Es würde diese Gesellschaft nachhaltig verändern, wenn wir aufhören würden, Leute in Sozialsysteme zu zwingen und ihnen das Recht auf Arbeit zu nehmen, anstatt ihnen das Recht auf Arbeit zu geben und die Gesellschaft sich darum bemühen würde, das Recht auf Arbeit als Verfassungsgrundsatz, als soziales Grundrecht zu definieren. Da wollte ich Ihnen nur aufzeigen, dass wir bereits jetzt fiskalisch dazu in der Lage wären. Ich habe zu Recht auf die logistischen Herausforderungen verwiesen, aber das ist schon jetzt ein Problem. Wenn wir dann noch unsere Vorstellungen für ein sozial gerechtes Steuersystem verwirklichen, dann können wir auch in einem Zug die 10 € Mindestlohn realisieren. Aber nur wenn wir das Geld nehmen, was jetzt schon im Hartz IV-System ist, sind wir schon auf dem Weg dorthin. Das wollte ich hier noch mal darstellen.
Also um das noch mal zusammenzufassen: Das gibt ja dann auch eine - wie auch immer - große Differenz zwischen den Zahlen, die Sie eben genannt haben, und denen, die ich genannt habe. Das würde ja dann bedeuten, dass auch bei Ihrem Vorschlag eben mit den 1.200 € das eine Arbeit ist, von der man nicht leben kann, die immer noch staatliche Kofinanzierung bedeutet, also immer noch Subventionierung, die Sie ja immer kritisieren, dieser privaten Arbeitsverhältnisse. Habe ich das so richtig verstanden? Also Sie wollen schon, dass man, wenn man arbeitet, zusätzlich noch Sozialleistung beziehen muss, um davon leben zu können. Ist das so?
Nein, Sie haben ja heute schon den Nachweis gebracht, Sie haben sich jetzt schon mit Marx beschäftigt. Ich biete Ihnen gern an, dass wir uns noch mal zur aktuellen Programmatik der LINKEN beschäftigen. Das stellt natürlich bestimmte Anforderungen an Sie, insbesondere was Grundkenntnisse der Funktionsweise einer modernen Gesellschaft betrifft.
Ja. Ihre Frage deutet ja darauf hin, dass Sie schon bei den Grundkenntnissen erhebliche Lücken haben, aber,
da gebe ich Ihnen auch die Chance, unsere Programmatik nachzuvollziehen. Um es doch noch einmal zu sagen: Wir befinden uns auf dem Weg. Jetzt haben wir die Situation, dass wir Sozialsysteme haben unterhalb des Existenzminimums, wenn ich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Existenzminimum - nämlich Steuerfreibetrag 8.004 € plus Altersvorsorge - sehe, ist ja Hartz IV unterhalb des Existenzminimums. Um es noch einmal zu sagen, meine Rechnung bezog sich nur auf das System Hartz IV, das Geld, was da bereits drin ist. Da sind wir schon auf einem guten Weg und kommen schon fast in die Nähe der Mindestlohndebatten. Dann müssen wir natürlich die Gesellschaft insgesamt betrachten, ein gerechteres Steuersystem. Da habe ich ja gestern schon mal in der Debatte darauf verwiesen. Erklären Sie es mir - 13 Mio. € Körperschaftsteuer noch im Haushalt, 800 Mio. € Einkommensteuer, 3,5 Mrd. € Umsatzsteuer. Also wer finanziert denn das System? Wenn wir ein Steuersystem hinbekommen, dass auch die Unternehmer entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit sich an einer Finanzierung beteiligen, dann ist das alles kein Problem. Wir wollen, dass alle die, die arbeiten, davon leben können. Damit haben wir ja diesen existenzsichernden Mindestlohn auch definiert.
Danke für Ihre Nachhilfe. Ich muss mich entschuldigen, ich war gestern nicht da. Sie sprachen gerade von 13 Mio. € Körperschaftsteuer. Sind wir uns darüber einig oder ist Ihnen bekannt, dass das Aufkommen an Körperschaftsteuer in sehr engem Maße mit der Gewinnsituation der Unternehmen namentlich in der Krise zusammenhängt, oder sehen Sie da keinen besonderen Zusammenhang?
Herr Recknagel, ich möchte auch Sie bitten, mit Ihren Fragen wenigstens so einigermaßen bei dem Tagesordnungspunkt zu bleiben. Die Sache heißt heute nicht „Generalaussprache zu allen Landes- und Bundesthemen“, sondern wir haben einen Antrag vorliegen.
Ich möchte doch bitten, auch wenn das für den einen oder anderen interessant ist, ein bisschen näher beim Thema zu bleiben.
Ich will die Frage gern beantworten. Innerhalb der FDP haben Sie keinen Gesprächspartner zu dem Thema offensichtlich. Deswegen mache ich das ja gern.
Also, die Körperschaftssteuer ist natürlich die Einkommensteuer der Unternehmen. Es ist natürlich klar: Es gibt nur eine Quelle für das Einkommen, das ist der Gewinn. Meine Damen und Herren gerade von der FDP, die Krise trifft doch nicht nur die Unternehmen, die Krise trifft in erster Linie die sozial Benachteiligten in dieser Gesellschaft. Wer fragt denn da! Natürlich ist das Steuerrecht so ausgestaltet, dass man sich doch als Unternehmer in die Steuerfreiheit rechnen kann, aber ohne in einer so sozial angespannten Situation zu sein wie in diesem Lande die 6,5 Mio. Hartz IV-Empfänger, die Arbeitslosen und
die 15 Millionen, die auch bei der Einkommensteuer nicht über die 8.000 € kommen. Das ist es doch. Danke.
Danke, Herr Abgeordneter. Es gibt eine weitere Wortmeldung durch die Abgeordnete Lehmann von der CDU-Fraktion.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, schön, dass das zum Schmunzeln führt. Ich möchte der Frau Kollegin Sojka nur sagen: Ich habe hier das Protokoll der 4. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses vom 21. Januar 2010 vorliegen. Ich zeige Ihnen das auch gern. Da ist das, was Sie hier verleumderisch mir entgegengebracht haben, nicht nachzulesen. Wenn Sie meinen, hier etwas gehört zu haben, dann ist das Ihre Meinung. Hier zählt, was im Protokoll steht, und da steht nichts von dem, was Sie mir nachsagen.
An Herrn Kollegen Kuschel gewandt: Herr Kollege Kuschel, es gibt einen Artikel im Grundgesetz, da geht es um die Freiheit des Mandats - ich weiß nicht, ob Sie das schon einmal gelesen haben -, aber ich bin eine frei gewählte Abgeordnete, die nur ihrem Gewissen verpflichtet ist und nicht auf Weisungen oder Anweisungen handelt. Davon können Sie ausgehen. Danke schön.
Aus der Mitte des Hauses liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Ministerin Frau Taubert hat um das Wort gebeten.
Meine sehr geehrter Herr Präsident, die Landesregierung nimmt zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE wie folgt Stellung. Während andere noch debattieren, arbeiten wir schon.
Wenn wir nicht schon gearbeitet hätten auch gleich zu Beginn unserer Amtszeit, wäre in der Tat die Situation ausgesprochen verfahren. Ich will auch für mich persönlich dazu sagen, seitdem wir SGB II haben, habe ich auf kommunaler Ebene und später auf Landesebene und jetzt auch in der Funktion in der Landesregierung immer dafür gestritten, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung adäquat vergütet werden. Das kann ich auch für meine Kollegen in der Landesregierung sagen, soweit sie mit der Thematik befasst waren. Ich kann das auch für alle kommunalen Landespolitiker sagen, die ich kenne, weil das nämlich keine Frage der Partei ist, sondern es ist eine Frage Bund-Land-Kommune-Auseinandersetzung. An der Stelle haben wir uns immer dafür eingesetzt und werden das jetzt im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss auch tun, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung entsprechend ihrer Entwicklung der Ausgaben angerechnet und vom Bund erstattet werden und nicht entsprechend der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften.
Ich will ein Zweites klarstellen, weil das hier von Herrn Kuschel in sehr altbewährter agitatorischer Manier nicht ganz richtig dargestellt wurde. Er kennt sich ja im Haushalt des Freistaats ganz gut aus, hat aber dann doch nicht so genau hingeschaut. Sie hatten angesprochen, dass es eine Differenz gibt zwischen dem, was der Innenminister sagt und was der Wirtschaftsminister zu der Thematik KDU ausgeführt hat. Wenn Sie in dem Haushalt sich so gut auskennen würden, wie Sie es immer vorgeben, hätten Sie gemerkt, dass das Wirtschaftsministerium deswegen steigende Ausgaben gegenüber 2009 angenommen hat, weil es um die tatsächlichen Ausgaben geht, und dass der Kommunale Finanzausgleich sich an den Planansätzen entlanghangelt und deswegen von einer sinkenden Ausgabe ausgeht. Das heißt, man hätte den Haushalt nur lesen müssen und man hätte diese Wissenslücke schließen können.
Ich möchte zu Herrn Koppe noch etwas sagen. Er sitzt heute in der ersten Reihe zu dem Themenpunkt. Ich freue mich ja ganz besonders, dass Sie hier dargestellt haben, was alles noch im Argen liegt. Sie haben jetzt die Chance, und ich kann Sie ja dann daran auch messen, was Sie auf Bundesebene erreichen können zu dieser Thematik.
Das heißt, es steht Ihnen jetzt völlig frei, die Sozialdemokraten sind raus, Sie sind drin im Geschäft Bundesregierung. Sie sollten sich ganz aktiv - und wie ich hoffe, auch erfolgreich, denn der Freistaat
braucht das - dafür einsetzen, dass wir eine andere KDU-Abrechnung bekommen. Dann können Sie vergleichen, ob Sie erfolgreicher waren oder ob wir das sein konnten.
Deshalb, meine Damen und Herren, weil wir eben schon gearbeitet haben und auch weiterhin daran sind, ist es nicht ein Verkennen der Wichtigkeit dieser Thematik, sondern wir haben sie bereits aufgegriffen. Deswegen kommt der Antrag einfach schlicht zu spät, und er kam auch schon im November zu spät. Deswegen bitte ich, ihn abzulehnen. Danke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Deshalb schließe ich die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung.
Gemäß unserer Geschäftsordnung in § 60 stimmen wir unmittelbar über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/59 ab. Deshalb stelle ich auch gleich die Frage: Wer möchte diesem Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/59 zustimmen, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich? Das ist eine Mehrheit an Gegenstimmen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt. Ich schließe diesen Tagsordnungspunkt.
Änderung der Thüringer Kommu- nalordnung und des Thüringer Kommunalabgabengesetzes Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/489 -
Wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung? Herr Abgeordneter Bergner, Sie haben das Wort.