Protocol of the Session on December 14, 2017

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE)

Möchten Sie reagieren? – Keine Reaktion. Wir gehen weiter in der Rednerreihe. Für die SPD spricht jetzt Frau Simone Lang. Bitte, Frau Kollegin.

(André Barth, AfD: Das war

schon wieder eine Beleidigung! –

Ich kann es auch laut sagen! –

Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE –

Am besten am Mikrofon;

dann steht es auch im Protokoll! –

Selbstverständlich, können wir gern machen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als Palliativfachkraft habe ich einige Jahre Menschen am Lebensende begleitet und war gern an ihrer Seite. Wenn Menschen unsicher sind, haben Sie Fragen, freuen sich über psychische und physische Stützen. Viele Betroffene wünschen sich jemanden, der einfach da ist, zuhört und Orientierung gibt. Am Lebensende sind Hospizhelfer etwas Ähnliches wie Hebammen am Beginn des Lebens.

Die Hebammen sind große Stützen für werdende Mütter, Eltern von Neugeborenen und ihren Familien. Die Hebamme, die mich in jener Zeit begleitete, hat mir persönlich viele Fragen beantwortet. Sie half uns, Entscheidungen zu treffen, und gab mir eine Zuwendung in besonderen Situationen der Geburt unserer Kinder.

Am Anfang werden viele Faktoren für eine wohnortnahe Geburtshilfe angesprochen. Ich möchte mich aus Zeitgründen auf die Hebammen konzentrieren. Dass gerade die freiberuflichen Hebammen unter finanziellen Druck geraten sind, dürfte mittlerweile im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen sein. Die Kosten für beruflich notwendige Versicherungen sind derart explodiert, dass sich immer weniger Frauen diesen Beruf und oft auch ihre Berufung leisten können.

Oft höre ich die Meinung, dann sollen sie doch wieder ins Krankenhaus gehen. Aber Hebammen betreuen frisch gebackene Mütter nicht nur im Krankenhaus, sondern auch im Wochenbett. Sie sind in der ersten Zeit, wenn Eltern mit dem Neugeborenen zu Hause sind, eine starke Stütze für die Familien, vielleicht noch viel mehr für alleinerziehende Mütter oder für übervorsichtige Großeltern.

Wer am Anfang einer Selbstständigkeit schon von untragbar finanziellen Belastungen abgeschreckt wird, gibt meist schnell wieder auf. Das ist der Grund für das sogenannte Hebammensterben. Das jüngste Beispiel aus Bischofswerda ist bekannt geworden. Nein, es sind dort nicht die geringen Geburtenzahlen, welche den Standort in Bautzen zusammengeführt haben. Der wahre Grund ist, dass es an Fachkräften mangelt. Es fehlt ein Arzt oder eine Ärztin, aber es fehlen auch Hebammen.

Da stellt sich mir die Frage: Wie können dort, wo Fachpersonal fehlt, Geburten noch qualitätsgerecht durchgeführt und Mütter ausreichend betreut werden? Das bestehende Versicherungsproblem muss auf Bundesebene dringend gelöst werden. Die aktuellen Zwischenschritte und Übergangslösungen reichen hierfür keinesfalls aus. Aber wir hier im Sächsischen Landtag müssen uns Gedanken darüber machen, was wir tun können.

Wir haben darüber mehrfach gesprochen, fraktionsübergreifend und gemeinsam mit vielen Akteuren, insbesondere mit den Vertreterinnen des Hebammenverbandes. Einiges wurde in den vergangenen Monaten bereits erreicht. So haben wir im Rahmen der Haushaltsplanungen beschlossen, eine Hebammenstudie in Auftrag zu geben. Diese Arbeit wurde und wird vom Hebammenverband begleitet. Dabei konnten die Beteiligten von der Thüringer Studie lernen, zum Beispiel welche Fehler vermieden werden sollten.

Auf Initiative der GRÜNEN und durch Unterstützung der Koalition haben wir 165 000 Euro jährlich für ein Programm für Hebammen aufgelegt. Im Sozialausschuss ist dies mit Ideen unterlegt worden. Um das Programm auch mithilfe der richtigen Hintergründe aufzulegen, brauchen wir jedoch konkrete Daten aus dieser Studie. Diese soll voraussichtlich im zweiten Quartal des kommenden Jahres vorliegen. Damit bekommen wir zum ersten Mal eine belastbare Grundlage für unsere Planungen und Maßnahmen.

Aber Geld steht bereits in diesem Haushaltsjahr zur Verfügung. Deshalb wurden in Abstimmung mit den Vertreterinnen des Hebammenverbandes kurzfristig

umsetzbare Projekte beschlossen. Dazu gehört zum Beispiel eine Koordinierungsstelle, die beim Hebammenverband angesiedelt ist. Die Aufgaben dieser Institution sind folgende: Hebammen und weitere Partner zu vernetzen, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, um für mehr Berufsnachwuchs zu werben, für ein besseres Image zu sorgen und die Studie fachlich zu begleiten. Dazu wird die Begleitung beim Hebammenexternat gefördert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die ersten Schritte, weitere werden wir im kommenden Jahr auf der Basis der Studie angehen.

Im vorliegenden Antrag erkenne ich ein Anliegen, Menschen in einer besonderen Lebenslage nicht alleinzulassen. Der Freistaat muss Möglichkeiten zur Hilfe schaffen und für finanzielle Unterstützung sorgen. Allerdings kommt dieser Antrag etwas spät, denn gerade im Bereich Hebammen sind wir bereits gestartet. Hier steht Sachsen

deutschlandweit als Vorreiter da. Für die weiteren Schritte, denen im Antrag vorgegriffen wird, brauchen wir unbedingt zunächst die Ergebnisse dieser Studie. Darin sind wir uns mit den Vertreterinnen des Hebammenverbandes einig. Solange diese nicht vorliegen, lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Als letzter Redner in dieser Runde spricht jetzt zu uns für die GRÜNEN Herr Kollege Zschocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist alles gesagt, nur nicht von jedem. Ich versuche es kurz zu machen. Es ist natürlich richtig und notwendig, sich für den Erhalt von Geburtsstationen in Sachsen einzusetzen. Aber es kommt eben auch auf das Motiv für dieses Engagement an.

(André Barth, AfD: Es geht immer um Motive!)

Wenn wir uns für Geburtshilfe in Sachsen einsetzen, dann geht es uns um die Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen. Das ist bereits gesagt worden. Es geht insbesondere um die Arbeitsbedingungen von angestellten und freiberuflichen Hebammen. Es geht um Qualität in der Geburtshilfe,

(Zuruf der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE)

um Gesundheit für Mutter und Kind, um Familien- und Frauenrechte und um das Wunsch- und Wahlrecht des Geburtsortes. Jetzt werden Sie es aber ertragen müssen, dass ich mich gefragt habe, welche Motivation denn hinter Ihrem Antrag stehen könnte,

(André Barth, AfD: Was könnte denn das Motiv sein? – Karin Wilke, AfD: Jetzt sind wir aber gespannt!)

nachdem Sie eigentlich hätten feststellen müssen, dass es hier eine ganze Reihe parlamentarischer Initiativen gibt, die das alles schon fokussiert haben.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Franziska Schubert, GRÜNE)

Wir wissen es ja aus Ihrer Programmatik – und Ihre Abg. Beatrice von Storch bringt es auf den Punkt; das möchte ich einfach mal zitieren –: „Dass die Geburtenrate unter Migranten mit mehr als 1,8 Kindern deutlich höher liegt als unter deutschstämmigen Frauen, verstärkt den ethnisch-kulturellen Wandel der Bevölkerungsstruktur.“

(Zuruf der Abg. Karin Wilke, AfD)

Also kurz zusammengefasst: mehr deutsche Kinder statt Masseneinwanderung. Das schreiben Sie nicht in Ihrem Antrag, nein, aber das meint die AfD. Mehr Kinder von Deutschen als Bollwerk gegen Zuwanderer und dafür braucht es natürlich Geburten- und Babyprämien; die Förderung der normalen deutschen Familie – also normal,

Sie meinen natürlich nicht Patchworkfamilien oder Regenbogenfamilien oder Migrantenfamilien –, und dafür braucht es natürlich eine gute Geburtshilfe.

(André Barth, AfD: Was Sie alles in den Antrag hineininterpretieren!)

Ja, ich rede über die Motive.

Jetzt will ich zu Ihrem Antragstext sprechen. In Ihrem Antragstext werden alle möglichen Probleme, die es in der Geburtshilfe gibt, in einen Topf geworfen und kräftig verrührt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Zschocke, eine Frage: Möchten Sie lieber Masseneinwanderungen als deutsche Kinder? Also möchten Sie lieber – –

(Empörte Zurufe von der CDU und den LINKEN)

Sie haben ja das Thema aufgegriffen, obwohl es nicht im Antrag steht, aber ich möchte Sie fragen: Möchten Sie lieber mehr Masseneinwanderungen oder lieber mehr Kinder, die von Deutschstämmigen geboren werden?

Herr Wendt, ich möchte, dass wir hier uns angewöhnen über Menschen zu reden, weil Menschen, die nach Deutschland kommen, genauso viel wert sind

(Starker Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN, der SPD und der Staatsregierung)

wie Menschen, die hier in Deutschland geboren werden.

(André Wendt, AfD: Absolut, das sage ich auch!)

Zu Ihrem Antragstext. In diesem werden jetzt alle möglichen Probleme in einen Topf geworfen und kräftig verrührt. Die Forderungen sind zum Teil sehr unklar formuliert und auch unklar adressiert. Viele laufen schon deshalb ins Leere, weil sie auf der Landesebene gar nicht umsetzbar sind. Sie bieten keine funktionierenden Lösungen für das vielschichtige Problem an.