man sich manchmal schwer tut, wenn es um unangenehme Themen und um Wahrheiten geht, die wehtun. Deshalb habe ich Sie bewusst gefragt, ob Sie der Schule empfehlen würden, sich dem zu öffnen, wenn sich ein national anerkannter Mobbingexperte an die Schule wendet.
Es bringt uns nichts, wenn wir versuchen, alles unter den Teppich zu kehren, und im nächsten Jahr der Nächte aus dem Fenster springt. Von daher noch einmal die konkrete Frage: Wenn sich jemand anbietet, kostenlos intern zu beraten, würden Sie dann als Dienstvorgesetzter empfehlen, das Angebot anzunehmen, oder sollte man so tun, als ob man noch fünf Psychologen bestellen könnte und das allein hinbekommt? Allein kriegt man manches nicht hin. Deshalb noch einmal meine Nachfrage.
Ich schätze Sie als einen sehr hartnäckigen Kollegen. Ich sage es einmal so: Ich kenne diesen Experten nicht, ich kenne die Expertise nicht. Deswegen kann ich nicht von außen betrachtet sagen, dass er gut ist und deswegen an die Schule kommt.
Um es einmal zu überzeichnen: Es gab einmal eine Sendung mit dem Titel „Die Supernanny“. Sie fuhr auch immer in irgendwelche Schulen und gab kluge Ratschläge. Ob sie am Ende geholfen haben, weiß ich nicht.
Wenn es eine hilfreiche Sache ist, dann ist die Schule gut beraten, sich dem zu öffnen. Aber ich kenne den konkreten Fall einfach nicht.
Aber klar, unter den Teppich kehren wollen wir nichts. Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass solche Dinge möglichst nicht wieder vorkommen. Die Schulatmosphäre und das Schulklima müssen so gestaltet werden, dass man gern zur Schule geht, dass man sich dort wohl fühlt und dass man Konflikte auf eine gesittete Art und Weise austrägt, so wie wir es in diesem Hohen Hause tagtäglich leben.
Sehr geehrter Herr Minister Tullner, erst einmal herzlichen Dank dafür, dass Sie sich heute klar und in aller Öffentlichkeit hier im Parlament für die Einführung eines Azubi-Tickets ausgesprochen haben. Sie wissen, Sie haben bei diesem Thema
Minister Webel, der federführend für das Thema zuständig ist, ist jetzt leider nicht im Raum. Aber ich hoffe, er wird die Botschaft dann auch übermittelt bekommen. Ich würde Sie trotzdem fragen, wie Sie es schaffen werden, auch den Verkehrsminister davon zu überzeugen, dass die Einführung eines Azubi-Tickets eine gute Sache ist. Können Sie zusagen, dass wir es in dieser Legislaturperiode schaffen, den Einstieg in das AzubiTicket zu realisieren?
Herr Kollege Steppuhn, ich schätze Sie immer für Ihre Dynamik, den hohen Anspruch und die hohen Anforderungen, die sie der Regierung gegenüber artikulieren. Ich kann Ihnen nichts versprechen; das wäre unseriös.
Wir wissen, wir steigen mit dem Haushalt in diese Sache ein, indem wir die Schulwege in den Blick nehmen. Es ist auch nicht so, dass der Kollege Webel das nicht will. Denn er hat als Landesvorsitzender der CDU den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt und will ihn mit Sicherheit gern umsetzen.
Es gibt offenbar objektive Schwierigkeiten, die Verhandlungen konkret zu führen. Aber ich glaube, wenn wir ihm gemeinsam helfen und ihm das Signal geben, dass wir die finanziellen Mittel, die am Ende dafür notwendig sind, auch zur Verfügung stellen, dann kann man diesen Prozess zweifelsohne dynamisieren.
Ich bin gern bereit, gemeinsam daran zu arbeiten, weil ich davon überzeugt bin, das ist ein gutes Mittel, um die duale Berufsausbildung zu stärken. Das machen meine Kollegen von rechts und links sicherlich auch alle mit - also, ich meine die von den Regierungsbänken.
Herr Minister, Herr Raue hat sich noch gemeldet, weil er eine Frage hat. - Herr Raue, Sie haben das Wort.
Herr Tullner, was genau hat sich denn im Ausbildungsbetrieb nicht bewährt, sodass es jetzt notwendig ist, diese Mischklassen in Teilen aufzulösen, und um welche Ausbildungszweige geht es dabei?
Der limitierende Faktor bei diesen Klassen ist die Schülerzahl. Wissen Sie, am Ende sind wir dort so kleinteilig unterwegs, dass wir fast jede Klasse einzeln betrachten. Frau Dr. Pähle hat mir einmal einen Brief geschrieben, in dem es um die Floristenausbildung in Halle ging. Dort gab es nur noch vier oder fünf Schüler. Das kann man nicht mehr verantwortlich vorhalten. Plötzlich kam dann, wie es manchmal so ist, gefühlt eine Busladung von neuen Auszubildenden, wir waren bei 14 oder 15 Schülern und konnten die Klasse aufrechterhalten.
So gucken wir uns jedes Fachgebiet und jede Klasse an. Aber am Ende kommt es darauf an, dass wir genügend Schüler haben. Das ist der entscheidende Punkt.
Was die Frage betrifft, welche vier Fachrichtungen bei den Mischklassen wegfallen werden, erwischen Sie mich jetzt auf dem falschen Fuß. Wenn ich darf, würde ich Ihnen die Antwort nachreichen. Dann haben Sie die Information. Wir werden darüber in den Ausschüssen noch einmal diskutieren, wenn der Bericht auf der Tagesordnung steht. Das habe ich jetzt nicht parat.
Bevor wir in der Debatte fortfahren, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Martineum Halberstadt in unserem Hause begrüßen zu dürfen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Im Namen der AfD-Fraktion begrüße ich erst einmal die angestoßene Diskussion zum Thema Berufsschulnetzplanung, genauer zur neuen Berufsschulnetzstruktur.
Mit dem Antrag in der Drs. 7/1744 der Koalitionsfraktionen vom August des vorigen Jahres, dem auch die AfD-Fraktion zustimmte - das möchte ich hier betonen -, wurde ein klarer Auftrag an die Landesregierung zur Stärkung der Berufsschulen und des dualen Ausbildungssystems insgesamt gegeben.
Dort heißt es wörtlich - ich bitte, dies im Hinterkopf zu behalten -: „Das Image der beruflichen Bildung in Sachsen-Anhalt muss daher dringend verbessert werden.“
Die vom Ministerium für Bildung auf den Weg gebrachte neue Berufsschulnetzstruktur soll dabei sicherlich als ein Versuch der Umsetzung genau dieses Auftrages gewertet werden und hat so gesehen grundsätzlich erst einmal seine Berechtigung. Der hier gewählte Ansatz darf allerdings bezweifelt werden. Er steht heute und hier auch richtigerweise zur kritischen Debatte.
Der laut neuer Struktur vorgesehene Wegfall von sogenannten Mischklassen einhergehend mit der Bildung überregionaler Fachklassen stellt schon einen beachtlichen Bruch mit dem bisher üblichen und, wie ich meine, grundsätzlich auch über sehr lange Zeit bewährten System dar.
In solchen Fällen muss tatsächlich einmal genauer nachgefragt werden, welche positiven Veränderungen denn zu erwarten sind, die ein solch drastisches Umkrempeln rechtfertigen, und vor allem, welche Nachteile und negativen Langzeitfolgen sich dabei auftun könnten.
Schauen wir doch einmal auf die sogenannten Mischklassen. Dabei darf ich sogar aus eigener Erfahrung berichten. So wurden meine Lehrlinge, die den Beruf des Behälter- und Apparatebauers lernten, im ersten Schuljahr, dem sogenannten Grundjahr, mit Lehrlingen anderer, aber natürlich ähnlicher Ausbildungsberufe zusammen beschult, beispielsweise mit Metallbauern.
Dies wurde von den Lehrlingen als sehr interessant und motivierend wahrgenommen. Man begann, sich berufsübergreifend auszutauschen, und erkundete, was denn die Gemeinsamkeiten der ähnlichen Berufe sind und wo die fachspezifischen Unterschiede begannen - sehr eindrucksvoll für einen jungen Menschen am Beginn seines beruflichen Werdegangs.
Alles in allem war das ein als recht positiv empfundenes System. Als besonders angenehm wurde es tatsächlich empfunden, dass der Einstieg in die Berufsausbildung an einer Berufsschule nahe am Standort des Ausbildungsbetriebes und des eigenen Wohnorts erfolgen konnte. Erst ab dem zweiten Lehrjahr musste dann eine fachspezifische Berufsschule weit weg, in dem Falle sogar mit Internatsunterbringung, aufgesucht
In mindestens einem Fall weiß ich, dass der Lehrling die Ausbildung nicht begonnen hätte, wenn er von Beginn an so hätte starten müssen. Das gemeinsame erste Berufsschuljahr in der Mischklasse der nahegelegenen Berufsschule hatte ihn zum Einstieg und letztlich auch zur Fortsetzung der Lehre mit einem erfolgreichen Berufsabschluss bewogen.
Verehrte Abgeordnete! Natürlich ist das nun etwas einseitig aus meinen persönlichen Erfahrungen abgeleitet. Aber es ist eben auch Tat
sache und betrifft in gleicher oder ähnlicher Weise sicherlich viele weitere Lehrlinge und Auszubildende.
Selbstverständlich spreche ich hierbei nicht von einer völlig enthemmten, also missbräuchlichen Anwendung von Mischklassen, bei der es wohl sogar vorgekommen ist, dass Lehrlinge und Auszubildende wüst zusammengesteckt wurden und fast in einem Rotationsverfahren während ihrer ganzen Ausbildung die Schulen und die Klassen gewechselt haben. Das ist natürlich ganz klar abzulehnen.
Grundsätzlich aber haben sich das Mischklassenmodell und das gemeinsame Grundjahr bewährt. Aus diesem Grund kann ich die Warnung der IHK Halle-Dessau, dass der Wegfall der Mischklassen Schulwege von Beginn an verlängere und Ausbildungen gegebenenfalls unattraktiv mache, nur ganz dick unterstreichen. Besonders gefährdet sind vor allem Grenzregionen wie der Burgenlandkreis oder der Landkreis Mansfeld-Südharz.
Auch die Handwerkskammer befürchtet Ähnliches. So ist es nachzulesen im Beitrag der „MZ“ vom 1. Juni 2018.
Auch in benachbarten Bundesländern ist die Auflösung von Mischklassen übrigens ein kontroverses Thema. Zu befürchten sind nämlich langfristig sogar Berufsschulschließungen.
So wehrte sich eine Interessengemeinschaft in Falkenstein in Sachsen gegen die befürchtete Schließung der örtlichen Berufsschule, nachdem bereits die Berufsschulklasse für Restaurant- und Hotelfachkräfte mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres nach Schneeberg verlegt wurde und eine schrittweise Schließung der Ausbildungsstätte zu befürchten war. So ist es dem MDR-Bericht vom September 2017 zu entnehmen.
Alles in allem geht es also um eine neue Regelung, die viele Befürchtungen weckt, aber nur wenig Grund zur Annahme einer Verbesserung verbreitet. Daraus ergibt sich dann auch die Frage, ob eine Verbesserung real gar nicht vorliegt oder ob man diese nur zu wenig erkannt hat. Letzteres würde dann wiederum bedeuten, dass seitens der Politik, speziell der Landesregierung, noch viel mehr Aufklärungsarbeit zu leisten wäre, um unsere Bürger, die zuständigen Kammern und vor allem auch die ausbildenden Betriebe vielleicht doch noch zu überzeugen und mit ins Boots zu holen.
Bis jetzt präsentiert sich die neue Berufsschulnetzstruktur, die ja bereits in diesem Jahr umgesetzt werden soll, als stark übereilte, zu wenig vermittelte Neuerung, die erstmal - ich betone: erstmal - nur dazu geeignet ist, viel Porzellan zu zerschlagen, viel Misstrauen zu säen und somit das Image der nicht akademischen beruflichen Bildung in Sachsen-Anhalt zu verschlechtern.
Damit, sehr geehrte Abgeordnete, verehrter Minister Tullner, widerspricht diese Initiative des Bildungsministeriums in der so gewählten Art und Weise eklatant dem anfangs erwähnten Landtagsbeschluss zur Verbesserung des dualen Ausbildungssystems und wird daher in der zurzeit vorliegenden Fassung von der AfD-Fraktion nicht nur kritisch gesehen, sondern ganz klar abgelehnt.
Ich freue mich, dass der Punkt „Azubi-Ticket“ hier und heute auch angesprochen wurde. Ich muss sagen, diese Initiative, das Azubi-Ticket, ist längst überfällig. Das wäre im Verhältnis zu der genannten Initiative mal ein richtig großer Wurf, zumindest in den Maßstäben einer Kenia-Koalition. - Vielen Dank.