Protocol of the Session on December 14, 2017

(Jörg Urban, AfD: Das habe ich auch gesagt!)

und dass es erst einmal völlig egal ist, woher er kommt und wohin er geht.

Das Zweite ist, Herr Urban: Wenn Sie den SachsenMonitor richtig lesen würden, dann wüssten Sie auch, dass die Sachsen zu über 90 % sagen – sofern man diese 1 006 Sachsen tatsächlich als repräsentativ ansehen kann –, dass sie selbst noch keinerlei Erfahrung mit „dem Anderen“ gemacht haben und erst recht noch keinerlei Erfahrung oder alltägliches Erleben mit Kriminalität durch Ausländer selbst erlebt haben. – Ich sage damit nicht, dass das nicht stattfinden würde, oder marginalisiere es. Fakt ist doch aber, dass das, was die Menschen heutzutage wahrnehmen, insbesondere durch soziale Medien stattfindet, durch Nachrichten, durch Zeitung – sofern Zeitungen noch gelesen werden –, aber insbesondere durch soziale Medien.

(Sebastian Fischer, CDU: Sehr richtig!)

Da sollten Sie sich, Herr Urban, mit Ihren Truppenteilen einmal fragen, was Sie an Verschwörungstheorien, an Herumgehetze im Netz – was dann durch Ihren eigenen Abgeordneten Herrn Hütter teilweise relativiert wird – betreiben. Sie sind die Hetzer, die diese Gesellschaft spalten – neben denen, die etwas gegen innere Sicherheit haben.

(Beifall bei der CDU – Jörg Urban, AfD: Die Kriminalität ist trotzdem real!)

Wir haben jetzt eine weitere Kurzintervention von Herrn Kollegen Stange; bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich kann Sie, Herr Schreiber, in Ihrer Argumentation an folgendem Punkt ausdrücklich nur unterstützen und will das hier einmal mit Zahlen untersetzen; weil das wichtig ist, um einzuordnen – dazu hat Ihnen jetzt die Zeit gefehlt –, dass seitens der AfD hier postfaktisch argumentiert wird – um einmal dieses Wort des Jahres zu nutzen.

Fakt ist nämlich, dass wir im Jahr 2012 83 Tötungsdelikte in Sachsen hatten und im Jahr 2016 98; sexuelle Nötigungen und Vergewaltigungen: 2012 113 und 2016 108; Raub: 2012 1 983 und im Jahr 2016 2 047 – leichte Schwankungen, wie immer –; gefährliche Körperverletzungen: 4 731, im letzten Jahr: 5 955 – ausweislich der PKS.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Merken Sie etwas, Herr Urban? – Jörg Urban, AfD: 600 % Anstieg!)

Also, entweder liest man die PKS, oder man lässt es bleiben.

Dann schauen Sie sich den Ausländeranteil an! Zuwanderer: Tötungsdelikte im Jahr 2015: 28, vollendet: 5; im Jahr 2016: 16, vollendet: 1.

Stellen Sie bitte alles in Relation! Dann wird die Welt klarer. Suchen Sie sich nicht ein Ereignis heraus, um es so aufzublasen, dass Sie am Ende selbst an das glauben, was Sie hier erzählen.

(Beifall bei den LINKEN)

Das bezog sich alles auf den Redebeitrag von Herrn Schreiber. – Er könnte jetzt am Mikrofon 5 reagieren, so er denn will.

Er will und wird. Herr Präsident, vielen Dank! – Herr Stange, Danke noch einmal für die Klarstellung! Ich will dazu nur eines sagen: Den Menschen auf der Straße – ich habe das mit meiner Mutter selbst erlebt – interessieren keine Statistiken. Der Mensch auf der Straße nimmt das wahr, was er selbst erlebt. Leider glaubt er heute sehr, sehr viel, was so erzählt wird. Deshalb ist es unsere Aufgabe – unser aller Aufgabe –, die Menschen mit diesen Äußerungen, Sorgen, Gefühlen ernst zu nehmen und nicht gleich in die rechte Ecke zu stellen, sondern, wie mein Kollege Fischer gesagt hat, zu versuchen, sehr, sehr viel über den Dialog zu klären. Es sollte aber nicht ein Dialog im Sinne eines Belehrens darüber sein, was alles in der Polizeilichen Kriminalstatistik steht, sondern es sollte eine Diskussion sein – mit Fakten; das ist ganz klar. Ich glaube, wir machen etwas falsch, wenn wir meinen, wir müssten den Menschen immer irgendetwas erklären, weil sie alle ein bisschen dumm seien. Wenn wir das weiter so machen, dann hat der da drüben

(Patrick Schreiber, CDU, bezieht sich auf Jörg Urban, AfD)

noch mehr Zulauf. Und das will ich nicht!

(Beifall bei der CDU)

Wir fahren in der Rednerreihe fort. Als Nächster spricht Kollege Homann für die SPD-Fraktion, die ja Einbringerin ist.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde die Debatte, wie sie bisher von rechter Seite geführt wird, mit folgender Bemerkung kommentieren wollen: Frau Muster, Sie haben Ihre Rede begonnen mit: „Entschuldigen Sie bitte, wenn ich hetze!“ Ich antworte Ihnen: Nein, das tun wir nicht!

(Zurufe von der AfD: Frau Kersten!)

Frau Kersten? – Entschuldigung!

(Carsten Hütter, AfD: So etwas passiert hier öfter!)

Ich wiederhole: Frau Kersten, Sie haben gesagt, Sie wollen, dass wir es entschuldigen, wenn Sie hetzen. – Meine Antwort ist: Nein, wir tun das nicht. Wir entschuldigen es nicht, wenn Leute hetzen; denn Hetzen ist keine politische Kultur und diesem Hohen Haus nicht angemessen.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Homann, aber Sie wissen schon, wie das gemeint war?

(Zurufe von den LINKEN: Oh ja!)

Wenn ich gesagt habe, dass ich hetzen muss, dann war das auf den Zeitfaktor bezogen, weil wir hier nur anderthalb Minuten Zeit haben, um in einer Debatte zu sprechen.

(Christian Piwarz, CDU: Frage!)

Das hatte nichts damit zu tun. Das ist unverschämt, was Sie hier machen!

Sie müssen jetzt eine Frage stellen.

Sorry, ja. – Wissen Sie, wie es gemeint war?

Sie haben es so gemeint, wie Sie es gesagt haben.

(Carsten Hütter, AfD: Man kann es so schön ausschlachten, nicht wahr? – Dr. Frauke Petry, fraktionslos: Antworten Sie doch einfach mit Ja oder Nein! Man kann sich auch entschuldigen!)

Ich glaube, Sie werden gerade Opfer Ihrer eigenen Methoden. Ihre eigene Vieldeutigkeit müssen Sie dann auch selbst mal im Griff haben.

(Dr. Frauke Petry, fraktionslos: „Ich habe einen Fehler gemacht“ – geht das?)

Ich wollte diesen Punkt sehr kurz machen und stattdessen noch einmal sagen, dass es das eigentliche Ziel des Sachsen-Monitors ist, die politische Debatte über die Einstellungen in Sachsen zu versachlichen, weil wir es über viele, viele Jahre erlebt haben, dass die einen gesagt haben: „Hey, bitte, passt auf! Es gibt hier ein Problem mit Rechtsextremismus!“, während die anderen gesagt haben: „Nein, das stimmt nicht!“

Deshalb bin ich an dieser Stelle auch der Staatskanzlei – Herr Dr. Jaeckel, ich will das durchaus als Kompliment formulieren – sehr dankbar, mit welcher Sorgfalt und wissenschaftlichen Akribie Sie diesen Sachsen-Monitor in Auftrag gegeben und ausgewertet haben; denn es ist dringend notwendig – auch das merken wir heute –, dass wir die Debatte über Einstellungen in Sachsen sehr sachlich führen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Damit sind wir bei der Frage, was die Konsequenzen aus diesem Sachsen-Monitor sind. Natürlich hat Frau Köditz recht, wenn sie sagt: Wir stehen in der Verantwortung, diesen Sachsen-Monitor zu nutzen, um unsere Demokratieförderung zu verbessern. – Das ist richtig. Frau Köditz, wir tun das auch im Beirat. Vielleicht entscheiden wir nicht alles so, wie Sie es machen würden.

Ich will aber eigentlich auf einen anderen Aspekt hinweisen. Der Sachsen-Monitor leistet wesentlich mehr, als nur die Demokratieförderung voranzubringen. Der Sachsen-Monitor 2016 ist eine Grundlage dafür, dass sich diese Staatsregierung dazu entschieden hat, ein Papier wie „W wie Werte“ in Auftrag zu geben, in dem es um politische Bildung in der Schule geht. Daran zeigt sich, dass dieser Sachsen-Monitor sehr, sehr sinnvoll ist – und dass er Konsequenzen hat.

Aber – jetzt komme ich zu einem weiteren Aber – nur die Demokratieförderung und die politische Bildung zu verbessern reicht auch mir nicht aus.

(Zuruf der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Frau Köditz, ab jetzt meine ich Sie nicht mehr.

Allein die politische Bildung und die Demokratieförderung zu verbessern reicht nicht aus. Denn: Es gibt Probleme in diesem Land. Es gibt Missstände in diesem Land. Wir dürfen nicht den Eindruck vermitteln, als wollten wir diese Missstände durch mehr politische Bildung überkleistern. Nein, dieser Sachsen-Monitor beauftragt uns sehr klar, die Probleme in diesem Land auch klar beim Namen zu nennen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich glaube, dass wir zu dem Thema Gerechtigkeit tatsächlich eine Debatte in Sachsen brauchen. Ich möchte zwei Punkte in diese Richtung nennen.

Das Erste ist:

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Soziale Ungerechtigkeit!)

Wir müssen in Sachsen noch einmal über die Stärkung der Sozialpartnerschaft sprechen. Es kann nicht sein, dass ein großer sächsischer Wirtschaftsverband sich jeder Debatte verweigert. Wenn wir wollen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren gerechten Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung in diesem Land bekommen – und nichts Geringeres darf unser Anspruch sein in diesem Landtag! –, dann ist die Stärkung der Sozialpartnerschaft, die sich unter anderem darin zeigt, dass in Unternehmen Tarifverträge ausgehandelt werden, ein ganz entscheidender Punkt.