Protocol of the Session on January 20, 2010

(Beifall bei der SPD)

oder zumindest diesen Irrtum einzugestehen.

Wie war denn die Reaktion der FDP bei der Einführung dieses Entwicklungsplanes? In einer Pressemitteilung der Bundestagsfraktion wurde das Programm stark kritisiert. Es sei kein echter Beitrag zum Umweltschutz.

Meine Damen und Herren! Was mich besonders irritiert, ist Folgendes: Wenn man sich den Antrag anschaut, dann wird in Punkt 3 gefragt, welche Unterstützung der Freistaat Sachsen bisher bei der Forschung und Einführung alternativer Antriebstechnologien geleistet hat. Wo bleiben Fragen wie: Was tut er weiter? Wie geht es weiter? Wo setzt er hier die Schwerpunkte? Welche Programme werden dafür weitergeführt? Die Zukunft blenden Sie vollkommen aus. Im Gegenteil, Sie versteigen sich noch in die Fragestellung, in welchem Umfang der Freistaat Sachsen von der Förderung des Bundes profitieren kann, anstatt zu fragen, wie kann der Freistaat Sachsen die Förderung des Bundes sinnvoll ergänzen, um das Beste für den Automobilstandort Sachsen zu entwickeln? Das vermisse ich hier.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu den fachlichen Aspekten in diesem Thema: Mit 115 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II – damit hat Schwarz-Gelb im Übrigen auch nichts zu tun – ist dieses Förderprogramm ausgestattet. Da geht es – nebenbei gesagt – nicht nur um Elektromobilität im PkwBereich, sondern um ÖPNV, um Nutzfahrzeuge und Zweiräder, um alternative Antriebe insgesamt. Aber man darf den Aspekt nicht vergessen: Elektromobilität ist kein Ersatz oder ein Verdrängen von modernen Verbrennungstechnologien, nein, es ist eine sinnvolle Ergänzung. Auch die Forschung im Bereich Verbrennungstechnologien ist weiterhin sinnvoll. Das sagen alle entsprechenden Automobilhersteller unisono.

Natürlich geht es auch um den gesamten Bereich der Speicherkapazität, der im Übrigen das Thema erst in Gang gesetzt hat. Evonik in Kamenz ist dabei eine ganz wesentliche Firma, die hier agiert. Das ist ein ganz wichtiger Bereich zur Weiterentwicklung. Auch die Firma Indikar aus Zwickau möchte ich hier erwähnen, die in diesem Bereich – Stichwort New-Trabi – entwickelt und entsprechende Projekttypen vorgestellt hat, die alltagstauglich sind und für die es auch Bedarfe gibt.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ganz kurz auf den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingehen. Da kann man es kurz machen: Es sind sinnvolle Ergänzungen. Wir werden diesem Antrag zustimmen.

Natürlich kann ein dünner Koalitionsvertrag auch nur dünne Anträge hervorbringen. Das ist hier ein sehr schönes Beispiel dafür. In der Mangelwirtschaft der DDR hätte man ein solches fleischloses Schnitzelpaniermehl nicht Paniermehl genannt. Hier würde ich Nicht-Bericht sagen; wir werden die Happen trotzdem ernst nehmen und stimmen dem zu.

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin Frau Jähnigen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Elektrofahrzeuge stoßen bei ihrer Fahrt weder Feinstaub noch Schadstoffe aus. Angesichts der viel zu hohen Luftbelastung gerade in den sächsischen Großstädten Leipzig und Dresden klingt es sehr verheißungsvoll. Elektrofahrzeuge haben das Image der Umweltfreundlichkeit. Sie sind aber nicht automatisch umweltfreundlich. Die entscheidende Frage ist, woher der Strom kommt. Ich meine: nicht aus der Steckdose oder der Ladestation.

Frau Jähnigen, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gern.

Herr Heidan, bitte.

Frau Kollegin, Sie hatten eben gesagt, dass Elektrofahrzeuge weniger Feinstaub ausstoßen. Ist Ihnen bekannt, dass durch Reifenabrieb viel mehr Feinstaub entsteht als durch Verbrennungsmotoren?

(Beifall bei der CDU)

Danke für die Frage, Herr Kollege Heidan. Ich biete Ihnen ein persönliches Gespräch zu den Feinstaubbilanzen der sächsischen Großstädte an, mit denen ich mich sehr intensiv beschäftige. Ich kenne die Reifenthesen sehr gut. Ich weiß, dass sie immer wieder diskutiert werden. Aber es ist wohl offensichtlich nicht so. Ansonsten sprach ich aber von Schadstoffausstoß und nicht vom Abrieb. Wir sollten das im persönlichen Gespräch vertiefen. Ansonsten kann ich nur hoffen, dass es für Plauen nicht so relevant wird wie für Leipzig und Dresden.

Die entscheidende Frage ist: Woher kommt der Strom? Wenn der Strom für Elektromobilität in bisheriger konventioneller Weise aus Braunkohle erzeugt wird, heißt das natürlich, dass wir den notwendigen Klimaschutz auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben und dem Klima wie bisher schaden. Stattdessen müssen wir uns fragen, welche Chancen die Elektromobilität gibt, um die sächsischen Klimaziele mindestens zu erfüllen. Davon sind wir weit entfernt.

Bei dieser Gelegenheit möchte auch ich das Konjunkturpaket II zitieren. In Ziffer 9 mit dem Fokus Elektromobilität heißt es: „Um die ambitionierte Zielsetzung der Bundesregierung im Bereich der Energie- und Klimapolitik zu erreichen, ist es erforderlich, den zusätzlichen Bedarf an elektrischer Energie in diesem Sektor aus Strom von erneuerbaren Energien zu decken.“ Das ist richtig. Das war die schwarz-rote Regierung. Aber es gilt auch jetzt noch: Elektromobilität ohne klimafreundliche Energieerzeugung ist wie eine Hand ohne Arm. Deshalb brauchen wir ein Gesamtkonzept, das die Frage der Umweltfreundlichkeit und des Klimaschutzes einschließt.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, was daran spekulativ ist. Das sind genau die Fragen, die man sich im 21. Jahrhundert stellen muss.

Wir müssen uns aber auch fragen, wie Sachsen mit dieser Technologieentwicklung umgehen und wo Sachsen in zehn Jahren stehen will. Ich freue mich, dass die FDP sich das zu eigen macht, was die vorherige schwarz-rote Koalition angefangen hat. Sie haben allerdings keine Antwort darauf gegeben, was sie mit den nächsten Phasen des Entwicklungsplanes anfangen wollen.

Die Phase 1, die wir durch das Konjunkturpaket in den Modellregionen angeschoben sehen, umfasst im Wesentlichen die Entwicklungen der technischen Komponenten Forschung, Kompetenzaufbau, Markt- und Technologievorbereitung.

Die Bundesregierung plant im Entwicklungsplan vier Phasen bis 2020. Ziel soll es sein, dass deutschlandweit eine Million Elektrofahrzeuge mit Batterien der zweiten Generation fahren. Das hat ganz erhebliche Auswirkungen auf die Infrastruktur. Es gibt Chancen – auch wirtschaftspolitisch.

Wir müssen uns fragen, wie unsere mittelständischen Unternehmen in Sachsen davon profitieren können: zum Beispiel die Motor- und Fahrzeugwerke in Zschopau, die Elektroroller bauen, oder die Li-Tec Battery GmbH in Bautzen, die bisher 120 von geplanten 1 000 Arbeitsplätzen schaffen konnte.

Dabei befriedigt mich das Lob über die Förderung von 13 Bussen nicht. Ich wüsste lieber, wie viele Fördermittel noch bereitgestellt werden können und ob die wenigen Mittel nicht schon ausgeschöpft sind.

Nicht zuletzt brauchen wir jetzt konkrete Überlegungen, wie die notwendigen Fachkräfte ausgebildet werden können. Der Vorsitzende von Audi, Robert Stadler, hat beispielsweise im Vorfeld der internationalen Automobilausstellung verlautbaren lassen, dass man allein bei Audi 100 Ingeneurinnen und Ingenieure bräuchte. Auch dazu enthält Ihr Berichtsantrag nicht einmal eine Frage.

Der Berichtsantrag der Koalition weist in die richtige Richtung. Allerdings greift er viel zu kurz und wird so leider das Ziel verfehlen. Eine umfassende Berichterstattung wäre umso wichtiger, weil der Ministerpräsident – wie heute der Freien Presse zu entnehmen war – das angefangene Jahr 2010 als Jahr der Elektromobilität ausgerufen hat. Das ist sehr mutig, Herr Ministerpräsident. Die entsprechenden wirtschaftspolitischen Konzepte scheinen offensichtlich noch zu fehlen.

Deshalb möchte ich für unseren Änderungsantrag werben, der genau diese Fragen stellt: Umweltpolitik, Auswirkungen in der Wirtschaft und Bedarf bei der Fachkräfteausbildung. Überdies setzen wir ihn in den zeitlichen Kontext des nationalen Entwicklungsplanes, denn wir sollten in kurz-, mittel- und langfristigen Schritten denken.

Stimmen Sie unserem Bericht zu, damit Ihr Berichtsantrag wirkt und kein zahnloser Tiger bleibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Als Nächstes erteile ich der NPD-Fraktion das Wort. Es spricht der Abg. Delle.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion befürwortet prinzipiell alle Maßnahmen, die darauf abzielen, fossile Energieträger durch regenerative Energiequellen zu ersetzen.

Das bisherige, auf einseitigen materiellen Verbrauch ausgerichtete Wirtschaftsmodell der westlichen Industrienationen ist zumindest in diesem Bereich gescheitert. Es missachtet wesentliche naturwissenschaftliche und ökologische, aber auch zentrale ökonomische Grundsätze. Insbesondere nimmt es die Begrenztheit der Mittel auf dem Planeten Erde schlichtweg nicht zur Kenntnis.

Ökonomie, die ihre ökologischen Grundsätze nicht beachtet, ist weder zukunftsfähig noch rational. Genau deshalb treten wir für das Grundprinzip der Nachhaltigkeit als Basis jeder menschlichen Aktivität ein. Nur was sich auf lange Zeit verwirklichen und verantworten lässt, darf heute geplant und umgesetzt werden.

Die Umstellung von fossilem Treibstoff auf Elektroantrieb – vor allem was den ÖPNV und die Nutzfahrzeuge betrifft – ist durchaus eine von vielen möglichen Maßnahmen, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu mindern und den CO2-Ausstoß zu verringern.

Allerdings darf im zweiten Schritt nicht außer Acht gelassen werden, dass der Strom, der die Fahrzeuge antreiben soll, irgendwie erzeugt werden muss. Nachhaltigkeit bedeutet hierbei für uns, dass bei der Erzeugung des elektrischen Stroms auf die Art der Energiegewinnung geachtet werden muss – sprich darauf, dass der Anteil an regenerativen Energien schrittweise sozial und ökonomisch verträglich erhöht wird.

Meine Damen und Herren! Bedauerlich ist, dass die Staatsregierung leider keine Statistik vorlegen kann, wie hoch der Anteil der Investitionen und Technik am Umsatz der Automobilhersteller und Zulieferer ist. Jedenfalls schuldet Frau Ministerin mir eine Antwort auf meine Kleine Anfrage vom 4. November 2009. Für die neuen Bundesländer liegen solche Zahlen allerdings vor. Der Anteil beträgt gerade einmal 2,7 %, während diese Quote bundesweit mit 5,5 % fast doppelt so hoch ist. Es besteht also tatsächlich ein Nachholbedarf, was die Informationspolitik zum Thema Elektromobilität betrifft. Wir haben natürlich ein Interesse daran, detailliert zu erfahren, welchen Stand die Bemühungen haben, Sachsen als Modellregion für Elektromobilität nach vorn zu bringen.

Deshalb werden wir dem vorliegenden Koalitionsantrag und auch dem Ergänzungsantrag der GRÜNEN zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Ich frage die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen möchte. – Herr Staatsminister Morlok, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Lichdi! Die Staatsregierung arbeitet sehr gut zusammen. Deswegen stimmt sie sich sehr gut ab, wer zu welcher Debatte das Wort ergreift. Deswegen ergreife ich, Herr Kollege Lichdi, in dieser Debatte das Wort für die Staatsregierung.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Es ist, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in der Debatte von den verschiedenen Rednern sehr viel Richtiges gesagt worden, das ich im Einzelnen nicht wiederholen möchte. Ich würde gern das eine oder andere anders formulieren, als es in der Debatte vorgetragen wurde.

Frau Dr. Runge, Sie haben zu Recht auf die Automobilwirtschaft in Deutschland hingewiesen. Ich würde es nicht so drastisch sagen, wie Sie es getan haben. Ich würde eher sagen, dass die deutsche Automobilindustrie nicht immer auf der Höhe der Zeit gewesen ist. Das klingt ein bisschen freundlicher, wenn man es so formulieren kann. Aber im Grundsatz sind wir in der Einschätzung der Situation als Staatsregierung sicherlich mit Ihnen einig.

Das war die Vergangenheit. Wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir in die Zukunft schauen und wie wir Dinge, die in der Vergangenheit vielleicht nicht optimal gelaufen sind, in der Zukunft besser machen. Deswegen ist es sehr erfreulich, dass die Bundesregierung den nationalen Entwicklungsplan “Elektromobilität“ ins Leben gerufen hat.

Selbstverständlich war es so, dass die Bundesregierung aus CDU und SPD und die Landesregierung in dieser Zeit auch aus CDU und SPD bestanden. Es gibt kein Problem, sich das einzugestehen.

Dennoch bleibt es dabei, dass die FDP zu Recht bei diesem nationalen Entwicklungsplan einige kritische Anmerkungen gemacht hat. Ich werde sicherlich im Laufe der Ausführungen, wenn Sie sehen, wie die Staatsregierung die Sache einschätzt, deutlich machen, dass diese kritischen Anmerkungen nach wie vor gerechtfertigt sind.

Es gibt aus unserer Sicht im Bereich des Entwicklungsplanes zwei Grundentwicklungen bzw. zwei Grundausrichtungen. Eine ist die technologische Komponente. Dabei geht es darum, neue Entwicklungen voranzubringen, aber letztendlich Know-how in den Unternehmen des Freistaates Sachsen zu schaffen und in der Fertigung Wettbewerbsvorteile für Unternehmen in Sachsen zu generieren. Dazu sage ich: Das ist der technologische Wettbewerbsaspekt.