Protocol of the Session on January 20, 2010

Der andere ist der Umweltaspekt, der etwas kritischer gesehen werden muss. Ich werde im Einzelnen noch darauf eingehen.

Sie haben das Thema der Reichweiten, die wir mit den Elektrofahrzeugen erreichen können, in der Debatte angesprochen. Ich hatte in der letzten Woche die Gelegenheit mit Herrn Dr. Barenschee von Evonik zu sprechen und dieses Thema zu diskutieren. Wenn Sie sich die Situation im Einzelnen anschauen dann kommen Sie zu dem Ergebnis, dass Sie mit den momentan am Markt verfügbaren Lithium-Ionen-Akkus 100 oder 130 Kilometer weit fahren können und dass mit der Lithium-IonenTechnologie in der Entwicklung Reichweiten bis 200 Kilometer möglich sein werden. Dann dürfte die Technologie an ihre Grenzen stoßen und wir brauchen einen neuen Technologiesprung, um größere Reichweiten zu erzielen.

Wenn Sie sich aber anschauen, woher die Masse des Verkehrs in den Städten kommt, dann findet dieser Verkehr vor allem im Bereich der eben beschriebenen Reichweiten statt. Von daher sind wir natürlich gut beraten, uns auch angesichts der jetzt möglichen Reichweiten Gedanken zu machen, wie wir mit Elektromobilität tatsächlich einen Effekt im Bereich der Umwelt erreichen können. Deswegen ist es vollkommen richtig, dass der Ministerpräsident dieses Jahr zum Jahr der Elektromobilität ausgerufen hat, weil wir wissen, dass wir hier deutlich vorankommen müssen.

Ich habe bereits angesprochen, dass wir führende Hersteller im Bereich der Speicherkapazitäten haben. Litec in Kamenz ist eines dieser Unternehmen. Frau Dr. Runge, es geht vielleicht auch nicht darum, ob wir unbedingt mit vielen Fördermitteln viele neue Unternehmen in diesem Bereich nach Sachsen holen. Es geht vielmehr insgesamt darum, dass wir als Sachsen ein nennenswerter Produktions- und Technologiestandort sind. Ob das ein großes Unternehmen ist oder mehrere kleine Unternehmen sind, ist eher zweitrangig.

Wir sind in Sachsen nicht nur im Bereich der Speicherkapazität gut aufgestellt. Verschiedene Redner haben auch das Thema Hochschulen im Freistaat Sachsen angesprochen. Sehr wichtig ist eben nicht nur die Speichertechnologie. Es geht auch darum, dass wir gerade im Fahrzeugleichtbau vorankommen müssen, weil natürlich die Gewichtsfrage ganz entscheidend für die Reichweite ist. Auch hier, denke ich, sind wir mit den entsprechenden Forschungseinrichtungen im Freistaat Sachsen gut aufgestellt.

Herr Kollege Pecher, Sie haben den Trabant NT aus Wilkau-Haßlau angesprochen. Das ist auch ein Beispiel dafür, dass wir in Sachsen pfiffige Unternehmer haben, die mit an der Spitze der Entwicklung stehen.

Lassen Sie mich einiges zur Modellregion Elektromobilität sagen. Wir haben dafür 115 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt erhalten. Sicher ist das, was wir bis jetzt fest vereinbart haben, erst der Anfang. Wir haben im öffentlichen Personennahverkehr die entsprechenden Hybridbusse für Dresden und Leipzig vorgesehen. Für je

zehn Hybridbusse liegen Letter of intents vor. Das heißt, hier kann jetzt in die Ausschreibungen gegangen werden. Im Bereich Energiespeicherung ist es genauso. Auch hier können wir in die Ausschreibungen gehen. Im Bereich der Ladeinfrastruktur und im Bereich der Gefährdung, die natürlich mit dieser Technologie einhergehen kann, sind entsprechende Förderanträge in Vorbereitung.

Ich denke, es wäre gut und sinnvoll, wenn es uns gelänge, als Freistaat Sachsen, die Staatsregierung gemeinsam mit allen Beteiligten, tatsächlich eine nennenswerte Produktion von Elektro- oder Hybridautos nach Sachsen zu bekommen. Ob uns das gelingt, kann ich nicht absehen. Aber wenn es uns gelänge, wäre es sicherlich ein schöner Erfolg.

Es ist sehr erfreulich, dass das Bundeswirtschaftsministerium die Förderung von Forschung und Entwicklung im Energiebereich um den Bereich Stromspeicher erweitert hat, weil das ein ganz wichtiges Thema ist.

Lassen Sie mich zum Abschluss auf das Thema Umwelt im Zusammenhang mit Elektromobilität eingehen. Frau Jähnigen, Sie haben zu Recht angesprochen, dass es die entscheidende Frage ist, mit welchen Energieträgern letztendlich der Strom produziert wird, den wir in unseren Elektroautos einsetzen. Deswegen sind einige Punkte in Ihrem Ergänzungsantrag problematisch, weil Sie von der Staatsregierung zum Beispiel Aussagen über eine CO2Bilanz erwarten, die natürlich nur gegeben werden können, wenn wir wissen, wie die Stromproduktion erfolgt.

Allein durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen wird die Umwelt nicht besser. Wenn Sie sich anschauen, dass der Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors im Auto höher ist als der Wirkungsgrad von Kraftwerken, und Sie dann noch die ganzen Transport- und Umwandlungsverluste haben, dann ist es aus Umweltgesichtspunkten momentan noch sinnvoller, einen Verbrennungsmotor einzusetzen, insbesondere dann, wenn Sie das Thema CO2-Ausstoß betrachten. Deswegen muss man auch anschauen, mit welchen Technologien der Strom erzeugt wird.

Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass wir, wenn wir einen regelrechten Boom von Elektroautos hätten und den erhöhten Strombedarf mit zusätzlichen fossilen Kraftwerken decken müssten, umweltpolitisch nichts gekonnt hätten. Deswegen war die Kritik, die seinerzeit an dem Bundesprogramm geäußert wurde, richtig, weil wir auch die Erzeugung in die Betrachtung einbeziehen müssen. Deshalb ist die Frage: Gelingt es uns, durch Stromeinsparungen in anderen Bereichen entsprechende Kapazitäten freizusetzen, damit wir die Kapazität bestehender Kraftwerke für Elektroautos nutzen können? Dann hätten wir einen Umwelteffekt. Oder gelingt es uns unter Umständen, mit der Industrie eine sinnvolle Verlängerung von Kernkraftwerken zu vereinbaren? Auch dann hätten wir in puncto CO2 – auch wenn Sie jetzt hier abwinken, Herr Lichdi – einen Umweltbeitrag geleistet.

(Beifall bei der FDP)

Das müssen wir alles miteinander abwägen.

Herr Morlok, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Lichdi?

Gern.

Herr Lichdi, Sie können Ihre Zwischenfrage stellen.

Vielen Dank, Herr Präsident, für die Möglichkeit, eine Zwischenfrage zu stellen.

Ihnen ist sicher bekannt, Herr Wirtschaftsminister, dass Sachsen ein Drittel seines hier produzierten Stromes in andere Bundesländer exportiert, sodass es wohl nicht eine Frage der Verfügbarkeit des Stromes ist, sondern allein die Frage, ob es Strom aus fossilen oder erneuerbaren Energieträgern ist.

Das ist vollkommen richtig. Es ist die Frage, aus welchen Primärenergieträgern der Strom erzeugt wird. Wie Sie sicherlich wissen, Herr Kollege Lichdi, ist das deutsche Stromnetz hinreichend vernetzt. Sie können an der Steckdose nur schwer bestimmen, aus welcher Primärenergieerzeugung des Stromes die entsprechenden Elektronen stammen. Es geht also um die Gesamtbetrachtung. Wir sollten hier keine rein sektorale Betrachtung für den Freistaat Sachsen durchführen. Es geht insgesamt um den Bereich der Energieversorgung, weil es überhaupt keinen Effekt hat, wenn wir in Sachsen unter Umständen aus fossiler Stromerzeugung Strom in andere Bundesländer exportieren und dann plötzlich sagen, dass wir den bei uns verbrauchen, für die Elektroautos nutzen wollen, und dann argumentieren, dass wir dafür keinen zusätzlichen fossilen Energieträger einsetzen müssen. Die Frage ist doch: Was machen denn die anderen Bundesländer, denen wir den Strom nicht mehr zur Verfügung stellen? Haben diese die Möglichkeiten, den nicht mehr vorhandenen Import aus regenerativen Energien zu decken, oder müssten sie diesen fehlenden Strom aus fossilen Energien decken? Das heißt, die Frage, die ich vorhin gestellt habe, bleibt auch bei dieser Betrachtung unbeantwortet.

(Beifall bei der FDP)

Herr Morlok, gestatten Sie noch eine zweite Zwischenfrage von Herrn Lichdi?

Wenn das langfristig nicht zum Zwiegespräch ausartet, gern.

Herr Lichdi, Sie können Ihre Zwischenfrage stellen.

Darf ich zuerst fragen, wie viele Zwischenfragen Sie sich noch von mir wünschen, wenn es in ein Zwiegespräch ausarten soll?

Wenn ich Sie so reden höre, bin ich erstens erstaunt und zweitens drängt sich mir die Frage auf: Glauben Sie etwa auch die Mär von der Stromlücke? Das scheint mir fast bei Ihnen im Hintergrund zu stehen.

Ich bin natürlich überrascht, dass es uns als Staatsregierung immer wieder gelingt, Sie zu überraschen. Das freut uns natürlich.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ja!)

Ihre Frage nach der Stromlücke kann ich folgendermaßen beantworten: Herr Lichdi, Sie sind hinreichend Experte im Energiebereich. Es hängt natürlich immer davon ab, zu welcher Zeit Sie das betrachten. Es gibt Zeiten, in denen Sie ein Überangebot an Strom und sogar negative Strompreise haben. Es gibt aber auch andere Zeiten, in denen eine gewisse Stromknappheit vorhanden ist und Sie sehr, sehr hohe Preise bezahlen. Das ist eine temporäre Betrachtung. Wenn Sie behaupten, dass es teilweise ein Überangebot an Strom gibt, dann stimme ich Ihnen zu. Es ist aber auch so, dass es Bereiche gibt, in denen wir Engpässe haben. Ich denke, dass an dieser Stelle eine differenzierte Betrachtung sinnvoll ist.

(Beifall bei der FDP)

Auch die Umweltproblematik in den Städten ist bereits angesprochen worden. Wir diskutieren in verschiedenen Städten über die Einführung von Umweltzonen. Auch hier muss man sehen, ob und in welcher Form diese Elektrofahrzeuge einen Beitrag leisten. Ich denke, dass wir im Rahmen einer Diskussion sauber differenzieren müssen, weil natürlich insbesondere bei Feinstaub die Belastung zwar auch aus den entsprechenden Emissionen der Fahrzeuge kommt, aber zum erheblichen Teil auch durch Aufwirbelungen. Diese haben Sie auch bei Elektrofahrzeugen.

Richtig ist aber, dass wir im Bereich des zweiten Schadstoffs, nämlich der Stickoxide, bei Elektrofahrzeugen eine deutliche Verbesserung in den Kommunen hätten. Auch hier ist nun wieder die Frage: Wie produzieren wir den entsprechenden Strom?

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir das eben im Zusammenhang denken; die Staatsregierung denkt das im Zusammenhang. Die Koalitionsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie die Initiative Elektromobilität vorantreiben und Sachsen zu einem Vorreiter moderner Verkehrs- und Fahrzeugtechnologie machen. Genau das tun wir.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Gibt es noch Wortmeldungen für die zweite Runde? Für die CDU-Fraktion ist es erkennbar. Weitere Wortmeldungen? – Ich erteile Herrn von Breitenbuch das Wort.

Ich möchte Sie vorsorglich, weil Sie hier eine Zeitschrift mit haben, darauf hinweisen, dass Sie diese den Abgeordneten nicht zeigen dürfen. Sie können sicherlich etwas daraus zitieren oder vorlesen; das rein vorsorglich.

(Staatsminister Sven Morlok: Oder in die Fächer legen!)

Oder in die Fächer legen.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Elektromobilität – unsere Freiheit lebt davon, dass wir mobil sind und heute überallhin fahren können. Insofern ist die Frage: Elektromobilität heute – bleibt das auch weiter so? Haben wir ein Fahrzeug, mit dem wir kurze und lange Strecken fahren? Ist das für alle bezahlbar? Und wie verändert sich die Welt?

Veränderte Rahmenbedingungen sind bei uns offensichtlich. Wir haben Themen der Versorgungssicherheit, begrenzte Ressourcen gerade bei fossilen Brennstoffen. Wir haben politische Einflüsse wie Naher Osten, so dass wir sagen: Unser Erdöl ist – na ja – politisch auch nicht immer sicher, abgesehen vom Terror, der die Welt dort entscheidend bedroht.

Wir haben entsprechende Knappheiten, ganz veränderte Knappheiten. Das bedeutet immer Kostenschwankungen, in letzter Zeit auch enorme Kostensteigerungen.

Wir haben das Thema Klima, erneuerbare Energien. Wie machen wir aus erneuerbaren Energien Strom? Nein, aus Strom erneuerbare Energien und aus denen eben Mobilität.

Das ist der entscheidende Faktor: Wie kommen wir direkt von der Windmühle in Richtung Mobilität? Auch in Betrachtung dessen, dass 18 % der Treibhausgase aus dem Verkehr kommen und man sich natürlich Gedanken machen muss: Wo kann man das reduzieren?

Wir haben dann natürlich die technische Entwicklung, bei der wir gerade auch in Sachsen in letzter Zeit genau sehen konnten, was alles passiert. Da geht viel nach vorn. Da wird viel geforscht, auch bei den Unternehmen. Und dann natürlich: Was ist auch möglich? Was ist sinnvoll für uns als Politik zu betrachten, zu beeinflussen, zu befördern? Was ist auch wirklich realistisch? Dem müssen wir uns stellen.

Die technischen Entwicklungsstränge, die ich sehe, sind einmal die Speicherung. Sie haben es alle angesprochen. Das ist entscheidend. Dazu kommt die Antriebstechnik, pur, sprich Elektromotor aus Strom oder Hybrid. Sprich, wenn ich bremse, wird die Energie aufgefangen und man kann sie später wieder einsetzen. Das ist eigentlich das, was dahintersteckt.

Wir haben weiter die Frage: Bekommen wir das Ganze für Sachsen komplexer gedacht, nicht nur auf den Antrieb, sondern vielleicht für das ganze Fahrzeug?

Ich hatte gestern ein Gespräch mit einem Unternehmer, der Textilmaschinen herstellt. Der sagte, als ich ihn auf

das Thema ansprach: Auch ich bin daran interessiert, weil mein Produkt in so einem Fahrzeug in der Verkleidung usw. untergebracht werden kann. – Die Zeitung darf ich nicht zeigen. Danke für den Hinweis. Ich hätte das jetzt falsch gemacht.