Schauen wir uns Ihren Antrag einmal an. Sie fordern die Staatsregierung auf, sich auf allen Ebenen einzusetzen. Das ist erst einmal nicht falsch. Sie haben einige Ebenen genannt, aber viel zu viele weggelassen, Herr Wendt. Die Erstellung einer tragfähigen Datengrundlage zur Tätigkeit der Hebammen ist nach Auskunft des Ministeriums in Arbeit. Herr Wehner erwähnte es bereits.
Sie sehen an diesem Antrag, Frau Ministerin: Wir brauchen dies dringend, denn in der Begründung beschreibt der Antragsteller einen Hebammenmangel und begründet dann – ich zitiere –: „Gab es 2001 noch 699 Hebammen, waren es 2015 schon 1 175.“ – Zu den Zahlen sage ich mal lieber nichts.
Die Antworten auf unsere Kleinen Anfragen, die Frau Schaper gestellt hat, haben Sie wahrscheinlich nicht gelesen. Sie wollen eine wohnortnahe geburtliche Versorgung, diese vernetzt und sektorenübergreifend. Wir als LINKE definieren wohnortnah bis 20 Kilometer.
Herr Wendt, von Ihnen habe ich nicht gehört, was „wohnortnah“ ist. Sie haben aber noch die Chance, dazu Stellung zu nehmen.
Das ist genau das, was jetzt im Klinikum Bautzen umgesetzt wird. In Bautzen entsteht ein Schwerpunkt für die Betreuung und die Versorgung rund um Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenenversorgung für die Region. Für Neu- und Frühgeborene stehen sofort Ärzte zur Verfügung; so auch bei Komplikationen rund um die Geburt.
Es sind übrigens keine 20 Kilometer zwischen Bischofswerda und Bautzen. Sie erwarten, dass Geburtshäuser dort entstehen, wo Krankenhäuser fehlen. Das ist nicht nur ausgewiesener Schwachsinn, Herr Wendt, sondern es ist Fakt, dass ein Geburtshaus nicht die weißen Flecken in einer Krankenhauslandschaft ersetzen kann.
Es wird immer ein Zusatzangebot für Frauen sein, die es wünschen. Sicherlich muss es das geben. Aber es kann kein Ausfallbürge für staatliche Verantwortung sein, geschweige denn für die medizinische Versorgung von Mutter und Kind. Die Frau muss sich frei entscheiden können. Wenn sie in einem Krankenhaus entbinden möchte, erwarten wir, dass sie wohnortnah und sektorenübergreifend betreut wird.
Die Realität sieht aber anders aus. Sie haben eine Schließung vergessen, Herr Wendt: die Schließung des Krankenhauses in Großenhain. Aus Erfahrungen im Landkreis Meißen muss ich Ihnen sagen, dass die Schwangeren entscheiden, wo sie ihr Kind zur Welt bringen.
Das ist genau dort, wo die Rundumbetreuung funktioniert. Die schwangeren Frauen in Großenhain haben ihre Kinder überwiegend in Meißen und in Dresden zur Welt gebracht. Ich habe das sehr bedauert. Es blieben noch 160 Geburten im Jahr übrig. Die Frauen suchen also die Qualität in der Versorgung.
Das heißt für die Krankenhausplanung, Frau Ministerin: Bei der Geburtshilfe immer mit Kinderärzten und mit Frauenärzten denken und planen. Damit sind wir beim lieben Geld, bei Abrechnungssystemen, bei Abrechnungspauschalen, bei Sicherstellungszuschlägen, bei Rückversicherungssystemen, bei Berufshaftpflichtversicherungen etc.
Sie dürfen ruhig Nein sagen, Herr Kupfer. – Das ist alles von der Bundesebene zu leisten und kratzt in Ihrem Antrag nur an der Oberfläche. Sie erwarten einen Sicherstellungszuschlag in Höhe von 300 Euro. Wofür, Herr Wendt?
Erst einmal erwarten Sie Geld von der Landesregierung. „Mal sehen, was dann weiter passiert?“, so steht es in Ihrem Antrag.
Diese Summe sollte dann grundsätzlich an freiberufliche Hebammen gezahlt werden und eventuell auch noch an Krankenhäuser – großes Fragezeichen. Das wäre dann noch zu definieren.
Wenn es kompliziert wird, dann überlassen Sie es wieder der Regierung. Na ja, Herr Wendt, mit Haushaltplanung haben Sie es ja eh nicht so.
Werte Abgeordnete! Sachsen hat endlich erkannt, dass es ohne eine gute Hebammenversorgung nicht geht. Der Sächsische Hebammenverband und das Ministerium sind im Gespräch. Eine Datenerhebung ist in Arbeit. Im Haushaltsplan 2017 stehen 175 000 Euro zur Verfügung. Das ist nicht viel, aber ein Anfang. Was mit dem Geld passiert, dürfen auch die Hebammen mit entscheiden. Das ist gut so.
Aber ehrlich gesagt: Mir dauert das alles viel zu lange. Bei der aktuellen Situation, wie es den Hebammen in den letzten Jahre gegangen ist, ist einfach mehr Tempo und mehr Engagement gefragt.
Herr Wendt, insgesamt ist Ihr Antrag sehr umfangreich, mit zahlreichen Wiederholungen und Widersprüchen, mit einem Durcheinander an ambulanter und stationärer Versorgung, mit einem Durcheinander an Bundes- und Landesebene.
Zusammenfassend möchte ich Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben: Die Finanzierung der Kliniken ist unzureichend. Zudem stehen sie in einem harten Wettbewerb zueinander. Eine Folge des ökonomischen Druckes ist ein enormer Personalnotstand, so auch in der Geburtshilfe. Laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages kümmert sich fast die Hälfte der Hebammen um drei Frauen gleichzeitig während einer Geburt. Das führt nicht nur zur Überlastung der Hebammen, sie arbeiten deshalb zu über 70 % in Teilzeit. Das alles steht nicht in Ihrem Antrag drin, aber das ist notwendig.
Unsere Position lautet: Die Versorgung mit Hebammenleistungen muss wohnortnah erfolgen. 20 Kilometer haben wir da ausgeschrieben. Die Geburten müssen regelhaft eins zu eins betreut werden. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass so die Interventionsrate sinkt. Statt kommerzieller Haftpflichtversicherung muss ein steuerfinanzierter und auf Bundesebene angesiedelter Haftpflichtfonds eingerichtet werden. Die Hebammen sind besser zu vergüten, und zwar ambulant wie stationär.
Die CDU auf Bundesebene möchte die Versorgung mit Geburtshilfe und Hebammenleistung auch im ländlichen Raum absichern, hat aber in den letzten vier Jahren nicht das Geringste dafür getan. Die AfD will eine Quersubventionierung bei Haftpflichtversicherungen. Auch das wird nicht helfen.
Ihr Antrag bringt uns also keinen Schritt weiter. Im Gegenteil: Er lässt sämtliche Planungen für weiteres Personal, welches man bei schwierigen Geburten nötig hat – wie Ärzte und Schwestern –, völlig außen vor. Das ist wieder einmal nur ein Scheingefecht in Ihrem täglichen Populismus.
(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE – André Wendt, AfD, steht am Mikrofon.)
Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Lauterbach, ich weiß nicht, ob Sie die letzten zwei Jahre, die Sie noch hier im Parlament sind, noch einmal so richtig einen obendrauf hauen wollen, aber das, was Sie geäußert haben, ist unter aller Kanone. Nicht nur, dass es beleidigend war, es zeugt auch davon, dass Sie – Entschuldigung, mit Verlaub gesagt – überhaupt gar keine Ahnung haben.
Noch etwas: Hätte ich noch mehr Antragspunkte aufgeführt, dann hätten Sie überhaupt gar nichts mehr verstanden. So konnten Sie wenigstens in Grundzügen unserem Antrag folgen.