Protocol of the Session on October 27, 2016

(Beifall bei der AfD)

Der Bürger und insbesondere der Autofahrer stellt fest, die Landesregierung tut mit diesem Gesetz nichts für die innere Sicherheit, sondern sie tut etwas gegen mich.

Um die Polizei tatsächlich von Aufgaben zu entlasten, müssten der Aufgabenbereich und die Befugnisse der Wachpolizei unbedingt erweitert werden. So könnten Wachpolizisten bei polizei

lichen Objektschutzmaßnahmen oder bei der Verkehrsunfallaufnahme eingesetzt werden. Dann wäre es auch vertretbar und verständlich, dass die Wachpolizisten überhaupt eine Uniform tragen; denn - dabei teile ich die Einschätzung der GdP - im Zweifel wird der Bürger verwirrt sein, wenn er sich Hilfe suchend an einen Wachpolizisten wendet und ihn dieser an die richtige Polizei verweist. Der Bürger muss sich darauf verlassen können, dass in einer Polizeiuniform auch ein echter Polizist steckt und es sich nicht um eine Polizeiattrappe handelt.

(Beifall bei der AfD)

Zumindest muss, in welcher Form auch immer, sichergestellt werden, dass der Bürger auf den ersten Blick erkennt, ob es sich bei dem Uniformträger um einen vollwertigen Polizisten oder um eine Person mit verminderten Kompetenzen handelt. Auch muss klar sein - das sage ich vorsorglich, falls es diese abwegigen Überlegungen geben sollte -, dass die Zahl der eingestellten Wachpolizisten nicht auf die Einstellungszahl für den Polizeivollzugsdienst angerechnet werden darf.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wachpolizei mit dem im Gesetzentwurf beschriebenen eingeengten Aufgabenspektrum die Landespolizei nicht spürbar entlasten wird.

Das geplante Gesetz bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Wir wünschen uns entsprechenden Nachbesserungen, damit die Wachpolizei auch unmittelbar einen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten kann.

Die AfD wird sich in den entsprechenden Ausschüssen kritisch, aber vor allen Dingen konstruktiv einbringen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist etwas ganz Neues!)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Das ist für die SPD-Fraktion der Abg. Herr Erben. Bitte schön, Herr Erben.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Wachpolizeidienstgesetz setzt die Koalition eine Vereinbarung aus dem jüngst geschlossenen Koalitionsvertrag um. Wir als SPD unterstützen diesen Gesetzentwurf und finden uns darin mit einer ganzen Reihe unserer Positionen aus der letzten Wahlperiode weitgehend wieder. Ich will das kurz begründen.

Erstens. Die Wachpolizei schafft eine temporäre Entlastung der Polizei, bis die deutlich erhöhten Einstellungszahlen auch in der Polizei ankommen.

Wenn der Aufgabenbereich in diesem Fall Verkehrsüberwachung oder Verkehrsregelung heißt, dann heißt das nicht, dass es anschließend in diesem Land mehr Geschwindigkeitskontrollen gibt, sondern dass Polizeivollzugsbeamte, die diese Aufgabe heute wahrnehmen, teilweise freigesetzt werden und andere wichtige Aufgaben übernehmen können.

Zweitens. Das Wachpolizeidienstgesetz schafft die notwendige Rechtssicherheit für das Handeln der Bediensteten und von deren Vorgesetzten, indem nämlich klar ist, welche Aufgaben und Befugnisse die Wachpolizisten haben. Beides ist berechtigterweise sehr begrenzt, nämlich, was den Aufgabenbereich betrifft, die Schwerpunktsetzung auf die Überwachung und die Regelung des Straßenverkehrs. Das ist richtig. Das erhöht die Verkehrssicherheit und entlastet, wie gesagt, Polizeivollzugsbeamte an anderer Stelle. Auch ist es richtig, dass Wachpolizisten, die nicht vergleichbar einem Polizeivollzugsbediensteten ausgebildet sind, im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung keine Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwangs haben.

Was uns besonders wichtig ist, ist, dass Bedienstete, die jetzt als Wachpolizisten in den Landesdienst eintreten, eine klare berufliche Perspektive in der Polizei als Polizeivollzugsbeamte regelmäßig in dem haben, was wir ehemals als mittleren Polizeivollzugsdienst bezeichnet haben. Das ist uns ein besonderes Anliegen.

Es ist auch klar, dass die Wachpolizei nur ein Instrument für eine Übergangszeit ist und eben keine Dauereinrichtung wie zum Beispiel in Berlin oder Hessen sein wird. Es ist eben kein Einstieg in eine Billigpolizei. Der Polizistenberuf ist hoch anspruchsvoll und muss von voll ausgebildeten Profis ausgeübt werden.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich beantrage für die Koalition die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Erben. - Der nächste Debattenredner ist der Abg. Herr Höhn für die Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort, Herr Höhn.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es ein zentrales und rich

tungsweisendes Projekt der letzten beiden Landesregierungen, also in den letzten zehn Jahren gegeben hat, dann war es das Projekt des Personalabbaus. Es bleibt bis heute bemerkenswert, dass ein Projekt mit dem Titel „Abbau“ die Politik über zehn Jahre bestimmt hat.

Es gab über dieses Personalentwicklungskonzept, wie es vom damaligen Finanzminister und von der Landesregierung immer genannt worden ist, über viele Jahre kontroverse Diskussionen. Ich glaube, man kann rückblickend sagen, dass sehr bald über die unterschiedlichen Fachressorts hinweg - es betraf ja nicht nur das Thema Landespolizei - die Fachleute auch in einem großen Teil der Fraktionen sehr schnell der Meinung waren, dass dieses Personalentwicklungskonzept so nicht umsetzbar ist. Trotzdem ist es bis zuletzt bei diesen Zahlen geblieben.

Das Problem ist - deswegen muss man es am Anfang benennen -, dass wir jetzt die Folgen dieser zehnjährigen Politik miteinander auszubaden

haben. Das ist auch der Grund dafür, dass wir jetzt über solche Hilfskonstruktionen - nichts anderes ist es - überhaupt diskutieren müssen.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der AfD)

Insofern, Herr Kollege Erben, wenn Sie sich als SPD-Fraktion bestätigt sehen, dann will und muss ich Ihnen sagen, wenn wir im Jahr 2016 überhaupt über das Thema Wachpolizei und über eine vorübergehende Lösung reden müssen, um Lükken zu schließen und um den Bedarf halbwegs zu decken, dann haben Sie als SPD-Fraktion daran eine gehörige Aktie.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD)

Es ist aber auch deutlich geworden - auch darauf muss hingewiesen werden; das hat durchaus mit dem Begriff Hilfskonstruktion zu tun -, dass wir nicht umhinkommen und dass es höchste Zeit ist - ich gehe davon aus, dass wir, dass alle Fraktionen gemeinsam diese Frage spätestens zu den Haushaltsberatungen auf dem Tisch haben werden -, dass wir ein grundsätzliches Umsteuern in der Personalpolitik in diesem Land betreiben. Wir brauchen verlässliche und höhere Einstellungszahlen bei der Landespolizei und in anderen Bereichen auch. Die Haushaltsberatungen werden dies beweisen müssen. Erst dann wird bewiesen werden, Herr Erben, ob wir von einer dauerhaften Lösung wie in anderen Bundesländern sprechen, worauf Sie hingewiesen haben, oder eben nicht.

Was den vorgelegten Gesetzentwurf betrifft, will ich nicht verschweigen, dass er durchaus die Möglichkeit schaffen kann, in einem sehr begrenzten Maße - ich glaube aber auch, dass dem Minister sehr klar ist, dass wir hier über sehr begrenzte Dinge reden - Entlastung zu schaffen. In der

Summe reden wir über 100 Personen, die hierfür geplant sind.

Ich will darauf hinweisen, dass durch meine Fraktion im Januar 2016 - der Januar hat eben schon einmal eine Rolle gespielt; es war damals offensichtlich eine bewegte Sitzung - schon einmal ein Antrag eingebracht wurde, der auch ein Stück weit Reaktion auf die damalige Ankündigung der Landesregierung zum Thema Wachpolizei bzw. Hilfspolizistinnen und Hilfspolizisten war. Den Weg der Ministerverordnung haben wir damals sehr deutlich kritisiert.

Meine Fraktion hat damals schon vorgeschlagen, sehr kurzfristig 300 verbeamtete Polizistinnen und Polizisten - es ist mir wichtig, das zu betonen: verbeamtete Polizistinnen und Polizisten; denn wir reden bei dem Gesetzentwurf über Angestelltenverhältnisse - in der Besoldungsgruppe A 5 einzustellen und für einfache polizeiliche Aufgaben vorzusehen. Auch damals haben wir schon darüber gesprochen, diesen Polizistinnen und Polizisten danach, nach einer entsprechenden Qualifizierung, natürlich auch eine Perspektive für die Laufbahngruppe 1 zu geben.

Ich erwähne das deswegen, weil wir wiederum zehn Monate versäumt haben. Wir hätten damals schon einen deutlichen Schritt weiterkommen können. Das Haus hat den Antrag damals mit Mehrheit abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es besteht in der Tat Handlungsbedarf. Das ist unstrittig. Es geht um die Aufgabenerfüllung der Polizei und um ihre Präsenz in der Fläche und vor Ort. Es geht natürlich auch um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger und es geht auch und vor allem um die Arbeitsbedingungen und um die Arbeitsbelastung der Polizistinnen und Polizisten bei uns in Sachsen-Anhalt.

Wir brauchen qualifiziertes und vollumfänglich ausgebildetes Personal in unserer Landespolizei. Das wird die Zielstellung sein. Die Wachpolizei ist und bleibt eine Hilfskonstruktion.

Wir haben erhebliche Skepsis, was den Gesetzentwurf betrifft, werden der Überweisung allerdings zustimmen und uns im Ausschuss selbstverständlich an der Debatte beteiligen. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Bevor ich zum nächsten Debattenredner komme, begrüße ich recht herzlich Schülerinnen und Schüler der Schule für Lernbehinderte Dr. Neubauer aus Burg. Seien Sie willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Der nächste Debattenredner ist der Abg. Herr Striegel von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN. Sie haben das Wort, Herr Striegel.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, die Wachpolizei ist nicht die Antwort auf die Personalsorgen bei der Landespolizei. Diese Antwort geben wir als Koalitionspartner von CDU, SPD und GRÜNEN mit dem mehr als doppelt so großen Neueinstellungskorridor, den wir im Rahmen des Haushaltsplans für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 auf den Weg bringen werden. Im Jahr 2017 werden nämlich 700 Anwärterinnen und Anwärter ihre Ausbildung zu Polizistinnen und Polizisten beginnen. Das ist eine Verdopplung gegenüber den Zahlen im Jahr 2016 und eine Verdreifachung gegenüber den Zahlen, die wir in den Jahren zuvor hatten.

Die Zeit des Personalabbaus bei denjenigen, die Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürgern schaffen, hat damit ein Ende. Wir vollziehen damit auch eine deutliche Korrektur zur Vorgängerregierung.

Die Wachpolizei - das hat der Innenminister zutreffend gesagt - hilft uns, die Zeit zu überbrücken, bis der Personalzuwachs bei der Polizei wirksam werden kann. Als Koalitionspartner sieht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Wachpolizei deswegen eine vorübergehende Verstärkung der Landespolizei.

Dabei sind für mich und meine Fraktion zwei Punkte von besonderer Bedeutung:

Erstens. Der Wachpolizeidienst kann und darf nur ein zeitliches Notpflaster sein. Die betreffenden Personen genießen keine umfassende Ausbildung, ihre Befugnisse müssen deshalb beschränkt werden.

Zweitens. Wir müssen eine Perspektive für all diejenigen schaffen, die als Wachpolizist oder Wachpolizistin hier ihren Dienst antreten, wenn dieser Dienst einmal zu Ende geht. Daran haben wir auch ein ureigenes Interesse. Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir genau dafür die Voraussetzungen.