Aus den Beratungsprotokollen der Föderalismusreform wissen wir, dass sich der Thüringer Regierungschef nicht sehr in die Beratungen eingemischt hat. Jetzt sagen Sie, Herr Althaus, es darf keine Änderungen geben. Ich sage Ihnen ganz offen: Interessenvertretung für Thüringen stelle ich mir anders vor.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, welch ein Glück für Thüringen, dass Herr Matschie nicht Ministerpräsident dieses Landes geworden ist.
Welch ein Glück. Nach Ihrer Rede, Herr Matschie, muss ich feststellen, dass Sie im Geiste immer noch Ihrer früheren Rolle als Parlamentarischer Staatssekretär der rotgrünen Bundesregierung nachtrauern, und diese Denkschemata, die Frau Buhlman mehrfach vor dem Verfassungsgericht zum Scheitern geführt haben, haben Sie immer noch nicht abgelegt.
Sie unterstellen hier, dass die Vorarbeiten zur größten Reform seit Grundlegung des Grundgesetzes in Nacht- und Nebelaktionen und bei androhender geistiger Umnachtung in den frühen Morgenstunden fixiert worden seien.
Sie ignorieren damit eine intensive zweijährige Arbeit von vielen, vielen Experten und von verantwortlichen Politikern, zu denen ich auch Ihren Bundesvorsitzenden Müntefering zähle. Vielleicht ist Ihnen das nicht recht, aber ich tue es trotzdem.
Ehemaliger Bundesvorsitzender, zu der Zeit war er es, als er dort mitgearbeitet hat mit Herrn Stoiber in dieser Verantwortung, jetzt ist er Stellvertreter der Bundeskanzlerin.
Also warum Sie die Risiken, die in diesem Reformwerk liegen, überbetonen und die Chancen kleinreden, das müssen Sie vielleicht noch einmal im Nachgang erläutern. Mir ist das nicht aufgegangen.
Ja, das ist wohl offensichtlich, warum Sie diese Hemmnisse, die offensichtlich geworden sind über diese ständig zunehmende Verflechtung in den letzten Jahrzehnten zwischen dem Bund und den Ländern, nicht wahrhaben wollen und jetzt als Rosinenpicker sagen: Aber dort, dort und dort passt es uns nicht und deshalb stellen wir das ganze Reformwerk infrage.
Das hat sich mir nicht erschlossen. Sie sagen ganz deutlich, jetzt schnürt das Paket wieder auf, wir sind unzufrieden.
Damit verkennen Sie die Wirkung und verkennen wohl auch die Schwierigkeiten, die bis zu diesem Paket geführt haben. Es ist eigentlich auch Ihnen klar, das unterstelle ich Ihnen bei Ihrem Intellekt, dass Sie es in Kauf nehmen, mit dem Aufschnüren des Pakets das ganze Reformwerk zum Scheitern zu bringen. Deshalb sage ich, ein Glück für Thüringen, dass Sie nicht Ministerpräsident geworden sind, ich wiederhole das wirklich gern. Dann haben Sie Ministerpräsidenten angeführt, die alle der Union ange
hören, und meinten, wir seien doch diesen Einflüsterungen erlegen und den starken westlichen Ländern auf den Leim gegangen.
Nun lohnt es sich, gelegentlich auch einmal die Protokolle des Bundesrates nachzulesen. Da sind nicht nur Unions-Ministerpräsidenten zu Wort gekommen, sondern auch Ministerpräsidenten, die zwar geringer an Zahl, aber gelegentlich doch noch SPDgeführten Ländern vorstehen. So sei es mir gestattet, Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung, unter anderem Herrn Beck zu zitieren, der in der Bundesratssitzung am 10. März 2006 ausgeführt hat: „Im Grundgesetz sind die konkurrierende und die Rahmengesetzgebung angelegt worden, die aus der damaligen Sicht sicherlich eine gute Berechtigung hatten. Im Verlauf der tatsächlichen Entwicklung ist die Rahmengesetzgebung allerdings als überzogen wahrgenommen worden, sie ist zu einem Feld von Schnittmengen geworden, das einfach zu groß ist, als dass die Menschen die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten überschauen könnten.“ Also, Herr Beck steht zu diesem Gesamtpaket,
will auch, anders als Sie - das macht wahrscheinlich den Qualitätsunterschied aus, ich will das durchaus hier würdigen -, dieses Paket nicht wieder aufschnüren, weil er wohl die Folgen überschaut, was Sie offensichtlich nicht können oder ignorieren oder aus welchen Gründen auch jedenfalls so tun.
Ja, ja, melden Sie sich doch mal bitte zu Wort, dann müssen Sie nicht da in Ihren kleinen Bart murmeln, dann können Sie alle verstehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Beck führt dann weiter aus: „Ich hätte kein Problem damit gehabt, wenn wir es dem Bund im Hinblick auf die eine oder andere besonders wichtige Bildungsanstrengung ermöglicht hätten, eine entsprechende Unterstützung zu geben, aber insgesamt ist es völlig in Ordnung, die Verantwortung für die Bildung auch weiterhin in die Hand der Länder zu legen und nicht zu überzeichnen, was die bisherige Bildungsplanung zu Wege gebracht hat. Warum ist denn das Instrumentarium der Bildungsplanung seit vielen Jahren nicht mehr eingesetzt worden? Weil es so wichtig war? Nein, weil es in der Praxis kaum noch Bedeutung hatte.“ Und weiter Ministerpräsident Beck: „Die große Bundesrepublik Deutschland wird auch in
Zukunft gut daran tun, die Bildungsaufgaben mit ihren unterschiedlichen Anforderungen von den Ländern wahrnehmen zu lassen.“ Recht hat der Mann. Warum das nicht bis zu Ihnen vordringt, müssen Sie mit sich ausmachen.
Er hat eine andere Auffassung, so ist einhellig über alle Ministerpräsidenten hinweg diese Auffassung. Das ist doch das Erstaunliche. Übrigens hat auch die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Christa Sager und weiteren Abgeordneten der Grünen sehr deutlich geantwortet, das ist die Drucksache 16/330, die ich Ihnen zum Nachlesen empfehle, vielleicht kommen Sie dann ein Stück
eher zur … Das Sie noch lesen können, unterstelle ich Ihnen, Herr Matschie, also, bei aller Kritik, die ich habe, soweit geht sie nicht. Jetzt wird hier, insbesondere von der Linkspartei.PDS und auch von Ihnen die Schwierigkeit an die Wand gemalt, in Deutschland umzuziehen bei unterschiedlichen Bildungswegen, auch unterschiedlichen Bildungsgängen in den Ländern. Sie sehen darin die Probleme, sie überbetonen sie, aber Sie sehen nicht die Chancen, die im Wettbewerb liegen, und das kann ich nicht nachvollziehen, aber das können Sie vielleicht auch wieder mit sich ausmachen. Durch den Wettbewerb kommt regelmäßig mehr heraus als durch zentralistische Lösungen. Deutschland ist nie zentralistisch gewesen, außer in den beiden geschichtlichen Phasen der Diktaturen. Jedes Mal war es zum großen Nachteil dieses Landes, dass es so zentralistisch angelegt war. Deshalb sollten wir diese Gefahr, die darin liegt, überaus wahrnehmen.
Jetzt darf ich noch mal Herrn Beck zitieren, Frau Präsidentin, der zu diesem Argument anführt: „Häufig scheint mir bei dem Einwand, wie schwierig es wegen der schulischen Bedingungen sei, von einem Land in ein anderes umzuziehen, übersehen zu werden, wie differenziert das Schulsystem selbst innerhalb der einzelnen Länder ist, und zwar aus guten Gründen. Oft ist ein Umzug von einer Stadt in eine andere innerhalb eines Landes gleichermaßen problematisch wie über die Landesgrenzen hinweg, weil wir unterschiedliche Schulformen haben. Aber das sehe ich ausdrücklich nicht als Kritik, denn dahinter steht eine Menge an pädagogischer Fortentwicklung und an Dynamik, die zu einem Bildungssystem immer dazugehören.“ Also es gibt über die Länder hinweg die Sichtweise, dass wir im Wettbewerb weiterkommen als mit einheitlichen Regelungen, die bei der Linkspartei.PDS darin gipfelt, wenn denn nur über
all die gleichen Schulbücher verwendet werden, dann sind die Probleme in der Schule gelöst. Wenn Sie das gleiche Bildungsumfeld durch einen Umzug bewahren wollen, dann müssen Sie auch alle Ihre Lehrer oder die Lehrer Ihrer Kinder bewegen, mit umzuziehen, damit es auch absolut identisch bleibt; denn die Bildung wird von Menschen vermittelt.
Was erzählt er denn - ja, der weiß noch, wie es in der Schule war, lieber Abgeordneter Höhn, und dass Ihnen das nicht passt und dass die Erinnerung an die Schule verblasst ist, spricht eher für Sie, aber lassen wir das doch.
Kommen wir zu einem anderen Ministerpräsidenten, der der SPD angehört und der sehr wohl den Bildungswettbewerb unterstützt. Herr Wowereit hat in der gleichen Sitzung des Bundesrates - und hier darf ich wieder zitieren - ausgeführt: „Ich meine, auch im Bildungsbereich müssen wir akzeptieren, dass einige Zentralisten oder Mitglieder des Deutschen Bundestages sagen, sie wollten selber entscheiden. Dafür habe ich zwar großes Verständnis, aber das wäre eine andere Ordnung, die in der Bundesrepublik Deutschland nicht umsetzbar ist. Man muss wissen, was da passiert.“ Da greift er ein Argument von Ihnen auf, nämlich das Ganztagsschulprogramm und führt aus: „Das Ganztagsschulprogramm wird immer als Beispiel angeführt. Hätten wir die notwendige Finanzausstattung, bedürfte es dieser Programme nicht. Es ist nicht erforderlich,“ - sagt Herr Wowereit - „dass der Bund uns erklärt, wo wir Ganztagsschulen einrichten sollen. Das tun wir in eigener Kompetenz.“ Hier wird die eigene Kompetenz betont, die Sie ja nicht mal an sich ranlassen wollen.
Herr Abgeordneter Schwäblein, Frau Abgeordnete Scheringer-Wright würde Ihnen gerne eine Frage stellen.
Ich habe eine Frage zur Länderkompetenz und der Aufgabe der Länder, insbesondere des Landes Thüringen. Und zwar muss ich mit einem Beispiel kommen, was mich auch betrifft. In einem Gymnasium in Heiligenstadt geht mein Sohn in die 5. Klasse und hat einen extremen Stundenausfall. In Deutsch und in Kunst gibt es keinen Unterricht. Das Land Thüringen, das Kultusministerium erkennt das Problem, weil wir ihm ja auch geschrieben haben, und sagt: Der Haushaltstitel, um dieses Problem zu lösen, ist gesperrt. Sind Sie der Auffassung, Herr Schwäblein, dass das Kompetenz des Landes zeigt, das Problem zwar möglicherweise zu sehen, aber nicht zu lösen, und sind Sie der Auffassung, Herr Schwäblein, dass das Land Thüringen da seinem Bildungsauftrag nachkommt?
Ich bin überzeugt davon, dass das Land Thüringen seinem Bildungsauftrag nachkommt. Wenn der örtliche Schulträger seine Hausaufgaben nicht macht,
(Zwischenruf Abg. Reimann, Die Links- partei.PDS: Der Schulträger hat damit nichts zu tun. Die sind nicht mal infor- miert worden vom Schulamt!)