Protocol of the Session on December 18, 2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine, es ist unser aller Aufgabe, die Proteste der Studierenden und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen zu unterstützen, denn Thüringens Köpfe sind unser Kapital, deswegen gilt es, in Bildung zu investieren und nicht an dieser Stelle zu sparen, wo wir, meinen wir jedenfalls, als Thüringen einen tatsächlichen Bedeutungsverlust erleiden werden, wenn unsere Hochschulen derart auf Mangel gedrosselt werden, wie es im Moment die Situation ist. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Für die CDU-Fraktion hat das Wort Abgeordneter Dr. Mario Voigt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen, Hochschulen sind Zukunftsmagneten im Freistaat und wenn ich hier oben auf die Besuchertribünen schaue, dann stelle ich fest, viele junge Gesichter, die vielleicht schon studieren oder bald studieren werden. Insofern wollen wir die natürlich gern hier halten, wollen dafür Sorge tragen, dass sie eine gute akademische Ausbildung bekommen, und wollen es natürlich auch gleichzeitig in einer Art und Weise tun, dass wir sagen können, der Hochschulstandort Thüringen ist ein gut ausgestatteter, ist ein Topstandort. Das können wir sagen. Es ist ein Topstandort im Wissenschaftsvergleich der Bundesländer. Trotzdem kann es einen natürlich nicht kaltlassen, insofern verstehe ich auch die Anmeldung zur Aktuellen Stunde, wenn 3.000 Studenten vorm Landtag demonstrieren, dass man darüber reden muss.

Jetzt stand der Vorwurf von Frau Rothe-Beinlich im Raum, es sei nicht ausreichend, nicht auskömmlich finanziert. Da darf ich Sie schon dafür gewinnen, sich einfach mal die bundesweiten Statistiken dazu anzuschauen und einfach mal zu sehen und den Vergleich zu suchen. Ich habe mir mal die Mühe gemacht, das alles aufzuarbeiten und egal welche Statistik ich genommen habe, ob jetzt bei der Grundfinanzierung, bei der Fragestellung der Investitionskosten, bei der Fragestellung auch der Ge

(Abg. Rothe-Beinlich)

samtfinanzierung am BIP, überall steht da Thüringen in der Spitzengruppe. Ich will es Ihnen nur mal vortragen. Thüringen steht bei den Ausgaben pro Studierendem ganz vorn in Deutschland. Nimmt man das Bundesamt für Statistik, bei dem Punkt Investition je Student in akademischer Ausbildung das ist eine Studie, die ist Ende 2012 rausgekommen - liegt Thüringen bei 8.080 €. Damit liegen wir an Nummer 2, nur noch Baden-Württemberg ist vor uns. Nehmen wir die Betreuungsrelation Student je wissenschaftliches Personal, ohne studentische Mitarbeiter, haben wir 5,6 Studenten pro Professor, das ist der zweitbeste Wert in Deutschland. Es gibt nur noch einen, der besser ist: 5,1 - Stand Dezember 2012. Nehmen wir die laufenden Grundmittel: 7.200 € pro Student, deutscher Durchschnittswert 6.200 €. Also insofern, wenn man die individuelle Ebene, was wir pro Student ausgeben, anschaut, stellen wir fest, dass wir in Thüringen da ganz gut unterwegs sind.

Dann kann man es mal ins Gesamtszenario einbinden. Das Gesamtszenario bedeutet, dass wir einen Haushalt haben, auf Grundlage der Finanzströme, die zurückgehen, einen sich reduzierenden Haushalt haben, trotzdem haben wir es in gemeinschaftlichen Verabredungen geschafft, dass die Hochschulen mehr Geld bekommen und dass es in einer Zeit von 2011 bis 2015 zu einer Steigerung um fast 10 Prozent gekommen ist, während wir das Haushaltsvolumen im selben Zeitraum um 600 Mio. €, also um 6 Prozent, reduziert haben. Das heißt, die Bedeutung der Hochschulen und des Bildungsfaktors ist gestiegen. Man könnte jetzt noch viele Zahlen referieren, das will ich außen vor lassen. Aber eines ist klar: Wir haben in dieser Legislaturperiode und in der Periode der Rahmenvereinbarung insgesamt mit Landesund Bundesmitteln über 120 Mio. € mehr in Hochschulen investiert. Ab 2016 werden wir bis 2020 auch über 200 Mio. € an Landes- und Bundesmitteln investieren.

Wenn wir uns das anschauen, dann kann man eines sagen: Bei dem Abschluss der ersten Rahmenvereinbarung im Jahr 2002 haben wir insgesamt 316 Mio. € für Hochschulen ausgegeben, heute sind es 378 Mio. €. Insofern sehen wir daran auch, sowohl unter Alleinregierung, aber auch in Koalitionszeiten haben wir dafür gesorgt, dass es mehr Geld für Bildung gibt. Jetzt steht im Koalitionsvertrag im Bund, dass der Bund sich auch an der Grundfinanzierung der Hochschulen beteiligen wird. Daran sehen Sie, dass sowohl für CDU - das war ein Vorschlag von uns - als auch für SPD gilt, wir wollen das Ganze gut miteinander finanzieren.

Jetzt habe ich natürlich auch die Plakate gelesen „Geld zum Deufel“, „Kein Pakt mit Deufel“ oder „Auf Deufel komm raus“. Das finde ich offen gestanden nicht in Ordnung. Man sollte das nicht personalisieren, sondern man sollte die Sachdebatte suchen und da, denke ich, können sich die Zahlen für Thü

ringen sehen lassen. Zur Ehrlichkeit, Frau RotheBeinlich, gehört auch, die Kürzungen, die Sie gerade besprechen und beweinen, sind Kürzungen oder Debatten an Personalstellen gewesen, die wir in dem Doppelhaushalt 2013/2014 besprochen haben. Das heißt, Sie hätten hier Ihr Wort anbringen können, nicht jetzt eineinhalb Jahre später. Trotzdem - und das wissen Sie auch - kann man dem Veränderungsprozess an den Hochschulen von zwei Seiten begegnen. Auf der einen Seite verstecken sich jetzt viele Hochschulleitungen auch dahinter, dass wir als Landesregierung einen klaren Finanzierungsplan im Bereich der Rahmenvereinbarung geschlossen haben. Auf der andere Seite, das wissen Sie auch und das wird ein Thema sein, was wir nachher zu besprechen haben, fehlt an manchen Stellen eben dann doch die gesamtplanerische Perspektive eines Hochschulentwicklungsplans. Das ist eine Diskussion, die führen wir in aller Intensität und aller Gänze und werden das sicherlich nachher bei dem nächsten Tagesordnungspunkt auch tun. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Hennig das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich gebe Frau Astrid Rothe-Beinlich recht: Über verantwortungsvolle und zukunftsfeste Hochschulpolitik zu diskutieren, da reicht eine Aktuelle Stunde nicht, deswegen machen wir auch zwei. Alles, was ich jetzt nicht sagen kann, kann ich nachher sagen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Dann ist al- les gut.)

(Beifall DIE LINKE)

Auch dann ist nicht alles gut, sonst bräuchten wir das gar nicht erst thematisieren.

Zum Zweiten: Es wird, glaube ich, nicht deutlich genug, dass wir in den letzten anderthalb Jahren auch als Fraktion versucht haben, sehr wohl Hochschulpolitik, die Finanzierung von Hochschulen usw. im Landtag zu thematisieren. Wir haben gemeinsame Anträge gemacht. Wir haben einen gemeinsamen Antrag, der von der Landesregierung nicht erfüllt ist, nämlich zum Jahresende ihre Konzeption für eine Hochschulentwicklung vorzustellen. Ende des Jahres ist für mich das Dezember-Plenum, insofern, Sie sind auch Teil der Landesregierung, ich nehme Sie da einfach in Haftung.

Zum Dritten: Ich glaube, Zahlenspielerei und statistische Zahlenspielerei bringt uns keinen Moment weiter. Ich will es nur sagen. Das Statistische Bun

(Abg. Dr. Voigt)

desamt - Sie haben das auch zurate gezogen, Herr Voigt -, im Bundesbildungsbericht 2012 ist zum Beispiel die Rede davon, dass wir in Thüringen 4,4 Prozent des Landeshaushalts für Bildung und hochschulische Bildung ausgeben und die Westflächenländer 5,2 Prozent. Insofern werden wir alle Zahlen dafür finden, warum wir recht haben, warum wir nicht recht haben. Natürlich haben die Grünen und die Linken recht, dass die Hochschulen unterfinanziert sind, und das hat sich natürlich auch in den Protesten gezeigt.

(Beifall DIE LINKE)

Ein weiteres Indiz dafür, dass Hochschulen unterfinanziert sind, hat die eigene Landesregierung geliefert. Minister Matschie spricht davon, dass wir ab 2016 4 Prozent mehr pro Jahr an die Hochschulen geben. Das würde irgendwie darauf hinweisen, dass es ein Problem gibt, was die Finanzierung der Hochschulen angeht, weil sie mit Sicherheit nicht mit 4 Prozent mehr Mitteln reagieren würden, wenn es kein Problem gäbe.

In der Rahmenvereinbarung III waren die jährlichen Aufwüchse von 1 Prozent für die Hochschulen festgeschrieben. Wie erwartet, haben Inflation, Tarifsteigerung, Betriebskosten usw. nicht dazu geführt, dass diese 1-Prozent-Steigerung tatsächlich zur Entlastung der Hochschulen geführt hätte. Es ist einfach eine Mär, zu behaupten, dass der Aufwuchs im Bildungshaushalt und für die Hochschulen tatsächlich eine Verbesserung bedeutet hätte. Ich frage mich jetzt natürlich, wie kommt es zu der späten Erkenntnis, dass wir 4 Prozent ab 2016 brauchen. Die Hochschulen haben schon Anfang des Jahres davon gesprochen, dass ihnen eigentlich 10 Prozent fehlen. Das heißt, wir haben immer noch mindestens 6 Prozent, die da obendrauf müssten. Waren es die Studierendenproteste, die man beruhigen wollte? War es der nahende Wahlkampf? Ich weiß es nicht. Das wird uns der Minister mit Sicherheit beantworten.

Frau Astrid Rothe-Beinlich hat schon sehr deutlich gemacht, was diese 10 Prozent - und da bin ich einfach anderer Auffassung als Dr. Voigt - tatsächlich ausmachen. Die Crux besteht darin, dass wir mit der Rahmenvereinbarung, mit den Zielvereinbarungen, die Anfang des Jahres beschlossen waren, an den Hochschulen jetzt mit der Umsetzung der Struktur- und Entwicklungsplanungen die Kürzungen tatsächlich an den Hochschulen umgesetzt bekommen, die damals angekündigt waren, aber nicht mal als Parlament eine Hochschulstrukturentwicklung besprechen können, vorliegen haben, sondern dass einfach ökonomische Kriterien zählen, um jetzt Entwicklungen an Hochschulen voranzutreiben, die nichts, aber auch gar nichts mit sozialen, demokratischen Kriterien für Hochschulentwicklung zu tun haben.

Veränderungen braucht es, da sind wir uns einig, aber Veränderungen gerade an Hochschulen muss man mit allen Beteiligten diskutieren und das sind alle Gruppen an Hochschulen.

(Beifall CDU)

Das ist nicht passiert. Es ist das Parlament und deswegen bin ich der Auffassung, dass sich das Parlament dieses Recht wieder zurückholen muss.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist viel gesagt worden. Die Hochschulen sind unterfinanziert. Wir haben prekäre Beschäftigungen en masse; 90 Prozent befristete Verhältnisse im akademischen Mittelbau, die studentischen Beschäftigen ohne Tarifvertrag und Ähnliches. Da gilt es nachzusteuern. Regelstudienzeit an Hochschulen wird teilweise geschafft in 7 Prozent. Die TU Ilmenau führt da die Spitze an. Wir haben ja noch eine Aktuelle Stunde, meine Redezeit ist gleich vorbei. Es braucht mehr Geld an den Hochschulen, das ist Fakt. Es braucht aber auch eine Hochschulentwicklungsplanung, die sich nicht nur nach ökonomischen Kriterien richtet, sondern tatsächlich auch bedarfsorientiert, transparent, gute Arbeit im Mittelpunkt und die Einbindung des Parlaments und der Hochschulgruppen berücksichtigt.

(Beifall DIE LINKE)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Hitzing das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, über eine verantwortungsvolle und zukunftsfeste Hochschulpolitik diskutieren wir heute auf Antrag der Fraktion der Grünen und, ich denke, über die Frage, ob wir in Thüringen genau diese Politik brauchen, gibt es überhaupt keine Diskussion. Da sind wir uns alle einig. Wobei wir bei einer zweiten Frage, nämlich der Frage, ob die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen eine solche Politik betreiben, eigentlich unterschiedlicher Meinung sein sollten, aber es ist bezeichnend für den Zustand der Koalition nach über vier Jahren schwarz-rot, dass diese Frage nicht nur von den Oppositionsparteien mit Nein beantwortet wird.

(Beifall CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Tatsächlich müssten ehrlicherweise auch SPD und CDU sagen: Nein, eine verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Hochschulpolitik ist das nicht. Unsere Hochschulen wird es auch in Zukunft geben, übrigens egal, wie lange Schwarz-Rot sich streiten und argumentieren. Zukunftsfest bedeutet eben nicht nur ein sachliches Noch-Da-Sein, das

(Abg. Hennig)

bedeutet auch, dass absehbare Herausforderungen in der Zukunft durch die Hochschulen gemeistert werden müssen. Das ist sicherlich erstens der demografische Wandel, zweitens der Erhalt eines auskömmlichen Finanzierungsniveaus der Hochschulen, das bei sinkendem Landeshaushalt. Es ist natürlich auch gleichzeitig die Herausforderung, dass unsere Hochschulen im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen sollen, bestehen müssen, sich um die besten Wissenschaftler und Studenten bemühen und das wollen die Hochschulen auch. Sie wollen auch die Qualität halten und sie sollen auch die Qualität halten. Mittlerweile ist man in der Hochschulpolitik auch zu der Überzeugung gekommen, dass Profilbildung und Profilierung unbedingt notwendig sind. Aber wie sollen denn die Profilierung und die Profilierungsschärfe aussehen? Welches Profil hat das Ministerium, welches Profil wünscht sich das Ministerium? Wenn Hochschulen, wie zum Beispiel die Uni Jena, gezwungen sind, auch Lehrstühle und Bereiche zu schließen, mit denen sie sich eigentlich profilieren wollen, dann lässt sich schon fragen, ob das zukunftsfeste Hochschulpolitik ist. Das sehen wir so nicht.

(Beifall FDP)

Beispiel Universität Jena: Hier soll Sozialrecht verloren gehen, nicht, weil man das unbedingt schließen will, sondern es passt eben gut, weil genau da der Professor in Pension gehen wird. Das ist die Begründung.

Die Landesregierung muss unserer Meinung nach Rahmenbedingungen schaffen. Die haben wir schon oft angemahnt, und zwar Rahmenbedingungen, die es den Hochschulen auch möglich machen, die stetig steigenden Kosten in den Griff zu bekommen. Für längerfristige Planbarkeit muss sie auch sorgen. Beides ist Schwarz-Rot in den letzten vier Jahren nicht gelungen.

(Beifall FDP)

Ein kleiner Aufwuchs der Zuweisungen reicht eben einfach nicht, um eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen zu sichern. Die einzig wirklich entscheidende Vorgabe des Ministeriums zur Hochschulstruktur ist nach wie vor die Rahmenvereinbarung III. Die Hochschulen bekommen zwar mehr Geld, aber bei Weitem nicht genug, um angesichts der erwarteten Kostensteigerungen ihr jetziges Angebot halten zu können. Das ist der Punkt. Kostensteigerungen sind einfach vorausgesagt. Es ist klar, dass die kommen werden. Die Tariferhöhungen sind nicht mit bedacht worden und da kann man noch tausendmal sagen, wir haben den Hochschulen mehr Geld gegeben, aber es reicht nicht, weil bestimmte Dinge, die einfach Realität sind, nicht beachtet wurden.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Ganze muss - jetzt bin ich ganz kurz aus dem Konzept, aber es ist wieder da. Diese ganzen unpopulären Maßnahmen, die jetzt aber gemacht werden müssen, werden unter dem kleinen Deckmäntelchen, unter der Krücke der Autonomie der Hochschulen an die Hochschulen weitergegeben und die kompletten unangenehmen Aufgaben müssen die Hochschulleitungen jetzt durchsetzen, das alles mit der Hoffnung im Hinterkopf, dass in vier Jahren diese Umstrukturierung ausreichen wird, um dann auch wieder gut dazustehen und diese Kürzungen zu verkraften. Da ist es eben so, man hofft, dass die Versprechen, die heute gemacht werden, auch in der Zukunft halten werden und sich dann nicht als Luft- oder Seifenblase entwickeln.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, auch nach der Demonstration der vergangenen Woche, die übrigens auch von großen SPD-Fahnen umrahmt war, zumindest an der Stelle, als man dann vor dem Finanzministerium stand, hatten wir den Eindruck, das ist nicht seriöse Hochschulpolitik. Hier wurde der Eindruck vermittelt

Frau Hitzing.

- vielen Dank, Frau Präsidentin -, dass die Landesregierung und das Ministerium eventuell wenig damit zu tun haben. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Abgeordneter Dr. Hartung das Wort.