Protocol of the Session on May 5, 2017

(Zuruf von der CDU)

Ein Anteil von zu integrierenden Migrantenkindern unter 10 % in den Regelklassen ist auch nicht unrealistisch, wenn wir, wie von uns vorgeschlagen, all jene Kinder, die wir nicht integrieren müssen, weil sie entweder nur ein Gastrecht auf Zeit genießen oder gar kein Gastrecht genießen, in Sonderklassen auslagern. Die Regierung hat ver

sprochen, dafür zu sorgen, dass der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund in keiner Klasse über 25 % liegt. Das wären bei 24 Kindern sechs Ausländerkinder, genug um sich in einer eigenen Gruppe abzukapseln und damit zu viel dafür, dass Integration gelingen könnte.

Wenn wir solche Maßstäbe anlegen, dann sieht es in Magdeburg morgen so aus wie heute in Berlin. Tun wir alles, um das zu verhindern.

Die Geschichte der syrischen Flüchtlinge in Deutschland muss nicht in einem Desaster enden. Sie kann zu einer Erfolgsgeschichte werden, wenn wir von Anfang an und vor allem in der Schule die richtigen Weichen stellen.

Machen wir also den Flüchtlingen klar, dass sie Gäste sind, und verhalten wir uns so, dass sie uns respektieren. Wenn die syrischen Flüchtlinge dann in ein, zwei Jahren in das befriedete Syrien zurückkehren und sich dankbar an ihre Zeit in Deutschland erinnern, ist auf Jahrzehnte die Grundlage für gute Beziehungen zu Syrien gelegt.

(Beifall bei der AfD)

Setzen sich die Flüchtlinge aber als Einwanderer dauerhaft hier fest, nutzen sie unser Sozialsystem aus, ohne sich mit unserem Land zu identifizieren, werden die deutsch-syrischen Beziehungen genauso verdorben, wie die deutsch-türkischen Beziehungen verdorben sind.

Dass die Gastarbeiter aus der Türkei anders als geplant nicht zurückgekehrt sind, hat die traditionell guten deutsch-türkischen bzw. deutsch-osmanischen Beziehungen schwer belastet.

Wenn ein Gast nicht mehr gehen will und seinem Gastgeber zur Last fällt, verdirbt das auch die beste Freundschaft. Sorgen wir dafür, dass die deutsch-syrischen Beziehungen nicht verdorben werden. Sonderklassen für Flüchtlingskinder wären dafür ein wertvoller Beitrag.

Unser Antrag brächte eine Entlastung der Schulen, eine Entlastung der Schüler und er wäre ein wichtiges integrationspolitisches Signal. Dem sollte jeder, der den Anspruch hat, das Volk zu vertreten, zustimmen können.

Wer unseren Antrag ablehnt, der stimmt dafür, dass die Schulen mit den Folgen der Masseneinwanderung belastet werden. Der stimmt dafür, dass die Schüler belastet werden, und der animiert die Flüchtlinge, nicht mehr in ihre Heimat zurückzukehren.

Es ist Ihre Entscheidung, wie auch immer sie ausfällt. Ich bin mir sicher, der Wähler wird sie angemessen zu honorieren wissen.

(Beifall bei der AfD)

Herr Dr. Tillschneider, Herr Striegel hat eine Frage.

(Unruhe - Zuruf: Nein!)

Eine Zwischenintervention, keine Frage. Sie können sich auch gern schon setzen.

Herr Tillschneider, ich schäme mich als Mensch und als Parlamentarier ob Ihrer Äußerungen heute hier im Landtag. Ihre Vision einer Selektion an der Schultür ist menschenverachtend, nichts anderes.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Herr Dr. Tillschneider, möchten Sie antworten?

(Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Sie müs- sen nicht antworten!)

Aber ich kann. Ich darf. Oder? - Es gibt darauf eigentlich nichts zu sagen. Hier herrscht ein ganz großes Unverständnis. Herr Striegel, ich verstehe nicht, was an dem, was ich vorgetragen habe, menschenverachtend sein soll.

(Lachen bei und Zurufe von der LINKEN)

Es ist doch nicht Aufgabe des deutschen Staates, sich um die Qualifikation der Flüchtlingskinder zu sorgen. Es ist doch schon genug - -

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

- Nein, Blödsinn. Aus Ihrem Begriff von Menschenwürde folgt alles. Bei Ihnen ist man gegen die Menschenwürde, wenn man nicht dafür ist, dass jeder, der hierher kommt, genau die gleichen Ansprüche hat wie jeder Deutsche. Und das ist großer Quatsch.

(Beifall bei der AfD)

Für die Landesregierung spricht Minister Tullner. Herr Minister Tullner, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich halte jetzt einen Beitrag zum TOP 9: „Sonderklassen für Flüchtlingskinder einführen - Schulen entlasten“.

Kernaufgabe der schulischen Integration der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

ist das Erlernen der deutschen Sprache, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und von André Poggenburg, AfD)

Denn Sprache ist ein Schlüssel für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Sprachliches Können ist ein Schlüssel für die Teilhabe an Bildungsprozessen. Wichtig ist dabei der Umgang mit der Heterogenität der Schüler mit Migrationshintergrund. Oft sind es nämlich mehrere Ethnien, die an einer Schule versammelt sind. Es gibt unter ihnen Analphabeten und Abiturienten, Grundschüler und Behinderte, was allein schon gegen Sonderklassen spricht.

Zu ihrer sprachlichen Integration werden die Schüler ab ihrer Aufnahme in die Schulen mit Sprachförderangeboten unterstützt. Alle Schüler mit Migrationshintergrund werden durch die Bildung von Sprachfördergruppen oder durch den integrativen Unterricht in den allgemeinbildenden Schulen von Beginn an einer Regelklasse zugeordnet. Auch die Kinder, die in Sprachfördergruppen die deutsche Sprache erlernen, werden in Fächern wie Sport und Musik in einen Regelklassenverband aufgenommen.

Diese soziale Zugehörigkeit ist ein wichtiger Baustein der schulischen Integration und folgt dem Prinzip Dazugehören von Anfang an.

Das in Sachsen-Anhalt aufgebaute Organisationsmodell, das von Beginn der Schulpflicht an auf eine integrative Beschulung setzt, ist das bundesweit dominierende Organisationsmodell. Diese Umstellung wird auch in anderen Bundesländern, die zuvor gesonderte Klassen gebildet haben, zunehmend vorgenommen. Dies ergab eine Untersuchung des Sachverständigenrates Deutscher Stiftungen für Integration und Migration, die dem aktuellen Jahresgutachten 2017 zu entnehmen ist.

Dieser Sachverständigenrat, meine Damen und Herren - jetzt wird es interessant -, warnt in diesem Zusammenhang ganz ausdrücklich davor, zur Beschulung der Flüchtlinge eine spezielle Infrastruktur schaffen zu wollen. Darüber hinaus ermöglicht die „Deutsch als Fremdsprache“-Förderung, kurz auch „DaFF“ genannt, die möglichst frühzeitige Integration in deutschsprachigen Regelklassen, um die deutsche Sprache schnell erlernen zu können.

Kommen wir nun zu Ihrer Forderung nach einer Unterrichtung, die sich an den Lehrplänen der Herkunftsländer orientieren soll. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es in allen Herkunftsländern Lehrpläne gibt oder Lehrpläne vorliegen, auf die wir hier zurückgreifen könnten. Für den Fall, dass Lehrpläne existent sind, kommt

dann erschwerend hinzu, dass eine Übersetzung in die deutsche Sprache erfolgen müsste. Dies wäre eine notwendige Voraussetzung dafür, dass der Unterricht, wie gefordert, in Deutsch stattfinden kann.

Der damit entstehende Personal- und Finanzbedarf ist nicht zu leisten. Unsere Lehrkräfte stehen schon vor großen Herausforderungen. Es ist überhaupt nicht vertretbar, ihnen noch zusätzliche Aufgaben aufzubürden.

Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Worte zu der derzeit diskutierten Quote für Zuwanderer an Schulen. Der Bundesverband der Philologen möchte sich hierfür mit Nachdruck einsetzen.

In meinem Haus wird derzeit geprüft, ob man in dem Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes, der ja alsbald das Licht der Welt erblicken wird, eine Regelung nach sächsischem Vorbild aufnimmt. Ich kündige dies hiermit schon als Vorschlag an.

In Sachsen soll künftig zur Förderung der Integration die Schulaufsichtsbehörde nach Anhörung der Eltern im Benehmen mit den betroffenen Schulträgern und den Trägern der Schülerbeförderung den Ort der schulischen Integration für Schüler festlegen können, deren Herkunftssprache nicht oder nicht ausschließlich Deutsch ist.

Wir dürfen aber nicht so tun, als ob die Schulträger nach den derzeit geltenden schulrechtlichen Regelungen nicht schon die Aufnahme von Migranten an bestimmten Schulen steuern können. Beispielsweise hat die Landeshauptstadt Magdeburg für ihre Gemeinschaftsschulen keine Schuleinzugsbereiche festgelegt. Die Landeshauptstadt könnte also mittels ihrer Satzung selbst steuern, an welcher Gemeinschaftsschule welche und wie viele Flüchtlingskinder beschult werden sollen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Wie ich sehe, gibt es keine Fragen. Wir fahren in der Debatte fort. Es sind fünf Minuten Redezeit für jede Fraktion vorgesehen. Als Erste spricht für die SPD-Fraktion die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich bei dem Redebeitrag von Herrn Tillschneider gefragt, was in seinem Kopf vorgeht. Seine Angst vor einer systematischen

Überfremdung, die schon in den Schulen anfängt, ist ungefähr so real wie seine Angst in der U-Bahn in Sachsen-Anhalt, die es nicht gibt.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb kann ich mich an der Stelle nur den Ausführungen unseres Bildungsministers anschließen und darauf hinweisen, wie wichtig für uns sprachliche Bildung durch Sprachklassen, aber auch durch eine frühzeitige Integration von Migrationskindern in die ganz normalen Klassen ist.

Damit sind gute Erfahrungen gemacht worden. Ich habe Schulen in Sachsen-Anhalt erlebt, die sich mehr Sprachlehrer zur Unterstützung gewünscht hätten. Aber alle Schulen haben die Migrantenkinder als Bereicherung für den Schulalltag empfunden.