Protocol of the Session on February 10, 2011

Das ist richtig, da liegen noch Aufgaben vor uns, und das werden wir in der Zivilgesellschaft vorantreiben. Und – dessen bin ich mir ganz sicher – wir brauchen Ihre Unterstützung aus Ihrem Lager nicht.

(Andreas Storr, NPD: Die haben Sie auch nicht für Ihre falsche Politik!)

Bevor ich meinen Beitrag beende, möchte ich noch darauf hinweisen: Die Zivilgesellschaft ist auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen gefragt, gefordert und in der Pflicht, solches Gedankengut von Ihnen zurückzudrängen, zu blockieren und damit zu verhindern.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Das war für die Fraktion DIE LINKE der Abg. Kind.

Gibt es jetzt Redebedarf bei der SPD? – FDP? – GRÜNE? – Das ist nicht der Fall. Gibt es weiteren Redebedarf in der ersten Runde? – Nein.

Dann kommen wir zur zweiten Runde. Für die einbringende Fraktion der NPD ergreift der Abg. Storr das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was meine beiden Vorredner wieder von sich gegeben haben, war die übliche Menschheitsrhetorik, mit der man sicherlich wohlfeile Reden halten kann, aber tatsächlich auch völlig an den Fakten, an der Realität vorbeiargumentieren kann. Genau das haben Sie getan.

(Beifall bei der NPD)

Worum geht es uns? Wir sagen: Zuwanderung ist keine Bereicherung für unser Sachsen, sondern Zuwanderung ist eine Belastung für unser Sozialsystem. Das hat die Politik, wenn sie verantwortlich handeln will, bitte schön zur Kenntnis zu nehmen.

Im Übrigen wird hier immer mit völlig falschen Zahlen operiert. Die Sächsische Staatsregierung wird nicht müde zu behaupten, dass wir in den nächsten Jahren Zuwanderung von sogenannten ausländischen Fachkräften brauchen, ist aber nicht in der Lage, einmal genau zu definieren, was denn nun diese „ausländischen Fachkräfte“ sind und in welchen Bereichen sie denn fehlen. Aufschlussreich waren in der Tat meine zahlreichen Anfragen, die ich hier gestellt habe; die Antworten sind aber ohne konkrete Angaben, die ich zu erfragen versucht hatte, ausgefallen.

Es ist so, dass die Staatsregierung – das muss man den Antworten auf diese Kleinen Anfragen entnehmen – selber keine klaren Erkenntnisse hat, in welchen Bereichen denn diese Fachkräfte aus dem Ausland notwendig sind und wie sie genau qualifiziert sein sollen. Stattdessen wurde mir in den Antworten mitgeteilt, man solle doch bitte schön mal die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zur Analyse heranziehen.

Es ist überraschend, dass in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit tatsächlich Aussagen zu finden sind, die offensichtlich die Staatsregierung selbst auch nicht kennt; das muss ich zumindest aus ihrer Antwort schließen.

Die Zahlen will ich vortragen. Aus der Analyse der gemeldeten Arbeitsstellen nach Berufen, der sogenannten Engpassanalyse, für Dezember 2010 geht nämlich für den Bereich der Ingenieurberufe Folgendes hervor: Für Maschinen- und Fahrzeugbauingenieure ist ein Bestand an unbesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstellen von 3 317 genannt; dem standen aber – für genau den gleichen Bereich! – 5 270 arbeitslose Ingenieure gegenüber.

(Beifall bei der NPD – Zuruf von der NPD: Das ist die Wahrheit!)

Genau das Gleiche gilt für Elektroingenieure. Dort wird ein Bestand von 2 106 offenen Stellen ausgewiesen; aber es gab gleichzeitig 3 488 arbeitslose Elektroingenieure.

Auch bei den sonstigen Ingenieuren gab es zwar 1 859 gemeldete offene Stellen, aber 7 203 arbeitslose Ingenieure.

Das zeigt, dass hier ein Problem herbeigeredet wird, das offenbar nicht existiert. Man fragt sich in der Tat, warum angesichts dieser Fakten die Politik weiter monoton behauptet, wir brauchten ausländische Fachkräfte. Nicht nur die Arbeitslosenstatistik widerlegt Sie da, sondern auch die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die auch einen Mangel an ausländischen Fachkräften bestreiten. In einer Studie kommt dieses Institut zu dem Ergebnis – ich zitiere –: „Fachkräfte haben bei der Lohnentwicklung nicht besser abgeschnitten als andere Arbeitnehmer.“ Und: „Bei Investitionsgüterherstellern mussten leitende Angestellte im II. Quartal sogar Reallohneinbußen hinnehmen.“

Was heißt das? Bei sinkenden Löhnen selbst für Fachkräfte kann man wahrlich nicht davon sprechen, dass ein Mangel an solchen Fachkräften besteht. Denn wenn dem so wäre, dieser Mangel also tatsächlich bestünde, würden die Löhne steigen. Die Zahlen zeigen, dass hier etwas behauptet wird, was nicht zutreffend ist.

Ich glaube – das sage ich hier auch ganz offen –, dahinter verbirgt sich eine Strategie. Diese zielt einzig und allein darauf ab, durch das Öffnen aller Zuwanderungsschleusen in diesem Land Niedriglohnsektoren auszuweiten und Niedriglöhne weiter zu etablieren, damit die Leitvorstellung, der Export könne uns wirtschaftlich retten, fortexistieren kann. Letztlich sind diese Niedriglöhne ein Zugeständnis an die Globalisierung, weil gesagt wird, wir könnten nur exportieren, wenn wir mit China und Indien auch im Lohnkostensektor konkurrenzfähig seien. Dies ist ein Irrtum, ein Irrtum, der zulasten der deutschen Arbeitnehmer geht. Und das sprechen wir an – ohne Scheuklappen.

(Beifall bei der NPD)

Im Übrigen: Wer gegen Zuwanderung ist, muss deshalb nicht ein Menschenfeind sein. Wir achten alle Menschen, auch ausländische Menschen. Aber wir sagen: Deutschland ist das Land der Deutschen und soll das Land der Deutschen bleiben, genauso wie die Türkei die Türkei und Polen Polen bleiben soll.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Das war der Abg. Storr für die einbringende Fraktion der NPD. – Jetzt sehe ich am Saalmikrofon den Wunsch nach einer Kurzintervention.

Ich möchte von der Möglichkeit der Kurzintervention Gebrauch machen.

(Holger Apfel, NPD: Das wäre schon die dritte!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man das umsetzt, was der Abg. Storr hier gefordert hat, dann

bedeutet das, dass nicht nur Ausländer raus aus Sachsen sollen, sondern auch ausländisches Kapital, das ja in Sachsen mit Investitionen unmittelbar verbunden ist. Unser großes Werk von Bombardier in Görlitz und Bautzen ist in kanadischem Besitz. Offensichtlich will Herr Storr und die NPD, dass die ausländischen Kapitalgeber in Sachsen das Land verlassen. Es ist eine gefährliche, brandstiftende Politik, was von der NPD gefordert wird.

(Beifall bei der CDU, der FDP, der Staatsregierung und vereinzelt bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Diese Politik gefährdet Arbeitsplätze in Sachsen und verunsichert Investoren. Wir, CDU und FDP, weisen das mit Entschiedenheit zurück!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie haben die Möglichkeit zu reagieren, Herr Storr. – Bitte.

Herr Bandmann, Sie bemühen sich hier um eine sehr holzschnittartige Argumentation. – Ich will für die NPD-Fraktion erklären: Wir sind nicht grundsätzlich gegen ausländische Fachkräfte. Wir sind auch nicht grundsätzlich gegen ausländische Kapitaleigner in Deutschland. Aber es kommt immer auf das richtige Maß an. Wir als NPD fordern in der Tat das rechte Maß.

In der DDR gab es durchaus auch vorzügliche Dinge. Wie zum Beispiel das Vertragsarbeiterwesen in der DDR geregelt war, davon könnte sich die Bundesrepublik tatsächlich eine Scheibe abschneiden. Niemand wird doch hier behaupten, das Vertragsarbeiterwesen in der DDR sei inhuman oder faschistisch gewesen. Das war eine verantwortliche Politik, die für alle Seiten Klarheit geschafft hat, sowohl beispielsweise für die vietnamesischen Vertragsarbeiter als auch für die deutschen Arbeitnehmer. Das halten wir für eine ausgewogene Politik, und die fordern wir auch hier im Sächsischen Landtag ein – nicht mehr und nicht weniger.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Das war die Reaktion auf die Kurzintervention.

Jetzt frage ich in die Fraktionen hinein: Gibt es weiteren Redebedarf? – Den sehe ich nicht. Die Staatsregierung? – Sie ergreift durch Herrn Staatsminister Morlok das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Einlassungen, die seitens der NPD in dieser Aktuellen Debatte gemacht wurden, haben mich veranlasst, seitens der Staatsregierung einige Dinge klarzustellen.

Zu Beginn möchte ich namens der Staatsregierung deutlich machen, dass wir unsere ausländischen Mitbürger im

Freistaat Sachsen als Bereicherung ansehen und dass sie uns in Sachsen herzlich willkommen sind.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Zuruf von der NPD: Aber als Hartz-IV-Empfänger machen sie uns arm!)

Bei den Kollegen der NPD-Fraktion hat man das Gefühl, dass ihre ideologische Verblendung ihnen den Blick auf die Fakten vernebelt. Von daher ist es sinnvoll, sich die Fakten im Freistaat Sachsen einmal gemeinsam anzuschauen. Allein schon der Debattentitel, den sie gewählt haben, suggeriert etwas, was nicht vorhanden ist. Sie fordern im Titel ihrer Aktuellen Debatte „keine neue Ausländerschwemme“. Das impliziert doch, dass es nach ihrer Auffassung eine alte Ausländerschwemme gegeben haben muss. Da frage ich mich für den Freistaat Sachsen, wo die sein soll.

(Andreas Storr, NPD: Die kann man im westlichen Teil der Bundesrepublik besichtigen!)

Wir haben einen Ausländeranteil – Kollege Bandmann hat schon darauf hingewiesen – von 2,7 %, das sind 114 000 Ausländer im Freistaat Sachsen. Wir haben einen Anteil an der Erwerbsbevölkerung (sozialversicherungs- pflichtig Beschäftigte) von 1,1 %, das sind 14 900 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. In der Debatte heute und gestern ist bereits angesprochen worden, dass wir 400 000 Arbeitssuchende im Freistaat Sachsen haben. Wenn man sich allein diese beiden Zahlen anschaut, wird deutlich, dass es keinen ursächlichen Zusammenhang gibt zwischen der Tatsache, dass ausländische Mitbürger hier im Freistaat Sachsen arbeiten, und dem Problem der Arbeitslosigkeit: 400 000 Arbeitssuchende zu 14 900 ausländischen Arbeitnehmern. Das, was Sie von der NPDFraktion hier suggerieren – dass durch die ausländischen Mitbürger

(Widerspruch des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

ein Problem auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sei –, entspricht mitnichten der Wahrheit.

(Beifall bei der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU – Widerspruch des Abg. Andreas Storr, NPD)

Weil Sie gerade die Zahlen ansprechen: