Protocol of the Session on June 5, 2008

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Keine Zu- kunft ohne Bewältigung der Vergangen- heit.)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Otto Kretschmer haben Sie ganz bewusst ausgelassen, der war auch mal Justiz- minister.)

Dazu fiele mir auch noch einiges ein. Das gehört aber nicht hierher, weil wir diese Vergangenheit Vergangenheit sein lassen wollen. Jetzt geht es um die neuen justizpolitischen Projekte.

Herr Matschie, da wundere ich mich schon sehr, ich habe das nun ziemlich einfach und übersichtlich an den Anfang gestellt, was neue justizpolitische Schwerpunkte für mich sind. Das sind einige, da gebe ich Ihnen recht, das ist einfach Sozialgerichtsbarkeit, soziale Dienste, die stehen auf der Tages

ordnung, da ist aber Nachjustieren angesagt. Aber da sind auch noch eine ganze Menge Punkte dabei, die wirklich Schwerpunkte sind, die neue Akzente setzen für die Thüringer Justiz. Vielleicht haben Sie das vorher auch nicht so bewertet. Na ja, kommt ja auch mal vor. Die Rede war auch sonst eher am Thema vorbei, jedenfalls war sie nicht auf die Justiz gemünzt und hat sich auch nicht mit der Justiz beschäftigt.

(Beifall CDU)

Zu einigen ausgewählten Schwerpunktbereichen: Herr Höhn, Sie sprachen, glaube ich, die Konkurrentenstreitverfahren an. Katalog für Kriterien für Beamtenbeförderung, das ist Eignung, Leistung, Befähigung und diese Maßstäbe des Beamtenrechts werden nicht erweitert um irgendwelche Parteibücher oder Sonstiges, was man da hineininterpretiert.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Offen- sichtlich hat das Gericht das anders gesehen.)

Ich sage mal, unwahre Unterstellungen diskreditieren auch das Führungspersonal bei Gerichten und Staatsanwaltschaften und dagegen verwahre ich mich. Darüber hinaus bei dem Altersaufbau der Thüringer Justiz, den keiner hier zu verantworten hat, das ist so, weil es einfach Gegebenheiten gab, dass eine Zahl von Juristen gebraucht wurde, die haben nun mal alle ein gleiches Lebensalter. Wenn dann Leute bei gleicher Eignung und Befähigung und gleichen Ausgangsvoraussetzungen sich um wenige Beförderungsämter bewerben, dann muss es auch mal zulässig sein, dass man einen Streit austrägt. Dann hat das nichts mit Unvermögen der Justizverwaltung zu tun, da ein anderes Auswahlverfahren zu treffen. Da muss man schon mal ein bisschen differenzieren. Differenzieren kann man aber nur, wenn man sich in der Justiz auch entsprechend auskennt.

Nächster Punkt - „Personalmehrung“ war da immer das Wort: Wo ist eine derartige Personal- und Stellenplanmehrung? Das ist in einem einzigen Bereich, da, wo es wirklich notwendig ist, nämlich beim Justizvollzug. Da haben Sie es ja auch permanent gefordert. Da ist es auch notwendig. Wenn ich 207 Haftplätze in Tonna neu habe und 95 in Goldlauter, brauche ich ja irgendwo auch Personal dazu, um diese neuen Herausforderungen auch zu bewältigen.

Bei der Sozialgerichtsbarkeit und in den sozialen Diensten kommen die Zuwächse beim Personal, die auch erforderlich sind, aber nicht aus einer Mehrung von Planstellen, sondern da wird es aus dem eigenen Haushalt zu erbringen sein und mithilfe der anderen Ressorts der Landesregierung durch Ab

ordnung etc. Das habe ich vorhin auch angesprochen, dass es zahlreiche Maßnahmen geben wird, die eine Abhilfe bei der Situation in der Sozialgerichtsbarkeit, auch eine Verbesserung bringen werden und dort eine Entspannung bringen werden. Nur noch mal zum kleinen Erinnern an die Zahlen: Am 31.12.2004 waren 39 Richter in der Sozialgerichtsbarkeit tätig; am 01.05.2008 waren es schon 62. Dass also nichts geschehen ist, das ist eine pauschale Behauptung, die ich so einfach nicht stehen lassen kann. Es wird auch weiter eine Verbesserung und Unterstützung geben, darauf habe ich schon in meiner Rede abgestellt. Im Übrigen sind die Maßnahmen, die nicht nur den richterlichen Bereich betreffen, sondern auch den nicht richterlichen Bereich, auch abgestimmt mit der Praxis, denn das, was ich Ihnen heute vorgestellt habe, beruht auch darauf, dass ich Gespräche mit den Richtern, mit den Staatsanwälten, mit den Rechtspflegern, mit den sozialen Diensten geführt habe und ganz bewusst in der sehr kurzen und knappen Zeit seit der Amtsübernahme die Intentionen dort auch mit denen, die davon betroffen sind, besprochen habe. Das zu den Personalentscheidungen.

Bei den PEBB§Y-Berechnungen: Wie kommen Sie denn darauf, dass wir für diese Berechnungen einen Unternehmensberater anstellen? Herr Blechschmidt hat das, glaube ich, gesagt. Wir haben keine Unternehmensberater, die für die PEBB§Y-Berechnung zur Verfügung stehen, dieses Verfahren mit zu gestalten. Das ist ein Verfahren, das innerhalb der Justiz zur Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern existiert, und da ist man gerade im Aufbau dieses PEBB§Y-Vergleichssystems. Das ist auch noch nicht zu Ende, bis das ausjustiert ist. Insofern kann ich das nicht so ganz nachvollziehen, wie da einige Dinge sich hier einschleichen.

Selbstverwaltung der Gerichte: Die Meinungen zur Selbstverwaltung der Gerichte sind innerhalb der Länder höchst unterschiedlich und auch innerhalb der Richterschaft, das wird Ihnen bekannt sein. Ich glaube, das ist hier nicht der Platz, solch differenzierte Betrachtungen darüber anzustellen, die sich hier für einen politischen Schlagabtausch eignen würden. Es eignet sich überhaupt nicht dafür. Auch die Frage, wie man Richter wird, ist ja in Europa höchst unterschiedlich zu beantworten, und insofern ist es auch nicht geeignet, da einen einzigen Punkt vielleicht aus der Justizpolitik mal herauszugreifen, den in den internationalen Vergleich zu stellen und dann hier irgendwas ableiten zu wollen. Das verbietet sich von selbst, wenn man das ernsthaft betreibt.

Jugendstrafvollzugsgesetz oder repressives Element im Vollzug: Ich will hier nicht die Law-and-Order-Frau geben, ganz und gar nicht, da haben Sie mir auch nicht zugehört. In vielen Punkten meiner Re

de habe ich gerade gesagt, dass ich den Schwerpunkt zuerst auf erzieherische Einflussnahme setze, wo es möglich und erforderlich ist und wo es auch geht. Es gibt aber auch Bereiche, wo es nicht geht. Wenn sich zum Beispiel Gefangene nachhaltig den Behandlungsmaßnahmen im Vollzug entziehen, muss ich auch repressive Maßnahmen anwenden. Aber das, was Sie zitiert haben, geht auch ins Leere, denn sogar § 82 Jugendstrafvollzugsgesetz stellt vor die repressiven Maßnahmen die Disziplinarmaßen. Ein disziplinarisches Gespräch ist das Erste, also die erzieherische Maßnahme ist die erste Maßnahme, die greift.

Weiter zu dem repressiven Element im Vollzug: Herr Blechschmidt, bei der Anhörung zu den Entwürfen zum Jugendstrafvollzugsgesetz haben Sie ja nicht nur einmal eine Sozialromantik zu Ihrem Entwurf vorgeworfen und unterstellt bekommen.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Ein einziges Mal.)

Nicht nur ein einziges Mal, es war schon mehrmals der Anklang.

Das hatte auch seinen guten Grund. Wenn man nur mit Rechten und ohne Pflichten an die Gesetzgebung herangeht und Gefangenen nur Rechte und keine Pflichten einräumt, dann geht das einfach ins Leere.

Wir haben ein Gesetz eingebracht und verabschiedet, welches einen erzieherischen Leitgedanken hat, und das ist gut. Und dass es gut ist, sehen Sie daran, dass zum Beispiel Hamburg, das Land, das in der 9er-Arbeitsgruppe damals nicht vertreten war, jetzt den Thüringer Entwurf übernimmt. Also muss doch irgendetwas Gutes daran sein.

(Beifall CDU)

Es ist auch gut. Sie werden sehen, die Umsetzung wird dann auch viel Postives bringen. Wenn man ehrlich ist, muss man das auch zugeben.

Zu den Suiziden: Sie haben unsere zehn Suizide in sechs Jahren angesprochen. Ich will mich nicht mit Vergleichen mit anderen Ländern irgendwie rauslavieren, aber wenn Sie das schon so thematisieren, dann sollten Sie vielleicht auch mal nennen, dass das bei Rot-Rot in Berlin allein die Bilanz eines Jahres war. Unsere Vollzugsbediensteten gehen sehr verantwortlich mit Gefangenen, die den Anschein eines Suizidgedankens in sich tragen könnten, um. Manche Fälle gibt es eben, da kann man leider nicht darauf eingehen oder keine Vorkehr treffen, weil man das einfach nicht weiß. Das waren auch die letzten Fälle und dazu war im Justizausschuss auch keine andere Anmerkung zu erkennen.

Generalstaatsanwalt: Herr Höhn, da haben Sie ja fast einen Knüller gelandet. Sie haben sich fast mit Herrn Blechschmidt gestritten, wer nun die Idee hatte, den Sonderstatus des Generalstaatsanwalts abzuschaffen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das war Volker Schemmel in der vorigen Legis- latur.)

Ich sage Ihnen etwas ganz deutlich: Die SPD hat in der Weimarer Republik diesen Sonderstatus des politischen Beamten eingeführt, da haben Sie recht. Aber seit 1991, und das ist nun mein höchstpersönliches Anliegen, habe ich mich als Vorsitzende der Christlich Demokratischen Juristen dafür eingesetzt, dass dieser Sonderstatus abgeschafft wird. Ich lade Sie herzlich ein, nachher zuzustimmen,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Gern.)

dann können Sie nämlich auch Ihre Übereinstimmung

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Ich lade Sie schon vorher ein.)

ganz praktisch zum Ausdruck bringen.

(Beifall CDU)

Insofern bitte ich, nicht immer irgendwelche Unwahrheiten aufzubauen, wer, was und wie zuerst gesagt und gemacht hat. Wichtig ist, wir müssen handeln. Wir müssen in der Sozialgerichtsbarkeit handeln, und zwar nicht vorauseilend, wenn man nicht weiß, welcher Personalbedarf aktuell besteht, auch nicht über den Planstellenkorridor hinaus, sondern verantwortbar und so, dass es wirklich hilft und die Hilfe auch ankommt. Genauso bei den sozialen Diensten, es nützt den Kolleginnen und Kollegen Bewährungshelfern auch nichts, wenn sie sagen, sie brauchen eigentlich gar nicht mehr Personal, das hat Herr Blechschmidt so formuliert. Natürlich brauchen sie Unterstützung. Aber die Unterstützung kommt nicht durch eine Personalstellenmehrung, sondern durch eine Umschichtung innerhalb des Haushalts zustande, das wollen wir ganz deutlich festhalten. Sie werden dort Entlastung bekommen, dafür haben wir uns auch hier stark gemacht.

Eigenständige Verwaltung der Gerichte: Da hatte ich schon gesagt, die ministerielle Verantwortung für Gerichtsorganisation und Ausstattung hat sich über Jahrzehnte bewährt. Und wenn Sie auch gerade in diesem Punkt die Justizsysteme mit England und Frankreich vergleichen, auch da landen Sie keinen Treffer, weil Sie wieder nur ein Pünktchen herausnehmen und das, was vielleicht punktuell mal positiv als Beispiel benannt werden könnte, aber nicht

ins Verhältnis zu dem setzen, was sie als Nachteile dafür, wenn sie das gesamte System neu ausrichten würden, in Kauf nehmen müssten. Also insofern auch da eine klare Position, dass das, was sich bewährt hat, auch bleiben sollte.

Maßnahmen zur Prozesskostenhilfe, Senkung der Aufwendung für Prozesskostenhilfe: Natürlich wollen wir nicht den Justizgewährungsanspruch beschneiden und die, die der Hilfe bedürfen und die Hilfe brauchen, die sollen sie auch weiterhin erhalten. Aber die missbräuchliche Verwendung der Prozesskostenhilfe muss in irgendeiner Weise auch eingeschränkt werden, um Kosten zu sparen, damit nämlich die Hilfe da ankommt, wo sozial Benachteiligte diese Hilfe auch brauchen, damit sie zu ihrem Recht kommen. Genau an dieser Stelle muss man nachjustieren, wenn man merkt, dass es so wie bisher nicht funktioniert. Deshalb gibt es eine entsprechende Bundesratsinitiative.

Das waren eigentlich die wesentlichen Punkte, die ich jetzt herausgegriffen habe. Eines noch zum Warnschussarrest: Warum der Warnschussarrest von Ihnen ganz anders interpretiert und ausgelegt wird, verstehe ich zwar nicht. Das Ziel des Warnschussarrestes ist es, zu Jugendstrafe auf Bewährung verurteilte Täter ohne Hafterfahrung sollen im Rahmen einer Bewährungsauflage zeitweilig Haft in Gestalt eines Jugendarrestes kennen lernen. Weil es zum Teil so ist, dass die Bewährungsstrafe als Freispruch zweiter Klasse empfunden wird und nicht als Strafe und deshalb die Strafandrohung mit mehr Nachdruck untersetzt werden muss. Insofern stehen wir für die Einführung eines Warnschussarrestes.

Summa summarum drehten sich eigentlich die Anmerkungen immer wieder um wenige Punkte. Ich denke, ich habe hier einiges klargestellt, ich lade trotzdem zum Diskurs über die erklärten Schwerpunkte der Regierungserklärung ein und, ich denke, wir werden auch in nächster Zeit ausreichend Gelegenheit haben, uns darüber zu verständigen. Danke schön.

(Beifall CDU)

In diesem Diskurs hat sich Abgeordneter Blechschmidt für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ganz kurz nur, da ich ja immer gern auf Einladungen reagiere. Ich will es deutlich hier vorn kundtun, ich gebe Ihnen recht, Frau Ministerin, es war aber auch nicht mein Anspruch und ich würde einfach einmal so mutig sein, auch nicht der des Kollegen Höhn, hier

irgendwelche Urheberrechte für die Frage des Generalstaatsanwalts und deren Abschaffung als politischer Beamter hier vorn kundzutun. Ich würde gegebenenfalls bemerken, 1991, wenn es denn so gewesen ist, es hat ganz schön Zeit gedauert, die Überlegungsprozesse, die da abgelaufen sind. Aber um auf die Einladung zurückzukommen, die Sie hier ausgesprochen haben: Ich kann Ihnen versprechen, dass wir Ihre Einladung im nächsten Tagesordnungspunkt gern annehmen an dieser Stelle, weil es inhaltlich richtig ist. Demzufolge lassen Sie mich von diesem Pult auch sagen, ich lade Sie recht herzlich ein, jetzt in diesem Tagesordnungspunkt genauso inhaltlich zu entscheiden. Recht schönen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Ich schließe jetzt die Aussprache zur Regierungserklärung. Es ist ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/4184 zur Abstimmung zu bringen. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden.

Wir stimmen also direkt über diesen Antrag ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, bei einer Mehrheit von Gegenstimmen ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt. Es gab zahlreiche Zustimmungen, zahlreiche Enthaltungen, aber die Mehrheit hat sich für die Ablehnung entschieden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1 und rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf Thüringer Besoldungsneure- gelungs- und -vereinfachungs- gesetz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/3829 - dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzaus- schusses - Drucksache 4/4168 - dazu: Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE - Drucksachen 4/4176 bis 4/4182 - dazu: Änderungsanträge der Fraktion der SPD - Drucksachen 4/4187 bis 4/4189 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/4191 - ZWEITE BERATUNG

Für die Berichterstattung aus dem Haushalts- und Finanzausschuss erhält der Abgeordnete Köckert das

Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 28. Februar 2008 ist der Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss federführend und an den Innenausschuss überwiesen worden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 50. Sitzung am 13. März und in seiner 52. Sitzung am 27. Mai beraten und hat ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Von den Anzuhörenden wurden im Wesentlichen folgende Forderungen bzw. Veränderungen am Gesetzentwurf gefordert:

1. 100 Prozent Westbesoldung für alle Laufbahngruppen ab dem 01.01.2008,

2. eine lineare Besoldungserhöhung von 4,9 Prozent ab Mai 2008 statt 2,9 Prozent ab Juli 2008,