Protocol of the Session on December 19, 2018

Herr Mormann, Herr Poggenburg hat sich zu Wort gemeldet.

Nein, ich möchte die Debatte bei Niveau halten. Danke.

(Heiterkeit bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Poggenburg, dann gibt es nur die Möglichkeit der Intervention. Dann haben Sie jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Abg. Mormann, dann mache ich eine Kurzintervention daraus. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Rechtspopulisten - glauben Sie mir, für die kann ich sprechen - nicht das Scheitern eines geeinten Europas wollen. Die Rechtspopulisten wollen nur nicht die Vereinigten Staaten von Europa. Die Rechtspopulisten wollen nicht den Zentralstaat Europa. Das ist ein riesengroßer Unterschied. Lernen Sie mal dazu! - Danke.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich danke für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal der Abg. Herr Gallert das Wort. Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich darüber, dass wir einmal grundsätzlicher über diese Probleme der europäischen Integration geredet haben. Ich glaube, das ist auch bei uns in der letzten Zeit etwas zu kurz gekommen. Ich möchte noch auf einige wenige Redebeiträge eingehen.

Natürlich kenne ich das gezielte Missverständnis in der politischen Debatte. Deswegen fange ich an dieser Stelle mit einem sehr fassbaren Beispiel an.

(Siegfried Borgwardt, CDU, und Markus Kurze, CDU, klatschen ab)

- Markus Kurze, keine Gewalt, schon gar nicht gegen den eigenen Fraktionsvorsitzenden.

(Markus Kurze, CDU: Es ist doch keine Ge- walt, wenn wir abklatschen!)

Folgendes Beispiel: Vor etwa zehn Tagen gab es zum ersten Mal nach langem Ringen eine Vereinbarung innerhalb der Europäischen Union über einige grundlegende Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrern innerhalb der Europäischen Union.

Wie war die Situation bisher? - Für den Bereich der Transportwirtschaft gab es bisher von allen Entsenderichtlinien der Europäischen Union Ausnahmen nach dem Motto: Die fahren quer durch Europa und wir können nicht an jeder Landesgrenze die sozialen Bedingungen ändern. Das führte tatsächlich dazu, dass vor allem, aber nicht nur, fast nur osteuropäische Speditionsfirmen relativ billig durch Europa gefahren sind, weil diejenigen, die die Lkw gefahren haben, unter zum Teil unmenschlichen Bedingungen gelebt haben. Sie

waren zum Teil wochenlang unterwegs, konnten grundsätzlich nur in ihrem Lkw schlafen; warme Mahlzeiten usw. gab es überhaupt nicht, weil es keine Regelungen gab.

(Zurufe von der AfD)

Das hat dazu geführt, dass zum Beispiel Speditionsfirmen der Bundesrepublik Deutschland beim transnationalen Verkehr relativ wenig zum Zuge gekommen sind.

Nun gibt es zum ersten Mal eine Vereinbarung. Diese geht bei Weitem nicht weit genug und wird übrigens auch von der LINKEN im Europaparlament hart kritisiert. Aber es gibt zum ersten Mal eine Vereinbarung über Mindeststandards. Es gibt zum ersten Mal eine Vereinbarung über Pausenregelungen. Es gibt zum ersten Mal eine Vereinbarung darüber, wie viele Urlaubstage die Fahrer haben müssen, wenn sie zehn Tage lang unterwegs waren, welche Rahmenbedingungen ihnen garantiert werden müssen, wo sie schlafen können, wie oft ihnen das Recht eingeräumt werden muss, nach Hause zu fahren. - Dadurch hat man innerhalb der Europäischen Union erst einmal einen gewissen Sockel, den man einführt, damit kein sozialer Dumpingwettbewerb nach unten stattfindet.

Wenn man das macht, was ich von der AfD immer höre - Freihandel ja, aber bloß keine sozialen Rechte, bloß keine Arbeitnehmerrechte definieren -, dann betreibt man einen Dumping- und Konkurrenzwettbewerb, bei dem immer der Billigste gewinnt und bei dem immer derjenige verliert, der vernünftige Arbeits- und Lebensbedingungen für seine Leute garantieren will.

(Beifall bei der LINKEN)

Das macht die Europäische Union kaputt. Deswegen müssen wir anders herangehen. Deswegen brauchen wir soziale Garantien innerhalb der Europäischen Union. Die konsequente Alternative gibt es auch. Die konsequente Alternative wäre, zurück auf null zu gehen - zurückzugehen zur ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts und sämtliche Vereinbarungen innerhalb der Europäischen Union aufzuheben. An den Grenzen der Nationalstaaten wäre Schluss. Wir kämen wieder zu einer Situation, die wir von damals kennen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen auch, wohin diese Situation geführt hat. Sie hat uns in die größte zivilisatorische Katastrophe geführt, die diese Menschheit je erlebt hat. Deswegen lohnt es sich, um diese Europäische Union zu kämpfen.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Wir werden sie ohne die soziale Dimension nicht wirklich zukunftsfähig machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade in Bezug auf die Gelbwesten gibt es eine sehr interessante Analyse von Daniel Binswanger, einem der Publizisten der schweizerischen Zeitschrift „Republik“. Er hat einen sehr umfangreichen analytischen Beitrag dazu verfasst. Ich lese bloß einmal das Ende vor: Während Macron mit seiner Rede an die Nation also versuchte, die protestierenden Demonstranten zu beschwichtigen,

„legte eine Gruppe von Wissenschaftlern und Ökonomen um Thomas Piketty ein Manifest vor, das in verschiedenen europäischen Zeitungen veröffentlicht wurde. Es schlägt Maßnahmen vor, die eine gemeinsame Wirtschaftspolitik für die gesamte Eurozone einleiten und die zunehmende politische Desintegration wirksam stoppen könnten. Europa, so Piketty, müsse wieder eine ‚soziale Ambition‘ finden. Sonst stehe definitiv zu befürchten, dass die zentrifugalen Kräfte unwiderstehlich würden.

Die Konzepte liegen auf dem Tisch. Die Gelbwesten müssen zu einem Weckruf werden, die ‚soziale Ambition‘ zuoberst auf die Agenda zu setzen. Sonst könnten sie, sechs Monate vor den Europawahlen, in der Tat zu einer tödlichen Macht der Desintegration werden.“

- Das sind die Alternativen. Deswegen lohnt es sich zu kämpfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine Fragen. Ich danke Herrn Gallert für die Ausführungen. - Wir kommen nun zum Abstimmungsverfahren. Wir stimmen als Erstes über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/3709 ab. Es gab keinen Vorschlag, den Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalition, die AfD und der fraktionslose Abgeordnete. Wer enthält sich der Stimme? - Ich sehe keine Stimmenthaltungen. Damit hat der Antrag keine Mehrheit erhalten.

Wir stimmen jetzt über den Alternativantrag der Koalition ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalition und der fraktionslose Abgeordnete. Wer stimmt dagegen? - Das ist die AfD. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit hat der Alternativantrag die Mehrheit des Hauses erhalten. Der Tagesordnungspunkt 9 ist erledigt.

Wir nehmen hier vorn einen kleinen Wechsel vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit einem leichten zeitlichen Verzug, wenn ich das richtig überblicke, kommen wir jetzt zum

Tagesordnungspunkt 17

Beratung

Vergütungen von Geschäftsführer*innen begrenzen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/3590

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/3630

Einbringer für die Fraktion ist der Abg. Herr Knöchel. Herr Knöchel, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen, meine Herren! Am 11. November 2004 beschloss der Landtag in der Drs. 4/49/1864 B unter anderem, dass die Landesregierung aufgefordert ist, bei der Vergütung von Geschäftsführern und leitenden Angestellten zu berücksichtigen, dass die Gesamtvergütung an der Besoldung entsprechender Ämter der Landesverwaltung ausgerichtet sein soll.

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

Als Obergrenze wurde die Besoldung eines Staatssekretärs festgelegt. Begründete Ausnahmen waren zulässig.

Anfang November 2018 überraschte das Ministerium der Finanzen den Finanzausschuss mit der Überarbeitung des Handbuches für das Beteiligungsmanagement des Landes Sachsen-Anhalt, das vom Kabinett am 16. Oktober 2018 beschlossen worden war.

Eine der zentralen Neuregelungen betraf den Bereich der Vergütung von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern sowie Prokuristinnen und Prokuristen. Hierzu positioniert sich die Landesregierung wie folgt - ich zitiere -:

„Der in der Vergangenheit oft angeführte alleinige Bezug auf die Besoldung/Vergütung im öffentlichen Dienst ist als Vergleichsmaßstab nicht zielführend und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass in kürzester Zeit eine Besetzung mit fachlich angemessen qualifiziertem Personal nicht mehr möglich wäre.“

Das Finanzministerium möchte nunmehr künftig bei der Vergütungsstruktur die Vergütung in vergleichbaren Unternehmen der Wirtschaft prioritär

heranziehen. Die Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen am Markt halten wir allerdings für schwierig.

Unternehmen mit Landesbeteiligung dürfen nach § 6 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt nur dann gegründet oder gehalten werden, wenn ein Landesinteresse an der Aufgabenerfüllung vorliegt. Die Gesellschaften können gerade deshalb nicht nur renditeorientiert ausgerichtet sein. Insofern weisen sie im Vergleich zu anderen Unternehmen der Privatwirtschaft Besonderheiten auf, vor allem bei der Finanzierung. Zudem besteht in der Regel keine Konkurrenz zu anderen Marktteilnehmern.

Nehmen wir als Beispiele für solche Landesgesellschaften die Lena, die Lotto-Toto GmbH, die MDSE oder die IMG bzw. die Landgesellschaft. Aus dem überarbeiteten Handbuch geht hervor, dass das Finanzministerium die Vergütungsstruktur der Landesverwaltung bei der Gehaltsbemessung künftig nur nachrangig beachten möchte. Dieses Kriterium wird zumindest als letztes genannt. Gleiches soll für Prokuristinnen und Prokuristen gelten.