Protocol of the Session on June 27, 2018

Doch, das stimmt, ganz eindeutig.

(Uwe Wurlitzer, fraktionslos: Schauen wir mal!)

Wir haben eine Regelung im Asylgesetz, dass Asylsuchende unter bestimmten Voraussetzungen an der Grenze auch zurückgewiesen werden können, ja, aber das gilt natürlich im Rahmen des Dublin-Abkommens. Diejenigen, die an der Grenze sagen, dass sie Asyl wollen, müssen ein Verfahren durchlaufen, in dem geprüft wird, ob sie asylberechtigt sind. Das ist der Rahmen, bei dem wir sind. Wer etwas anderes behauptet, der hat unrecht, und wer etwas anderes tut, der bricht Recht.

(Beifall bei der SPD)

Das war eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Baumann-Hasske. Jetzt reagiert der angesprochene Kollege Wurlitzer.

Vielen Dank für die Kurzintervention, so kann ich noch etwas ausführen. Sie sprechen vom europäischen Recht. Das Dublin-IIIAbkommen sagt ganz klar und deutlich, dass der Asylbewerber dort das Asylverfahren zu führen hat, wo er das erste Mal europäischen Boden betritt. Da wir keine europäischen Außengrenzen haben, ist es schon problematisch, dass das „aus Versehen“ hier passiert.

Das Zweite Asylgesetz § 18 Abs. 2 sagt ganz klar: Wenn Asylbewerber aus einem sicheren Drittland kommen, sie

an der Grenze zurückgeschoben werden können, und wir sind umzingelt von sicheren Drittländern.

Deshalb sage ich Ihnen ehrlich: Sie sind an dieser Stelle auf dem Holzweg. Wenn Sie immer so schön das europäische Recht voranstellen, dann halten Sie sich mal an das europäische Recht, nicht immer nur dann, wenn es Ihnen gerade passt. Ich sage nur: Schuldenunion, herzlichen Glückwunsch!

(Zurufe von den LINKEN)

Aber an dieser Stelle ganz klar und deutlich: Sie brechen Recht, nicht die anderen.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Zurufe von den LINKEN)

Jetzt kommen wir zur zweiten Runde. Sie wird eröffnet von Kollegen Hartmann für die einbringende CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes möchte ich anmerken, dass es der Würde dieses Hohen Hauses schon angemessen wäre, zu respektieren, dass Horst Seehofer der amtierende Bundesinnenminister ist. Ansonsten können wir gerne eine Debatte über ehemalige Funktionen führen. Es entspricht nicht der Würde dieses Hauses, gering schätzend zu reden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle auch deutlich sagen: Sie können behaupten, was Sie wollen, dafür haben wir ja Demokratie. Aber ich halte es für nicht geboten und für unanständig, dem Ministerpräsidenten an dieser Stelle Eigeninteressen vorzuwerfen, sondern ich glaube, dass es hier um die Interessen unseres Landes, des Freistaates, geht, und es geht auch um Überzeugungen.

Das geht im Übrigen auch in Richtung von Herrn Günther. Ihr Beitrag hat mich schön daran erinnert, dass Sie 1990 plakatierten: „Alle reden über Deutschland, wir reden vom Wetter.“ Das können Sie gerne tun, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Verantwortung für unser Land hat auch etwas mit dem Thema Asyl zu tun, und es ist keine Pseudodiskussion, sondern ein reales Problem. Es geht nämlich um die Frage, unter welchen Rechtsnormativen und Regeln wir Menschen in Not helfen, ihnen eine Perspektive geben, und wer diesen Anspruch nicht hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie nicht bereit sind, das eine vom anderen zu trennen, dann führen Sie die unehrliche Diskussion. Es geht eben darum – und deswegen machen wir es uns nicht einfach – zu sagen, Menschen in Not wollen wir helfen. Wir können aber nicht jedem helfen. Deswegen haben wir Regeln, und an die müssen wir uns auch an dieser Stelle halten.

(Beifall bei der CDU)

Wer sich in diesem Land – ich komme noch einmal darauf – wie eine lose Hose benimmt, der verwirkt auch sein Recht. Das muss man doch auch einmal deutlich sagen. Wenn Sie zu Hause Besuch bekommen und der Ihnen die Bude zerlegt, sagen Sie dann: „Danke schön, komm nächste Woche wieder, bis dahin habe ich neues Mobiliar, dann kannst du es wieder kaputt machen“? Wenn das Ihre Philosophie ist, dann gehen Sie irre. So denkt in diesem Land die Mehrheit der Bevölkerung nicht.

(Beifall bei der CDU)

Auch einmal in Richtung der AfD: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen für ein Europa der Vaterländer, und wer den europäischen Geist hier zu konterkarieren versucht, der hat nichts, aber auch gar nichts aus der Geschichte gelernt.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Europa ein Kernbekenntnis. Aber Europa ist auch nichts Beliebiges – –

(Zurufe von den LINKEN)

Quatschen Sie doch nicht dazwischen, gehen Sie ans Mikro und stellen Sie eine Zwischenfrage!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Europa ist nichts Beliebiges.

(Uwe Wurlitzer, fraktionslos: Es ist doch hier kein Bierzelt!)

Es untersteht auch der Frage, dass nationale Interessen – deswegen reden wir vom Europa der Vaterländer – in Einklang mit dem europäischen Gedanken zu bringen sind.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird es eine europäische Grenzpolitik sein, für die wir uns einsetzen. Solange es diese nicht gibt, werden wir auch die Eigeninteressen unseres Landes zu wahren wissen. Da können Sie sich von links bis rechts aufregen. Wir stehen dabei in der Mitte dieser Gesellschaft mit einer Verantwortung für unser Land.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den LINKEN)

Zur Wahrheit gehört auch: Deutschland ist von sicheren Drittstaaten umgeben. Nach den Bestimmungen der geltenden Dublin-III-Verordnung ist damit auch jeder auf dem Landweg einreisende Asylbewerber zumindest mit der Fragestellung behaftet, wie er es bis hierher schaffen konnte, denn er hätte nach der Dublin-III-Verordnung eigentlich in dem Einreiseland den Asylantrag stellen müssen. Diesem europäischen Rechtsakt Geltung zu verleihen, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch durch Zurückweisung an der deutschen Binnengrenze, das halte ich aus politischer Sicht für eine sehr legitime Forderung.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Sehr geehrter Herr Präsident, gerne.

Bitte, Herr Kollege Wippel.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Kollege Hartmann! Es ist tatsächlich eine Zwischenfrage – Sie sprachen vom Europa der Vaterländer. Das kenne ich aus unserem Parteiprogramm, das fordern wir auch.

(Zuruf von der CDU: Das haben Sie abgeschrieben!)

Aber die Frage ist natürlich: Was verstehen Sie denn unter einem Europa der Vaterländer, und welche souveränen Rechte wollen Sie denn überhaupt noch den europäischen Nationalstaaten übrig lassen, wenn ich an Schuldenunion usw. denke, was Ihre Partei ja alles vorantreibt?

Jetzt konterkarieren Sie sich an der eigenen Fragestellung. Sie sagen, Sie haben in Ihrem Parteiprogramm das Europa der Vaterländer stehen, und dann hinterfragen Sie jede Frage von Souveränitätsrechten. Ich kann aber versuchen, Ihnen eine kurze Antwort zu geben, weil das sonst nämlich als Thema in einer eigenen Debatte bzw. einer parlamentarischen Befassung durchaus geeignet erscheint.

Europa der Vaterländer heißt nach unserem Verständnis, dass wir unter den nationalen Interessen gemeinschaftliche Interessen vertreten und eine gemeinsame Außen-, Wirtschafts- und Sicherheitspolitik im Interesse aller Mitgliedsstaaten betreiben. Deswegen stellt sich aus unserer Sicht die Frage nationaler Souveränitätsrechte an der Stelle in einer kollektiven Entscheidung einer Gemeinschaft unter Beibehaltung der eigenen Interessen als Kernbestandteil des europäischen Gedankens der Vaterländer dar.

(Beifall bei der CDU – Carsten Hütter, AfD: Das hat Ihre Kanzlerin aber ganz anders dargestellt!)

Herr Hütter, ich weiß, dass Sätze mit zwei Kommas Ihre Leistungsfähigkeit übersteigen. Ich sage es nachher noch einmal für Sie in kurzen Sätzen.

(Beifall bei der CDU)

Um an der Stelle fortzusetzen: Selbst der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages konnte in seiner Ausarbeitung „Zulässigkeit direkter Zurückweisung von Flüchtlingen an der europäischen Binnengrenze der Bundesrepublik Deutschland“ – nachzulesen WD 3-3000 – 259/15 – zu dem Ergebnis – um das in dieser Diskussion einmal klarzustellen –, dass die Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze mit geltendem Recht grundsätzlich vereinbar ist, auch wenn sich im Einzelfall – das ist zweifelsohne so, das ist nämlich der

Abwägungsprozess – ergeben kann, dass von einer Rückweisung abzusehen wäre.

Insofern halte ich die Zurückweisung von bereits registrierten und ausgewiesenen Flüchtlingen an der Grenze der Bundesrepublik Deutschland für legitim, schließlich geht es bei solchen Maßnahmen auch um den Schutz der eigenen Bevölkerung. Nicht jeder, der nach Europa kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren, tut dies in guter Absicht. Die Terrorgefahr ist seit Jahren sehr hoch. Die Kriminalität ist seit 2014 in Gesamtdeutschland spürbar gewachsen. Bei einer hohen Anzahl rechtstreuer Asylbewerber –

Die Redezeit!