(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir sind überrascht, dass die CDU jetzt der Vorkämpfer für die Gleichstellung ist!)
Wir haben auch darauf zu achten, dass Religionsfreiheit, die in der Verfassung verbrieft ist, für alle gleich angewandt wird. Ich lasse es nicht zu, dass mich jemand als Ungläubigen tituliert. Das ist etwas, was für mich eine Beschimpfung wäre und eine Beschimpfung von Menschen, die hier redlich leben und sich viele Jahre engagieren. Ich bin kein Ungläubiger, und ich lasse nicht zu, dass Gäste mich so titulieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitglied des Landtages zu sein, bedeutet auch, sich zu engagieren, Fehler zu machen, die jeder Mensch macht. Wir müssen sehen, dass wir nach dem Motto „Wir sind das Volk!“ auch darauf achten: Wir bleiben im Volk. Ich glaube, das ist ein Anspruch, den wir jeden Tag neu beschreiten und erarbeiten müssen. In dem Sinne, glaube ich, sollte der Parlamentarismus der Volksvertreter im Freistaat Sachsen eine gute Zukunft haben.
Kollege Schiemann hat für die CDU eine dritte Rederunde eröffnet. Gibt es weitere Fraktionen, die das Wort in dieser dritten Runde ergreifen wollen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage noch einmal die einbringende Fraktion: Möchten Sie eine vierte Rederunde eröffnen? – Das ist nicht der Fall. Dann hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister der Justiz, Sebastian Gemkow.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als sich der Sächsische Landtag vor 25 Jahren am 27. Oktober 1990 konstituiert hat, hatte der damalige Präsident des Landtages, Erich Iltgen, in seiner Antrittsrede festgestellt: „Der Ergebnisdruck und die Erwartungshaltung der Bevölkerung sind groß.“ Das war vor allem deshalb so, weil nach dem oft zitierten Wunder der Wiedervereinigung viele Menschen mit großen Hoffnungen in die neue Ära der Freiheit und Selbstbestimmung aufgebrochen sind.
Viele Erwartungen haben sich erfüllt, aber nicht alle. Die neu gewonnene Freiheit und Selbstbestimmung ging mit höherer Eigenverantwortung einher. Nicht jeder kam mit der Umstellung zurecht. Viele Menschen in den neuen Ländern verloren ihre Arbeitsplätze und mussten sich in der freien Wirtschaft neu orientieren. Den meisten gelang das gut. Andere taten sich damit schwer und fanden ihre Hoffnungen womöglich enttäuscht.
Trotzdem ist rückblickend auf die letzten 25 Jahre die Geschichte des Freistaates Sachsen eine Erfolgsgeschichte, deren Fundament maßgeblich hier in diesem Parlament entworfen wurde. Mit der Verabschiedung einer stabilen und verlässlichen Landesverfassung wurde der Rahmen der Rechtsordnung dieses Freistaates gesetzt. Auf dieser Grundlage wurden gute Bedingungen zum Beispiel für die Ansiedlung von Unternehmen geschaffen. Der Landeshaushalt wurde stets solide und mit Blick in die Zukunft aufgestellt. Die Schuldenbremse wurde faktisch schon übernommen, noch bevor sie in die Verfassung aufgenommen wurde.
Insgesamt können wir sagen: Beim Aufbau Ost wurde Großes geleistet. Zum Beispiel mussten rechtsstaatliche Strukturen, das Parlament, Verwaltung und Justiz quasi
aus dem Nichts heraus aufgebaut werden. Nicht viel besser sah es bei der Infrastruktur aus: Die Betriebe und Unternehmen waren kaum konkurrenzfähig, das Verkehrsnetz völlig veraltet, die Innenstädte weitgehend baufällig.
Inzwischen ist eine komplett neue Generation herangewachsen. Heute sieht unser Land völlig anders aus. Im Namen der Staatsregierung und insbesondere als Angehöriger einer Generation, die in besonderem Maße von diesem Aufbau profitiert hat, möchte ich mich bei all jenen herzlich bedanken, die zu diesem Aufbau ihren Beitrag geleistet haben.
Wir haben aber keine Zeit, uns auf dem Erreichten auszuruhen. Neue Herausforderungen liegen unmittelbar vor uns: Der Solidarpakt läuft zum Jahr 2019 aus, der Länderfinanzausgleich wird neu verhandelt, die EU-Mittel für Sachsen werden weiter zurückgehen. Auch wenn der Freistaat Sachsen im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern eine relativ geringe Verschuldungsquote aufweist und derzeit vergleichsweise gut dasteht, wird es doch erhebliche Anstrengungen kosten, die neue Situation ab dem Jahr 2020 zu bewältigen.
In diesen Tagen stellt sich mit dem andauernden Eintreffen von Flüchtlingen die vielleicht größte Herausforderung seit der Wiedervereinigung. Das ist eine Herausforderung, deren Ursachen sich nicht auf Landesebene beheben lassen. Hier ist ein gemeinsames Vorgehen des Bundes, der Länder, auf europäischer und auf internationaler Ebene erforderlich. Die Folgen der Flüchtlingsbewegung betreffen uns aber unmittelbar. Fragen der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge sind hier vor Ort zu lösen. Diejenigen, die ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, müssen integriert werden, und zwar auch in unser Werte- und Rechtssystem. Dabei wird die Vermittlung von Religions- und Meinungsfreiheit besonders wichtig sein. Diese Werte sind Stützen unserer freien Gesellschaft und zu keinem Zeitpunkt und für niemanden in diesem Land verhandelbar.
Den guten Willen bei der Mehrheit der Bevölkerung zu erhalten, wird mit zunehmender Zahl der Flüchtlinge nicht leichter werden. Auch deshalb wird sich die Staatsregierung auf Bundesebene für die erforderlichen Änderungen im Asyl- und Asylverfahrensrecht einerseits und für gesamteuropäische Lösungsansätze andererseits
Mit größter Sorge sehe ich die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, auf Helfer des Deutschen Roten Kreuzes, auf Helfer des Technischen Hilfswerkes und auf Polizeibeamte, die Unterkünfte schützen. Die Angreifer richten sich damit gegen sämtliche Werte des Grundgesetzes und der Sächsischen Verfassung, gegen Demokratie und Rechts
staat, aber vor allem gegen unsere Überzeugungen von Humanität und Menschlichkeit, die unsere Gesellschaft im Inneren zusammenhalten.
Das Gleiche gilt für diejenigen, die seit Monaten, vor allem in Leipzig, immer wieder staatliche Einrichtungen und Bedienstete attackieren. Das alles kann und wird nicht toleriert.
Wer Grundrechte missachtet, missachtet unseren freiheitlich demokratischen Staat. Wir alle sind aufgefordert, ihn zu erhalten und zu verteidigen. Dazu gehört, dass wir uns zum Grundgesetz und zur Sächsischen Verfassung als ein unverrückbares Gut unseres Zusammenseins bekennen.
Unsere Verfassung schützt uns zum Beispiel vor staatlicher Willkür, wir sind aber auch verpflichtet, die Verfassung zu schützen; denn dass wir sie haben, ist keine Selbstverständlichkeit. Sie ist ein Geschenk, das wir uns selbst bereitet haben und für das wir jeden Tag in der Verantwortung stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei alledem gilt eines: Wie wir uns heute verhalten, daran werden uns zukünftige Generationen messen. In zehn, 20, 30 Jahren wird vielleicht ein Redner an dieser Stelle an unsere Tage erinnern. Er wird unser Verhalten bewerten. Er wird sich fragen, ob wir zusammengehalten haben, und er wird analysieren, ob wir unseren Grundsätzen treu geblieben sind. Vielleicht wird er auch zu dem Schluss kommen, dass wir vieles, wenn auch nicht alles, richtig gemacht haben, dass wir mit Herz und mit Kopf die großen Fragen unserer Zeit gelöst haben – und das ohne Blauäugigkeit und ohne Kleinherzigkeit.
So unlösbar eine Aufgabe manchmal erscheinen mag, so unabsehbar die Folgen einer Entscheidung sein können, eines bleibt doch Wahrheit: Keine Herausforderung ist zu groß, wenn das Herz voller Mut und der Geist voller Wille ist.
Lassen wir uns von nichts und niemandem verunsichern, seien wir kritisch, aber bleiben wir konstruktiv, stellen wir Fragen, aber das, was uns trägt, nicht infrage. Packen wir dort an, wo wir gebraucht werden. Erweisen wir uns als gute Staatsbürger, wenn der Staat gefordert ist. Stehen wir zusammen als Sachsen und als Menschen.
Da ich jetzt keinen weiteren Redebedarf sehe, ist diese Aktuelle Debatte mit dem Beitrag von Herrn Staatsminister Gemkow abgeschlossen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn nur die Hälfte der Bürger zur Wahl geht und die Abonnenten der Tageszeitungen dramatisch abnehmen, so sind das alarmierende Zeichen für den Zustand unserer Demokratie. Ich werde zunächst die Glaubwürdigkeitskrise der Medien beschreiben.
Wahrheit ist Übereinstimmung von Wirklichkeit und Aussage. Wir alle verachten die Lüge und die Halbwahrheiten, vor allen Dingen das süße Gift der Halbwahrheiten bringt die Menschen auf die Palme.
dass Beiträge zum Ukraine-Konflikt „einseitig, lückenhaft und voreingenommen“ waren. Das ZDF musste zähneknirschend feststellen, dass „Deutschlands Beste“ gezielt Manipulationen ausgesetzt waren. Nach einer Studie des verstorbenen Professors Donsbach vertrauen nur noch 43 % der deutschen Bürgerinnen und Bürger unseren Medien. Immer mehr Menschen haben den Eindruck, dass an ihrem Leben vorbeigeschrieben werde.
Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen nennt als Ursachen für diesen Vertrauensverlust Medien- und Fälschungsaffären, die Boulevardisierung der Berichterstattung sowie den Negativismus der Nachrichten. Zum Handwerkszeug des Journalismus gehört eine saubere Trennung zwischen Information, Meinung und Kommentar. Manche Journalisten verstehen ihren Beruf leider zu wenig als distanzierter Beobachter. So mancher belehrt gern und möchte von seiner eigenen Meinung überzeugen. Vorrangig geht es dem Bürger jedoch um den schnellen Zugang zu wahren, klaren, vielfältigen und hochwertigen Informationen.
Ein Beispiel für Kampagnenjournalismus war die mediale Begleitung des Ermittlungsverfahrens gegen Christian Wulff. Wir alle wissen, dass er freigesprochen wurde. Fakten werden häufig durch Meinungen überdeckt. Ich nenne dazu als trauriges Beispiel medialer Hysterie den Todesfall des Asylbewerbers Khaled in Dresden. Die Polizei berichtete zunächst fälschlich, dass es keine Anhaltspunkte auf Fremdeinwirkung gebe,
um alsbald ein Tötungsdelikt zu vermelden. Sofort wurden rechte Täter vermutet. Der GRÜNEN-Politiker Volker
Beck stellte aus dem fernen Berlin Strafanzeige gegen die ermittelnden Polizisten. Die Medienhysterie flaute erst deutlich ab, als sich herausstellte, dass ein anderer Asylbewerber die Tötungshandlung begangen hatte.