Protocol of the Session on September 27, 2005

(Zwischenruf Reinholz, Minister für Wirt- schaft, Technologie und Arbeit: Das ma- chen sie ja, genau das.)

Ja, das ist die Frage jetzt wieder, Herr Minister, was sind die besonderen Interessen des Landes. Jetzt sage ich mal, da hätte ich mir gewünscht, dass der Justizminister wenigstens einen Reflex darauf gemacht hätte, dass es nicht nur dazu gehört, wie es heißt - ich darf zitieren, darum sind auch extra die Unterscheidungen gemacht: „Der Aufsichtsrat hat den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden.“ - richtig - und dann kommt dieser Satz: „Er hat auch die besonderen Interessen des Landes zu wahren.“ Es geht um mehr als nur wirtschaftliche Betriebsführung etc. Nun habe ich mich gefragt: Was gehört zu den Interessen des Landes - Mobbing dulden, unsaubere Geschäfte eines Geschäftsführers decken?

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS: Offensichtlich.)

Ich habe das nicht unterstellt, ich sage nur: Was gehört dazu? Ich glaube, es steht in Artikel 42 der Landesverfassung, dass die vollziehende Gewalt die Grundrechte, die in der Landesverfassung Thüringen niedergelegt sind, auch zu berücksichtigen hat. Und da stehen Grundrechte für Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die immer so schön hoch gehalten werden. Ich glaube, das ist auch ein Interesse des Landes, dass die Vertreter in diesen Gremien darauf achten. Da wird hier erzählt, die Opposition verheimlicht Informationen. Da wird erzählt, ich habe Briefe bekommen, aber die waren anonym, und was macht man mit anonymen Briefen in anderen Ländern?

(Unruhe bei der CDU)

Ja, in diesen Hinweisen steht drin, dass die Mitglieder in Aufsichtsgremien die Pflicht haben, sich über Belange der Gesellschaft hinreichend zu informieren. Ich glaube, auch anonyme Vorwürfe, weil Menschen Angst haben, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, sind geeignet für Mitglieder in diesen Gremien, sich wenigstens sachkundig zu machen und sich nicht plakativ hinter die Geschäftsführung zu stellen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Ich glaube, diese hinreichenden Informationen, wenn ich den Zwischenruf von Herrn Richwien vorhin richtig gedeutet habe, dass es ja anonyme Vorwürfe gegeben hat, denen muss man nicht unbedingt gleich nachgehen usw.

(Zwischenruf Richwien, Staatssekretär: Habe ich aber trotzdem gemacht, Herr Buse. Nehmen Sie das mal zur Kenntnis.)

Ja, aber Ihren Zwischenruf habe ich - ja, aber ich weiß nicht, ob es hinreichend war, sich zu informieren. Entschuldigen Sie, wenn ich daran zweifele.

(Zwischenruf Richwien, Staatssekretär: Wieder Mutmaßungen.)

Ja. In diesem Zusammenhang zeigt die heutige Debatte erneut, dass es angeraten wäre, über die parlamentarische Kontrolle der Landesgesellschaften im Freistaat Thüringen weiterhin die Diskussion zu führen. Ich glaube, ob die Zustände in der Flughafen Erfurt GmbH zu verhindern gewesen wären, sei da völlig außen vor, sondern wir sollten uns als Parlament dazu zwingen, einen größeren Einfluss der Kontrollmöglichkeit auf die Landesregierung bei der Privatisierung von Landesaufgaben, insbesondere in Landesgesellschaften, zu haben. Dafür würden wir uns - jedenfalls unsere Fraktion - auch weiterhin einsetzen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Schubert zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal ganz konkret auf die Punkte I und III unseres Antrags eingehen. Für mich ist, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, nicht nachvollziehbar, warum Sie Punkt I nicht zustimmen wollen, wie es Herr Wetzel hier angekün

digt hat. Hier soll doch lediglich der Rechnungshof gebeten werden, die Vorgänge auf dem Flugplatz betreffs der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln zu untersuchen. Warum kann diesem Antrag nicht zugestimmt werden? Und zu III - Herr Schliemann ist gerade nicht da -, dieser Punkt bezieht sich nicht ausschließlich auf den Flughafen, sondern hier steht: "Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Landtag unter Einbeziehung von Prüferfahrungen des Thüringer Rechnungshofs bis zum 1. November 2005 schriftlich zu folgender Frage zu berichten: Können durch die Mitgliedschaft von Vertretern der Landesregierung in Aufsichtsräten von Unternehmen mit Landesbeteiligung Interessenkollisionen der Tätigkeit der Regierungsmitglieder innerhalb der Landesregierung auftreten? Das ist vollkommen allgemein gehalten und bezieht sich nicht explizit auf den Flughafen, sondern die Erfahrungen, die bis heute beim Rechnungshof vorliegen, die sollen da einbezogen werden. Da kann man doch zustimmen, meine Damen und Herren. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Für die Landesregierung hat sich Minister Trautvetter zu Wort gemeldet.

Herr Dr. Schubert, ich empfehle Ihnen für Ihre letzte Äußerung auch einen Blick in das Rechnungshofsgesetz. Der Rechnungshof ist eine selbstbestimmte Einrichtung

(Beifall bei der CDU)

und er entscheidet, in welchen Fristen er welche Prüfung vornimmt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Schubert, SPD: Ich habe es doch vorgelesen.)

Ja und deswegen kann man ihm keine Vorschriften machen. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Herrn Buse. Es passiert selten, dass ich mich bei jemandem von der PDS bedanke, weil Sie die Aufsichtsfunktion, die Kontrollfunktion sehr exakt beschrieben haben.

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS: Tun Sie nicht so, als ob Sie das nicht wüssten.)

Darauf sollten wir uns beschränken. Aber drei Viertel der Vorwürfe, über die wir heute geredet haben oder über die die Opposition geredet hat, sind Vorwürfe, die eine persönliche Betroffenheit von Mit

arbeitern beinhalten. Das ist der Bereich - das sage ich ganz deutlich, ich möchte weder Betriebsverfassungsgesetz noch Mitbestimmungsgesetz aushebeln -, der gehört dort in Gremien, der gehört in Untersuchungsorgane der Justiz und der gehört nun mal nicht ins Parlament. Das, was die Gesellschaft betrifft, das können wir hier trefflich debattieren - über alles. Ich debattiere auch über die Interessenkollision, die Dr. Schubert hier angemahnt hat, das machen wir gerne. Aber bitte, wo grenzen wir ab? Bei Landesgesellschaften gibt es eine Interessenkollision? Was ist in kommunalen Gesellschaften - Sparkassen, KoWos, Stadtwerke, regionale Verkehrslandeplätze?

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Nobitz!)

Wo grenzen wir das ab? Es gibt kein zweierlei Recht für Land und für die kommunale Ebene.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie das debattieren wollen und wenn Sie Anträge diesbezüglich einbringen wollen, dann müssen Sie das generell in Thüringer Recht umsetzen und müssen sagen, es geht weder bei Landesgesellschaften noch bei kommunalen Gesellschaften. Dann müssen Sie es ganz konsequent machen. Das, was heute hier gesagt worden ist zu dem heutigen Zeitungsartikel, da würde ich manchmal empfehlen, sich erst einmal kundig zu machen,

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Bei Ihnen!)

denn der konkrete Vorgang ist dem Ministerium für Bau und Verkehr bekannt. Es ist eine Information über die Schneesituation am 16.02.2005. Es war nicht auf der Landebahn, sondern auf einem Rollweg zur Landebahn. Dort waren zwei Millimeter festgefahrene Schneedecke und alle Piloten, die gestartet und gelandet sind, waren über diese Situation am Flughafen Erfurt informiert, schriftlich informiert. Es hat bezüglich der Landungen und der Starts keine Gefährdungen gegeben. Da empfehle ich ganz einfach mal, dass man sich kundig macht und danach erst mit Behauptungen in die Öffentlichkeit geht.

In einem Punkt muss ich noch einmal den zeitlichen Werdegang erläutern. Es gibt ein anonymes Schreiben vom 30.05.2005 an Herrn Staatssekretär Roland Richwien. Da stehen auch die Mobbingvorwürfe drin. Das anonyme Schreiben endet mit einem Satz: Sprechen Sie mit dem Betriebsrat und machen Sie sich ein Bild davon. Genau das ist getan worden. Es ist mit dem Betriebsrat gesprochen worden, mit dem Betriebsratsvorsitzenden. Der Betriebsratsvorsitzende hat vollkommen korrekt gesagt, diese Sachen bedürfen einer internen Klärung. Er hat auch

gesagt, bislang sei noch kein Mitarbeiter auf ihn zugekommen, um tätig zu werden. Und genau das ist auch der Punkt, wo die Klärung solcher Vorwürfe hingehört. Ich sage es noch einmal: Ich werde das Betriebsverfassungsgesetz nicht aushebeln. Ich werde, wenn es persönliche Betroffenheit gibt, auch nicht den Anspruch aushebeln, dass solche Vorwürfe durch die Justiz und durch die Staatsanwaltschaft untersucht und verfolgt werden müssen.

Dann gibt es ein zweites anonymes Schreiben, weil vorhin gesagt worden ist, das hätten wir ja alle schon vorher gehabt, das ist datiert vom 7. Juli. Das ist mit Schreiben vom 11. Juli an Herrn Matschie geschickt worden, in Kopie an Herrn Bodo Ramelow und eine weitere Kopie an einen uns bekannten und auch in dem Schreiben erwähnten Journalisten. Dieses Schreiben ist im Ministerium eingegangen, Faxmeldung 18.08. um 14:26 Uhr. Das zu Ihren Vorwürfen, wir hätten das zweite Schreiben schon am 30.05. gehabt und wären nicht tätig geworden.

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Matschie? Bitte, Herr Matschie.

Herr Minister, sind Sie der Auffassung, dass das Land seiner Aufsichtspflicht im Fall Flughafen Erfurt umfassend nachgekommen ist - Ja oder Nein?

Nach dem jetzigem Erkenntnisstand ja. Ich bewerte nicht eventuelle Mutmaßungen, Vorwürfe, sondern ich bewerte das Ergebnis von Untersuchungen.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen habe ich auch Recht, wenn ich sage, die Veröffentlichung war am 06.08., eine zweite Veröffentlichung am 10.08. Danach sind die Schreiben an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden. Sie hätten, wenn das Schreiben am 11.07. an die Betroffenen gegangen ist, dort am 12.07. eingegangen ist, dies auch schon am 12.07. an die Staatsanwaltschaft weiterleiten können. Dann wäre die Staatsanwaltschaft heute vier Wochen weiter gewesen. Man hätte vielleicht schon Ermittlungsergebnisse.

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Es gibt offensichtlich keine weiteren Redewünsche mehr. Doch, Herr Abgeordneter Lemke, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister Trautvetter, es ist schon ganz schön dreist zu sagen -

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt)

meckern Sie ruhig rum, das ist egal -, der Aufsichtsrat oder die entsprechenden Gremien sollen handeln. Der Aufsichtsrat tut es nicht, der Gesellschafter handelt nicht. Also ist es doch automatisch an dieses Haus zurückgegangen, dass dieses Haus endlich den Gesellschafter auffordert oder den Aufsichtsrat, in dem dieses Haus auch vertreten ist, zu handeln.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das können Sie doch nicht einfach einmal so negieren. Sie tun ja so, als ob hier alles bestens ist. Hier ist nichts bestens. Sie wollen drei Viertel aller Vorwürfe durch diese entsprechenden Gremien klären lassen. Durch wen denn?

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Die Staatsanwaltschaft un- tersucht doch.)

Nein, die Staatsanwaltschaft untersucht doch noch gar nicht, solange - diese Mobbingvorwürfe zum Beispiel. Das hätten wir vorher hier alles klären können. Sie hätten entscheiden können. Wir hätten die Staatsanwaltschaft gar nicht gebraucht. Wenn die zwei Leute nicht da sind, brauchen wir die Staatsanwaltschaft nicht.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Spinner!)