Protocol of the Session on October 8, 2015

Beck stellte aus dem fernen Berlin Strafanzeige gegen die ermittelnden Polizisten. Die Medienhysterie flaute erst deutlich ab, als sich herausstellte, dass ein anderer Asylbewerber die Tötungshandlung begangen hatte.

Am 17. Januar 2015 zog ein Demonstrationszug mit 3 000 Teilnehmern durch Dresden. Dort sprach auch eine SPD-Ministerin zu den Demonstranten.

(Staatsministerin Petra Köpping: Das stimmt nicht!)

Nur 250 Personen waren bei der Beendigung. Selbst die „taz“ fragte sich in einem Artikel selbstkritisch, ob es um Trauer und Solidarität oder um die Instrumentalisierung eines Ermordeten für eigene politische Zwecke ging.

(Zuruf der Abg. Annekatrin Klepsch, DIE LINKE)

In der zweiten Runde werde ich über die Politik sprechen.

(Beifall bei der AfD – Lachen bei der SPD)

Damit ist die erste Runde eröffnet. Nach Frau Dr. Muster spricht jetzt für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Fiedler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo erfahren die Sachsen, was heute hier debattiert und entschieden wird, welche unterschiedlichen Auffassungen wir haben, welche Themen auf der Tagesordnung stehen? – In den Medien!

Die Demokratie setzt auf die Entscheidung und die Meinung seiner Bürgerinnen und Bürger. Damit sie diese treffen können, brauchen sie Informationen, und diese beziehen sie überwiegend aus den Medien. Erst kürzlich ist eine Studie vorgelegt worden, in der untersucht wurde, woraus die Deutschen ihre Nachrichten über Politik beziehen. Ergebnis war: Das passiert hauptsächlich aus dem Fernsehen, vorwiegend dem öffentlich-rechtlichen, es folgen Zeitungen, Zeitschriften, danach das Radio und das Internet.

Natürlich müssen die Nachrichten die Realitäten abbilden und unterschiedlichen Sichtweisen Raum geben und Ereignisse gewichten. Aber Nachrichten werden von Menschen gemacht, und diese können auch Fehler machen, so wie in anderen Bereichen auch. Das ist ärgerlich, aber kein Grund, das gesamte System grundsätzlich infrage zu stellen. Es lässt uns mit Sicherheit nicht unberührt, dass das Vertrauen in die Medien in der letzten Zeit schwindet. Aber die Medien haben auch selbst längst für sich erkannt, dass dies ein Thema ist, und es zum Anlass genommen, über ihre Glaubwürdigkeit und die eigene Rolle zu diskutieren.

So schrieb vor Kurzem der Intendant des ZDF, Thomas Bellut, in der „FAZ“ – ich zitiere –: „Die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung ist für alle Medien ein wichtiges Thema, für einen öffentlich-rechtlichen, von allen finanzierten Sender ist es die Existenzgrundlage.“ – Weiter heißt es: „Wir müssen Fehler, deren völlige Vermeidung unmöglich ist, zugeben und korrigieren.“

Vertrauen und Transparenz sind die Grundlage für Glaubwürdigkeit. Das gilt für die Medien genauso wie für die Politik. Nicht zuletzt sind aufgrund der digitalen Anforderungen sowohl die Anforderungen an die Medien als auch an uns Politiker andere geworden, höhere geworden, und wir müssen damit lernen umzugehen.

Die Diskussion über ein verantwortungsvolles Medienhandeln ist richtig. Auch die Kritik an den Medien ist erlaubt, wenn sie berechtigt ist.

Aber es ist eine Frage der Betrachtungsweise, und ich möchte zwei Punkte, bei denen ich glaube, dass wir uns von der AfD unterscheiden, deutlich machen: Es ist die Richtung, was die Diskussion betrifft.

An erster Stelle gehört für uns die Verteidigung der Freiheit der Medien und ihre Bedeutung als wichtige und schützenswerte Eckpfeiler der demokratischen Gesellschaft, die wir auch in schwierigen Situationen schützen und verteidigen müssen.

Zweitens müssen Einzelfälle, in denen Fehler passieren, benannt und auch korrigiert werden. Aber wir behandeln sie als das, was sie sind: Einzelfälle und keine allgemeine Gesetzmäßigkeit.

Noch einmal sei gesagt: Kritik an Medien ist, wenn sie berechtigt ist, erlaubt und notwendig. Es darf aber nicht das Maß der eigenen Zustimmung die alleinige Werteskala sein. Medien müssen Missstände entdecken und eine Debatte darüber führen. Sie dürfen uns Politiker auch kritisieren.

Diese Freiheit ist nicht grenzenlos. Ich denke, eine Debatte über die Diskussionskultur, beispielsweise im Internet, ist längst überfällig. Bereits heute schon gibt es Mechanismen der freiwilligen Selbstkontrolle, beispielsweise den Pressekodex, der festschreibt: die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde, eine gründliche und freie Recherche und eine klare Trennung von redaktionellen Texten und Anzeigen.

Verstößt die journalistische Publikation dagegen, kann der Presserat eine Rüge aussprechen, worauf das betroffene Medium die Korrektur auch abdrucken muss. Bei den Öffentlich-rechtlichen gibt es bereits heute die Rundfunkräte, für den privaten Bereich die Landesmedienanstalten und für beide Bereiche die Möglichkeit der Programmbeschwerde. Nicht zuletzt ist das auch ein Seismograf für die Medien.

Wir müssen sagen, dass unsere Anforderungen an Qualitätsjournalismus sehr hoch sind: Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Glaubwürdigkeit, Themenvielfalt, Meinungspluralismus und kein Eigeninteresse.

Das alles ist nicht zum Nulltarif zu bekommen. Das muss in einer Debatte wie der heutigen einmal deutlich gesagt werden. Wir können nicht nur unsere Anforderungen formulieren, sondern müssen auch deutlich machen, dass dahinter harte Arbeit steckt, die ihren Preis hat, und der Nutzer muss auch bereit sein, diese zu bezahlen.

(Beifall der Abg. Hanka Kliese, SPD)

Der Zuschauer bzw. der Leser ist kritischer geworden. Das ist auch in Ordnung.

Die Redezeit geht zu Ende.

Aber auch für diese Diskussion gelten für uns die Formen des Anstandes und des Respekts. Wenn Journalisten beleidigt oder, wie letzten Montag, angegriffen werden, dann ist für uns eine Grenze klar überschritten. Auch das muss in einer Debatte wie der heutigen klar gesagt werden.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein letzter Satz: –

Ja, bitte, letzter Satz!

– Wir haben vor wenigen Tagen die Wiedervereinigung vor 25 Jahren gefeiert. Die Menschen sind damals auch für eine Meinungs- und Pressefreiheit auf die Straße gegangen. Bei aller Kritik, –

Die Redezeit ist jetzt zu Ende.

– eine grundsätzliche Bejahung dieser Werte ist für uns heute ebenso selbstverständlich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Als Nächstes kann jetzt für die Fraktion DIE LINKE das Wort ergriffen werden. Herr Kollege Scheel, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wie passt diese Debatte zur Vertrauenskrise von Politik und Medien in eine Zeit, in der Journalisten angegriffen werden, in der Politiker- und Abgeordnetenbüros angegriffen werden? Warum setzt die AfD eine Debatte zum Vertrauensverlust von Medien und Politik auf die Tagesordnung?

Meines Erachtens aus einem Grund: Sie gehen eine unheilige Allianz ein, mit der sie versuchen, einen Keil zwischen die Bevölkerung und die veröffentlichenden Medien zu treiben. Das, was Sie damit betreiben, ist Zündeln an den Werten und Grundfesten unserer Demokratie, meine Damen und Herren von der AfD.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Die Herausforderungen, vor denen Europa, Deutschland und damit Sachsen stehen, sind gigantisch. Wir haben eine große Unsicherheit nicht nur unter der Bevölkerung, sondern auch im politischen Raum, wie wir an unterschiedlichen Aussagen, wie man mit bestimmten Fragen zur Krise und zur Flüchtlingsproblematik umgehen soll, sehen kann.

Das gibt Ihnen aber noch lange nicht das Recht, sich aufzuspielen, als wären Sie die Vertreter des kleinen Mannes, als würden Sie wissen, was echt ist, was wahr ist und was die Menschen auf der Straße glauben.

(Carsten Hütter, AfD: Haben Sie Angst um Ihre Rolle?)

Sie sind genau wie wir alle verpflichtet, Interessen in dieses Parlament einzubringen und diese Interessen in einen fairen Ausgleich im Meinungsstreit zu bringen. Worthülsen und Denunziationen wie „Volksverräter“, „Lügenpresse“ sind nicht geeignet, einen vernünftigen Meinungsstreit in diesem Haus zu führen und die gesellschaftlichen Konflikte, die wir in diesem Land auszufechten haben, friedlich zu lösen.

(Beifall bei den LINKEN – Uwe Wurlitzer, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich werde ich auf eine Zwischenfrage antworten.

Bitte, Herr Wurlitzer.

Ich hätte gerne von Ihnen gewusst, wo in dem Vortrag von Frau Dr. Muster das Wort „Lügenpresse“ gefallen ist.

Sehr geehrter Herr Wurlitzer, die Frage habe ich jetzt verstanden. Sie wissen aber genauso gut, dass die Debatte, die Sie hier gerade angezettelt haben, letzten Monat in Thüringen mit der gleichen Stoßrichtung stattgefunden hat. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Sie diejenigen sind, die hier versuchen, sich mit der Pegida-Bewegung gemein zu machen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Sie bereit sind, bestimmte Thematiken aufzugreifen und sich vor allem anmaßen, sich selbst als erklärter Vollstrecker des Volkswillens darzustellen,

(Carsten Hütter, AfD: Was erzählen Sie für einen Unsinn?)

und dass das nicht der Realität entspricht. Warum bringen Sie hier diese Debatte herein? Warum zu diesem Zeitpunkt, wenn wir sowieso gravierende Fragen zu lösen haben? Diese Frage müssen Sie mir mal beantworten, werter Herr Wurlitzer, aber das können Sie ja im nächsten Redebeitrag noch tun.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE – Uwe Wurlitzer, AfD, steht wieder am Mikrofon.)