Protocol of the Session on January 25, 2012

Wir sind aber trotzdem der Auffassung, dass keine angemessene Beteiligung der Kommunen erfolgt. Warum? Ich erinnere daran, dass der Freistaat Sachsen 1,5 Milliarden Euro mehr einnimmt. Das ist Geld, das in diesem Doppelhaushalt zum Großteil runtergekürzt wurde. Das heißt also, die Kommunen werden mit 21 Millionen Euro von den 1,5 Milliarden Euro im wahrsten Sinne des Wortes abgespeist. Sie bekommen 2013/2014 eine entsprechende, angemessene Abschlagszahlung, aber sie brauchen jetzt das Geld. Sie brauchen jetzt die Finanzierung, weil es Millionendefizite in den Landkreisen und kreisfreien Städten gibt. Zur Diskussion vom November, als Sie sagten, die Zahlen seien aus der Luft gegriffen, nenne ich ein aktuelles Beispiel aus der letzten Woche: Görlitz 15 Millionen Euro Defizit. Und Sie meinen, 21 Millionen Euro Investitionspauschale reichen aus. Das ist bei Weitem nicht der Fall. Wir sehen darin keine angemessene Beteiligung der Kommunen.

Wir wollen uns trotzdem diesem Mini-Kommunalpaket nicht verschließen und werden Ihnen morgen unsere weitergehenden Anträge bzw. unseren Gesetzentwurf präsentieren. Wir werden uns heute als Fraktion der Stimme enthalten.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Das war Frau Junge für die Fraktion DIE LINKE. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Abg. Pecher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schön, dass wir über Steuermehreinnahmen reden können. Ich bin auch ganz stolz. Wir hatten bei der Diskussion des Doppelhaushaltes gesagt, dass wir in diesem Haushalt rund 500 Millionen Euro Luft sehen, dabei haben wir die Mehreinnahmen gar nicht so hoch angesetzt. Jetzt haben wir die Rücklagen gefüllt und 350 Millionen Euro Überschuss.

Herr Herbst ist nicht da. Ich würde sagen, so schlecht haben wir damals nicht gerechnet. Das einmal zur Ehrenrettung. Und, Herr Michel, Sie kriegen Ihr Lob, denn es ist wesentlich besser, in zwei Monaten einen Gesetzentwurf zu bringen, anstatt wie die FDP-Fraktion die zehnfa

che Zeit zu brauchen, nämlich fast zwei Jahre für das ÖPNV-Gesetz. Von daher ist es eine Spitzenleistung, was Sie hier gemacht haben. Einwandfrei.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD, und vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich vertraue diesen Zahlen mehr – insbesondere, weil sie von der kommunalen Ebene gecheckt wurden – als Herrn Herbst, der sie von seinem Minister abliest und den Landkreis Zwickau von der Stadt Zwickau als Träger des ÖPNV nicht unterscheiden kann. Das nur einmal am Rande als kleine Replik.

Richtig ist, diese Investitionspauschale mit der Hebelwirkung einzusetzen. Das Investitionsprogramm Aufstockung der Programme für Schulhausbau mit 85 Millionen Euro aus den Steuermehreinnahmen, was in Summe, wenn man es nüchtern betrachtet, 100 Millionen Euro Invest bedeutet, ist eine vernünftige Sache. Damit auch gleich die gute Nachricht: Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ja, was gut ist, kann man nicht wegdiskutieren und sollte man auch nicht. Wir sehen das Geld an den richtigen Stellen eingesetzt: bei Kitas, im Sport und beim Schulhausbau. Das ist eine ganz vernünftige Sache.

Der Zwischenruf von Herrn Patt provoziert ein bisschen, indem er mit Selbstbewusstsein sagt: Jawohl, die Kreise werden stabilisiert. Also, Herr Patt, mit 10 Millionen Euro und 1 Million Euro pro Kreis ist das schlichtweg Nonsens. Meine Kreistagskollegen werden mir recht geben.

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Wir bauen als Kreistagsabgeordnete darauf, die Zeit bis 2013 zu überleben, bis die Abrechnungsbeträge aus dem FAG kommen und wir damit die Haushalte im Kreis etwas stabilisieren können. Es geht um das Kunststück, jetzt anderthalb Jahre über Wasser zu bleiben.

Viel Engagement ist noch lange nicht richtig, aber es ehrt Sie, dass Sie da zumindest die Fahne hoch halten für die Kreise.

In diesem Sinne werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.

Einen Wermutstropfen muss ich Ihnen trotzdem noch mitgeben. Investitionsprogramm von 35 Millionen Euro bei der einen Steuerschätzung, jetzt 85 Millionen Euro im Land in der zweiten Steuerschätzung – Sie wissen natürlich, dass Sie durch das künstliche Herunterrechnen im Haushaltsansatz Hunderte Millionen Euro dem Budgetrecht des Parlaments und seiner Planungshoheit entziehen, weil auf die Verteilung dieser Mittel keinerlei Einfluss besteht, wenn Sie unter der HFA-Schwelle bleiben, und selbst wenn Sie darüber bleiben, wird das nur im HFA beraten.

Ich finde dieses Vorgehen zumindest diskussionswürdig, was das Thema Transparenz- und Budgetrecht des Parlaments für die Zukunft betrifft. Wir werden in diesem Jahr

wieder einen Doppelhaushalt beraten. Sie werden wieder mit heruntergerechneten Zahlen kommen. Dann werde ich Ihnen das genau vorlegen. Mal sehen, wie Sie sich dann verhalten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das war für die SPDFraktion Herr Kollege Pecher. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Kollegin Giegengack.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war ein eigenartiger Schlagabtausch, den man Anfang Januar in der „Freien Presse“ verfolgen konnte. Hierbei gingen zwei CDU-Männer öffentlich aufeinander los: zum einen der Kämmerer der Stadt Chemnitz, Berthold Brehm, und zum anderen der Chemnitzer Abg. Peter Patt. Streitpunkt waren die Steuermehreinnahmen des Freistaates.

Der Kämmerer hatte öffentlich erklärt, das Land beteilige die Kommunen zu wenig am Steuerplus des Freistaates. Geld sei genug da, der Freistaat würde dieses Geld jedoch bunkern, obwohl die Kommunen in Schwierigkeiten steckten. Gerade einmal 1,2 Millionen Euro würde die Stadt Chemnitz von den 1,5 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen sehen.

Ich konnte den Ärger meines Kollegen Patt aufgrund dieser Äußerung in gewissem Maße schon nachvollziehen, denn diese Darstellung ist in der Tat arg verkürzt und trägt nicht unbedingt zu einer sachlichen Debatte bei.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

So wurde mit keinem Wort darauf eingegangen, dass die Kommunen – und so auch Chemnitz – über den Gleichmäßigkeitsgrundsatz des KFA zeitverzögert an den Steuermehreinnahmen beteiligt werden und deshalb im Jahr 2013 mit höheren Zuweisungen vom Land rechnen können. Gerade angesichts der schwierigen Haushaltslage von Chemnitz wäre das schon eine Erwähnung wert gewesen, auch wenn es sich hierbei um einen Automatismus handelt.

Warum gerade ein CDU-Bürgermeister so eine Stimmung macht, müssen Sie in der CDU intern klären, doch unabhängig davon ist es der Bevölkerung in der Tat schwer zu vermitteln, warum die Kommunen nicht in größerem Umfang an den Steuermehreinnahmen des Landes von 1,5 Milliarden Euro beteiligt werden.

Herr Unland, Sie begründen die Verteilung der Steuermehreinnahmen damit, dass im Doppelhaushalt 2011/ 2012 vor allem die Investitionsausgaben und die Rücklagen gekürzt wurden. Dementsprechend sei festgelegt worden, dass eventuelle Steuermehreinnahmen vorrangig für Investitionen und Rücklagen zu verwenden seien. Ich habe extra noch einmal im Wortprotokoll nachgelesen. Dort steht „vorrangig für Investitionen und Rücklagen“. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden. Das von

Ihnen vorgeschlagene Verwendungskonzept veranschlagt aber gerade einmal 9 % für Investitionen, und 91 % der zusätzlichen Steuermittel gehen in die Rücklagen. Das halten wir bei aller gebotenen Vorsicht für überzogen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Diskussion über unseren Antrag zum Nachtragshaushalt haben wir deutlich gemacht, dass auch wir aufgrund der kaum seriös vorhersehbaren wirtschaftlichen Entwicklung für angemessene Vorsorge sind. Aber 9 von 10 Euro in die Rücklage zu tun, hat nach unserer Auffassung eben nicht mehr so viel mit Vorsorge, sondern eher etwas mit Bunkern zu tun. Es entspricht auch nicht den im Haushalt 2011/2012 tatsächlich vollzogenen Kürzungen. So wurden im Haushalt 2011 die Planansätze für Investitionsausgaben im Vergleich zur Vorperiode um rund 600 Millionen Euro zurückgefahren.

Es steht außer Zweifel: Die Finanzsituation der sächsischen Kommunen hat sich, zwar zeitverzögert durch den KFA und die Abwicklung des Konjunkturpaketes, infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise im Saldo deutlich verschlechtert. Der kommunale Finanzausgleich ist stark zurückgegangen, doch die Aufgaben sind die gleichen geblieben.

Machen wir es mal ganz konkret. Herr Schmalfuß, Sie haben ja vorhin Ihre Ausführungen gemacht. Nach Auskunft der Stadt Chemnitz auf eine Stadtratsanfrage von Ihnen im November 2011 beträgt die Summe des Instandhaltungs- und Investitionsrückstaus bei den Chemnitzer Schulen 271 Millionen Euro – trotz vorbildlicher Umsetzung des Konjunkturpakets und eines kommunalen Sonderinvestitionsprogramms für Schulen. Aus den Steuermehreinnahmen kommen in meiner Stadt im Jahr 2012 Investitionsmittel in Höhe von 1,2 Millionen Euro an. Die Schulausbauförderung beträgt bei Mittelschulen und Gymnasien bis zu 60 %, für Grundschulen und Schulsporthallen bis zu 50 % und für Schulsportaußenanlagen bis zu 30 %. Chemnitz kann also aus den zusätzlichen Steuermehreinnahmen eine zusätzliche Investition an einer Grundschule in Höhe von 2,4 Millionen Euro vornehmen.

Vor diesem Hintergrund kann man nicht erwarten, dass der heute abzustimmende Vorschlag vor Ort auf große Begeisterung stößt. Die von unserem Kämmerer vorgeschlagenen 180 Millionen Euro Investitionsmittel für die Kommunen – das wären 12 % der prognostizierten Steuermehreinnahmen 2011/2012 – hätten für meine Stadt 10 Millionen Euro bedeutet und Investitionen in Chemnitzer Grundschulen von 20 Millionen Euro ermöglicht. Das hätten sie auch dringend nötig.

Wir werden dem Gesetzentwurf wie bereits im Ausschuss zähneknirschend zustimmen, denn etwas ist besser als nichts, und wir wollen uns den Kommunen da auch nicht in den Weg stellen. Ich habe aber deutlich gemacht, dass wir die Höhe des Investitionsprogramms für viel zu gering halten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Ich sehe am Mikrofon 4 den Wunsch nach einer Kurzintervention. Bitte, Herr Prof. Schmalfuß.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich würde mich gern auf die Ausführungen von Frau Giegengack zum Investitionsstau an Chemnitzer Schulen beziehen. Ich empfehle Ihnen, Frau Giegengack, einen Blick in den Genehmigungsbescheid der Landesdirektion zum Haushalt der Stadt Chemnitz für das Jahr 2010 vom 28. März 2011. Das wird auch der Grund sein, weshalb wir in Chemnitz einen so hohen Investitionsstau haben. Er beträgt für die kommunale Infrastruktur mehr als eine halbe Milliarde Euro.

Ich zitiere: „Letztlich wird damit die Finanzierung freiwilliger Aufgaben im Kulturbereich in bisheriger Form und Umfang durch die Hinnahme eines Investitionsstaus an städtischen Schulen erkauft.“

Wir sehen, dass in den Städten Leipzig und Chemnitz, also auch in meiner schönen Heimatstadt Chemnitz, sozialdemokratische Politik dazu geführt hat, dass freiwillige Aufgaben übernommen werden,

(Lachen der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

dass die Pflichtaufgaben, zu denen die Sanierung der Schulen gehört, aber vernachlässigt werden. Aber das wird sich im nächsten Jahr bei der Oberbürgermeisterwahl in der Stadt Chemnitz ändern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Wollen Sie reagieren, Frau Giegengack?

Ich kann nur andeuten, dass in der Zeit, wo Herr Schmalfuß noch nicht Mitglied des Chemnitzer Stadtrates war, die FDP die Kulturausgaben, insbesondere den Abschluss des Haustarifvertrages mit der Städtischen Philharmonie, durchaus mitgetragen hat.

Wir kommen jetzt zum nächsten Redner. Für die NPD-Fraktion spricht der Abg. Storr.