Protocol of the Session on June 27, 2018

Herr Kretschmer warnt vor Vertrauensverlusten für die Union in der Bevölkerung. Wir sagen: Zu spät – das Vertrauen der Bevölkerung hat die CDU bereits verloren.

(Widerspruch von der CDU)

Nur mit Warten auf Europa wird sie es nicht zurückgewinnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Urban sprach für die AfD-Fraktion. Jetzt kommt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort. Herr Kollege Günther, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen einmal überlegen, vor welchem politischen Hintergrund wir eine solche Debatte führen. Wir haben weltweit eine Situation, in der sich die westliche Welt selbst zerlegt: Wir haben einen Trump, der die NATO für obsolet hält und der Handelskriege zwischen Europa und Amerika

anzettelt. Wir haben gerade den Brexit erlebt. Wir haben eine Situation, in der wir illiberale Demokratien innerhalb der EU haben. Da brauchen wir Deutschland eigentlich als Anker der Solidität für westliche Werte. Dafür steht auch Ihre Parteifreundin und Bundeskanzlerin dieses Landes, Frau Merkel, die Fahne unserer westlichen Werte hochzuhalten. Zu diesen gehört im Übrigen auch, dass man nicht Angst schürt vor Menschen als Gruppen, sondern dass man jeden Einzelnen als Individuum ernst nimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses Angstschüren vor Gruppen ist auch genau dieses Bild, man müsse Grenzen dichtmachen, weil über diese Menschen zu uns kommen. Man erweckt also Ängste vor Menschen, die zu uns kommen, die man noch gar nicht kennt und von denen man noch gar nicht weiß, was diese hier vorhaben. Das ist genau das Gegenteil von den Werten, auf denen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung fußt, die den Einzelnen ernst nimmt. Das ist genau das, wofür Merkel weltweit einsteht, und das ist die Situation, wo Sie nicht gut daran tun, ihr Knüppel in den Rücken und zwischen die Beine zu werfen. Hier fordere ich Sie auf, Verantwortung zu übernehmen und das zu unterlassen, weil das Deutschland international und bei der Verteidigung unserer Werte schwächt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächstes Jahr feiern wir 30 Jahre friedliche Revolution, der wir gedenken. Da erinnere ich mich, wie wir damals auf die Straße gegangen sind für offene Grenzen und für einen Rechtsstaat, der das Individuum ernst nimmt.

(Jörg Urban, AfD: Nur für innerdeutsche offene Grenzen!)

Ich erinnere mich auch daran, dass Ihr Rechtsvorgänger, die Block-CDU, damals auf der anderen Seite der Kampflinie stand. Ich habe mich damals auf einer Seite gefühlt mit der damaligen West-CDU. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass ich mich fast 30 Jahre danach wieder in einer solchen Frontlage wiederfinde. Es ist geradezu absurd, dass ich als Grüner hier Merkel und Werte der West-CDU verteidigen muss gegen Sie als Sachsen-CDU. Ich bitte Sie herzlich: Kommen Sie wieder in das normale westliche, bundesdeutsche Lager zurück!

(Beifall bei den GRÜNEN – Höhnisches Lachen des Abg. Jörg Urban, AfD)

Ich fordere Sie auf, Ihre Rolle als ständiger Wahlkämpfer einmal zu verlassen. Sie sind hier von diesem Hohen Haus als Ministerpräsident für dieses Land gewählt worden. Dabei geht es nicht darum, die ganze Zeit nur Wahlkampf für die CDU zu machen.

(Zuruf von der CDU: Um das Land geht es, Herr Kollege!)

Außerdem muss ich Ihnen sagen: Ihr Konzept geht noch nicht einmal auf, wenn man solch ein Pseudo-Thema aufmacht von den angeblich so zahlreichen Leuten, die

hier über die Grenze kommen. Ich erinnere mich noch an die Koalitionsverhandlungen, wo es hieß, dass es möglichst nicht mehr als 200 000 Leute pro Jahr werden sollten. Im Moment haben wir 68 000 Anträge auf Asyl; wir liegen also weit darunter. Das ist also alles voll erfüllt, und dennoch kommen Sie wieder mit einer neuen Debatte!

(Jörg Urban, AfD: 78 000 waren es!)

Vor einem halben Jahr hat noch niemand gewusst, dass das ein Problem wäre, da dieses auch schon bestens rechtlich geregelt ist. Dafür haben wir das DublinAbkommen – das ist Rechtsstaat, das muss man einfach nur abarbeiten. Indem Sie dieses Thema, welches in diesem Land eigentlich gar keines ist, immer wieder hochheben, bestärken Sie nur diejenigen, die eigentlich gar kein anderes Thema haben, als Angst vor Menschen zu schüren, die in dieses Land kommen und die überhaupt nicht vorhaben, uns irgendetwas anzutun.

(Carsten Hütter, AfD: Sie können doch nicht ernsthaft sagen, dass das kein Thema ist, Herr Günther!)

Ich muss Ihnen sagen: Kommen Sie in Ihre Rolle als Ministerpräsident, lösen Sie die Aufgaben, die wir haben! Da können Sie sich auch dem Heimatschutz widmen. Wo sind denn Ihre Programme für den Erhalt unserer Kulturlandschaft, etwa in Görlitz? Bei der Denkmalakademie ging es darum, dass man dort junge Menschen befähigen wollte, unsere Kulturlandschaft, unser baukulturelles Erbe zu erhalten, auch noch in Kooperation mit jungen Leuten aus Polen und Tschechien – alles kaputt. Da könnten Sie sich engagieren. Wo ist denn der Erhalt der Kulturlandschaft?

(Beifall bei der AfD)

Bäume, Baumschutzgesetz – das sind Themen, bei denen man etwas tun kann, wenn es einem um Heimat geht. Man kann aber auch sagen: Wir sind dafür, dass hier das Zusammenleben funktioniert. Dabei müsste man sich einmal um die jungen Menschen aus bildungsfernen Haushalten kümmern, die keine Chance haben, sich wirklich zu integrieren,

(Jörg Urban, AfD: Strompreise! – Die armen Leute!)

genauso wie die, die aus anderen Ländern hierhergekommen sind. Dann geht es darum, die Menschen zu unterstützen, die sich tatsächlich für Integration starkmachen. Dann würde ich mir auch wünschen, dass man einmal würdigende Worte von Ihnen für die Leute hört, die sich dafür einsetzen, und dass nicht immer nur Feuer in Richtung derjenigen gegeben wird, die Angst vor Menschen haben, die hierher kommen.

Wir haben nämlich genau umgekehrt das Problem, dass wir zu wenig Menschen hier haben, und wir haben uns als Sachsen ein Stigma erarbeitet, dass genau hier kein weltoffenes Land wäre,

(Jörg Urban, AfD: Das stimmt überhaupt nicht!)

wo man hinkommen könnte, wenn man kreativ ist, wenn man ein Unternehmen gründen will.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Diese Menschen vertreiben Sie. Wir fordern Sie auf: Stellen Sie sich auf die Seite derer, die wirklich für unsere westlichen Werte, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten!

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Da werden wir Sie auch als konstruktive Opposition, als GRÜNE, unterstützen.

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Aber wenn Sie das Gegenteil tun, werden wir genauso hart gegen Sie vorgehen wie damals gegen die Block-CDU.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Jörg Urban, AfD: Sachsen ist ein weltoffenes Land! Das ist Nestbeschmutzung, was Sie hier machen!)

Das war Herr Günther für die Fraktion GRÜNE. Wir sind am Ende der ersten Rederunde. Nein, Entschuldigung! Herr Kollege

Wurlitzer spricht jetzt noch. Herr Kollege Wurlitzer, Sie haben das Wort. Wir sind noch immer in der ersten Runde.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte führt zu nichts. Wir haben Gesetze. Die Gesetze sind völlig eindeutig, ob es die Dublin-III-Verordnung oder ob es das Asylgesetz ist. Wenn wir diese einhalten würden, hätten wir die Probleme nicht.

Es wäre schön, wenn die CDU irgendwann einmal feststellte, dass sie in den letzten drei Jahren einen Fehler gemacht hat. Von der SPD erwarte ich das gar nicht. Dann würden Sie auch dahinterkommen, dass bereits 2015 verschiedene Leute hier im Landtag gefordert haben, damals die AfD-Fraktion, dass die Grenzen kontrolliert werden, dass gegebenenfalls Leute an Grenzen zurückgewiesen werden – völlig normale Gesetzgebung, die Ihre Koalition, die schwarz-rote Koalition auf Bundesebene, gebrochen hat.

Jetzt stellt sich ein ehemaliger Ministerpräsident hin, reitet quasi über die politische Bühne und fordert nichts anderes als das, was schon im Gesetz steht. Und was machen wir hier? Wir hängen uns dort dran. Hören Sie auf zu debattieren, nehmen Sie die Gesetze, die da sind, setzen Sie die Gesetze um und tun Sie endlich etwas! Die Bürgerinnen und Bürger draußen fragen sich: Was haben

wir denn die letzten drei Jahre gemacht? Die Probleme, die wir jetzt haben, hatten wir vor drei Jahren auch schon. Sie sind nur jetzt erst bei Ihnen angekommen. Bei den Bürgern sind sie schon viel eher angekommen. Politiker brauchen immer eine Weile, ehe die Probleme bei ihnen ankommen. Aber jetzt sind sie da.

Hören Sie auf, so viel dummes Zeug zu reden, sondern halten Sie die Gesetze ein und werden Sie tätig!

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Das war Herr Kollege Wurlitzer. Jetzt sind wir wirklich am Ende der ersten Runde, und ich eröffne die nächste Runde, es sei denn, es gibt noch eine Kurzintervention. Herr Kollege, ist das eine Kurzintervention? – Wir hören jetzt eine Kurzintervention, die sich allerdings auf den vorhergehenden Redebeitrag beziehen muss. Bitte, Herr Kollege.

Herr Kollege Wurlitzer, ich möchte auf Ihren Beitrag eingehen, weil Sie sagen, die Bundesregierung breche Recht. Sie müssen sich darüber klar sein, dass wir eine Kombination aus deutschem Recht und europäischem Recht haben. Es entspricht unserer aktuellen Rechtslage in Deutschland, dass wir uns so verhalten, wie wir es tun.

(Uwe Wurlitzer, fraktionslos: Nee, das stimmt nicht!)

Doch, das stimmt, ganz eindeutig.