Protocol of the Session on October 27, 2016

Herr Siegmund, ich sage es sehr deutlich, wenn Sie Lohnnebenkosten, die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, also von den Versicherten, paritätisch aufgebracht werden, als Arbeitgeberkosten bezeichnen, dann liegen Sie grundfalsch. Lohnnebenkosten sind Kosten, die von beiden Seiten erwirtschaftet werden.

Man kann bis Bismarck zurückschauen, um zu sehen, wie sich unser Solidarsystem entwickelt hat. Deshalb sind wir für eine Parität. Deshalb sind wir als Sozialdemokraten für eine solidarische Bürgerversicherung. Ich denke, das wird gerade im Hinblick auf die Bundestagswahl häufiger ein Thema werden. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Wir werden im Ausschuss weiter darüber diskutieren. Der Antrag auf Überweisung ist gestellt worden.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Steppuhn. - Wir kommen jetzt zu der Debattenrednerin der Fraktion DIE LINKE Frau Zoschke. Sie haben das Wort. Bitte.

Danke schön. - Frau Präsidentin! Ich stelle im Gegensatz zum Januar fest, dass im Hause eine große Einigkeit über den Inhalt herrscht, und zwar angefangen von der Ministerin bis in die einzelnen Fraktionen hinein. Im Gegensatz zum Januar besteht auch ein wenig Hoffnung, weil der Antrag nicht abgelehnt wird, sondern an den Ausschuss überwiesen wird. Das heißt, wir bleiben weiter am Thema dran.

Herr Bönisch, mit dem Datum Januar und Oktober 2016 hätten wir den notwendigen Abstand vom abgelehnten Antrag. Dieser muss laut Kommunalverfassung sechs Monate - jetzt haben wir Oktober - betragen. Diesbezüglich sind wir auf der sicheren Seite.

Bei der Rede von Herrn Bönisch hatte ich ein kleines Déjà-vu, nämlich als das Wort „warten“ fiel. Dieses Wort ist in der vergangenen Legislaturperiode sehr oft gefallen. Allerdings hat er es relativiert, indem er gesagt hat, darüber wollen wir weiter im Ausschuss diskutieren.

Herr Bönisch, ich will Ihnen nur sagen, die Bundesregierungen, egal welcher Couleur, haben seit dem Jahr 2005 versucht, Gesetze zu schaffen, um das Finanzierungsproblem im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. Seit 2005 stellen wir fest, dass nicht eines dieser Gesetze an irgendeiner Stelle gravierende Verbesserungen gebracht hat, sondern es ging einmal hopp und einmal topp. Ich habe versucht, das zu erläutern. Bis heute gibt es nicht ein Gesetz, das tatsächlich die Lösung für alle gleichermaßen gebracht hat. Der Unterschied zwischen Herrn Markov und mir muss Ihnen doch deutlich sein.

Herr Farle, in Bezug auf die Aussage, dass der Blickwinkel zu verengt sei, möchte ich feststellen, dass das Problem nicht erst seit dem Jahr 2016 existiert, sondern wie gesagt seit dem Jahr 2005

und dass es überhaupt nichts mit Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zu tun hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Siegmund, Arbeitnehmer zahlen 8,4 % und Arbeitgeber 7,3 %. Rein mathematisch kann an dieser Stelle etwas nicht stimmen und paritätisch ist dies mitnichten.

Herr Steppuhn, wenn Sie die Pflegeversicherung als Teil der gesetzlichen Krankenversicherung auffassen, dann werden Sie feststellen, dass die Unterschiede im Hinblick auf die Anteile zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Pflegeversicherung noch gravierender sind.

Wir würden der Ausschussüberweisung zustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Zoschke. - Wir steigen nun in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 7/474 ein. Ich habe vernommen, dass eine Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration erfolgen soll. Darüber würde ich jetzt abstimmen lassen.

Wer der Überweisung des Antrages zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Vielen Dank. Ich sehe große Übereinstimmung. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Somit ist der Überweisung des Antrages einstimmig zugestimmt worden und der Tagesordnungspunkt 2 erledigt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur vorübergehenden personellen Verstärkung der Landespolizei (Wachpolizeidienstgesetz - WachPolG)

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/473

Einbringer ist der Minister Herr Stahlknecht. Sie haben das Wort. Bitte, Herr Minister.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Grundlage für eine vorübergehende personelle Verstärkung der Landespolizei geschaffen werden. Die Wachpolizei wird ausschließlich für die polizeiliche Verkehrsüberwachung sowie die Begleitung des Großraum- und Schwerlastverkehrs vorgesehen. Die Angehörigen der Wachpolizei sollen keine Befugnisse zur Anwendung unmittelbaren Zwangs erhalten. Auch

die im Gesetzentwurf vorgesehene Befugnis im Rahmen der Erforschung von Ordnungswidrigkeiten ist im Vergleich zu Polizeibeamten bewusst eingeschränkt.

Der Gesetzentwurf enthält eine ausdrückliche Befristung. Die personelle Verstärkung der Landespolizei mit Angehörigen einer Wachpolizei soll am 31. August 2019 enden. Die in diesem Jahr eingestellten 20 Hilfspolizeibeamten und -beamtinnen werden durch dieses Gesetz in die Wachpolizei übernommen.

Hinzukommen sollen im nächsten Jahr, verteilt auf zwei Einstellungstermine, jeweils 40 Bedienstete. Da alle durch den Gesetzentwurf betroffenen Bediensteten nur einen auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag erhalten haben bzw. erhalten werden, beginnt bereits Anfang 2018 der Personalabbau bei der Wachpolizei. Nur für einen überschaubaren Zeitraum von ca. einem halben Jahr wird die maximale Stärke von 100 Angehörigen erreicht werden.

Da den Angehörigen der Wachpolizei nach Ablauf der zweijährigen Dienstzeit die Möglichkeit geboten werden soll, die Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt zu absolvieren, lehnt sich der Gesetzentwurf an die hierfür geltenden Einstellungsvoraussetzungen an. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Angehörigen der Wachpolizei später die Polizeiausbildung erfolgreich durchlaufen können.

Eine Verkürzung der Ausbildung für eine Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes allein aufgrund der vorangegangenen Tätigkeit in der Wachpolizei muss in Ruhe gemeinsam beredet werden.

Die Tätigkeit in der Wachpolizei umfasst nur einen äußerst geringen Teil des Aufgabenspektrums eines ausgebildeten Polizisten. Deshalb muss darüber nachgedacht werden, an welchen Stellen die Laufbahn dann entsprechend, wenn auch nur marginal, verkürzt werden kann.

Da es in der Polizeipraxis zu Abgrenzungsproblemen führen kann, wenn eine Hilfspolizei und eine Wachpolizei nebeneinander existieren, sollen die zu Hilfspolizeibeamtinnen und -beamten bestellten Personen in die Wachpolizei überführt werden. Auch diesen Beschäftigten soll die Möglichkeit eingeräumt werden, sofern sie dies wünschen, in die Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst übernommen zu werden. Bezüglich dieses Personenkreises sieht der Gesetzentwurf bei den Zugangsvoraussetzungen weitere Ausnahmen

Zum Zeitpunkt der Einstellung in den Hilfspolizeidienst ist eine Übernahme in den Vorbereitungsdienst der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes nicht vorgesehen, sodass die Einstellung weder

von einer Mindestgröße noch von der in diesem Gesetz vorgesehenen Altersgrenze abhängig gemacht worden ist.

Während Ausnahmen insoweit vertretbar erschienen und erscheinen, kann in Bezug auf die Polizeidiensttauglichkeit aufgrund der besonderen körperlichen Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst eine solche grundsätzlich - im juristischen Sinne - nicht gewährt werden.

Da der reguläre Ausbildungsbeginn an der Fachhochschule Polizei jeweils der 1. März und der 1. September sind und die befristeten Arbeitsverträge der ehemaligen Hilfspolizeibeamtinnen und -beamten mit Ablauf des 30. April 2018 ablaufen, soll den betroffenen Personen zu Vermeidung einer Arbeitslosigkeit bereits ab dem 1. März 2018 die Übernahme in die Polizeiausbildung ermöglicht werden.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfes an die entsprechenden Ausschüsse, damit wir dieses Gesetz zügig und zeitnah nach der zweiten Lesung verabschieden können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in die vereinbarte Fünfminutendebatte einsteigen, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Studentinnen und Studenten des Fachbereiches Landwirtschaft der Hochschule Anhalt in Bernburg zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir steigen nunmehr in die Debatte ein. Die Debatte wird Herr Kohl von der AfD-Fraktion eröffnen. Sie haben das Wort, Herr Kohl.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, in meinen Redebeiträgen keine Problemarchäologie zu betreiben, weil die Herkunft der Probleme für eine sachgerechte Entscheidung unmaßgeblich ist. Das hätte ich auch heute beim Thema Wachpolizei nicht getan, aber ein Interview des Herrn Ministerpräsidenten Haseloff, welches er kürzlich dem MDR gab, kann ich nicht unkommentiert lassen. Darin sagte Herr Haseloff - ich zitiere -, bisher habe sie, die AfD, keine praktischen Lösungen präsentiert,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

aber die Regierung wolle Vertrauen zurückgewinnen, indem sie die Probleme anpacke, und das ist das Problem der inneren Sicherheit.

Ich frage Herrn Ministerpräsidenten Haseloff in Abwesenheit: Sieht so die viel beschworene sachliche Auseinandersetzung mit der AfD aus? Ich frage weiterhin: Wer hat in den letzten Jahren den Personalraubbau in der Landespolizei betrieben? Wer ist für das Personalproblem in der Landespolizei, für die teils mangelhafte Ausstattung der Landespolizei und für die maroden Dienstgebäude verantwortlich?

(Beifall bei der AfD)

Verantwortlich dafür ist nicht die AfD, sondern die vorherige Landesregierung, der Herr Haseloff als Ministerpräsident vorstand. Ohne die verfehlte Regierungspolitik und die daraus entstandenen Probleme für die innere Sicherheit würden wir uns heute nicht mit dem Wachpolizeidienstgesetz beschäftigen müssen.

(Beifall bei der AfD)

Damit komme ich zum Gesetzentwurf. Generell kann die Schaffung einer Wachpolizei zu einer Entlastung für die Beamten im Polizeivollzugsdienst führen. Es ist jedoch fraglich, ob das mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreicht werden kann; denn anders als es der Name vermuten lässt, soll die Wachpolizei keine Objektschutzaufgaben wahrnehmen, sondern hauptsächlich die Überwachung des Straßenverkehrs gewährleisten. Zugespitzt heißt das, Wachpolizisten bauen Geschwindigkeitsmessgeräte auf und ab und sind schmückendes Beiwerk bei Geschwindigkeitsmessungen.

Soweit es die Verkehrsüberwachung betrifft, ist aber in der allgemeinen Wahrnehmung keine Sicherheitslücke vorhanden; eher ist das Gegenteil der Fall: Etliche Kommunen in Sachsen-Anhalt haben den Autofahrer mittlerweile als Einnahmequelle entdeckt. In Magdeburg zum Beispiel ist Blitzen seit dem Jahr 2014 ein kostendeckendes Geschäft. Im Jahr 2015 hat die Stadt auf diesem Wege 786 000 € eingenommen. Es wurde bereits über die Anschaffung weiterer Blitzgeräte nachgedacht bzw. dies ist in Planung.

Vor diesem Hintergrund frage ich mich, warum die Wachpolizei ausgerechnet diese beim Bürger unpopulären Überwachungsmaßnahmen absichern soll, während Einbrecherbanden unbehelligt durch das Land ziehen.

(Beifall bei der AfD)