Protocol of the Session on October 19, 2006

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Gerade im Bereich der Selbstverwaltung der Kassenärztlichen Vereinigung hat die KV Thüringen gezeigt, dass sie nicht ideenlos ist, wenn es um die Sicherstellung der ambulant-medizinischen Versorgung in der Thüringer Bevölkerung geht. Mit dem geänderten Statut über die Durchführung von Maßnahmen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen im Juni des vergangenen Jahres hat die KV gezeigt, dass sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts die ihr übertragene Verantwortung sehr ernst nimmt und wahrgenommen hat. Sie hat konkrete Maßnahmen zur Er

richtung von Eigeneinrichtungen und Sicherstellungsassistenten getroffen zur Förderung der Sicherstellung des ambulant ärztlichen Notfalldienstes. Warum erwähne ich das? Mir geht es um die politische Bedeutung der Selbstverwaltung in einem demokratischen Gemeinwesen.

Meine Damen und Herren, was will nun die Ärzteschaft in Thüringen mit einer Ärztegenossenschaft? Die Ärztegenossenschaft ist eine Parallelorganisation zur KV, die aktiv bei Vertrags- und Versorgungsformen mitgestalten will. Die meisten Ärzte hier in Thüringen wollen sich nicht mehr zu faulen Kompromissen zwingen lassen, sie wollen nicht mehr in Gewissenskonflikte mit ihrem ärztlichen Ethos gebracht werden. Die Gründung der Ärztegenossenschaft ist Ausdruck der Unzufriedenheit der Ärzte mit der Gesundheitspolitik, denn diese Reform wird die Strukturen der Selbstverwaltung zerschlagen. Soll ein einzelner Arzt mit den noch mehr als 200 Krankenkassen Einzelverträge schließen? Soll er dann mit all diesen Kassen seine erbrachten Leistungen für die Patienten abrechnen? Noch etwas muss bedacht werden, was in der Öffentlichkeit bisher überhaupt noch nicht diskutiert worden ist: Soll er einem Patienten zukünftig sagen müssen, ich kann Sie nicht weiterbehandeln, denn Ihre Kasse hat mit mir keinen Vertrag gemacht?

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Zeh, kennen Sie den bürokratischen Aufwand, den ein Arzt heute schon zu bewältigen hat? Ich fordere Sie auf, stoppen Sie diese Reform, nutzen Sie allen Einfluss über Ihre Bundestagsabgeordneten, über den Bundesrat und sagen Sie Nein zu dieser Reform. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Frage, die die Linkspartei.PDS in ihrer Aktuellen Stunde stellt, ist auch von uns leicht zu beantworten. Natürlich ist es keine Alternative, eine Ärztegenossenschaft in Thüringen zu gründen. Ich glaube auch nicht, dass die Ärzte es als eine wirkliche Alternative zur Kassenärztlichen Vereinigung gemeint haben, denn wenn man sich anschaut, wer aktiv geworden ist, das sind zu 50 Prozent, bei der Ärztegenossenschaft sind ja jetzt die Aktiven benannt, Vertreter der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung und der zweiten Vorsitzenden ist ja ausdrücklich dazu der Dank aus

gesprochen worden, dass man mitgeholfen hat. Ich glaube auch nicht, es ist auch nicht aus dem Beitrag von Frau Dr. Fuchs heraus zu entnehmen gewesen, dass es eine Unzufriedenheit mit der Arbeit der Kassenärztlichen Vereinigung ist, die die Ärztegenossenschaft i.G. bewogen hat. Da es also keine Alternative zu den Aufgaben und der Arbeit der Kassenärztlichen Vereinigung ist, ist es ja wohl, nach unserer Meinung, eine Ergänzung. Die Ärzte in anderen Bundesländern haben sich bereits seit 2000 verstärkt diesen Interessen gewidmet. Es geht ja nicht nur um die Außenvertretung, sondern es geht ja auch um neue Möglichkeiten, die mit den unterschiedlichen Möglichkeiten im Gesundheitswesen jetzt vorhanden sind - Direktvertragsabschluss mit Krankenkassen und andere Versorgungsformen. Dass diese möglichen neuen Versorgungsformen ebenso wie der direkte Vertragsabschluss zwischen Krankenkasse und niedergelassenem Arzt Ausdruck ausgeprägten Veränderungswunsches vieler Handelnder im Gesundheitswesen ist, daran können Sie sich doch auch alle entsinnen. Es gab doch Schelte darüber, was man noch machen kann. Deswegen wurden diese Alternativen geschaffen. Dass auch knappe Kassen dazu führen, Ärztegenossenschaften zu gründen, ist wohl auch klar. Die Ärzte sollen die Abrechnungen erleichtert bekommen und andere Serviceangebote sollen ihnen bereitgestellt werden. All das ist für Thüringen zu begrüßen, das will ich ausdrücklich sagen, wir begrüßen es auch. Manche von der Ärztegenossenschaft ausgesprochenen Ziele und Aufgaben kann die KV in Thüringen im Übrigen auch gar nicht erbringen. Wenn Ärzte erkennen, dass die überwiegende Zahl der Versicherten als Geldgeber nur ein begrenztes Budget für Gesundheit zur Verfügung hat und wenn die Ärzteschaft aus ihrer Sicht auch die Privatversicherten in den bisherigen Versicherungsstrukturen zur Aufrechterhaltung des bisherigen Angebots als unverzichtbar bezeichnet, dann ist es nur konsequent, wenn die Ärzteschaft im begrenzten finanziellen Budget mit gemeinschaftlichen Strukturen im Rahmen der Freiberuflichkeit Effizienz sucht und - wir hoffen - das auch findet. Denn die Alternative ist ja unbestritten die wirkliche Verstaatlichung des ambulanten Gesundheitsbereichs, also die Festanstellung von niedergelassenen Ärzten im öffentlichen Dienst. Da will ich auch sagen, das ist ja oft als ein anderes gutes Modell - hier auch von Ihnen, Frau Dr. Fuchs - propagiert worden. Wir haben in der DDR das Staatliche Gesundheitswesen gehabt und es hatte auch Vorteile. Wir können es nicht, wir haben das Grundgesetz. Das ist ein sehr hohes Gut, die Freiberuflichkeit ist es ebenfalls, sie ist besonders geschützt. Da ist es doch ganz normal, wenn auch Ärzte andere Möglichkeiten suchen und Effizienz finden wollen. Deswegen begrüßen wir das Engagement der Ärzteschaft auch in Thüringen und ich bin der festen Überzeugung, dass die Ärzte sich nicht vorschreiben lassen, von wem sie sich richtig vertre

ten fühlen sollen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Gumprecht, CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst zwei Vorbemerkungen: Wir diskutieren heute erneut über ein Thema, das nicht in unsere Kompetenz des Landesgesetzgebers eingreift. Die Gesetzgebungskompetenz - und das möchte ich noch mal herausstreichen - liegt hierzu allein beim Bund. In der letzten Runde der Gesundheitsgesetzgebung - im SGB V § 140 zur integrierten Versorgung - wurden dazu eine Reihe Freiräume geschaffen; wir haben über einige hier bereits diskutiert. Die Möglichkeit, sich zusammenzuschließen und damit wirtschaftliche Synergien zu erzielen, war bereits früher möglich und wurde auch punktuell genutzt. Einer der ersten Zusammenschlüsse - und ich bemühe da die Geschichte - war die 1939 gegründete Apo-thekergenossenschaft, die NOWEDA, die heute mehr als 5.700 Beschäftigte vor allem durch die Bündelung von Einkauf, Lagerung und Distribution zusammenfasst und einen Umsatz von 1,5 Mrd. € erzielt. Auch andere Kooperationsnetzwerke unterschiedlicher Rechtsformen, wie es doch möglich ist, sind entstanden als GmbH, als Vereine, als Aktiengesellschaften oder als GbR - und dies auch im Gesundheitsbereich. Die Ärzteschaft hat dies in Deutschland relativ wenig genutzt, aber es gibt einzelne.

Eine zweite Vorbemerkung: In Thüringen hat sich der Verband der Kassenärztlichen Vereinigung von Thüringen e.V. mit Sitz in Gotha am 5. Mai 1920 gegründet. Sehr umfangreich ist dies im Buch über die Ärzteschaft in Thüringen nachzulesen, das unser Landtagskollege Reyk Seela verfasst hat. Es liegt allein in der freien Entscheidung, die neuen rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen. Da - Frau Präsidentin, ich darf zitieren - heißt es in § 2 dieser Gründung: „Der Zweck des Verbands ist die Vertretung und Förderung, die Beratung gemeinsamer wirtschaftlicher Angelegenheiten und die Schaffung von Wohlfahrtseinrichtungen für die Mitglieder der ihm angeschlossenen Vereine sowie die Volksgesundheit durch Bereithaltung ärztlicher Hilfe für die Krankenkassen zu fördern.“

Meine Damen und Herren, die Kassenvereinigungen sind ein hohes Gut, das es zu erhalten gilt. Ich denke, das ist auch ein Ziel. Der Aufbau einer Parallelorganisation wurde vom höchsten Gremium, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Vertreterversammlung selbst, angeregt - erstmals vor drei Jah

ren, aber nun in diesem Jahr noch mal aktuell - und in der Resolution, die sie bei der letzten Versammlung gefasst hat, kommt dies auch so zum Ausdruck. Da diese Anregung - ich gehe davon aus - aus der KV selbst kommt, kann man nicht von Alternative sprechen. Was ist inzwischen geschehen? Am vergangenen Freitag ist die Gründung einer Ärztegenossenschaft in Thüringen erfolgt. Ihr sind 155 Ärzte und Physiotherapeuten beigetreten und sie verfolgen auch gemeinsame Ziele und sie verfolgen auch wirtschaftliche Ziele und sie verfolgen politische Ziele. Ich denke, das ist der Unterschied zu den ersten Gründungen, dass hier nun eine Vertreterschaft, die sich auch als politisches Instrument zum Teil versteht, entstanden ist.

Meine Damen und Herren, einige Anmerkungen nun dazu von mir:

1. Die Selbstverwaltung hat sich bewährt.

2. Die Gründung einer Ärztegenossenschaft ist gesetzlich möglich, im SGB V.

3. Die integrierte Versorgung soll über alternative Strukturen vor allem realisiert werden.

4. Kooperationsmodelle ermöglichen Synergien.

5. Parallele Strukturen schwächen, wenn sie gegeneinander antreten. Deshalb sollte ein Gegeneinander vermieden werden.

Ich möchte nicht verschweigen, dass auch auf der Internetseite der Thüringer Ärztegenossenschaft auf die Frage, warum die Gründung jetzt erfolgt, zu lesen ist: „Ausweichstrategien der KBV dienten bisher nicht der Förderung ärztlicher Freiberuflichkeit.“ Hier wird vor allen Dingen der Konflikt zur bundesärztlichen Vereinigung angeführt.

Herr Abgeordneter Gumprecht, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Meine Damen und Herren, ich komme nochmals zum Fazit: Eine Ärztegenossenschaft ist für mich keine Alternative zur KV.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redemeldungen von Abgeordneten vor. Ich erteile das Wort dem Herrn Minister Zeh.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, erst einmal in Richtung Frau Dr. Fuchs: Ich stehe ausdrücklich auch zur Selbstverwaltung. Das hatte ich an anderen Stellen bereits gesagt, und wenn in irgendeiner Weise hier eine Schwächung eintritt, dann ist das für das Anliegen nicht gut.

Im Übrigen, die Idee zur Ärztegenossenschaft ist nicht neu, das wurde bereits von meinen Vorrednern gesagt. Auch in Deutschland wurde am 25. Mai 2000 die erste Genossenschaft in Schleswig-Holstein gegründet. Ob nun die wirkliche Idee einer Genossenschaft dort verwirklicht ist, das sei dahingestellt, aber jetzt ist der Name nun mal in der Öffentlichkeit. Weitere Ärztegenossenschaften sind mir aus den Regionen Niedersachsen, Bremen, Westfalen-Lippe und Rheinhessen bekannt. Die Genossenschaften selbst verstehen sich wohl als Ergänzung der bereits existierenden ärztlichen Standesvertretung, aber nicht als Alternative. So ist es zumindest aus den eigenen Darstellungen herauszulesen. Sie wollen in aller Regel die politische und wirtschaftliche Kraft der Ärzteschaft bündeln und stärken. Nun ist in Thüringen eine ebensolche Ärztegenossenschaft gegründet worden. Die Anregung dazu erfolgte anlässlich einer Sitzung der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen selbst, und zwar am 8. September 2006. Daher stellt sich zumindest die Genossenschaft selbst nicht als Alternative dar. Wenn wir auf den Zweck der neuen Organisationen schauen, dann ist vor allen Dingen hervorzuheben, dass sie sich selbst in ihren Funktionen so verstehen, dass sie all jene gesetzlichen Vertragsformen, die für die Ärzte nicht in der Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen geschlossen werden, dass sie sich dort als Ergänzung verstehen, also Vertragsformen, die nicht über die KV laufen, was unter anderem z.B. die integrierte Versorgung ist. Aber auch das neue Gesetz wird solche Vertragsformen sich in neuer Form erhalten, z.B. die hausarztzentrierte Versorgung wird ebenso außerhalb der Kassenärztlichen Vereinigungen Verträge ermöglichen.

Nun stellen Sie in Ihrem Antrag ausdrücklich die Frage, ob eine Ärztegenossenschaft eine Alternative zur Selbstverwaltung sein kann: Meine Vorredner haben bereits ebenso wie ich ihre Meinung geäußert, also ebenso wie ich ein klares Nein, denn die Kassenärztlichen Vereinigungen selbst nehmen ja eindeutig die beschriebenen gesetzlichen Aufgaben wahr und haben bei der Gründung mit geholfen. Also ist das nicht im Widerspruch geschehen, sondern eigentlich auch im Einvernehmen. Dabei gilt das Prinzip der Selbstverwaltung, also der Übertragung von

Verwaltungsaufgaben als eine rechtlich verselbstständigte Organisation.

Vielleicht noch einmal zur Kassenärztlichen Vereinigung, zu den Aufgaben, dass man sich das noch mal vor Augen führt: Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben zwei Hauptaufgaben, zum einen die Sicherstellung der ambulanten kassenärztlichen Versorgung und zum anderen die Vertretung der Rechte und wirtschaftlichen Interessen der Kassenärzte gegenüber den Krankenkassen. Damit nehmen sie für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit ambulanten ärztlichen Leistungen eine bedeutende Verantwortung wahr. Weiterhin schreibt der Gesetzgeber detailliert vor, wie Kassenärztliche Vereinigungen zu organisieren sind. Außerdem führt mein Ministerium die Rechtsaufsicht über die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen. Das alles trifft auf eine Ärztegenossenschaft Thüringen nicht zu. Sie ist insofern ein weiterer standesrechtlicher Zusammenschluss von Ärzten auf regionaler Ebene, aber keine Alternative zur Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen.

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Fuchs.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich natürlich absolut, dass sich alle meine Vorredner hier zur Selbstverwaltung bekannt haben, zu den KVen und allem was dazugehört. Bloß muss ich mal eines sagen, diese Reform wird die Selbstverwaltung wirklich der globalisierten Marktwirtschaft opfern und dazu habe ich von Ihnen überhaupt nichts gehört, was natürlich in der Natur der Sache liegt, weil Sie ja beide diese Reform wollen. Ich will Ihnen das mal an folgenden Dingen erklären. Durch diese Reform wird die flächendeckende Sicherstellung der ambulanten Versorgung durch die KV nicht mehr gewährleistet werden können. Wir werden diesbezüglich einen Flickenteppich bekommen, vor allem im ländlichen Raum. Wir wissen, dass heute schon in Thüringen 180 Praxen nicht besetzt sind, und diese Tendenz wird noch steigen. Grund dafür sind die Einzelverträge, die zwischen Krankenkassen und niedergelassenen Ärzten mit dieser Reform ermöglicht werden - eine Regelung, die in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts Praxis war. Damals führte sie dazu, dass sich Ärzte eben in KVen zusammengeschlossen haben. Heute solidarisieren sie sich in der Genossenschaft, um ihre Interessen und Forderungen zu bündeln. Die Genossenschaft als berufspolitische Organisation? Das tun zu müssen, ist Ausdruck des Versagens der Politik. Kolle

gin Taubert, Sie haben recht und ich habe auch nichts anderes gesagt, die Ärztegenossenschaft ist keine Gegenorganisation, sondern eine Parallelorganisation. Sie ist Partner der Kassenärztlichen Vereinigung. Es ist auch richtig, Frau Taubert, was Sie gesagt haben, die KV darf sich politisch nicht äußern, aber die Genossenschaften dürfen das und das ist auch ein Grund, warum sich die Ärzte dazu entschlossen haben, eine Genossenschaft zu gründen. Die Genossenschaft hat das Ziel, Vertragspartner der Kostenträger der Krankenkassen zu sein, denn - das ist auch schon erwähnt worden von Herrn Minister Zeh - nach jetzigem Stand des Referentenentwurfs wird z.B. die hausarztzentrierte Versorgung ohne die KVen umgesetzt, ebenfalls die integrierte Versorgung. Zudem haben bereits jetzt mehrere Fachgruppen hier in Thüringen die kritische Untergrenze in der Honorierung erreicht. Schließlich aber geht es der Ärztegenossenschaft vor allem auch um eine menschenwürdige Medizin.

Meine Damen und Herren, so wie die Ärzte- und Apothekenkammern gehört auch die Krankenkasse zur Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Auch die Krankenkassen werden mit dieser Reform ihre Autonomie einbüßen. Ausdruck dessen ist die Einführung eines Gesundheitsfonds. Damit wird den gesetzlichen Krankenkassen die Beitragssatzhoheit genommen. Die Beitragshöhe wird künftig staatlich festgelegt. Die Höhe des Zusatzbeitrags ist limitiert. Damit nicht genug - wenn schon die Selbstverwaltung entmachten, dann richtig. Künftig werden durch eine Behörde der Leistungskatalog und wesentliche Inhalte des Bundesmantelvertrags, wie z.B. die Steuerung der verordneten Leistungen, die Qualitätssicherung und die Bedarfsplanung vorgegeben.

Um nicht missverstanden zu werden, meine Damen und Herren, die Verantwortung des Staates muss aus unserer Sicht immer gewahrt sein. So darf sich das Land nicht aus der Verantwortung stehlen, wenn es um die Sicherstellung der Versorgung, wenn es um Daseinsvorsorge geht. Aber eine Selbstverwaltung zu entmachten durch mehr Staatlichkeit, ist ein mehr als zweifelhafter Vorgang.

Meine Damen und Herren, Selbstverwaltung zu qualifizieren, zu legitimieren und zu reformieren, das ist aus unserer Sicht der richtige Weg. Dies vor allem, weil nachzuweisen ist, dass dieser Staat mit den Einnahmen seiner Bürger nicht zweckgebunden umgeht. Ich erinnere nur an die versprochene Tabaksteuer von 4 Mrd. € für das Gesundheitswesen, die zugunsten des Bundeshaushalts auf 1,5 Mrd. € reduziert wurde. Ich erinnere an den Beitragsklau aus den Versichertengeldern für gesamtgesellschaftliche bzw. versicherungsfremde Leistungen von mehreren Milliarden.

Sehr verehrte Damen und Herren, vor wenigen Tagen äußerte der Ministerpräsident dieses Landes im Zusammenhang mit der Gesundheits- und der Föderalismusreform: Man muss über die Inhalte reden, denn diese Reformen haben Auswirkungen auf die Länder. Wie wahr gesprochen. Inzwischen dürften dem Ministerpräsidenten und auch dem Gesundheitsminister reichlich Meinungen und Stellungnahmen zur Gesundheitsreform zugegangen sein. Unsere Fraktion will über Inhalte der Gesundheitsreform und ihre Auswirkungen auf die Betroffenen hier im Freistaat Thüringen diskutieren. Für diese haben Sie als Regierung Verantwortung geschworen. Wie unsere Bürger Ihre Verantwortung aber tatsächlich wahrnehmen, zeigt Ihnen die neue Allensbacher Umfrage.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Einen Satz noch.

Einen Satz.

Ja. Sie kennen Ihre Umfragewerte selbst und ein Grund wird auch genannt, die Gesundheitsreform. Ich kann Sie nur im Interesse der Bürger und der medizinischen Versorgung bitten: Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht!

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich den ersten Teil und rufe den zweiten Teil der Aktuellen Stunde auf

b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Klage der Landesregierung gegen das Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 4/2365 -

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Matschie, SPD-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat angekündigt, gegen das Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik zu klagen. Diese Entscheidung zeigt vor allem eines, die Sturheit des Ministerpräsidenten und die Weigerung, sich mit den Argumenten der Elterninitiative auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Selbst die eigene CDU-Nachwuchsorganisation hält diese Entscheidung für falsch, wie wir in der Zeitung nachlesen konnten.