Protocol of the Session on March 8, 2011

Herr Dr. Martens, möchten Sie von Ihrem Recht Gebrauch machen? – Nein, das möchten Sie nicht.

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen. Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksache 5/8551 vor. Ich frage: Ist der Änderungsantrag schon eingebracht oder soll er noch eingebracht werden? – Sie möchten ihn noch einbringen. Herr Bartl, dazu haben Sie natürlich Gelegenheit.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Die Notwendigkeit unseres Änderungsantrages haben die Stellungnahme des Herrn Staatsministers und der jetzige Disput zu der Problematik Reichweite der Kontrollrechte des Herrn Datenschutzbeauftragten deutlich gemacht.

Wir wollen, dass hier nicht nüchtern steht, dass der Landtag diese Unterrichtung zur Kenntnis nimmt. Wir wollen mit unserem Änderungsantrag erreichen, dass ausdrücklich gesagt wird, dass wir als Parlament den Bericht zustimmend zur Kenntnis nehmen, wie wir das bei anderen Unterrichtungen auch schon getan haben, wenn wir es für notwendig hielten, das zu bekräftigen. Wir wollen weiterhin, dass wir als Parlament im Beschluss auch eindeutig sagen, dass wir die Staatsregierung auffordern, die Erwartungen und Forderungen des Datenschutzbeauftragten umzusetzen.

Dazu möchte ich nur ein Beispiel geben. Auf Seite 5 der Unterrichtung gibt es zehn Forderungen des Datenschutzbeauftragten, die er an verschiedene Adressaten im Bereich der Staatsregierung und der ihrer Kontrollaufsicht unterliegenden Behörden gerichtet hat. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat – nachdem heute darüber debattiert worden ist – in ihrer Stellungnahme klipp und klar gesagt, dass sie nach wie vor die damalige Funkzellenabfrage für verhältnismäßig hält. Sie hat die Kernkritik, die bundesweit debattiert worden ist und die angeblich auch zu Ihrer Gesetzesinitiative geführt hat, letzten Endes demzufolge für sich nie akzeptiert, nie angenommen. Da sagt der geneigte Jurist: Es besteht jeden Tag Wiederholungsgefahr.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Unter dem Aspekt meine ich schon, dass sich das Parlament sehr wohl entscheiden sollte, hier nachdrücklich zu sagen: Wir bekräftigen das zustimmend, und wir erwarten, dass sämtliche Forderungen, eingeschlossen die Benachrichtigung aller Betroffenen auch ohne Anfrage, umgesetzt werden, und zwar deshalb, weil der Datenschutzbeauftragte das Hilfsorgan des Parlaments in der Wahrnahme eines maßgeblichen Grundrechts, nämlich des auf informationelle Selbstbestimmung als Bestandteil der Würde des Menschen, ist.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Modschiedler möchte für die CDU-Fraktion zum Änderungsantrag Stellung nehmen.

Ich möchte für die Koalition zum Antrag Stellung nehmen.

Das können Sie auch.

Es ist interessant, dass das ein Änderungsantrag sein soll. Es ist ein Erweiterungsantrag, wie auch immer. Hier werden Erwartungshaltungen geäußert. Ich bin froh, dass Sie jetzt nicht irgendwelche Reden in Anträgen formulieren und sagen, dass wir die als Bestandteil haben wollen.

Die Grundlage unseres Antrages war, im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Man kann ihm zustimmen, positiv, wie auch immer. Es wurde nicht darüber diskutiert. Man hat gesagt: Wir nehmen ihn zur Kenntnis. So ist es beschlossen worden.

Nunmehr erreicht uns eine Erwartungshaltung. Zum einen habe ich selbst schon ausgedrückt, dass die Erwartungshaltung im Wesentlichen schon auf der Agenda bzw. umgesetzt ist. Sie sind da anderer Auffassung. Solche Sachen gehören – das hatten wir vorhin auch schon besprochen – in den Ausschuss. Da müssen sie diskutiert werden. Da müssen neue Anträge gestellt werden, dass Sie die Umsetzung dieses Berichtes haben wollen. Deshalb hat so eine Erwartungshaltung nichts mit der Sache zu tun.

Im Übrigen habe ich das Gefühl, dass man mit so etwas den Bericht des Datenschutzbeauftragten eher etwas einschränkt. Das wollen wir nicht.

Wir wollen den Bericht des Datenschutzbeauftragten zur Kenntnis nehmen – nicht mehr und nicht weniger. Der Rest ist Sache des Parlaments, mit Anträgen im Ausschuss zu arbeiten. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Lichdi, Sie möchten für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch einmal das Wort zum Änderungsantrag ergreifen. Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Vielen Dank, Herr Präsident! Wir teilen die Intention des Antrages der Fraktion DIE LINKE. Es war, anders als Herr Modschiedler es dargestellt hat, auch im Rechtsausschuss ein Thema. Dort wurde dieser Antrag ebenfalls gestellt. Die Koalition hat es mit ihrer Mehrheit abgelehnt, diesem Antrag zu folgen.

Es ist durchaus ungewöhnlich, dass ein Datenschutzbericht hier zustimmend zur Kenntnis genommen wird. Allerdings verweise ich auf die langjährige Praxis, immer – ohne die Fraktion DIE LINKE – den Bericht des Landesbeauftragten zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Dem haben wir auch immer zugestimmt. Wir halten angesichts der Dimension der Sache hier eine Abweichung für erforderlich und für gerechtfertigt und wollen deswegen diesen Datenschutzbericht zustimmend zur Kenntnis nehmen.

Zu dem, was Herr Modschiedler angesprochen hat, würde ich Sie, Herr Präsident, bitten, die Zulässigkeit dieses Antrages zu prüfen, weil es tatsächlich mit dieser Formulierung „und erwartet“ nach meinem Begriff eigentlich der Sache nach ein Entschließungsantrag ist, weil in die Zukunft gerichtet ist, was mit diesem Bericht stattfinden soll. Von daher bin ich mir auch nicht sicher, ob dieser Antrag so zur Abstimmung gebracht werden kann. Aber das muss, glaube ich, der Präsident prüfen.

Gibt es weitere Wortmeldungen zum vorliegenden Änderungsantrag? – Das kann ich nicht erkennen. Deswegen kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Ich rufe auf den Änderungsantrag Drucksache 5/8551, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zur Drucksache 5/8376. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen DafürStimmen ist dem Änderungsantrag mehrheitlich nicht zugestimmt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/8376. Wer dieser seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Bei zwei Stimmenthaltungen ist mehrheitlich der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/8376 zugestimmt worden.

Mir liegt noch ein Entschließungsantrag in Drucksache 5/8552 vor. Herr Lichdi steht schon bereit und möchte den Entschließungsantrag einbringen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in meinen Redebeiträgen bereits deutlich gemacht, dass für uns als Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese Sache noch lange nicht ausgestanden ist. Deswegen haben wir Ihnen einen durchaus – ich gebe es zu – ausführlichen Entschließungsantrag vorgelegt, der genau die Punkte benennt, die aus unserer Sicht noch offen sind. Deswegen wollen wir Ihnen diese gern vorstellen.

In Punkt I.2 wollen wir den Datenschutzbeauftragten bestärken, dass er auch in Zukunft mit seinen Kontrollen weiter fortfährt und dass er, wie er es im Ausschuss beschlossen hat, weiterhin stichprobenartig und anlassbezogen die Kontrollen fortführt. Ich denke, dazu besteht besonderer Anlass, nachdem wir heute zum erneuten Mal gehört haben, dass der Staatsminister der Justiz und für Europa und die Behörden nicht bereit sind, diesen Bericht im Kern anzuerkennen.

In Punkt II.1 greifen wir ein aktuell schwelendes Problem auf, nämlich die Frage der Benachrichtigung. Die Staatsanwaltschaft Dresden leistet sich die irrige Rechtsauffassung – unterstützt vom Staatsminister –, dass eine Benachrichtigung nicht erforderlich sei, sondern nur für diejenigen gelte, die ein Auskunftsersuchen erstellt haben. Das ist meines Erachtens eine völlig illiberale, grundrechtsferne Interpretation, die auch nicht der Strafprozessordnung entspricht.

In Punkt II.2 greifen wir eine Anmahnung des Datenschutzbeauftragten auf, nämlich die Kennzeichnung der Daten. Wir haben gehört, dass das erfolgt sei. Wir wollen aber auch, dass die internen Dateien von Unbeteiligten möglichst schnell gelöscht werden. Es ist das Herzensanliegen des Datenschutzbeauftragten, so wie ich es verstanden habe, nämlich ein schnelles Datenreduzierungskonzept, was zumindest beim Landeskriminalamt, wie wir eben gehört haben, nicht der Fall ist. Das Landeskriminalamt ermittelt weiter Bestandsdaten, mittlerweile sind es 55.500 Bestandsdaten. Deswegen ist es dringend geboten, dass wir unsere Meinung dazu sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen weiter in die Zukunft schauen. Ich hatte es bereits angesprochen. Wir müssen einiges bei der Polizeiaus- und -fortbildung machen und auch einiges für die Sensibilisierung der Beamtinnen und Beamten, denen offensichtlich nicht klar ist, was sie hier getan haben. Sie beziehen sich natürlich immer darauf: Na ja, es entscheidet ja eine Staatsanwaltschaft oder ein Gericht, da tun wir das mal schnell anregen. Auch die Polizei ist den Grundrechten verpflichtet. Deswegen sehen wir Handlungsbedarf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt selbstverständlich für die Staatsanwaltschaft. Es gilt, dass solche Dinge nicht mehr vorkommen, die in der Öffentlichkeit diesen großen Aufruhr und dieses große Erschrecken ausgelöst haben, dass unabhängige Gerichte, denen wir unsere Grundrechte anvertrauen müssen, schlicht und ergreifend ein vorformuliertes Formular der Staatsanwaltschaft einfach abzeichnen. Das

soll in Zukunft nicht mehr möglich sein, selbst wenn es rechtmäßig ist.

Herr Lichdi, ich bitte Sie zum Schluss zu kommen.

Daher, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Es gibt noch eine Wortmeldung. Herr Biesok, ich nehme an, Sie sprechen für die Koalition. Bitte schön.

Herr Präsident! Ja, das ist richtig. Ich möchte kurz zu dem Entschließungsantrag Stellung nehmen.

Zu Punkt I.2: Ich glaube, es ist nicht notwendig, den Datenschutzbeauftragten in seiner Arbeit zu bestärken. Ich habe nicht den Eindruck, dass er durch die öffentliche Kritik eingeschüchtert ist. Ich gehe davon aus, dass er seine Arbeit auch weiterhin unvermindert fortsetzen wird. Alle Fraktionen haben ihm gedankt und den Respekt für seine Arbeit ausgesprochen. Deshalb ist es überflüssig.

Den Punkt I.3 möchte ich nicht beschließen lassen. Es gibt hierzu unterschiedliche Rechtsauffassungen. Ich gebe ganz offen und ehrlich zu: Ich habe meine Meinung mehrmals geändert, je nachdem welche Argumentation ich gehört habe. Es sind beides gute juristisch tragende Argumentationen, die sicherlich irgendwann einmal richtig entschieden werden. Ich denke, es ist kein guter Stil, diese Frage jetzt politisch zu entscheiden.

In Punkt II werden Forderungen aufgestellt. Zu den wesentlichen Punkten hat der Justizminister schon Stellung genommen. Das, was im Rahmen der geltenden Gesetze gemacht werden kann, hat die Staatsregierung bereits veranlasst. Es gibt rechtliche Grenzen, über die man nicht hinweggehen kann. Somit können wir auch nicht beschließen, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, das zu machen.

Ich möchte noch auf die Ziffer 7 von Punkt II eingehen. Es ist dafür zu sorgen, dass diese Eingrenzung gemacht wird. Es ist wünschenswert, wenn wir eine gesetzliche Klarstellung bekommen, ansonsten gilt die Gesetzeslage, so wie sie ist. Es ist ein Bundesgesetz und dort kann durch eine ministerielle Anweisung angeordnet werden, dass dieses Gesetz partiell auch angewendet wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Julia Bonk, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Bonk, Sie möchten sich auch noch zu Wort melden? Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Kolleginnen und Kollegen von der

Koalition unserem Änderungsantrag zur Entschließung wegen des zweiten Zusatzes der Erwartung nicht zustimmen konnten, dann besteht jetzt in Form des Entschließungsantrages noch einmal die Möglichkeit, den Bericht des Datenschutzbeauftragten zu begrüßen, ihm zu danken und zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Das wäre Ihre Gelegenheit, Punkt I zuzustimmen. Wenn es Probleme mit Punkt I Absatz 3 gibt, könnten wir das auch als Antrag verstehen, darüber einzeln abzustimmen, um in Punkt I den Ziffern 1 und 2 zuzustimmen.

Kollege Biesok, Ihren Redebeitrag hatte ich so verstanden, dass Sie den Bericht des Datenschutzbeauftragten dankend zur Kenntnis nehmen wollen. Auch unser Antrag war darauf gerichtet, die Forderungen des Datenschutzbeauftragten umzusetzen und weiter aufzugreifen, vor allen Dingen die weitere Bearbeitung der Handreichung für Polizistinnen und Polizisten. Das wird in den Forderungen genannt und findet auch unsere Unterstützung, weil diese Maßnahmen noch nicht ausreichend für die Grundrechtssensibilität geworben haben. Deswegen können wir im Sinne unserer Initiative diese detaillierten Punkte unterstützen und werden dem zustimmen. Ich bitte um Zustimmung zu Punkt I, wenn es Ihnen eben nicht möglich gewesen ist.

Vielen Dank.

Frau Bonk, ich habe nicht erkannt, dass Herr Biesok punktweise Abstimmung gefordert hat. Die Interpretation der Aussagen von Herrn Biesok obliegt nicht Ihnen. Sie können eine punktweise Abstimmung beantragen, wenn Sie das wollen. Ich frage Sie: Möchten Sie das?