Protocol of the Session on February 28, 2014

Oft ist jetzt die Rede von jahrgangsübergreifendem Unterricht. Abgesehen davon, dass wir diese Möglichkeit schon seit Jahren an unseren Schulen haben und dass sie von Eltern und Lehrern sehr zurückhaltend angenommen wird, muss man sich klarmachen, was es praktisch heißt, wenn nur noch zwei Lehrkräfte an einer Kleinstschule arbeiten: nämlich dass eine Lehrkraft mindestens vier Fächer für bis zu vier unterschiedliche Jahrgänge in einem Lehrverband unterrichtet.

Das heißt, zeitgleich führt die Lehrkraft die Kinder in die Basiskompetenzen ein, vermittelt die Grundlagen für das Lesen und Schreiben und bereitet auf den Übergang in die weiterführende Schule vor. Da Englisch erst ab der 3. Klasse angeboten wird, kämen noch ganz andere Herausforderungen auf den Schulalltag zu. Selbst wenn man Lehrer mit Vier-Fach-Kombination fände, frage ich: Ist das wirklich gewollt?

Zweitens: zusätzliche schulische Angebote wie individuelle Förderung und Arbeitsgemeinschaften. Im Vergleich zu großen Schulen hätten sehr kleine Schulen kaum noch bis gar keine zusätzlichen inhaltlichen Angebote. Die individuelle Förderung, zum Beispiel das Lernen in Kleingruppen, kann nicht erfolgen und AGs können nicht vorgehalten werden. Im Ergebnis leidet darunter auch die Qualität. Hier ist zu fragen, ob diese möglichen Folgen der kritischen Betrachtung von Eltern im Ernstfall standhalten. Von erfolgreicher Inklusion wollen wir da gar nicht erst reden.

Zudem hat die zeitgemäße Schule nahezu täglich neue und auch wachsende Schwerpunkte im Alltag: Umgang mit Medien, Mediation, Schülerfirmen, außerschulische Lernorte, Schülerzei

tung usw. usf. Die Erwartungen der Eltern und der Öffentlichkeit sind hier berechtigterweise hoch. Dieser Entwicklung kann durch eine oder zwei Lehrkräfte nicht genügend Rechnung getragen werden.

Der dritte und letzte Punkt sind die Vertretungs- und Krankheitsregelungen für die Lehrkräfte. Man muss auch bedenken, dass der Ausfall einer Lehrkraft bei Kleinstschulen nicht ohne Weiteres zu kompensieren ist. Würde zum Beispiel eine von zwei Lehrkräften krankheitsbedingt - das heißt auch mal kurzfristig - für längere Zeit ausfallen, wären dann gesamte jahrgangsgemischte Gruppen ohne Lehrerin oder Lehrer. Wie ist das mit Fortbildungen? Können die dann noch möglich werden?

Das Argument eines Vertretungslehrers von einer anderen Schule kann man nur schwer gelten lassen; denn im Netz vieler Kleinstschulen fehlen dann schlicht die Reserven.

Ich halte auch ein System von „Reiselehrern“ für falsch, weil durch den permanenten Austausch von Lehrkräften die gerade in der Grundschule wichtige Beziehung zwischen Schülern und Lehrkraft kaum noch aufgebaut werden kann.

Man könnte noch viel hinzufügen, zum Beispiel die Frage, wie die Zeiten der verlässlich geöffneten Grundschule mit 5,5 Zeitstunden abgesichert werden sollen.

Schulische Mindestgrößen müssen daher zu jedem Zeitpunkt immer auch komplexe schulorganisatorische Abläufe gewährleisten. Vor diesem Hintergrund sage ich deutlich, dass unser Anspruch darin bestehen soll, in unserem Land langfristig ein Schulnetz zu erhalten, das allen Kindern den Zugang zu qualitativ hochwertigen und vernünftigen Bildungsangeboten ermöglicht.

(Zustimmung bei der SPD und von der Re- gierungsbank)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sprechen von einer Vielzahl von Gründen, die verdeutlichen, dass wir an den Richtwerten der Schulentwicklungsplanung festhalten und diese konsequent und fair, verlässlich, aber auch mit Augenmaß umsetzen werden. Im Vergleich zu anderen Flächenländern, gerade auch zu unseren ostdeutschen Nachbarn, haben wir nach wie vor prozentual die meisten Grundschulen. Daran ändert auch die neue Schulentwicklungsplanungsverordnung nichts. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, die ersten Reihe der Fraktion DIE LINKE wird Sie jetzt

fragen. Die zweite Reihe auch. Es beginnt der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert. Bitte schön, Herr Gallert.

Herr Kultusminister, Sie legten ja Wert darauf zu sagen, dass es bei dieser Debatte um Sachen und um Fakten geht. Da muss ich sagen, dass Sie einen Fakt richtig falsch dargestellt haben. Es gab zu dieser Schulentwicklungsplanung im entsprechenden Ausschuss keinen Beschluss. Das zu sagen ist einfach wichtig, weil Ihnen diese Legitimation fehlt.

(Frau Budde, SPD: Brauchen wir doch nicht! Es ist nicht die Aufgabe des Bildungsaus- schusses, das zu beschließen)

Ich kann mich jedenfalls daran erinnern, dass wir in mindestens zwei Sitzungen über die Schulentwicklungsplanung im Ausschuss diskutiert haben.

Diskutiert ist nicht beschlossen.

(Frau Budde, SPD: Das ist auch nicht die Aufgabe des Bildungsausschusses!)

Herr Minister, es geht weiter. Die nächste Frage stellt Frau Dr. Paschke.

(Mikrofon 3 funktioniert nicht)

Es geht gleich los. Irgendetwas stimmt da nicht. Kleinen Moment. - Es wird nicht besser. Ja, Schulentwicklungsplanung ist schwierig. - Jetzt Mikrofon 2.

(Heiterkeit)

So viel zum Thema Schulwege. - Jetzt bitte, Frau Dr. Paschke.

So viel zum Thema Schulentwicklung: Irrwege! - Ich habe eine Vorbemerkung und eine Frage. Herr Minister - Sie sind darauf eingegangen -, wir haben uns gestern darüber unterhalten, dass der Landrat in Stendal unter dem Punkt „Wichtige Informationen“ gesagt hat, dass die Schulentwicklungspläne, die bereits abgegeben worden seien, erst genehmigt würden, wenn alle ihre Schulentwicklungspläne abgegeben hätten. Daraufhin gab es Aufregung bei uns im Kreistag.

Ich frage Sie jetzt: Schließen Sie aus, dass Mitarbeiter des Landesschulamtes solche Informationen an Landkreise weitergeben?

(Herr Leimbach, CDU: Das kann er nicht!)

Bei über 200 Mitarbeitern im Landesschulamt wäre das eine gewagte Antwort. Ich kann nur das sagen, was ich eben schon einmal gesagt habe: Wir arbeiten bereits an den Bescheiden, obwohl nicht alle Schulentwicklungspläne vorliegen. Denn wir haben gehört, dass der Burgenlandkreis noch einmal zusammentreten und darüber beraten muss. Der Landkreis Südharz hat die Pläne nicht vollständig abgeben. Trotzdem werden wir jetzt Bescheide für die herausgeben, die ihre Unterlagen fristgemäß vorgelegt haben. Von daher wird auch Stendal - ich glaube, Stendal war es - im Monat März einen Bescheid bekommen.

Würden Sie mir zustimmen, dass es erforderlich ist, noch einmal eine Information in das Landesschulamt zu geben, damit es solche Aussagen gegenüber Entscheidungsträgern nicht gibt?

Ich kann Ihnen sagen, dass wir die Planung gemeinsam zwischen Ministerium und Landesschulamt - - Ich war selber bei dem Treffen dabei. Zwischen Direktor und Mitarbeitern im Landesschulamt haben wir das so verabredet. Von daher wundert mich das. Aber, wie gesagt, es sind alle, die damit zu tun haben, alle, die an den Bescheiden arbeiten, informiert. Von daher wundere ich mich, dass solche Informationen in die Öffentlichkeit getragen werden. Aber ich habe das, denke ich, heute klargestellt, und in den nächsten Tagen, wie gesagt, gehen die Bescheide dann auch in die Regionen.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Frau Tiedge, wenn Frau Dr. Klein Sie vorlässt, sind Sie jetzt dran. Eine Abgeordnete sollte jetzt das Wort ergreifen. - Frau Tiedge.

Herr Minister, stimmen Sie mit mir darin überein, dass all das, was Sie zu der Absicherung des Schulunterrichts und den damit im Zusammenhang stehenden Problemen geäußert haben, ganz einfach gelöst werden könnte, wenn mehr Lehrer eingestellt würden?

(Frau Budde, SPD: Quatsch! Das hat damit nichts zu tun!)

Was wir hier vorgetragen haben und was immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert wird, sind sozusagen Überlegungen im Sinne einer Minimalst

versorgung. Ich habe deutlich gemacht, dass das nicht der Weg ist, sondern dass wir für eine ordentliche Qualität, für ein ordentliches schulisches Angebot auch eine gewisse Mindestgröße brauchen.

Wenn Sie sich den neuen Bildungsfinanzbericht anschauen, der gestern veröffentlicht worden ist, dann sehen Sie, dass Sachsen-Anhalt bei den Kosten pro Schüler im Bundesvergleich nach wie vor nicht schlecht dasteht. Nur Thüringen ist weit enteilt und wir folgen relativ bald.

Deshalb ist es so, dass wir nach wie vor ein ordentliches Schüler-Lehrer-Verhältnis haben und uns das eine ganze Menge kosten lassen als kleines Land, das nach wie vor in Größenordnungen auch Mittel anderer Länder bekommt. Aus diesem Grund sollten wir uns bei dieser Diskussion eben auch Gedanken darüber machen, wie wir schulische Qualität und effektiven Ressourceneinsatz in Übereinstimmung bringen.

(Herr Höhn, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Jetzt kann Frau Dr. Klein ihre Frage stellen. Danach hat Herr Höhn das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Eine Vorbemerkung zu Ihrer letzten Bemerkung. Sie kennen doch das Sprichwort: Der Teich ist im Durchschnitt einen halben Meter tief, und die Kuh ist trotzdem ersoffen. - So viel dazu, was den Finanzbericht betrifft.

Meine Frage ist: Sie haben gesagt, dass die Verordnung mit Augenmaß durchgesetzt wird. Nun halte ich das schon für problematisch - eine Verordnung ist eine Verordnung. Betrifft das Augenmaß die Ausnahmegenehmigung für die Grundschule Wippra, die bei uns im Kreistag in der vergangenen Woche von meinem Kollegen Norbert Born, den ich sehr schätze, angekündigt worden ist? Wenn ja: Warum wurde das für Wippra, nicht für Sandersleben, für Stollberg oder für Siersleben vorgesehen?

Norbert Born als Mitglied des Ausschusses für Bildung und Kultur kennt natürlich die Geschichte der Verordnung gut. Deswegen wusste er, dass in dieser Verordnung steht, dass man, wenn die Wegebeziehungen zu groß werden, auch die in der Verordnung geltende Mindestschülerzahl unterschreiten kann.

Ich denke, wichtig ist, dass wir dazu erst eine vernünftige Planung des Landkreises haben. Dann kann der Landkreis auch einen Antrag stellen, dass wir diesen Fall besonders prüfen.

Nach all dem, was ich aus den Diskussionen und aus den Arbeitsständen kenne, ist Wippra ein Fall, von dem man sagen kann, hier gilt das, was in der Verordnung steht, nämlich dass die Mindestschülerzahl auch unterschritten werden kann. Das steht alles schon in der Verordnung. Aus diesem Grund ist das keine Ausnahme, sondern verordnungsgemäß.

(Unruhe bei der CDU)

Darf ich Nachfragen, Herr Präsident?

Ja, sicher.

Meines Erachtens kommt man in Wippra nicht auf 60 Schüler; die Schülerzahl liegt haarscharf darunter. Meines Erachtens steht auch keine konkrete Wegezahl in der Verordnung, das heißt, wie viele Kilometer es sein müssen, um ausgenommen zu werden.

Ich bin absolut für den Erhalt der Grundschule Wippra, zumal sie eine energetisch sanierte Schule ist und alles vorliegt; aber das betrifft andere auch. Wir haben zum Beispiel in Sandersleben und in der Stadt Arnstein das Problem, dass Bürgerinnen und Bürger, Eltern, Gemeinderäte beschlossen haben, auf Fördermittel zu verzichten, damit beide Standorte erhalten werden. So weit geht inzwischen auch schon die Solidarität miteinander.