischner, Prof. Mario Voigt, Marit Wagler, Raymond Walk, Frank Warnecke, Herbert Wirkner, Torsten Wolf, Henry Worm, Gerold Wucherpfennig, Christoph Zippel.

Hatten alle Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit zur Stimmabgabe? Die Schriftführer müssen noch wählen. – Dann schließe ich hiermit die Wahlhandlung und bitte …

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Nein, nein, nein – ich will noch!)

Nein, noch nicht.

(Unruhe CDU)

Na dann! – Ich hatte den Satz noch nicht beendet. Kann der Kollegin noch ein Stimmzettel ausgehändigt werden? Ich hatte den Satz noch nicht beendet.

Aber jetzt schließe ich die Wahlhandlung und bitte um Auszählung der Stimmen.

Dann gebe ich das Ergebnis bekannt: abgegebene Stimmzettel 82, ungültige Stimmzettel null, gültige Stimmzettel 82. Mit Ja haben gestimmt 46 Abgeordnete, mit Nein 36, enthalten hat sich niemand. Damit ist die Mehrheit der Mitglieder des Landtags erreicht.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Harzer, ich gratuliere Ihnen und nehme an, dass Sie die Wahl annehmen.

(Zuruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ja!)