Noch einige wenige Worte zum sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Bei den Nachforschungen konnte ich feststellen, dass viele andere neue Synonyme dafür im Umlauf sind, zum Beispiel Volksverdummungsbeschleunigungsgesetz, Wachstumsverhinderungsgesetz, Schuldenbeschleunigungsgesetz, Schuldenaufbaugesetz, Klientelbedienungsgesetz usw.
Zusammenfassend muss man wohl davon ausgehen, dass es eigentlich nur Wachstum für Reiche bringt – diesbezüglich beschleunigt es auch –, aber von einem sozialen Ausgleich oder von einer Belebung der Wirtschaft kann überhaupt keine Rede sein. Natürlich werden sich Gutverdiener über zusätzliches Netto freuen, aber wir wissen auch – dazu gibt es inzwischen Studien –, dass diese Menschen, die mit ihrem Einkommen schon ihre Grundbedürfnisse decken können, ein zusätzliches Einkommensplus nicht unbedingt in die Kaufhäuser tragen, sondern eher aufs Konto bringen.
DIE LINKE fordert eine parteiübergreifende Allianz der Vernunft. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sollte auf die Kindergelderhöhung für alle beschränkt werden. Wir sind eindeutig für eine Kindergelderhöhung, und diese muss auch nicht auf Pump finanziert werden. Die nötigen 4,5 Milliarden Euro des Bundes könnten durch
höhere Gewinn- und Vermögensteuern aufgebracht werden. Dafür könnten wir die Lobbyistenparagrafen, die Unternehmensteuer und die Großerbenentlastung ersatzlos streichen, und auf dieser Grundlage ließe sich sicherlich ein parteiübergreifender Konsens finden.
Vielen Dank, Frau Werner. – Jetzt ist die CDU-Fraktion an der Reihe; Herr Abg. Alexander Krauß, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem Ausflug in die große weite Welt der Bundespolitik möchte ich doch auf den Antrag an sich zurückkommen. Ich stimme mit Frau Kollegin Werner überein, dass die Kindergelderhöhung um 20 Euro sehr sinnvoll und ein richtiger Weg ist; denn wer Kinder erzieht, der soll dafür nicht benachteiligt werden.
Frau Kollegin Werner, Sie haben aus meiner Sicht zwei Sachverhalte durcheinandergebracht, über die wir hier übrigens vor einem Jahr schon einmal diskutiert haben. Damals haben wir auch schon erklärt, wie es sich verhält; aber wir wollen es gern wieder tun.
Kindergeld bekommen derzeit Familien mit einem Kind – 164 Euro. Was ist das Ziel des Kindergeldes? Ziel ist es, dass das Existenzminimum steuerfrei sein soll. Man soll keine Steuern auf das zahlen, was man unbedingt zum Leben braucht, also für Nahrung, für Wohnung, für Gesundheit. Das soll der Staat nicht wegsteuern; das ist der Grundgedanke des Kindergeldes.
Die Kindergelderhöhung ist auch deshalb richtig, weil Familien insgesamt in unserem Land noch benachteiligt sind. Das Kindergeld ist keine vom Staat großzügig abgegebene Geschenkleistung an die Familien, sondern die Eltern haben Anspruch darauf. Sie haben nämlich zu viele Steuern gezahlt, weil man nicht bedacht hat, dass sie Kinder haben. Dieses Geld gibt man ihnen zurück.
Sie können das damit vergleichen, dass Sie im Supermarkt einkaufen gehen und dann etwas in Ihrem Korb liegen haben, was 35 Euro kostet. Wenn Sie an der Kasse 50 Euro hingeben, bekommen Sie 15 Euro wieder. Diese 15 Euro sind dann kein Geschenk des Supermarktes, sondern etwas, was Ihnen zusteht. Das ist auch der Grundgedanke des Kindergeldes. Noch einmal: Das Kindergeld ist kein Geschenk, das man erhält, weil es irgendjemand freizügig verteilt, sondern man erhält nur zu viel gezahltes Geld zurück.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Dann schicken wir die Hartz-IV-Empfängerin in den Supermarkt und schauen, ob sie etwas zurückbekommt! – Christian Piwarz, CDU: Das hat doch damit gar nichts zu tun!)
Herr Dr. Hahn, Sie stellen sich das anscheinend so vor: Man stellt sich neben die Supermarktkasse, bekommt mit, dass jemand 15 Euro aus dieser Kasse zurückbekommt, und sagt dann: „Diese 15 Euro will ich auch haben!“ Diese Logik geht aber nicht auf.
Damit sind wir bei der zweiten Baustelle, dem Arbeitslosengeld II. Der Grundgedanke lautet, dass jemand, der kein Einkommen hat, für sich und seine Familie das Existenzminimum erstattet bekommt. Übrigens sind die Hartz-IV-Sätze auch in diesem Jahr gestiegen.
Deswegen ist das Kindergeld auch bei Empfängern von Arbeitslosengeld II quasi ein Durchlaufposten; man hat nämlich vorher keine Steuern gezahlt.
Jetzt können wir gern darüber reden, ob die aktuellen Hartz-IV-Sätze so sind, wie wir uns das alle wünschen, ob sie insbesondere kindgerecht sind. Darüber haben wir hier im Landtag schon häufig diskutiert. Noch im alten Landtag haben wir einvernehmlich einen Beschluss gefasst, in dem wir unseren Wunsch zum Ausdruck gebracht haben, dass die Bedarfssätze für Kinder wie die für Erwachsene ermittelt werden.
Ich will daran erinnern, wie das bei Erwachsenen funktioniert. Man schaut sich 60 000 Haushalte in ganz Deutschland an und stellt fest, was sie für Bildung, für Kleidung, für Lebensmittel und für die Wohnung ausgeben. Dann schaut man sich die unteren 10 % an und sagt: Was die unteren 10 % bekommen, die jeden Morgen um 6 Uhr aufstehen und arbeiten gehen, das soll auch jemand bekommen, der bei uns in Deutschland arbeitslos ist.
Wir sind gut beraten, an diesem Beschluss, den wir gefasst haben, festzuhalten. Wir sollten nicht sagen, der Bedarf eines Kindes liege bei 60, 70 oder 80 % eines Erwachsenen, sondern wir sollten das gleiche Verfahren wie bei Erwachsenen auch bei Kindern anwenden. Auch dort sollte es eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe geben, um festzustellen, was der Haushalt für Schulbedarf, Ernährung und Kleidung eines Kindes ausgibt.
Das ist keine übermäßig neue Idee; denn Punkt 1 haben wir schon einstimmig im Landtag beschlossen, und der Bundesrat hat schon einen entsprechenden Beschluss gefasst. Auch die Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat nicht erst in Berchtesgaden, sondern schon vorher so beschlossen. Da ich die Ministerin sehe, kann ich nur sagen: Der Beschluss Ende November, das noch einmal auf die Agenda zu setzen, war natürlich richtig.
Herr Kollege Hahn, von dieser Stelle aus habe ich schon damals in Richtung des damaligen Bundesarbeitsministers, Herrn Scholz, gesagt, dass wir diese Ermittlung des Bedarfs von Kindern sehr befürworten. Es ist keine Frage, dass es auch vonseiten der Bundesregierung, jedenfalls von der alten, ein Bekenntnis dazu gab. Der Bildungsgipfel fand hier bei uns in Dresden statt. Vertreter sowohl der Länder als auch der Bundesregierung haben sich hier dafür ausgesprochen, dass die Hartz-IV-Sätze kindgerecht ausgestaltet werden.
Auch das Bundessozialgericht hat befunden, dass die Sätze nicht angemessen sind. Ich würde es bedauern, wenn wir mit unserem Beschluss warten, bis das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Es kann nicht sein, dass immer nur das Bundesverfassungsgericht Familienpolitik bei uns im Lande macht.
Insofern bin ich daran interessiert, dass wir relativ schnell eine Aufschlüsselung bekommen. Das setzt natürlich eine wissenschaftliche Untersuchung der tatsächlichen Ausgaben für Kinder voraus.
Schönen Dank. – Herr Krauß, ich versuche, Ihrer Logik zu folgen. Sie haben uns erklärt, wie die Sozialhilfesätze zustande kommen. Wenn man die Ermittlung für Kinder auch so vornähme, würde man 60 000 Haushalte daraufhin untersuchen, was in den verschiedenen Kategorien für Kinder ausgegeben wird. Unter Zugrundelegung der 10 % am unteren Rand würde dann der neue Regelsatz für Kinder abgeleitet werden.
Ist das die Logik – Kinder haben kein eigenes Einkommen –, die auch für Kinder angewendet werden soll?
Bekanntermaßen haben Kinder kein Einkommen. Insofern braucht man das auch nicht zu untersuchen. Es geht vielmehr darum, zu untersuchen, was für den Schulbedarf des Kindes ausgegeben wird; das ist bei jedem Kind gleich. Es liegen schon entsprechende Untersuchungen zum Essen bei Erwachsenen vor. Im Regelfall gibt es insoweit keinen Unterschied zwischen jemandem, der Arbeitslosengeld II bezieht, und jemandem, bei dem das nicht der Fall ist. Im Lebensmittelbereich liegt die Abweichung zwischen beiden Gruppen bei drei bis fünf Euro im Monat.
Frau Herrmann, um es zu konkretisieren: Es lässt sich relativ klar ermitteln, was eine Familie, in der beide Eltern arbeiten, für Lebensmittel, den Schulbedarf und die Kleidung des Kindes ausgibt. Daran wird man das festmachen. – Aber vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Herr Krauß, ich bedanke mich schon deshalb, weil meine Frage unmittelbar an die von Frau Herrmann anknüpft. Ihnen ist nach dem, was Sie in Beantwortung der Frage von Frau Herrmann gesagt haben, doch sicherlich bewusst, dass die bisherigen Einkommensstichproben nur unter den 20 % Einkommensschwächsten der Gesellschaft gezogen wurden. Stimmen Sie mir dann zu, dass das, was Sie vielleicht darstellen wollten, generell für Eltern oder für einen bestimmten Personenkreis so bisher nicht gehandhabt wurde und dass es sinnvoll sein könnte, den Vorschlag zu machen, künftig den Durchschnitt zu betrachten und nicht nur die 20 % am unteren Ende der Einkommensspirale?
Es sind nicht nur die unteren 20 % der Einkommensspirale betrachtet worden, sondern man hat 60 000 Haushalte untersucht. Man weiß doch nicht vorher, wer am unteren und wer am oberen Ende steht. Insofern umfasst die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe alle Bevölkerungsgruppen. Das ist genau der Hintergedanke, den man dabei hat. Insofern kann ich Ihre Frage jetzt nicht richtig nachvollziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir konnten zeigen, dass es einen deutlichen Unterschied gibt zwischen der Kindergelderhöhung, über die wir uns alle freuen sollten, und einer anderen Baustelle, an der wir aber noch arbeiten müssen, nämlich kindgerechte Hartz