Protocol of the Session on December 15, 2011

(Annekatrin Klepsch, DIE LINKE: Und danach? Wie sieht es dann weiter aus?)

Da kommen wir dann auch noch hin, Frau Klepsch. Aber Sie können uns das vielleicht auch sagen.

Des Weiteren haben wir das Bildungs- und Teilhabepaket, zu dem ich schon im Mai gesagt habe: Unsere größte Aufmerksamkeit muss dem dienen, dass wir dafür Sorge tragen, dass das, was heute über das Bildungs- und Teilhabepaket finanziert wird, auch nach 2013 weiter finanziert wird. Dafür setzen wir uns ein.

Ferner werden über ESF-Richtlinie des SMS bzw. des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft in der laufenden Förderperiode unter Teil 2, Punkt c sozialpädagogische Vorhaben zur Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern, sprich die Schulsozialarbeit, in Höhe von circa 5 Millionen Euro gefördert. Damit sollen mindestens zwei Projekte sowie eine Koordinationsstelle pro Landkreis bzw. kreisfreier Stadt unterstützt werden.

Herr Schreiber, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Dr. Stange, bitte.

Herr Schreiber, könnten Sie mir zu dem letzten Projekt, das ich mit Interesse der Stellungnahme der Staatsregierung entnommen habe, ein Beispiel nennen, wo das bereits angewendet wird? Wenn Sie es nicht können, dann könnte es vielleicht der Minister machen. Mir ist nicht bekannt, dass irgendeine Gebietskörperschaft aus diesem Programm bis heute Mittel für Schulsozialarbeiter angefordert hat.

Frau Dr. Stange, am letzten Freitag, dem 09.12.2011, gab es eine Pressemitteilung seitens des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz, nachdem es eine gemeinsame Runde mit den Jugendamtsleitern gegeben hatte. Dort wurde den Jugendamtsleitern der kommunalen Gebietskörperschaften noch einmal eindringlich erklärt, dass Geld aus ESF-Mitteln zur Verfügung steht. Die Summe habe ich eben genannt. Die kommunalen Gebietskörperschaften werden künftig dadurch unterstützt, dass vor Ort Hilfe angeboten wird, diese ESF-Mittel auch zu beantragen. Sie wissen so gut wie ich, dass dies ein schwieriges Verfahren ist.

Aus diesem Grund übernimmt der Freistaat Sachsen für diese Koordinierungsfunktion ebenfalls die Finanzierung und darüber hinaus für diese Projekte. Das ist ein Fakt. Wie gesagt, so schlau sind alle spätestens seit dem letzten Freitag. Ich kann nur hoffen, dass die Kommunen die Möglichkeit verstärkt nutzen, dieses Geld in Anspruch zu nehmen, und vor Ort Schulsozialarbeit implementieren.

Die derzeitige Förderausrichtung der EU lässt mich darüber hinaus zu dem Schluss kommen, dass über das Jahr 2013 hinaus europäische Mittel für diesen Bereich zur Verfügung gestellt werden können.

Zu Punkt 2c Ihres Antrages. Mit dem vorliegenden Rahmenkonzept – Sie haben es angesprochen – „Chancengerechte Bildung“ und dem gemeinsamen Positionspapier von SMS, Kultusministerium, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindetag hat die Schulsozialarbeit über die Fachempfehlungen von 2004 hinaus gute Grundsätze und Arbeitskriterien in der Hand und sie nutzt diese auch.

Zum Schluss zu Punkt 2d – damit schließt sich der Kreis –: Für die Ausgestaltung, auch in finanzieller Hinsicht, sind die Kommunen zuständig. Der Freistaat kann hierbei unterstützend wirken und er tut es auch, er wird es auch weiterhin tun.

Die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes sowie der Jugendpauschale sowie der Förderrichtlinie „Weiterentwicklung“ sind nicht zweckgebunden. Sicherlich – das wurde auch in der Anhörung gesagt – liegt hierin das eigentliche Problem. Ich möchte das an den beiden Ebenen – der kommunalen Ebene und der Landesebene – mit ein paar Punkten verdeutlichen: Zum einen haben wir die Planungshoheit der Kommunen. Das heißt, nur mit den Kommunen soll Schulsozialarbeit implementiert werden, nicht über den Kopf der Kommunen hinweg.

Wir haben allerdings das Problem – das haben wir hier schon mehrfach diskutiert –, dass in einigen Kommunen in Sachen Jugendhilfeplanungen einiges im Argen liegt. Auch dort sind wir, denke ich, unisono einer Meinung, dass wir dort verstärkt Hilfestellung geben müssen. Des Weiteren dürfen wir von den Kommunen aber auch verlangen, dass sie ihre eigenen Strukturen vor Ort überprüfen nach Sinn und Zweck der Förderung im Kinder- und Jugendbereich.

Man muss es hier ganz deutlich sagen: An der einen oder anderen Stelle muss man eben auch einmal die Frage stellen, ob das eine oder andere jugendhilfliche Angebot – sei es ein Abenteuerspielplatz oder ein Kinder- und Jugendhaus an der Stelle XY – überhaupt noch notwendig ist oder ob es vielleicht sinnvoller wäre – auch wenn gewachsene Strukturen existieren und Sozialarbeiter vor Ort über viele Jahre arbeiten –, dieses Angebot und die damit verbundenen Ressourcen beispielsweise in

Schulsozialarbeit zu geben. Das muss man vor Ort diskutieren und die kommunale Kinder- und Jugendhilfe muss den Mut dafür aufbringen.

Zur Landesebene möchte ich so viel sagen: Wir müssen darüber nachdenken – und das ist ein Appell an uns alle –, ob eine eventuelle Zusammenführung der verschiedenen Förderinstrumente der Schulsozialarbeit auf Landesebene nicht besser wäre. Ich persönlich sehe dabei große Probleme und verstehe die eine oder andere Kommune auch, wenn sie bei diesen verschiedenen Ebenen und Möglichkeiten der Finanzierung – ich will es lapidar sagen – durcheinanderkommt. Das heißt, wir müssen uns überlegen, wie wir das irgendwo miteinander verbinden und irgendwie bündeln können.

Wir müssen auch darüber nachdenken – das ist meine persönliche Meinung –, diese Mittel konkret und zweck

gebunden für Schulsozialarbeit an die Kommunen auszureichen, damit diese dort ankommen und nicht wieder in irgendwelchen jugendhilflichen Angeboten verschwinden, die im Zweifel vor Ort gar nicht mehr benötigt werden. Dazu müssen unserer Meinung nach strukturierte Diskussionen vor allem mit den betroffenen Landkreisen, kreisfreien Städten, aber auch mit dem Kultusministerium und der Schulverwaltung geführt werden. Schnellschüsse, liebe SPD – –

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Zehn Anträge! – Christian Piwarz, CDU: Zehn Schnellschüsse!)

Das, was in Ihrem Antrag steht, ist trotzdem ein Schnellschuss. Sie fordern in Ihrem Punkt 2 zunächst eine Bedarfsanalyse und sagen bereits in Punkt 1, dass an jeder Schule Schulsozialarbeit zu implementieren ist.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Nein!)

Darin widerspricht sich Ihr Antrag absolut.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Dr. Stange, Sie haben hier am Pult noch die Möglichkeit, das richtigzustellen, wenn es mal wieder von Ihnen missverständlich geschrieben worden ist.

(Christian Piwarz, CDU: Wenn sie noch Redezeit hat!)

Aus den Gründen, die ich hier vorgetragen habe, werden wir Ihren Antrag heute ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Nun ist die Fraktion DIE LINKE an der Reihe. Frau Abg. Klepsch, bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Täglich grüßt das Murmeltier hier im Sächsischen Landtag. Sprich: Es gibt Dauerbaustellen, in denen man als Opposition so lange herumwaten muss, bis die Staatsregierung einsieht, dass dort etwas zu tun ist. Deshalb war es von der SPD richtig, das Thema Schulsozialarbeit erneut auf die Tagesordnung des Landtages zu setzen, auch infolge der Anhörung, die meine Fraktion im Schulausschuss durchgeführt hatte.

Dass die Schulsozialarbeit als notwendige Ergänzung der schulischen Wissensvermittlung und als niederschwellige pädagogische Gelegenheitsstruktur notwendig ist, ist inzwischen bundesweit ein Thema – spätestens seit den Verhandlungen zum Bildungs- und Teilhabepaket vor einem Jahr. Nur die Sächsische Staatsregierung muss man zum Jagen tragen, damit es nicht bei einigen bescheidenen Schulsozialarbeiterstellen im Berufsvorbereitungsjahr bleibt.

Leider sind die Sozialministerin und der Kultusminister längst außer Haus. Das ist schade, denn die Debatte wäre notwendig gewesen. Ich vermute aber, ein Vertreter der Staatsregierung wird uns nachher die Förderrichtlinie zur

Schulsozialarbeit anpreisen, die Anfang Juli veröffentlicht wurde. Herr Kupfer, wir hatten schon im vergangenen Plenum das Vergnügen, über Jugendhilfe zu diskutieren.

Ich verwies bereits bei der letzten Plenardebatte zum Thema Schulsozialarbeit darauf, dass diese Förderrichtlinie vom Juli dieses Jahres ein politisches Feigenblatt zur falschen Zeit und außerdem unterfinanziert war und ist. Erstens sind die Landkreise kaum in der Lage, mitten im Haushaltsjahr aus einem beschlossenen Haushalt für ein neues Projekt 20 % der Kosten kozufinanzieren. Zweitens wird laut Ausschreibung pro Landkreis nur ein Projekt an einer Mittel- oder Förderschule bewilligt, die noch keine Schulsozialarbeit hat. Das ist Kosmetik und nicht mehr. Grundschulen wurden von vornherein ausgenommen, obwohl die Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit empfiehlt, bereits in der Grundschule zu beginnen, um frühzeitig präventiv wirken zu können.

Wenn das Sozialministerium in der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag sich darauf zurückzieht, die Schulsozialarbeit falle in den Bereich der weisungsfreien kommunalen Pflichtaufgaben, und man auch noch formaljuristische Gründe heranzieht, dann zeugt dies aus meiner Sicht nicht von Fachkompetenz und dem politischen Gestaltungswillen eines Ministeriums, sondern von Ignoranz und Unkenntnis der eigenen Verlautbarung.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Ich erkläre auch, warum. Im 3. Kinder- und Jugendbericht des Freistaates von 2009 hieß es in der Stellungnahme dieser Staatsregierung, es sei „fachlich durchaus nachvollziehbar, Schulsozialarbeit nicht nur als Feuerwehr bei verfestigten Problemlagen oder in sozialen Brennpunkten einzusetzen, sondern als notwendiges Qualitätsmerkmal von Schulen in Sachsen zu verstehen“.

Ich frage: Wo sind die Ergebnisse? Die Praxis auf der kommunalen Ebene beweist genau das Gegenteil. Je nach Gutdünken, Kassenlage und fachlicher Kompetenz des Sozialdezernenten und der Jugendamtsleiter in den Landkreisen werden Mittel für die Schulsozialarbeit bereitgestellt oder eben nicht. Wir haben es gehört: Der Vogtlandkreis und das Meißner Land haben die rote Laterne.

(Patrick Schreiber, CDU, steht am Mikrofon.)

Der Landkreis Leipzig und die Stadt Leipzig sind hier in einer positiven Vorreiterrolle. Die Stadt Dresden verfolgt ebenfalls gezielt den Ausbau der Projekte. Alle drei Gebietskörperschaften haben übrigens positive Erfahrungen dabei gemacht, mit der Schulsozialarbeit bereits in der Grundschule zu beginnen.

Frau Klepsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Schreiber, bitte.

Frau Kollegin Klepsch, geben Sie mir dahin gehend recht, dass die Beschlussfassung über die Verwendung der kommunalen Mittel, also wie der Landkreis die Mittel für Kinder- und Jugendhilfe einsetzt, nicht nur nach Gutdünken von Bürgermeistern, Landräten oder Beigeordneten erfolgt, sondern dass erst dann diese Mittel vergeben werden, wenn der Jugendhilfeausschuss der jeweiligen Gebietskörperschaft die Verwendung der Mittel beschlossen hat? Der Jugendhilfeausschuss besteht letztendlich aus kommunalen Vertretern, Politikern; Sie sind beispielsweise eine Vertreterin im Lande und im Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden, ich bin ein Vertreter im Jugendhilfeausschuss. Geben Sie mir dahin gehend recht?

Herr Schreiber, darin kann ich Ihnen leider nicht recht geben, und ich sage Ihnen auch warum: weil einerseits der Jugendhilfeausschuss in allen Landkreisen nur über das Geld entscheiden kann, das ihm das Kommunalparlament, der Kreistag oder der Stadtrat, zur Verfügung stellt. Wir haben das in Dresden durchgespielt. Der Dresdner Jugendhilfeausschuss hatte 300 000 Euro mehr beim Stadtrat beantragt, um das Defizit vom Land auszugleichen. Der Stadtrat hat es mit schwarz-gelber Mehrheit abgelehnt.

(Patrick Schreiber, CDU, steht erneut am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Nein, ich führe jetzt weiter aus. – Ich bezog mich in der Kritik darauf: Das ist eine Schwäche in dem SPD-Antrag. Man muss fachlich darüber diskutieren, was die Bedarfserhebung auf der kommunalen Ebene betrifft. Wir haben konkret in der Stadt Plauen die Situation, dass Ihr eigener Parteikollege – Herr Dr. Geyer, zuständig für Jugendhilfe – der Meinung ist, wir brauchen keine Schulsozialarbeit in Plauen; denn dann müsste er bei seinem eigenen Landrat durchsetzen, dass auch der Vogtlandkreis Geld dafür zur Verfügung stellt. Entweder er tut es auf Kosten anderer Jugendhilfeprojekte oder er muss es zusätzlich zur Verfügung stellen.

Das führt im Moment dazu, die Bedarfserhebung zu verweigern und die Augen zu verschließen. Das halte ich für falsch und ich würde jetzt gern in meinen Ausführungen fortfahren.