Ich möchte aber auch die in erster Linie zuständigen Verbandsräte nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Sie müssen die Konsequenzen für ihr Handeln tragen. Es ist ja bekannt, dass überwiegend lokale CDU-Granden in Hinterzimmerverhandlungen solche absurden Knebelverträge protegieren.
Deshalb kann ich dem Vorschlag der LINKEN zum Finanzausgleich durch den Freistaat – siehe Punkt 2 c des Antrages – auch nicht zustimmen. Mit einem Scheck vom Freistaat könnte der Betreiber sich ruhig zurücklehnen und weiterhin Geld drucken. Das politische Fehlverhalten hätte keinerlei Konsequenzen.
Inzwischen hat ein GRÜNER Klage beim Verwaltungsgericht Dresden gegen den erhöhten Abfallgebührenbescheid und den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Bautzen eingereicht. Ziel dieser Klage ist zuallererst, die Unterlagen zur Kalkulation der Müllgebühren offenzulegen – die kennt man nämlich gar nicht – und vor allem Kenntnis von den Verträgen des Landkreises mit RAVON und der Müllverbrennungsanlage Lauta zu erhalten.
Unverständlicherweise hat der Kreistag sogar mit Stimmen von SPD und LINKEN der neuen Abfallgebührensatzung, also den erhöhten Gebühren, im Juni des vergangenen Jahres zugestimmt, und das sogar ohne vollständig vorliegende Unterlagen. Vermutlich werden einmal mehr Gerichte im Freistaat für Transparenz und Rechtsstaatlichkeit sorgen müssen. Aber das ist nichts Neues.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE macht auf ein Problem aufmerksam, das absehbar für die Einwohner der Landkreise Bautzen und Görlitz noch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben wird.
Es geht tatsächlich um die Frage, ob für leichtfertige Fehlplanung bei der Abfallbeseitigung letztendlich der Bürger die finanzielle Verantwortung übernehmen soll, ohne dass die Frage, wer eigentlich die politische Verantwortung für die Fehlplanung zu tragen hat, diskutiert wird. Diesen Eindruck, dass hier möglicherweise etwas vertuscht werden soll, hat man, wenn man die dünnen Aussagen der Staatsregierung in der Stellungnahme zu diesem Antrag in Betracht zieht, die keine Veranlassung für ein Handeln sieht. – So lautet die Stellungnahme.
Dass die Staatsregierung sich auf die kommunale Selbstverwaltung beruft, um ihre zurückhaltende – um nicht zu sagen: nichtssagende – Stellungnahme zu rechtfertigen, wundert uns daher nicht.
Erinnern wir uns: Die Ursprünge der zutreffend als Knebelvertrag bezeichneten Vertragsgestaltung mit RAVON bzw. der thermischen Abfallbehandlungsanlage Lauta reichen in eine Zeit zurück, in der noch nicht von einem demografischen Niedergang und sogenannten Entleerungsräumen die Rede war. Vielmehr winkte der Mülltourismus aus Italien und anderswoher, und es waren satte Gewinne zu erwarten.
Da ist es schon eine legitime Fragestellung, die eigentlich dahintersteht: Wer hatte damals wirklich Interesse an dieser Vertragsgestaltung, die den Bürgern der betroffenen Landkreise jetzt auf die Füße fällt? Welche Rolle spielte die Landrätin des ehemaligen Landkreises Kamenz und heutige Staatssekretärin Andrea Fischer? Welche Rolle hatte der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Klinkert, der heute einen Posten bei der Vattenfall Europe AG hat? Gab es damals vielleicht doch politische Einflussnahmen, die ursächlich für die gigantischen Fehleinschätzungen sind?
Eine Offenlegung der damaligen Kalkulation wäre sicher hilfreich, um hier Licht ins Dunkel zu bringen. Die NPD
Fraktion begrüßt es, dass der ehemalige Pulsnitzer Kreisrat Gerd Kirchhübel mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden die Offenlegung der Kalkulation erzwingen will und dass damit die notwendige Transparenz wenigstens im Nachhinein hergestellt werden kann.
Mittlerweile lassen sich keine satten Gewinne mehr mit dem Müllgeschäft erzielen, an dem man vielleicht ganz gern gemeinschaftlich partizipieren wollte. Die unter anderem als Eigentümer hinter der T. A. Lauta stehende Firma Vattenfall, die sich durch den Atomausstieg der Bundesregierung wirtschaftlich unter Druck sieht, wird gewiss kein leichter Verhandlungspartner sein, wenn es um die dauerhafte Reduzierung der Mindestanlieferungsmenge geht.
Für mich muss jedenfalls die Frage erlaubt sein, welche Rolle die Staatsregierung als oberste Rechtsaufsicht damals spielte und heute spielt. Ich bin gespannt, was möglicherweise noch aus Sicht der damaligen Verhandlungsführer der Gegenseite – Vattenfall & Co. – ans Tageslicht kommen wird. Daher war es durchaus gerechtfertigt, diesen Sachverhalt zum Landtagsthema zu machen.
Deshalb stimmt die NPD-Fraktion dem vorliegenden Antrag zu, da die Lektüre des beantragten Rechnungshofberichtes sehr interessant ausfallen dürfte. Eine ähnliche Frage könnte man übrigens einmal in Bezug auf die Abwasserzweckverbände im Freistaat stellen, denn dort gibt es ähnliche Probleme. Eine noch ganz andere Überlegung ist die nach der persönlichen Haftung und Verantwortung hoher Staatsbeamter, soweit diese in für die Landkreise und Bürger nachteilige Verhandlungen involviert waren.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Möchte noch jemand aus den Fraktionen in einer zweiten Runde sprechen? – Herr Bienst für die CDU-Fraktion; bitte.
Herr Präsident! Ich habe in der ersten Runde gedroht, ich komme noch einmal nach vorn. Frau Kallenbach, –
Ich weiß schon. Ich versuche gerade zu überlegen, wie ich beginne. – Sie hatten gerade etwas von blühenden Landschaften gesagt und wir hätten es nicht eingehalten. Kurzer Bericht aus meiner persönlichen Erfahrung: Unmittelbar in meiner Nachbarschaft gab es vor 1990 eine Mülldeponie. Dort wurden Phenol, Asche, Hausmüll usw. abgekippt. Das haben wir seit 1990 – und ich denke verantwortungsvoll – beseitigt.
Dass wir das gemacht haben, das hat unsere CDU-Politik zu verantworten. Ich bitte darum, auch bei der Realität zu bleiben.
Ich möchte kurz wiederholen, was uns – ich spreche als Kreisrat – bewegt hat, diesen Prozess zu begleiten und ihm zuzustimmen. Im damaligen Kreistag – ich mache das seit 1994 – haben wir die T. A. Lauta sehr kritisch gesehen und sehr kritisch darüber diskutiert, auch über die Größe der T. A. Lauta. Letztendlich überzeugten uns doch die technologischen Gesichtspunkte und die Notwendigkeit der vertraglichen Festsetzung einer Mindestabgabemenge.
Selbstverständlich haben wir damals diese Passage sehr kritisch gesehen, waren aber zum damaligen Zeitpunkt davon überzeugt, dass wir Partner gewinnen werden, um die vereinbarten Mengen zu akquirieren.
Herr Bienst, kennen Sie als Kreisrat den Betreibervertrag, auch den Erbbaurechtsvertrag und die danach verhandelten Verträge oder die Anlagen zu dem Betreibervertrag? Kennen Sie die?
Sicher war es damals keine einfache Sache. Über die Jahre, aber durch eine gute Betriebsführung konnten die Abfallgebühren bei uns im Landkreis stabil gehalten, ja, sogar teilweise gesenkt werden.
Ich betone nochmals: Sie sprachen vorhin gerade von einem Kreistag – ich weiß nicht, von welchem Sie gesprochen haben –; es waren mehrere Kreistage dafür verantwortlich. Ich kann nur für meinen Kreistag etwas sagen. Wir haben damals, Anfang der Neunzigerjahre, ständig die Preise modifiziert, entsprechend den Notwendigkeiten. Da war Lauta überhaupt noch nicht im Gespräch.
Es ging so weit, dass wir sogar mit unseren Preisen eine bestimmte Menge an Kapital geschaffen haben, die wir dann natürlich wieder in den Preisen zuschlagen mussten, also die Preise modifizieren mussten. Da hat der Bürger sogar weniger Geld für Abfall bezahlt. Dass das natürlich in Zukunft nicht so weitergehen wird, ist sicherlich klar.
Herr Bienst, Sie sagten gerade, dass Sie die Abfallgebühren stabil gehalten haben. In Ihrer ersten Einlassung nannten Sie uns Zahlen aus dem Jahre 2009. Deswegen meine konkrete Frage: Sind die gegenwärtigen Müllgebühren auch noch stabil und niedrig und wie ist die nahe Entwicklung der nächsten Jahre?
Wie Sie bereits wissen, sind wir zwei, drei Jahre nach einer Kreisgebietsreform und haben verschiedene Landkreise zusammenzuführen. Verschiedene Landkreise bedeuten natürlich auch verschiedene Gebührenordnungen und das bedeutet, dass man also innerhalb dieser Gebührenordnungen letztendlich eine Gleichbehandlung der Bevölkerung erreichen muss. Sie haben vollkommen recht: Diese Modifizierung, die wir momentan vorgenommen haben, führt dazu, dass in einem Bereich des neuen Landkreises die Gebühren angehoben werden und beim anderen Teil des Landkreises Bürger davon profitieren und die Gebühren dort abgesenkt werden. Das ist ganz klar.
Ob wir die Gebühren in der Zukunft so halten werden, hängt unter anderem davon ab, wie wir Lauta auslasten können. Dass wir dort Partner suchen, dass wir – nicht wir, sondern die Vertragspartner – sicherlich auch in Richtung Polen, Tschechien oder Brandenburg blicken, um die Anlage auszulasten, wird Ihnen sicherlich nicht schmecken, aber das sollte ein Weg sein, um die Gebühren für den Bürger möglichst konstant zu halten.
Die entstehende Differenz aus der Akquisition von Abfällen und dem Vorhandenen trägt letztendlich der RAVON; sie ist in den letzten Jahren minimiert worden. Das hatte demzufolge bisher geringe Auswirkungen auf den Haushalt.
Ich sagte vorhin bereits, dass momentan die Verhandlungen laufen. Ich hoffe, dass diese Verhandlungen so gut laufen, dass auch der Bürger damit leben kann. Ich werde auch als Kreispolitiker alles dafür tun, dass wir im Landkreis eine neue und vernünftige Preisstruktur haben, die wir natürlich überarbeiten müssen und überarbeiten werden, um die Rahmenbedingungen anzupassen.
Ob und in welcher Höhe der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird, kann man heute noch nicht sagen; es sei denn, jemand ist Hellseher.
Um einmal mit Größen zu arbeiten, habe ich hier eine Übersicht aus Bautzen, die die Auswirkungen der Unterschreitung der Mindestmenge in der T. A. Lauta des Landkreises Bautzen für das Jahr 2020 prognostiziert: Man prognostiziert darin einen Fehlbetrag von 3,61 Euro pro Einwohner.