Protocol of the Session on June 28, 2018

(Beifall bei den LINKEN)

Jetzt geht es weiter in der Rednerreihung, und jetzt spricht für die AfD-Fraktion Herr Kollege Beger.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines gleich vorweg: Um die Zielstellung der dem Antrag zugrunde liegenden Verordnung geht es nicht. Natürlich können wir darüber diskutieren, wie wir rechtliche Hindernisse und Hemmnisse im Rahmen grenzüberschreitender Sachverhalte auflösen. Darum geht es aber hier und heute nicht.

Entscheidend ist jetzt einzig die Frage, ob die Verordnung, auf die sich der Antrag bezieht, in zulässiger Weise die Souveränität der Mitgliedsstaaten beschneidet oder ob sie das in unzulässiger Weise tut. Stichwort: Subsidiarität. Genau daran knüpft zu Recht der vorliegende Antrag an.

Ich habe es heute Morgen schon im Ausschuss vorgetragen, und daran hat sich in den letzten Stunden nichts geändert. Ergänzend zu den Bedenken aus der Unterrichtung der Sächsischen Staatskanzlei zur Eingriffsqualität der Verordnung, die der vorliegende Antrag aufgreift, Stichworte Freiwilligkeit und bedingte Verpflichtung, und auf den berechtigten Zweifel an deren Verhältnismäßigkeit möchte ich an dieser Stelle ergänzend auf die Widersprüchlichkeit innerhalb des Regelungsmechanismus verweisen.

In der Begründung zur Verordnung ist im Unterpunkt „Subsidiarität“ ausgeführt, dass die Ziele der vorgeschlagenen Maßnahmen auf zentraler, regionaler oder lokaler Ebene der Mitgliedsstaaten nicht ausreichend erreicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf der Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Andererseits soll es den Mitgliedsstaaten auf nationaler bzw. lokaler Ebene weiterhin möglich sein, außerhalb des in der Verordnung vorgesehenen Mechanismus zu agieren, soweit eigene Mechanismen, die der Zielstellung der Verordnung entsprechen, vorhanden sind.

Meiner Ansicht nach – und auch dies habe ich bereits im Ausschuss ausgeführt – widerspricht hier die Behauptung der Notwendigkeit einer europarechtlichen Regelung jener Ausführung in der Verordnung, dass Mitgliedsstaaten auf eigene Mechanismen außerhalb des Verordnungsmechanismus zurückgreifen können. Wenn nämlich sinnvolle Regelungen auf nationaler und lokaler Ebene möglich sind, braucht es die vorliegende europarechtliche Lösung gerade nicht. Auch deshalb werden wir den vorgetragenen Subsidiaritätsbedenken zustimmen. Im Ergebnis stimmen wir dem Antrag daher zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Kollege Lippmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss noch einige kleinere Ausführungen zum Verfahren machen. Bei allem Verständnis, dass wir uns alle auf die Fleischtöpfe freuen, aber das ist ein Landtag und keine Kantine.

Deshalb noch einmal zwei Aspekte: Ich bin schon verwundert. Es gab heute Morgen eine einstimmige Entscheidung, diesen Antrag auf die Tagesordnung zu nehmen, bedingt durch ein etwas unglückliches Verfahren.

Aber es war einstimmig, dass wir ihn auf die Tagesordnung nehmen. Deshalb kann ich jetzt den grundsätzlichen Zweifel, dass wir das jetzt hier behandeln, nicht ganz verstehen.

(Horst Wehner, DIE LINKE: Nicht ganz einstimmig!)

Nein, es war nicht ganz einstimmig, entschuldigen Sie, Herr Vizepräsident, aber doch ein sehr mehrheitliches Votum.

Ich kann allerdings alle Bedenken verstehen. Warum der Antrag jetzt erst fünf Minuten vor der Angst ausgeteilt wird, erschließt sich mir persönlich nicht, wenn seit heute Morgen bekannt ist, dass das hier diskutiert wird.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Weil wir es gefordert haben!)

Auch da habe ich mehr Fragen als Antworten, die man vielleicht auch noch im Präsidium diskutieren muss. Insoweit teile ich das Anliegen der LINKEN:

Generell würde ich bitten, dass man zukünftig von Überwältigungen des Plenums durch solche Ad-hoc-Geschichten einfach mal Abstand nimmt. Es gehört zum Grundsatz eines Parlaments, dass man sich sachlich miteinander mit der Materie auseinandersetzen kann. Ich sehe das nicht gegeben, wenn heute Morgen ein Ausschuss quasi noch mit ins Plenum tagt, hier versucht, eine Beschlussempfehlung zu fertigen, wir das noch auf die Tagesordnung nehmen und jetzt hier so ein bisschen hoppladihopp uns das vortragen, was wir heute morgen im Ausschuss vortragen wollten oder eben auch nicht, und zwar in einer Situation, wo wir unter gewissem Zeitdruck stehen. Ich habe hier enormen Klärungsbedarf, den wir – glaube ich – in den Landtagsgremien wie Präsidium oder PGF-Runde nochmals diskutieren müssen, damit das nicht wieder vorkommt. Das ist – glaube ich – für alle kein Aushängeschild.

Zu den sachlichen Erwägungen, dass wir diesen Antrag nicht teilen und ausdrücklich dagegen stimmen, weil wir es für einen Weg für die Stärkung der Bedeutung der Regionen und auch für die Zusammenarbeit in Europa halten, gebe ich den Rest zu Protokoll.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lippmann.

Wir haben jetzt alle Fraktionen zu Wort kommen lassen. – Nein, Herr Kollege Wurlitzer will noch sprechen.

(Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der LINKEN und der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Man hätte auch einmal anrufen können! Wir machen das, aber Sie machen es nicht! – Glocke des Präsidenten)

Kollege Gebhardt, dämpfen Sie jetzt Ihre Emotionen. Wir sind immer noch in der Aussprache. – Bitte, Herr Kollege Wurlitzer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich mache eine ganze Menge Spaß mit. Ich habe heute früh auch der Änderung der Tagesordnung zugestimmt. Aber – und das sage ich in

aller Deutlichkeit – es ist eine Riesensauerei, was hier passiert.

Ihr habt heute früh im Europaausschuss zusammengesessen. Der Antrag ist von gestern. Er ist auch gestern ausgegeben worden. Heute 18:30 Uhr wird er hier auf die Tische gelegt. Dann soll das hier abgesprochen und beschlossen werden? Bei aller Liebe! So dringlich ist es dann doch nicht. Wenn es dringlich genug ist, hätten Sie den Antrag beizeiten herumgeben können. Haben Sie schon einmal etwas von WM-Gesetzgebung gehört? Das ist genau das.

Wir sind kurz davor, herauszugehen und ein Sommerfest zu machen. Aber Sie kommen hier hinten durch die Küche mit so einem Antrag.

Das ist unwürdig für dieses Parlament!

(Beifall bei der AfD und den fraktionslosen Abgeordneten)

Das war Herr Kollege Wurlitzer. Jetzt käme die Staatsregierung zu Wort; Herr Staatsminister Schenk.

Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es kurz machen. Damit wir in Zukunft nicht mehr diese Verfahrensfragen in dieser Ausführlichkeit erörtern müssen, setzen wir uns dafür ein, dass wir im Rahmen der Taskforce Subsidiarität aus der Achtwochenfrist eine Zwölfwochenfrist machen.

Kurz zum Inhalt. Gegen den Verordnungsentwurf hat die Staatsregierung erhebliche Bedenken angemeldet. Der Entwurf ist unserer Auffassung nach unverhältnismäßig und verletzt möglicherweise den Subsidiaritätsgrundsatz. Das ist insofern besonders bedauerlich, weil die eigentliche Zielstellung etwas ist, was wir sehr begrüßen. Sie geht sogar auf eine Initiative Sachsens zurück, in der Europaministerkonferenz an der Stelle einmal aktiv zu werden. Allerdings wird aus dem freiwilligen Mechanismus jetzt wahrscheinlich ein verpflichtender Mechanismus. Das macht die Sache kompliziert und unbefriedigend. Deshalb haben wir diese Bedenken angemeldet.

Worauf sie sich im Detail begründen und wie sie sich nachvollziehen lassen, gebe ich zu Protokoll.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Schenk. Das Schlusswort haben jetzt die Fraktionen CDU und SPD. – Auf das Schlusswort wird verzichtet.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/13843 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Vier Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Eine ganze Anzahl

von Stimmenthaltungen. Trotzdem ist damit die Drucksache 6/13843 beschlossen.

Jetzt sehe ich an Mikrofon 5 eine Wortmeldung. Bitte, Herr Kollege Dr. Meyer.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten meiner Fraktion nach § 94 Abs. 2 abgeben.

Wie wir hier alle gerade erleben konnten, war das keine Sternstunde des Parlaments. Wir haben heute früh aufgrund einer parallel stattfindenden Europaausschusssitzung nicht das Ergebnis gekannt und diesen Tagesordnungspunkt aufgrund der Eilbedürftigkeit auf die Tagesordnung gesetzt. Der Europaausschuss hat keinen Beschluss gefasst, den wir heute hier im Plenum hätten

behandeln können. Demzufolge haben wir diese Debatte hier geführt.

Es gibt Fragen, die wir im Präsidium klären müssen, beispielsweise, warum diese Beschlussvorlage sehr spät ausgereicht worden ist. Das ist ein unglückliches Verfahren. Auch mit Blick auf die volle Besuchertribüne haben wir hier keine Sternstunde fabriziert. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Wir werden das im Präsidium auswerten. Das soll so nicht mehr vorkommen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei der AfD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Meyer! Der Tagesordnungspunkt 15 ist beendet.

Erklärungen zu Protokoll

„Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht“ – so lässt sich am einfachsten der Vorschlag der Europäischen Kommission über einen Mechanismus zur Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse in einem grenzübergreifenden Kontext zusammenfassen. Grenzübergreifende Projekte sollten nicht an unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten scheitern. Ein grenzüberschreitender Rettungseinsatz sollte zum Beispiel nicht deswegen unmöglich sein, weil der Klang des Martinshorns in Polen und der Tschechischen Republik anders sein soll als in Sachsen. Insofern unterstützen wir ausdrücklich den Ansatz in dem Vorschlag, dass bei solchen Projekten vereinbart werden kann, dass nur das Recht eines Mitgliedsstaates anwendbar sein soll.

Aber: Der Vorschlag der Kommission macht aus der guten Idee ein bürokratisches Monstrum. Zwar wird noch in Artikel 4 des Vorschlags die Freiwilligkeit betont; wenn man sich aber die Bestimmungen zum Verfahren im Kapitel 2 des Vorschlags ansieht, dann weicht die Freude.

In Ihrer Stellungnahme nach Ziffer II.2 der Subsidiaritätsvereinbarung kommen die befragten Staatsministerien der Staatsregierung – SMI, SMUL, SMWA und SK – zu dem Ergebnis, dass der Vorschlag gegen den Subsidiaritätsgrundsatz verstoßen kann. Der Kritik der Staatsregierung hat sich im Übrigen auch der EU-Referent des Sächsischen Landtags in seiner Stellungnahme zu diesem Vorschlag angeschlossen. Dieser Kritik schließen wir uns mit unserem Antrag an, in dem wir unter anderem die Idee, einen Mechanismus einzuführen, der Hindernisse in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beseitigen soll, grundsätzlich begrüßen, aber auch darauf hinweisen, dass dadurch Landesrecht betroffen sein kann und das vorgeschlagene Verfahren dem Grundsatz der freiwilligen Anwendung des Mechanismus nicht genügt sowie Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Vorschlages und an der Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes bestehen.