Protocol of the Session on July 8, 2015

(Hört, hört! und Beifall bei der CDU)

Man kann sich natürlich hinstellen, kluge Reden halten und sagen, was man hätte machen können. Einerseits wird der Vorwurf gemacht, man führe die Diskussion nicht, und auf der anderen Seite wird eine Einladung der Stadt ausgesprochen, man stellt sich der Diskussion, und dann wird man dafür kritisiert.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Aber wer dort war, der hätte wahrgenommen, dass unter anderem Frank Richter als Einwohner Freitals, nicht als Chef der Landeszentrale für politische Bildung vor Ort die Frage gestellt hat: Was müssen wir, was können wir denn tun, um gemeinsam das Klima vor Ort zu verbessern? Deswegen war es für mich auch eine Genugtuung, dass am Ende dieser durchaus schwierigen Veranstaltung der Stadtrat eine Erklärung abgegeben hat, um unter anderem deutlich zu machen, dass es erst einmal eine vernünftige Gesprächsbasis braucht, dass Fremdenfeindlichkeit in Freital keinen Platz hat und dass aggressive und rassistische Äußerungen zu unterlassen sind. Das ist alles in Ordnung. Aber wissen Sie, Herr Gebhardt, was mich gewundert hat, als ich mir die sogenannte Freitaler Erklärung angeschaut habe? Die einzige Fraktion, die nicht mit unterschrieben hat, ist die Fraktion der LINKEN.

(Zurufe der CDU: Aha!)

Das müssen Sie dann auch einmal erklären, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Deshalb bleibt mir am Ende nur, klar und deutlich zu sagen: Es ist richtig und wichtig, dass wir uns mit diesem Thema auch weiter intensiv auseinandersetzen. Aber sich gegenseitig Vorhaltungen zu machen, das ist aus meiner Sicht falsch. Es muss klar Position bezogen werden, wenn es rassistische, fremdenfeindliche Äußerungen gibt. Diese haben keinen Platz in unserer Gesellschaft, keinen Platz in Sachsen, und sie sollten in keiner Stadt und keiner Gemeinde Platz haben. Aber Diskussionen zu diesem

Thema müssen geführt werden. Das ist nicht allein die Aufgabe des Staatsministers bzw. der Staatsregierung, sondern Aufgabe eines jeden von Ihnen und von den Verantwortlichen vor Ort.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Herr Kollege Gebhardt, möchten Sie eine Kurzintervention anmelden?

Ja, vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte Folgendes klarstellen. Erstens: Herr Minister, ich habe nicht kritisiert, dass Sie sich in Freital der Debatte gestellt haben.

Zweitens: Ich durfte an dieser Veranstaltung nicht teilnehmen, denn sie war nur für Freitalerinnen und Freitaler bestimmt. Ich habe Sie nicht gesehen, als ich in Freital gewesen bin. Wir müssen uns nicht gegenseitig vorwerfen, wann wir uns nicht gesehen haben.

Drittens möchte ich feststellen: Der Vorwurf, den ich an Sie ausgesprochen habe, ist, dass Sie es nicht verhindert haben, dass eine Bürgerin von einer Veranstaltung ausgeschlossen wurde, bei der Sie auf dem Podium saßen, dass sie ausgebuht worden ist, dass ihr das Mikrofon weggenommen worden ist. Sie und die anderen Verantwortlichen blieben sitzen. Das ist das Zeichen, dass wir Rassismus dulden! Das habe ich kritisiert, nicht, dass Sie verbal dagegen gewesen sind. Sie hätten die Veranstaltung abbrechen und gehen müssen. Das wäre ein deutliches Zeichen gewesen.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war eine Kurzintervention von Herrn Gebhardt, Fraktion DIE LINKE. Gibt es eine Reaktion darauf? – Bitte, Herr Staatsminister; denn auf eine Kurzintervention kann eine zweiminütige Reaktion erfolgen.

Sehr geehrter Herr Gebhardt! Dies möchte ich doch noch einmal zum Anlass nehmen, deutlich Position zu beziehen. Wie die Situation vor Ort war, kann nur der beurteilen, der da war. Jetzt geht es nicht darum, Vorhaltungen zu machen,

(Beifall bei der CDU)

sondern, jetzt geht es darum, die Situation zu beurteilen. Dass ich in dieser Veranstaltung deutlich und klar Position bezogen habe, das werden Ihnen diejenigen bestätigen können, die vor Ort gewesen sind. Es ist eine Einladung der Stadt Freital gewesen – nicht um sich zu exkulpieren, sondern, um deutlich zu machen, wie die Spielregeln gewesen sind. Dass man bei dieser aufgeheizten Stimmung manchmal der Meinung gewesen wäre, den einen oder anderen lieber aus dem Saal werfen zu lassen, das mag durchaus sein. Aber in der konkreten Situation war es nicht einfach. Es ist ja am Ende die Möglichkeit eingeräumt worden, dazu zu sprechen.

Aus diesem Grunde wird es notwendig sein, dass wir uns auch in Freital der weiteren Diskussion stellen. Wir

müssen klar und deutlich Position beziehen und denjenigen, die der Meinung sind, dass sie mit Brüllen und ähnlichen Reaktionen vielleicht Oberhand gewinnen, muss deutlich gemacht werden, dass sie dazu keine Chance haben und dass die Mehrheit auch in Freital völlig anders denkt.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Mit diesem Wechselspiel von Kurzintervention und Reaktion ist jetzt das Ende der ersten Aktuellen Debatte erreicht. Sie ist abgeschlossen und wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Gute Löhne für soziale Arbeit – Das muss drin sein!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte, Frau Schaper.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von uns für das heutige Thema der Aktuellen Debatte Gewählte wirft die Probleme der im wahrsten Sinne des Wortes Schlagader des Gemeinwesens auf.

Fast täglich erreichen uns aus ganz Sachsen Rufe wegen eines Pflegenotstands in Heimen und Krankenhäusern und eines Personalmangels in Kindertagesstätten und bei der Jugendhilfe vor Ort. Nicht zuletzt sollten uns die zahlreichen Streiks der letzten Wochen wachgerüttelt haben. Die Mängel und Defizite sind aber nicht vom Himmel gefallen, sondern seit Langem bekannt, mehr noch: Die CDU insbesondere hat sie hausgemacht; denn seit fast 25 Jahren ist der Kurs der Staatsregierung durch Sie bestimmt und Sie müssen sich erneut vorwerfen lassen, dass Sie bis heute viel zu lange die Probleme verdrängen, aussitzen oder bestenfalls viel zu spät reagieren.

Auch der ständige Hang, die Verantwortung von der Landesebene auf den Bund oder auf die Kommune zu verschieben, gehört in Ihr Negativ-Stammbuch geschrieben. Die zahlreichen Vorschläge meiner Fraktion wurden mit Ihrer üblichen Arroganz abgewiesen oder Sie haben auf angebliche Haushaltszwänge verwiesen.

Ich gebe allerdings zu, dass die Hauptursache für diese Defizite und Mängel in dem Wesen unserer heutigen Gesellschaft liegt, weil die Ökonomisierung in jedem Bereich des Lebens weiter fortschreitet. Immer öfter werden humanistische, wenn Sie so wollen auch christliche Werte unter das Diktat von ökonomischen Kategorien wie Wertschöpfung, Preis oder Rentabilität gestellt. Das mag für einen Produktionsbetrieb noch gelten, ist aber für ein Krankenhaus, für eine Kindertagesstätte oder für ein Pflegeheim völlig untauglich. Deshalb brauchen wir dringend ein Umdenken, wir brauchen regelrecht einen Aufbruch. Es muss die Erkenntnis reifen, dass soziale Berufe nichts Minderwertiges gegenüber anderen beruflichen Tätigkeiten sind. Es kann nicht sein, dass Menschen, die anderen Menschen helfen, in Notsituationen, in den schlechten Zeiten ihres Lebens, schlecht oder zumindest nicht gut bezahlt werden.

(Beifall der Abg. Horst Wehner und Klaus Bartl, DIE LINKE)

Man darf sich nicht darauf ausruhen, dass es seit dem 1. Januar 2015 8,50 Euro pro Stunde gibt. Wenn man das hochrechnet, dann ist man bei 1 360 Euro. Netto sind das 1 100 Euro. Ob das wirklich eine angemessene Wertschätzung ist, steht arg in Zweifel.

Weil hier auch viele Christen sitzen – die paar, die noch da sind –, zumindest von der Parteibezeichnung her: In der Bibel, das müsste Ihnen ja sehr bekannt sein, ist im 5. Buch Mose Kapitel 25 Vers 4 überliefert: „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden!“ Übersetzt: Wer arbeitet, der soll auch dafür entlohnt werden, wer arbeitet, der soll davon leben können – die biblische Wertschätzung von Arbeit mit Geld.

Von Wertschätzung kann bei einem Lohn, der gerade einmal die Hälfte oder ein Viertel eines Stundenlohns eines Automechanikers ausmacht, aber nicht die Rede sein. Eine Stunde Auto reparieren wird viermal so hoch vergütet wie eine Stunde Kranken- oder Altenpflege. Daran erkennt man, dass es eine kranke Gesellschaft ist.

(Beifall bei den LINKEN)

Zusätzlich kann eine Tätigkeit oder ein Beruf durch Dankbarkeit und Anerkennung wertgeschätzt werden. Aber davon kann man keine Familie ernähren.

Wir müssen dennoch wesentlich höhere Anstrengungen unternehmen, um den Fachkräfteanteil in den sozialen Berufen zu erhöhen. Es muss die Einsicht reifen, dass Pflege nicht nur fachlich gut untersetzt, sondern die Zuwendung mindestens ebenso hoch sein muss.

Es ist schlimm und zeigt die wahre Wertschätzung gegenüber meinem Berufsstand, –

Die Redezeit geht zu Ende, Frau Schaper.

– wenn für den Pflegebereich wenig qualifizierte Langzeitarbeitslose, die anderswo hin nicht zu vermitteln sind, gewonnen werden sollen.

Soziale Arbeit wird mit Steuergeldern und mit den Mitteln der Sozialversicherung bezahlt. Ein guter Volkswirt sollte sich nicht nur anschauen, was dafür investiert wird, sondern auch, was in den Kreislauf zurückfließt, – –

Die Redezeit ist zu Ende.

(Der Präsident stellt das Mikrofon der Rednerin ab. – Susanne Schaper, DIE LINKE, spricht weiter.)

Die Redezeit war zu Ende.

(Beifall bei den LINKEN – Susanne Schaper,

DIE LINKE: Danke, dass Sie mir das Wort

entziehen! Das war nicht nur mein Fall! –

Sie haben am meisten überzogen! –

Sie hat