Protocol of the Session on November 7, 2018

Man kann sich das an einer Hand abzählen, wo überhaupt noch Platz ist. Auch da sind sich im Moment fachlich alle einig.

Eine wichtige Information vielleicht auch noch: Es gibt keine Korrelation zwischen der weiteren Ausbreitung von Wolfsrudeln – seit 2002 haben wir jetzt diese Zahl von circa 20 erreicht – und den Schadensfällen bei Weidetierhaltern. Sie bewegen sich in dieser Bandbreite bis heute konstant, obwohl die Wölfe in den letzten Jahren immer mehr geworden sind, immer in dem Bereich mal unter 100 und mal über 200. Das hat etwas zu tun – da bin ich wieder bei Punkt 1, was wir eigentlich lösen müssen –, mit den Herdenschutzmaßnahmen. Wo nämlich ordentlicher Herdenschutz umgesetzt wird, ist er finanziell und personell aufwendig. Wo er aber vorhanden ist, funktioniert er auch.

Das ist der Moment, bei dem wir jetzt sind. Wir müssen den Weidetierhaltern helfen. Warum machen sie das nicht von allein? Das hat mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu tun, weil die Weidehaltung nicht mehr ein einträgliches Geschäft ist. Dort müssen wir ansetzen. Dabei ist die Muttertierprämie eine Hilfe. Dabei ist es auch hilfreich, wenn alles, was dort mit Bürokratie zu tun hat, möglichst einfach gelöst wird, wenn es Unterstützung gibt, und wenn wir den Weidetierhaltern helfen, was Flächennutzung, etwa im öffentlichen Auftrag auf Deichen und so etwas anbelangt, wenn wir Weiterverarbeitungsstrukturen stärken, bei denen Fleisch und Wolle besser vermarktet werden können. Da müssen wir ran. Dann lösen wir auch die Probleme für die Weidetierhalter.

Zum Hintergrund auch die Zahlen: Wir haben 2017 einen Stand von 170 000 Schafen hier in Sachsen, davon sind circa 16 000 geschlachtet worden, und das bei circa 200 gemeldeten vom Wolf gerissenen Tieren- Hinzu kommt, das wird oft vergessen: Die Weidetierhalter haben auch größere Probleme mit freilaufenden Hunden – da gibt es noch keine Entschädigung, deshalb gibt es auch keine richtigen Statistiken – und gerade auch bei Lämmern, die auf der Weide geboren werden, auch durch Rabenvögel. Es gibt also eine ganze Reihe von Gefährdungen. Es gibt Totgeburten und alles mögliche. Das ist alles das, was die Rissgutachter immer zu untersuchen haben.

(Zuruf von den fraktionslosen Abgeordneten)

Man darf auch nicht vergessen, wenn es um gefährliche wilde Tiere geht: Wir haben in Deutschland circa 200 000 Wildunfälle im Jahr mit 3 000 Verletzten, und im letzten Jahren waren auch zehn Tote dabei.

(Carsten Hütter, AfD, steht am Mikrofon.)

Wir haben auch ach Millionen Hunde in Deutschland. Es gibt regelmäßig Übergriffe. Das sind alles Dinge, da passiert etwas, das können wir auch nicht lösen. Aber: Es ist nicht der Wolf ein nennenswertes Zusatzproblem, außer bei den Weidetierhaltern.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Günther?

Ja, gern.

Herr Hütter, bitte schön.

Danke schön. – Mich würde interessieren: Wie hoch ist der Anteil der Risse durch Hunde? Sie haben es gerade erwähnt.

Richtig. Ich habe Ihnen auch schon die Antwort mitgegeben, dass es dazu keine Statistiken gibt, weil es sinnlos ist. Ein Weidetierhalter kann sich nämlich auf dem Zivilrechtsweg an den Hundehalter wenden. Da der kaum ermittelbar ist, hat es keinen Sinn, es irgendeiner Behörde zu melden.

Das heißt, der Anteil der Tiere, die durch Hunde gerissenen wurden, ist nicht belegbar?

Richtig.

Danke schön.

Aber wenn Sie sich mit Weidetierhaltern unterhalten, werden sie Ihnen mitteilen, dass für sie die Leute mit den Hunden teilweise ein sehr großes Problem sind, gerade im Umfeld von Großstädten.

Zum Vorschlag, erstens eine Wolfsverordnung zu erlassen – wir GRÜNEN haben selbst so einen Antrag eingebracht –, hatte ich gesagt: Es gibt Probleme, wie man das administrativ regelt und wie man die Voraussetzung erbringt für Abschüsse; das soll geregelt werden. Dafür sind wir, aber nicht mit dem Ziel, möglichst viel zu schießen, weil das nichts bringt, sondern im geregelten Einzelfall.

Bei der Frage der Konzentration beim LfULG ist es aus Sicht aller Beteiligten ganz wichtig, dass die Rissgutachten weiter getrennt bleiben von allem anderen, was administrativ abgearbeitet wird. Das muss sichergestellt werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Wild, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Den sachlichen Umgang mit dem Wolf und die Schaffung der Sächsischen Wolfsverordnung begrüßen wir, die fraktionslosen Abgeordneten der blauen Partei, grundsätzlich. Nach einer Petition mit über 18 000 Unterschriften und zahlreichen Vorfällen von Angriffen auf Weidetiere, über Hirschjagden durch Dörfer bis hin zu Sichtungen mitten in Dresdens Innenstadt ist es wichtig, jetzt zu handeln. Endlich werden die Forderungen, die Vorschläge des Sächsischen Landesrechnungshofes ernst zu nehmen, umgesetzt und die Zuständigkeit des Wolfsmonitorings beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie gebündelt. Wir haben diesen bisherigen Wirrwarr oft genug angemahnt. Es freut mich, dass Sie nun endlich die bisherige Intransparenz und Ineffizienz erkannt haben.

Darüber hinaus bleibt der Antrag jedoch völlig überflüssig. Es werden neue Regelungen zu altbekannten Problemen gefordert. Über die Lösung jedoch, wie sie aussehen soll, schweigen Sie sich bisher aus. Es ist keine Rede von der lange geforderten Beweislastumkehr bei Übergriffen durch den Wolf oder keine Rede von der Entschädigung in Höhe des Wiederbeschaffungswertes. Gleichzeitig fehlen wichtige Sachverhalte. Welche Gebiete halten Sie denn nun in Sachsen für die Ansiedlung von Wölfen für geeignet? Befürworten Sie die Wolfsansiedlung unmittelbar in Siedlungsnähe, so wie Welpen in der Dresdner Heide? Wie wollen Sie der Gewöhnung an den Menschen mit den einhergehenden Gefährdungen der Bürger entgegentreten? Dazu habe ich anschließend einen Änderungsantrag, den ich dann noch einbringen werde.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Nun Frau Dr. Petry. – Sie wollen nicht; gut. – Dann beginnen wir wieder mit der neuen Runde. Für die CDU-Fraktion Herr von Breitenbuch, bitte.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon 2012, Frau Grimm, haben wir den Wolf in das Jagdrecht hineingeschrieben, weil wir wussten, es gibt eine Entwicklung in diesem Lande. Wir wussten nicht, wie lange das dauert, aber wir wussten, dass diese auf uns zukommt. Insofern ist die Aussage schlichtweg falsch, dass wir uns mit diesem Thema überhaupt nicht beschäftigt hätten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich habe heute Morgen meinen Mitarbeitern gesagt, ich muss heute zum Wolf reden, und habe sie gefragt, was ich denn dazu sagen soll. Daraufhin haben sie gesagt: Wir sind für das Rotkäppchen. Damit ist meines Erachtens viel gesagt, wie die Dinge, die wir hier diskutieren, dort bewertet werden.

Wir haben die Gefahr, dass hier eine Elitendiskussion stattfindet, und wir haben alle Mühe und müssen uns auch beweisen, damit wir die Akzeptanz für dieses schwierige

Thema und auch vor Ort letztendlich erhalten. Das ist die Verantwortung, unter der auch die Debatte hier heute Abend steht.

Wir haben in dem Antrag, aber auch generell die Initiativen unseres Staatsministers Thomas Schmidt in Richtung Bundesrat, wobei wir ausdrücklich befürworten, dass dort letztendlich versucht wird, Entscheidungen herbeizuführen, dass Deutschland sich dafür einsetzt, eine Veränderung der Einordnung von Anhang 4 auf Anhang 5 zu erreichen. Wir danken für diese Initiativen sehr. Das ist aber das Berliner Parkett.

Was können wir in Sachsen machen? Natürlich ist das Bessere der Feind des Guten. Natürlich sind wir die ganze Zeit am Grübeln, was wir noch besser machen können und wie wir hier weiterkommen. Der Kern des jetzigen Antrages – und ich möchte es darauf noch einmal fokussieren – ist diese Strukturveränderung, die Dinge beim LfULG zu bündeln, beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, und letztendlich versucht, dieses Vertrauen und die Akzeptanz wiederherzustellen, die teilweise durch das Auftreten von verschiedenen Büros in der Lausitz gelitten hat.

Wir können es von außen nicht beurteilen, wie viel es da menschelt oder nicht; aber da ist Vertrauen verloren gegangen, und wir haben jetzt die Mühe und die Aufgabe, es wiederherzustellen. Deswegen ist auch die Bündelung beim LfULG, wobei man die Interessen der Weidetierhalter mit denen des Naturschutzes um den Wolf in dieser Behörde zusammenziehen muss, der meines Erachtens richtige neue Ansatz. Das müssen wir hier noch einmal betonen. Der Rechnungshof hat darauf mit hingewiesen; das ist richtig. Wir mussten aber auch hier ein einheitliches Verwaltungshandeln darstellen. Wir müssen letztendlich für Rechtssicherheit sorgen: Wer soll wann wie handeln? Entsprechend ist das jetzt ein wesentlicher Schritt nach vorne, den wir sehr begrüßen.

Es geht um Akzeptanz; das ist das Ziel dieser Initiative der Koalition. Wir hoffen, dass Sie dem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die SPD-Fraktion, bitte. Herr Winkler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will jetzt nicht auf die einzelnen Anträge eingehen, sondern nur Frau Kagelmann die Botschaft senden, dass wir der Opposition durchaus ihr Misstrauen gestatten; aber das löst die Probleme nicht und ändert nichts an der Situation. Deshalb werden wir natürlich unsere Wolfsverordnung auf den Weg bringen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf die einzelnen Änderungsanträge einzugehen. Sie sind ja schon angesprochen und eingebracht worden, auch von den GRÜNEN. Dem geänderten Punkt 1 kann ich durchaus folgen

und dies auch mit tragen. Unter anderen Umständen wäre dann auch eine Zustimmung von mir möglich. Das wird heute nicht passieren, weil der Punkt 2 dieses nationale Konzept nicht mitträgt und auch die gemeinsamen Bestrebungen nicht teilt, ein gemeinsames Wolfsmanagement und -monitoring mit Polen und national durchzuführen. Wir denken, dass eine länderübergreifende Wolfsbetrachtung notwendig ist, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Auch die Bündelung beim LfULG wird mehr als Prüfauftrag gesehen. Ich halte es für sehr wichtig, das dort zu bündeln. Kollege von Breitenbuch hat hier dargelegt, wie wichtig das ist. Der Wolf macht nicht an irgendeinem Ortsschild halt. In der Vergangenheit gab es da Überschneidungen und Probleme. Diese wollen wir ausräumen.

Zur Entnahme des Wolfes, wenn es denn wirklich in einem geregelten Einzelfall dazu kommt, soll noch einmal die Zustimmung des SMUL eingeholt werden; so fordert dies der grüne Antrag. Aber ich denke, das wollen wir gerade nicht. Wir wollen schnell handeln. Der Wolf wartet nicht auf uns, um dann entnommen zu werden. Hier definiert ja das SMUL im Vorfeld klar, wann ein Wolf entnommen wird. Deshalb bedarf es dann keiner gesonderten Zustimmung mehr.

Zum Antrag der AfD, der uns seit heute Mittag vorliegt: Wir werden den Schutzstatus des Wolfes nicht anfassen. Wir brauchen das LUPUS als wichtigen fachlichen Partner. Für uns gilt immer noch Mensch und Wolf. Was die Hybriduntersuchung betrifft, so geht dies über die Intention des Antrags hinaus. Hier geht es nicht um den Grad der Hybridisierung. Meines Erachtens ist es dann auch Sache dieser Wolfsverordnung, genau festzulegen, wie was festgestellt wird. Deshalb ist der Antrag abzulehnen.

Das gilt erst recht für den Antrag des Kollegen Wild, weil ich mir praktisch gar nicht vorstellen kann, wie man es machen will, die eine Gegend wolfsfrei zu haben, während in der anderen die Wolfsansiedlung gestattet werden soll. Das ist praktisch gar nicht umsetzbar. Deshalb ist dieser Antrag abzulehnen, auch deshalb, weil er ebenfalls gegen unsere anderen Vorstellungen verstößt.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das sieht nicht so aus. – Frau Dr. Petry jetzt doch?

(Dr. Frauke Petry, fraktionslos: Ja, selbstverständlich!)

Bitte.