Sie haben nämlich das Gefühl, dass sie immer das fünfte Rad am Wagen sind und immer dafür herhalten müssen, wenn es so ein Bashing für den öffentlichen Dienst gibt. Es sind immer die Beamten und die öffentlichen Dienst
Das ist nicht meine Auffassung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich denke, dass wir für eine gute Leistung im öffentlichen Dienst eine Anerkennung brauchen. Diese Anerkennung haben Sie in der Haushaltsdebatte und im Beschluss des Haushaltes den Beschäftigten verweigert.
Insofern kann eine solche Debatte, wie wir sie hier führen, Signale aussenden. Die Signale, die wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aussenden, sind für alle deutlich. Das Grundproblem liegt nicht bei den Beschäftigten, sondern bei der mangelnden Finanzausstattung des öffentlichen Dienstes und der Kommunen. Dass diejenigen, die dafür Verantwortung tragen, dass es den Kommunen so schlecht geht – nämlich Schwarz-Gelb im Bund –, sich hier noch hinstellen und die berechtigten Forderungen kritisieren, ist mehr als Hohn. Sie sollten lieber dafür sorgen, die Kommunen in die Lage zu versetzen, dass sie vernünftige Gelder zahlen, eine vernünftige Infrastruktur vorhalten und vernünftige kommunale Daseinsvorsorge anbieten können und dass die Menschen in den Kommunen, die eine gute Leistung bringen, entsprechend entlohnt werden.
Es geht darum, dass wir die Einnahmensituation des Staates verbessern müssen. Wir dürfen nicht an der Stellschraube drehen, dass wir immer mehr Personal abbauen und bei den Tarifverhandlungen die Botschaft aussenden wollen: Ihr verdient eigentlich viel zu viel.
Ich bin der Auffassung: Eine gute Arbeit im öffentlichen Dienst soll gut bezahlt werden. Ich kenne Tausende von Menschen in Krankenhäusern, bei der Polizei, in der Verwaltung, die eine gute Arbeit machen, und da ist in der Tat der öffentliche Dienst mehr wert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Öffentliche Dienste sind Mehrwert – ich glaube, keiner hier im Raum bestreitet das. Der öffentliche Dienst ist ein Mehrwert für Sachsen und für Deutschland.
Der öffentliche Dienst sorgt für Rechtssicherheit. Der öffentliche Dienst hilft beispielsweise dem Landtag, seine Beschlüsse und auch seine Gesetze durch- und umzusetzen. Wir könnten hier Kopfstände machen, wir könnten auf und nieder hüpfen – ohne den öffentlichen Dienst wären unsere Gesetze und Beschlüsse völlig wirkungslos.
Meine Damen und Herren, all das wissen wir. Wir brauchen nur nach Griechenland oder in die Tschechische Republik zu schauen, wo Korruption auf der Tagesordnung steht, woran der öffentliche Dienst nicht ganz
unbeteiligt ist, wo man bei Aufträgen den einen oder anderen Euro schon mit einrechnen muss, weil schlichtweg der eine oder andere Beamte dort die Hand aufhält. Dass das alles bei uns nicht so ist, das ist natürlich ein Mehrwert. Das alles wissen wir und dafür sind wir den Angestellten und Beamten auch dankbar.
Meine Damen und Herren! Wir führen hier aber eine Debatte, die doppeldeutig ist. Wir müssen uns selbstverständlich die Frage stellen: Ist uns der öffentliche Dienst auch mehr wert? Ist er uns auch noch mehr wert?
Komischerweise findet diese Debatte ausgerechnet heute statt, wo doch morgen die Tarifverhandlungen für 780 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst beginnen. Obwohl Herr Brangs gesagt hat, die Politik soll sich aus den Tarifverhandlungen heraushalten, führen wir jetzt hier eine Debatte, sodass man den Eindruck hat, dass Sie sich doch nicht ganz heraushalten möchten.
Das Ziel der Gewerkschaften sind 6,5 %. Der Abschluss aus dem Jahr 2012 von Bund und Kommunen hat 6,3 % in drei Stufen für die Kommunen und Angestellten beim Bund gebracht. Was hat das für Auswirkungen auf die sächsischen Kommunen? In meiner Heimatstadt Freiberg versucht man jetzt, die Angestellten in Teilzeit zu bringen, damit man sich diese Tariferhöhungen auch leisten kann.
Wir müssen nicht die Frage stellen, ob uns der öffentliche Dienst das wert ist – 6,3 % –, sondern ob wir uns das leisten können.
Überlegen wir uns einmal, was mit dem sächsischen Haushalt passiert. Jedes Jahr sinken die Einnahmen um 200 Millionen Euro Solidarpaktmittel. Wir erwarten
weniger EU-Finanzmittel. Die Einnahmen des Freistaates Sachsen gehen unweigerlich zurück. Können wir uns vor diesem Hintergrund einen Tarifabschluss von 6,3 % wirklich leisten?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! 6,3 % wie bei Bund und Kommunen bedeuten etwa 240 Millionen Euro pro Jahr mehr an Personalausgaben, das bedeutet auch etwa 4 000 Lehrerstellen jedes Jahr. Mit 240 Millionen Euro kann ich 6 000 Kita-Erzieher komplett bezahlen. Das ist das Personal für über 600 Kindertagesstätten. Ich kann mit 6,3 % Tariferhöhung auch 600 Kitas komplett mit Personal ausstatten. Oder wenn ich 240 Millionen Euro jedes Jahr zusätzlich für Personalkostensteigerung ausgebe, wo fehlen die dann am Ende? Das sind etwa 240 Kilometer Staatsstraßensanierung jedes Jahr. Das alles können wir uns dann unter Umständen nicht mehr leisten.
Sie haben sich mit dieser Materie sehr ausführlich beschäftigt. Können Sie mir dann auch einmal sagen, wie Sie auf die 6,3 % Tarifforderung kommen?
Ich sprach von dem Abschluss, der im letzten Jahr erreicht worden ist, von 6,3 %. Die 240 Millionen Euro entsprechen nur dem Abschluss vom letzten Jahr. Wir gehen einmal beide davon aus, dass die 6,5 %, die die Gewerkschaften fordern, nicht kommen werden. Aber wenn nur die 6,3 % kommen, hat das für den Staatshaushalt enorme Auswirkungen, und ich kann nur davor warnen, einen Abschluss in dieser Höhe zu machen.
Ich betone hier, dass die Tarifverhandlungen nicht Sache der Politik sind. Es gilt die Tarifautonomie. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen das aushandeln. Wir sollten uns da raushalten. Deshalb ist diese Debatte hier auch scheinheilig, besonders dann, wenn Sie noch betonen, dass Sie sich nicht einmischen wollen.
Ich kann hier nur an den Finanzminister appellieren, der den Freistaat Sachsen bei den Verhandlungen vertreten wird: Wägen Sie genau ab, was sich der Freistaat Sachsen leisten kann! Bedenken Sie die zurückgehenden Einnahmen. Wir wollen langfristig ohne neue Schulden auskommen. Wir wollen langfristig eigenen Handlungsspielraum erhalten. Da darf es nicht passieren, dass die Personalkosten durch die Decke schießen. Wir erwarten jetzt schon, dass die Personalkosten, die momentan etwa 24 % des Landeshaushalts ausmachen, ohne Weiteres auf 26 % im Jahr 2015/2016 steigen werden, auch ohne Tarifanpassungen, die jetzt hier geplant sind.
Lieber Herr Prof. Unland, zeigen Sie sich in den Tarifverhandlungen genauso hart, wie Sie es uns gegenüber im letzten Jahr im Herbst bei den Haushaltsverhandlungen getan haben! Geben Sie den Angestellten im öffentlichen Dienst das, was möglich und was nötig ist, aber denken Sie daran, dass wir auch in zehn Jahren hier noch eigenen Handlungsspielraum haben wollen.
Für die FDP-Fraktion sprach Herr Kollege Karabinski. Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Jähnigen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich musste gerade herzlich lachen, als mein Vorredner von der FDP über die Zurückhaltung und die Strenge des Finanzministers zu den Haushaltsverhandlungen sprach; denn er musste ja
zum Schluss Ihre millionenschweren ungedeckten Mehrwünsche aus seinem Portfolio finanzieren. An bestimmten Stellen sind Sie nicht zurückhaltend, und insofern sind solche Appelle auch nicht glaubwürdig.
Aber wir reden ja über etwas sehr Ernsthaftes, über die morgen beginnenden Tarifverhandlungen zwischen den Ländern und den Gewerkschaften. Auch wir wollen der politischen Übung und dem Anspruch des Grundgesetzes folgen, das jetzt den Tarifparteien überlassen und uns nicht zur Höhe von Verhandlungsforderungen positionieren. Allein das Thema und die Ergebnisse sind sehr wichtig.
Gutes Personal ist gerade für die Länder und für die Kommunen, die in unserem Föderalstaat die meisten öffentlichen Aufgaben erfüllen, die Investition in die Zukunft, wo sie mit ihren Pfunden, mit ihren Einnahmen und sparsamen Ausgaben wuchern können. Es ist natürlich klar, wir müssen das finanzieren können, und zwar dauerhaft und konjunkturunabhängig. Das ist ja gerade der Grund, warum sich unsere Fraktion für eine Schuldenbremse einsetzt, die konjunkturunabhängig funktioniert und die zum Sparen auch bei den Sachkosten motiviert, indem sie zum Beispiel Folgekosten bei Investitionen betrachtet, wozu Sie sich bisher noch nie haben durchringen können. Der Sächsische Rechnungshof wie auch unsere GRÜNE-Fraktion haben dazu Vorschläge gemacht.
Einseitiges Sparen beim Personal ist noch kein Sparen und erzeugt oft sogar Mehrausgaben. Vom einseitigen Sparen sind zurzeit besonders schon schwer belastete Bereiche oder niedrige Gehaltsgruppen betroffen. Wir müssen sehen, wenn wir auf die Arbeitsbedingungen der Landesbediensteten in Sachsen schauen, dass diese teilweise schon schwierig sind, teilweise noch gut, aber dass ihnen künftig Verschlechterung droht.
Wir weisen in diesem Hohen Hause ständig darauf hin, dass der Altersdurchschnitt unserer Bediensteten hoch ist und steigt und dass wir in den nächsten Jahren besonders hohe Abgänge aus Altersgründen haben werden. Noch einmal zur Erinnerung: Bis 2030 wird uns jeder zweite Bedienstete verlassen. Die Regierung hat sich nichtsdestotrotz ein Stellenabbauziel von 85 000 auf 70 000 gesetzt, das mit diesen Altersabgängen locker zu erreichen ist. Das Problem ist dann aber, dass Sie mit Ihren Ansätzen keine Einstellungskorridore mehr außer den festgelegten bei der Polizei haben, und das ist politisches Harakiri.
Woher wollen Sie die jungen, hochqualifizierten Leute bekommen, die wir in der Finanzverwaltung, bei den Gerichten, ganz besonders bei den Lehrern und in vielen anderen Bereichen auch brauchen, und zwar in Zeiten des Fachkräftemangels? Wir bilden nicht genügend aus, und bei denen, die wir ausbilden, haben wir nicht einmal Einstellungskorridore, um sie einzustellen. Wenn das weiter so betrieben wird wie jetzt von der Regierung von CDU und FDP, wird man in einigen Jahren sagen, die haben es nicht einmal geschafft, aus dem Dilemma bei den Lehrern zu lernen.
Daher meinen wir, dass Sachsen aus diesem Teufelskreis heraus muss. Wir brauchen ein Personalentwicklungskonzept, unabhängig von den Tarifverhandlungen, aber immer mit Blick auf die tariflichen Verhältnisse und die Verhältnisse beim Beamtenrecht. Wir müssen die Berufe im öffentlichen Dienst attraktiv machen, das Personal müssen wir natürlich finanzieren können, und in den unteren Gehaltsgruppen müssen wir sie besonders attraktiv machen. In Ihrer Dienstrechtsreform schlagen Sie vor, die oberen anzuheben, aber nicht die unteren. Das ist auch eines dieser Probleme.
Wir müssen die Motivation, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhöhen, und wir müssen rechtzeitig für Nachwuchs sorgen. Das müssen Sie machen und nicht auf die Forderungen der Gewerkschaften schelten, sonst werden Sie einmal Kosten durch einen neuen Personalmangel erzeugen wie bei den Lehrern, wo Sie noch froh sein werden, wenn Sie so wenig bezahlen müssen, wie jetzt die Gewerkschaften fordern. Sparen Sie jetzt falsch, erzeugen Sie in Zukunft Mehrkosten. Das wollen wir vermeiden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland ist in Europa schon lange das Schlusslicht in Sachen Lohnentwicklung. Dieser Befund kann nicht mehr bestritten werden, seit die Hans-BöcklerStiftung eine Studie über die Lohnentwicklung in der Europäischen Union vorgelegt hat. In dieser Studie wurde ermittelt, dass in den Jahren zwischen 2000 und 2008 in allen Staaten der Europäischen Union außer in Deutschland die Reallöhne teilweise beträchtlich gestiegen sind, beispielsweise in allen osteuropäischen Beitrittsländern um mehr als 100 %, in Rumänien sogar um mehr als 330 %. Aber auch in entwickelten westeuropäischen Volkswirtschaften, wie in Großbritannien, sind die Löhne im Betrachtungszeitraum um 26 % gestiegen, während sie gleichzeitig in diesem langen Zeitraum von fast zehn Jahren in Deutschland um 0,8 % pro Kopf gefallen sind.