Wir müssen in Sachsen noch einmal über die Stärkung der Sozialpartnerschaft sprechen. Es kann nicht sein, dass ein großer sächsischer Wirtschaftsverband sich jeder Debatte verweigert. Wenn wir wollen, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren gerechten Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung in diesem Land bekommen – und nichts Geringeres darf unser Anspruch sein in diesem Landtag! –, dann ist die Stärkung der Sozialpartnerschaft, die sich unter anderem darin zeigt, dass in Unternehmen Tarifverträge ausgehandelt werden, ein ganz entscheidender Punkt.
Das Zweite ist: Wenn wir Chancengleichheit stärken wollen, dann müssen wir insbesondere die Oberschulen und das System der Ausbildung in diesem Land stärken. Ich finde, auf diesem Weg hat diese Koalition einen ersten wichtigen Schritt gemacht. Wir stellen nämlich sicher, dass an den Oberschulen die Lehrer – alle Lehrer! – zukünftig genauso gut bezahlt werden wie die an den Gymnasien. Und wir stellen sicher, dass speziell die Oberschulen einen Rechtsanspruch auf einen Schulsozialarbeiter haben.
Auch damit senden wir ein klares Signal: Nicht nur die Menschen in diesem Land, die das Abitur machen und studieren, erhalten allergrößte Anerkennung und volle Unterstützung, sondern alle Menschen, auch diejenigen, die eine Ausbildung machen, haben unseren allerhöchsten Respekt verdient.
So schaffen wir das eigentliche Ziel, nämlich die Überwindung der sozialen Spaltung in dieser Gesellschaft.
Kollege Henning Homann sprach für die SPD-Fraktion. – Jetzt geht es weiter mit der Fraktion DIE LINKE. Erneut spricht Frau Köditz.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zurück zum SachsenMonitor: Mein Dank geht an Frau Meier für ihre Rede. Ich habe mich auch gefreut, dass zu jenem Zeitpunkt Herr Dr. Jaeckel im Saal war. Viele der Punkte, die Frau Meier aufgezählt hat, gehören in ein Gesamtkonzept, wenn wir hier in Sachsen etwas verändern wollen.
Damit bin ich wieder bei dem Problem, das wir in Sachsen haben: Wir haben die Ergebnisse des SachsenMonitors vorliegen und diskutieren über die Zahlen. Aber wie gehen wir wirklich mit dem Sachsen-Monitor um? Es
gibt eigentlich nur zwei Wege. Der erste Weg wäre: Wir halten fest, dass uns die Ergebnisse bedenklich stimmen. Falls es einen dritten Sachsen-Monitor geben sollte, werden wir in etwa einem Jahr zu demselben oder einem ähnlichen Ergebnis kommen. Ernsthafte Konsequenzen werden bis dahin nicht gezogen, sondern wir werden in der Zwischenzeit einmal mehr erleben, dass sogenannte Befunde im Zweifel einfach als „Sachsen-Bashing“ beschimpft werden.
Der zweite Weg ist, wir nehmen die Ergebnisse ernst. Das heißt, wir begreifen sie als einen Spiegel sozialer Verhältnisse, die wirklich ungerecht sind, und wir diskutieren offen darüber, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung, die Politik übrigens eingeschlossen, daraus mitunter ungerechte Schlüsse zieht; nämlich die Schuld bei den anderen, bei den Fremden, bei Minderheiten sucht.
Der erste Weg bedeutet, dass wir hier alljährlich ein ziemlich bedeutungsloses Empörungsritual durchführen. Dafür brauche ich allerdings keinen aufwendigen Sachsen-Monitor. Der zweite Weg dagegen bedeutet, dass wir die Ergebnisse als wichtige Problemanzeiger verstehen. Dafür müssen wir aber das Instrument schärfen und den Sachsen-Monitor verbessern. Herr Homann, ich bin da nicht ganz Ihrer Meinung. Verbessern heißt nämlich an dieser Stelle für uns, dass dieses Instrument nicht in die Hände der Staatskanzlei und nicht in die Hände eines kommerziellen Instituts gehört.
Wir brauchen an dieser Stelle sozialwissenschaftliche Arbeit. Es geht um die Entwicklung der Fragen bis hin zur Einordnung der Resultate. Zum Beispiel ist es doch schlicht Unfug, dass die Erhebung vor der Bundestagswahl stattfand und dass die soziale Lage nur auf Selbsteinschätzung beruht. Laut dieser Studie denkt nämlich fast jeder Sachse, er gehört zur Mittelschicht. Die Meinungsforscher – –
(Patrick Schreiber, CDU: Weil ihr euch arm fühlt, muss doch nicht jeder arm sein! – Weitere Zwischenrufe von CDU und SPD)
Also das ist doch jetzt nicht ernst gemeint, diese Zwischenrufe. Die Meinungsforschung kennt das Problem der sozialen Erwünschtheit. Befragte geben gern konforme Antworten. Man muss kritisch mit Fragen umgehen, über die die Befragten vorher noch nie reflektiert haben. Von dieser selbstkritischen Haltung ist im Ergebnisbericht des Sachsen-Monitors zu wenig zu lesen. Da sehen wir noch eine Menge Luft nach oben und wir würden uns wünschen, dass es einen Erfahrungsaustausch mit den Thüringerinnen und den Thüringern gibt, die eine jahrelange Erfahrung mit einem Monitor haben.
Noch in anderer Hinsicht gibt es viel zu lernen. Teile der Koalition sind nicht davor zurückgeschreckt, den Rechtspopulisten nachzuäffen. Man redet Gefährdungen herbei, um effektvoll auf den starken Staat zu setzen und dabei Grundrechte, wie zum Beispiel das Asylrecht, zu kassieren. Man redet von sogenanntem Patriotismus zu Leuten, die sich vom Fremdenhass sowieso nicht abgren
zen, und man führt eine zutiefst antiliberale Kampagne gegen die Ehe für alle. Im Anschluss sind – oh Wunder – autoritäre, nationalistische und homophobe Einstellungen viel populärer als vorher. Das sind die Geister, die gerufen wurden, gerufen von Teilen der CDU.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Schreiber, Sie hatten die NPD angesprochen. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass es die CDU war, die nach dem Krieg NSDAP-Mitglieder aufgenommen hat, und dass es die CDU in Sachsen war, die NPD-Mitglieder aufgenommen hat. Die AfD war das nicht.
Wenn Sie Angst haben, dass die AfD mehr Zulauf bekommt, dann müssen Sie diese Angst haben, weil Sie weiterhin die Probleme ignorieren, die Ihre Partei selbst angerichtet hat.
Der Sachsen-Monitor hat auch etwas sehr Positives zutage gefördert. Über 90 % der Menschen in Sachsen halten freie Wahlen, unabhängige Gerichte und eine gute Opposition für sehr wichtig. 77 % der Sachsen sind mit der Demokratie zufrieden. Der dimap-Geschäftsführer Reinhard Schlinkert sagt dazu: „Ich persönlich finde es interessant, dass die Menschen hier gesagt haben, welches große Vertrauen sie in die Demokratie haben, und dass auch die Frage des Funktionierens der Opposition deutlich zugenommen hat. Ein Grund liegt sicherlich darin, dass die Diskussion um die AfD gerade hier in Sachsen extrem stark war.“ Das sehen wir genauso. Mit der AfD gibt es endlich wieder eine echte Alternative zum Einheitsbrei der Altparteien. Es lohnt sich wieder zur Wahl zu gehen. Das wird auch in der gewachsenen Wahlbeteiligung deutlich.
Sicherlich trägt auch die gute Arbeit der AfD in den Parlamenten zu der Hoffnung bei, dass man positive Veränderungen in Deutschland auch auf dem Wege der parlamentarischen Demokratie herbeiführen kann.
Die positive Einstellung der Sachsen zu den demokratischen Institutionen führt allerdings auch zu fragwürdigen Reaktionen. Verschiedene Vertreter der Altparteien, wie Herr Kretschmer von der CDU oder Frau Falken von den
LINKEN, aber auch die Landeszentrale für politische Bildung fordern jetzt noch mehr politische Bildung.
Vor allem in den Schulen will man eher und intensiver damit beginnen. Da kann ich nur sagen, Hände weg von unseren Kindern. Wir mussten schon einmal erleben, wie eine Regierung versucht hat, in den Schulen ihr verschobenes Weltbild mittels politischer Bildung in die Köpfe unserer Kinder zu pressen. In der DDR nannte sich diese politische Bildung Staatsbürgerkunde.
Gegen dieses undemokratische Regime, das die Bürger mittels Lügenpresse und schulischer Indoktrination lenken wollte, begann hier in Sachsen die friedliche Revolution.
Die Sachsen brauchen keine Nachhilfe in Sachen Demokratie. Im Gegenteil – vom politischen Verstand und vom Demokratiewillen der Sachsen können viele Bundesbürger noch etwas lernen. Mut zu Deutschland!
Vielen Dank, Herr Präsident. Dass die AfD sich immer weiter radikalisiert, ist heute wieder ganz deutlich geworden. Herr Urban, von Ihnen brauchen wir keine Belehrung. Das sage ich Ihnen ganz deutlich. Sie sind die Gruppe, die am 3. Oktober 2016 vor der Frauenkirche gegen das freie und geeinte Vaterland demonstriert hat.
Das ist ekelhaft und abstoßend. Aber wir können alle noch lernen, deswegen möchte ich Ihnen noch einmal kurz den Beutelsbacher Konsens zu Gehör bringen. Der Beutelsbacher Konsens ist die gesetzliche Grundlage, dass eine Meinungsbeeinflussung der Schüler in der Schule nicht stattfindet, sondern dass jede politische Bildung parteipolitisch und von der Ansicht her neutral zu erfolgen hat. Das ist im Beutelsbacher Konsens festgelegt und wird in unseren sächsischen Schulen ganz streng gehandhabt.
Ich empfehle dringend, bevor Sie solche Halbwahrheiten aufstellen, in einer Unterrichtsstunde zu hospitieren. Da können Sie sehen, dass unsere sächsischen Lehrer diese rechtlichen Grundlagen sehr genau beherzigen.
Das war die Kurzintervention von Sebastian Fischer. Und jetzt reagiert Herr Kollege Urban darauf. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Fischer, ich möchte wieder einmal mit der Unwahrheit aufräumen, die Sie hier schon zum zweiten Mal verbreiten. Die AfD und auch andere Demonstranten in Dresden haben zum Tag der Deutschen Einheit nicht gegen die deutsche Einheit demonstriert, sie haben gegen Ihre CDUSpitze und gegen die Regierungsspitze, die hier in Dresden zu Besuch war, demonstriert. Das ist ihr Recht. Wir leben in einer Demokratie und das Demonstrationsrecht gehört zur Demokratie.
Noch etwas, Herr Fischer, weil Sie wieder darauf hinweisen, die AfD würde sich radikalisieren. Ich glaube, gerade Sie sind ein Abgeordneter, der damit etwas zurückhaltend sein sollte. Sie haben Facebook-Einträge von sich gegeben, die sich auf kriminelle Ausländer bezogen und die zu Ende gingen mit „Raus, raus, raus!“. Wer so auf Facebook hetzt, muss nicht mit dem Finger auf andere zeigen.
(Lachen und Beifall bei der AfD – Carsten Hütter, AfD: Genau zuhören, Herr Fischer. So sieht es nämlich aus!)